Full text: Bonifatiusbote (1917)

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»er näheren und weiteren Umgebung, ob 8u nicht 
Auch dieses Schibboleth dir erwerben kannst. Frei¬ 
lich handelt es sich dabei nicht um Buchstaben und 
Worte, sondern um die Liebe in der Tat und Wahr- 
heit. Und wenn jemand dich beleidigt hat, baue ihm 
«ine Brücke der Versöhnung und Verzeihung. Damit 
erweisest du deiner eigene« Seele den größten Dienst. 
Denn wir können uns keine Anwartschaft machen aus 
Verzeihung bei Gott, wenn wir nicht, wie der Hei. 
land heute' im Evangelium erklärt, einander von 
Herzen verzeihen." 
Der Burgpftrrretz. 
YK hl. Sakramente — ein Trost lm Leiden. 
Dafür ein kurzes Beispiel: Ich weiß eine alte 
brave Mutter, die ihren drei Söhnen ein reiches 
Erbe hinterlassen könnte. Nun stirbt der Mann,' 
die Söhne müssen einrücken, ziehen ins Feld, die 
schwergeprüfte Witwe steht am Abende ihres Le¬ 
bens allein und hilflos da. Mit Tränen in den 
Augen erzählt sie mir ihr bitteres Leid. Doch da 
wurden ihre verweinten Augen auf einmal heller 
und dann sagte sie, zrvar schmerzbewegt, aber mit 
glaubensstarker Stimme die Heldenworte: „Ja, 
den Mann hat mir unser Herrgott genommen, die 
drei Söhn« müssen auch fort, ich weiß nicht, ob ich 
sie wiedersehe. Aber wenn sie ihr Ziel erreichen 
und in den Himmel kommen, dann — m Gottes 
Namen — dann ist mir alles recht — auch wenn 
sie fallen." — So sprach sie. Und woher dieser 
Heldenmuts JÄ>en Sonntag, und noch öfter, 
schleppt sich diese Frau mit ihren altersmiiden Glie¬ 
dern fast eine Stunde weit zur Kirche, um da die 
F. Kommunion empfangen zu können. Daher 
i Kraft in Kreuz und Leiden! 
Gpftrseelen lm Hrlde 
Geistlicher erhielt kürzlich Briefe von zwei 
r-> -gen Schülern, die treuherzig von all dem 
Er u-eren »rzählten, das sie im Felde zu tragen hät¬ 
te • sie bekennen aber auch, was allein ihnen hilft, 
di.- urchtbaren Opfer zu bringen. So schreibt der 
e -Wenn ich keine Religion hätte, müßte ich 
v sein. Es ist so furchtbar schwer, so ganz 
feil. : alles tragen zu müssen, so ganz allein. Ja, 
wenn mein Herrgott nicht bei mir wäre — o ich 
könnte weinen." Der andere sehnt sich nach einigen 
Zeilen und hofft davon Erleichterung des inneren 
Webs. „Sehen Sie, die Sache bei mir krankt da- 
scan. weil ich niemanden zur Aussprache habe. . « 
M mal da packen mich halt mal wieder traurige 
Ged ästen — ich will es gleich richtig bekennen — 
H niweh Ich sehe dies als Prüftrnz für 
meine Lieben und'mich an . . . Ueberhaupt tu ich 
alles zu Ehren meines lieben Jesuleins und der 
Mutter Gottes. Und dann Hab ich noch ein gutes 
Mittel: Wenn mich das Heimweh so recht packt, 
dann nehm ich meinen Rosenkranz — und mein 
Gebetbüchlein, dann geh ich an ein ganz stilles 
Plätzchen und wein mich da ans und irag alles dem 
lieben Jesu vor, wie vor einem Tabernakel — so 
wird 28 mir leichter. Hochwürden, ich kann nur 
immer wieder mich fragen, wie kann eS sein, daß 
ins Feld einer ohne den sieben Gott gehen kann? 
Wie muh ich dem lieben Gott danken, daß ich 1. ei¬ 
nen katholischen Glauben habe, 3. eine so gute 
Mutter, 3. daß ich in dem sieben, sieben N. erzogen 
worden bin und 4. daß ich dort jeden Tag eine hl. 
Messe besuchen durfte. Ach, wie sehe ich ein, was 
so eine hl. Messe, ein Tabernakel bedeutet und das 
geht mir jetzt so ab, — ich kann es nicht sagen." 
Sw uns heute unser tägliches Licht. 
Ein Theologe schreibt aus einein Lazarett an 
der Ostfront: Heute war ich wieder bei meinem 
blinden Kanreraden. Ich sprach ihm vom Heilande 
aru Kreuze von der Vorsehung, wie er im Himmel 
wieder mit beiden Augen sehen würde. Nachdem 
wir zusainmcn gebetet hatten, sagte er mir; „AlS 
ich heute das erste Vaterunser betete, habe ich so 
lange verweilt bei der Stelle, „unser tägliches Brot 
gib uns heute". Ich dachte an meine blinden Au¬ 
gen, und da habe ich gebetet: Unser tägliche- Licht 
gib uns heute." Jetzt, wo ich es verloren, weiß 
ich diese Himmelsgabe zu schätzen. O. wenn ich doch 
früher schon gebetet hätte: „Unser tägliches Licht 
gib uns heute". — Alban Stolz gibt folgenden Rat: 
-Mache einmal die Augen zu und denke, es sei im¬ 
mer so und du. seiest blind. Denke dir das Elend, 
in welchen; du wärest, ohne das Augenlicht", — 
JDenfö und danket 
Segen den Strom. 
Hast du schon einmal empfunden oder gesehen, 
welche Krastanstrengung eS kostet, Hegen den Strom 
zu schwimmen? — Aber noch wert mehr Energie 
fordert der Widerstand gegen die Aeitrichtung, dir 
Kritik der anderen und die eigene Eitelkeit. DaS 
gilt vor allem auch bei der „Mode". So viel ist schon 
darüber gesprochen, gepredigt und geschrieben wor- 
den. Und jetzt wurde wirklich etwas in dem Sinne 
getan. In der Ursulinenschule in Saarbrücken bil¬ 
dete sich eine Bereinigung junger Mädchen, die sich 
Folgerndes -gegen den Strom" zum Grundsatz ge¬ 
macht. Wir tragen 1) keine westen Faltenröcke, 2) 
keine tiefausgeschnittenen und durchsichttgen Blusen, 
8) keine hohe Stöckelschuhe, 4) keine verladenen, 
schiefsitzenden Hüte. — Ein aufrichtiges Bravo den 
tapferen Mädchen mit dem Wunsche, daß sie auch 
später als Frauen und Mütter das Banner der gu¬ 
ten Sitte Hochhalten und dem neuen Geschlecht als 
treue- Verinächtms übergeben! 
Matrosen. 
Die Kapelle steht dort, wo der Weg in) Schlachk- 
seld geht. Eigentlich fft eS nur u» Bildstock mit 
der Schmerzhaften. 
Ein altes, morsche- Gemäuer, mit einem ver- 
gilbten Stich hinter rostigem Gitter. 
Mag lange dasteheu aus freiem Feld. Seit 
Jahren vielleicht mff» Jahrzehnten. Sah den Flur¬ 
segen der Aecker und Wissen und aus der Straße 
die Bauern mit der Sense gehen. 
Und dar war schön, wenn Ginster und Mohn 
den Sockel emporträumten und der Wind die Wer- 
zeirhalm« bis an» Gitter bog. Schön war da» und 
ftiedsich 
Heute strebt kein GräSler» mchvärS, obwohl die 
nmerschwüls daliegt und brütet. Und auf der 
.kr rattern Kanonen und Wagen; heran, vor- 
nj.t, und am Liebfrauenstöckei vorbei gehen di« 
Menschen, di« bald sterben müssen. Schritt und 
und Tritt — Schritt und Tritt — endlose Kolon¬ 
nen im strengen Gleichtakt. Und alle sehen den 
Bildstock. Denn die Schmerzhafte steht da am Wege 
wie eine Mutter, deren Söhne zur Richtstatt gehen. 
Me eine Mutter, die weint und betet. 
Einer war auch vorübergekommen, am Tag vor 
dem Sturmangriff, ein junger Mensch, mit der 
Weihe der Unschuld aus der Stirne. Eine Weile 
war er vor dem Bilde fülle gestanden, hatte aus 
tiefster Seele gebetet: „Maria mst dem künde lieb, 
mir heute Demen Segen gib!" — 
Jetzt liegt er todwund am Sockel des Bildstocks. 
Auf Händen und Füßen kam er von drüben, um m 
den Armen der Lttitter zu sterben. 
Sein weher Blick haftet an der Schmerzhaften. 
Er kennt diese grainumflorten, leidüurchgeistigten 
Augen, die sich mit umeutüiche» Mstleid in die j«- 
nen senken. 
Seitdem Krieg ist, find sie ihm vertrauter als je. 
Wie oft wollte er verzagen, da kamen chm die 
Gedanken an seine hehre Mutter und sprachen Trost. 
Immer, immer wieder war Maria da. Aus dem 
Nebel und Rauch der Sorgen tauchte ft« empor mit 
der siebenfach durchbohrten Brust, den Sohn im 
Schoße, oder sie schritt über die zerschossenen Dör¬ 
fer, öden Felder, zerstampften Kirchen und stillen 
Gräber als die hohe, schöne Frau mit dem göttlichen 
Kinde. Das war das Bild . höchster, erbarmender 
Güte, mitten im Wust von Sünde und Elend. 
Draußen auf dem Schlachtselde sah er es so. 
Jetzt, wo er dalag und sterben mußte, ging sein« 
Seele noch näher zu Mutter. Er streckte gleichsam 
seine Hand nach ihr aus mit der Bitte: „Mutter, 
gib mir Deinen letzten Segen!" 
Anfangs freilich, da schrie die ganze Kraft seiner 
Jugend nach Errettung auf. Ein Leben lassen, das 
noch wie oin glänzendes Versprechen daliegt, das 
schien ihM Unausdenkbar. Aber da die hohe Dul¬ 
derin vorRhm, die ihn hielt und Trost gab nüt je¬ 
ner Kraft und Liebe, der« m» «n Mutterer- 
fähig ist. , d 
So wurde der Wunde in sich still. Je mehr dre 
Schmerzen an seinem Körper fraßen und wühlten, 
desto stärker ward die Seele. Sie hatte sich aufge- 
rasst und das Opfer ihres Leidens und Lebens in 
die Hände Mariens gelegt. 
Und so kommt die Nacht her und helfende Liebe. 
Aerzte mühen sich um den Kranken und lösen die 
Verbände. Die. sind blutrot und schwer, denn sie 
halten in ihren Gowsbm -östlich«» Leben und töd¬ 
lichen Schmerz. 
Dann rast das Wundfieber mif ihm fort Ueber 
Brach- und Blutfelder, Berge, Klüfte und Seen und 
läßt ihn endlich in der Himmelsheimat lcurden. Der 
Sohn hat sich zur Mutter heimgesunden. 
Und die Morgensonne flicht einen Goldkrcmr 
um da» bleiche Haupt eines MarienkindeS. 
wie der Jockel sich zu helfen wutzle. 
Eine kleine Geschichte aus den Tiroler Eer en. 
AlS der Jockl, der GeißhiÜ von der Roßboden¬ 
alm, um die letzte Felscnecke bog und seine Alinhütt« 
schön sicht auf der sonnigen Matte däliegen sah, da 
überflog er in Gedanken noch geschwind einmal 
seine Einkäufe, die er un Buckelkorb schleppte. DaS. 
Brot, das Mehl, das Salz war da. Auch da» 
neue Paar Wolljacken, das jo nottat, war nicht ver¬ 
gessen. ebensowenig die irdene Schüssel, weil di« 
alle in der vorigen Woche zerbrochen war. Fernem 
waren Kerzen eingekauft worden, dann der Pfeifen- 
tabak und . . . Hier gab es dem Jockl «inen da¬ 
mischen Riß, daß er wie erstarrt stehen bsieb. E« 
spürte, wie ihm der Zorn heiß i» den Kopf stieg 
und er mußte sich bezähmen, um nicht den Bergstock 
fallen zu lassen und sich nüt baden HäAbe» selbe« 
zu mißhandeln. Die Zündhölzer hatte er vergessen, 
die Zündhölzer I O du blitzduinmer, dreimal ver, 
narrter Geißhirt. sagte er ingrimmig zu sich selbe« 
(denn rundum, wohl fünf Stunden un Unüfteist, 
gab es kein«; Menschen, der eS ihm hätte sagen kön¬ 
nen), o du hirnverlorener Lader, jetzt hast du wie¬ 
der einmal was GanzgeschateS angestellt! Schleppst 
fünf Stunden lang das Mehl, aber wie willst di« 
denn den Sterz kochen, wenn kein Holz nit brennt? 
Und »ne Kerzen hast auch eingekauft, aber wie soll 
sie denn leuchen, wenn sie nit angezunden wird? 
Und Pfeifenranchen tätest du mich gern, gelt? Wirst 
schon warten können, daß der Tabak zum Gloseg 
anhebt. Jetzt kannst du morgen wieder de» EselS- 
weg machen hinunter nach Sachelwang, kannst wie¬ 
der zehn Stunden marschieren, daß du zu dein»« 
Zündhölzeln kommst. Aber gescheht dir schon recht. 
Warum mußt auch mit dem Gering« Jager dein, 
Kirchlwirt in der Stuben hocken und Bier trinke» 
und dischurieren, statt daß d' noch einmal »achden- 
ken West, ob deine sieben Feigen auch wirklich all« 
beieinander sind. 
Unter solchen schmerzlichen Selbstgesprächen kommt 
der Jockl bei seiner Hütte cm und wirft den Buckel¬ 
korb ingrimmig auf das Bänklein hin. Die Geißers 
haben ihn schon gesehen und stürmen von allen 
Söffen einher, denn sie warten auf das Salz, da» 
er gebrach hat und sind gewohnt, daß er ihnen 
gleich etwas davon zürn Lecken hinstreut. Abc» 
heute scheucht er sie mit bösen Worten wieder davon« 
Heute ist er gar nit gut aufgelegt, gar mt gut. 
Gleich tritt er in die Hütte, in der e» schon abend¬ 
lich dämmert. Da muß noch irgendwo ein affe? 
Zündholzschachterl liegen. Richig, da bei» der« 
kohlten Feuer Ganz dünn klingt eS, wenn ma» 
es beutelt. Isich wenn man hineinschaut. so findet 
man zwei, vier, ftlnf .... fünf ganze Zündhölzer! 
Der Jockl fft rin wenig besänftigt. Freilich, de« 
morgige Weg bleibt ihm nich erspart, aber wenig¬ 
stens heut abend kimn er sich noch seinen Ster, ko¬ 
chen und sein Pfeift rauchen Und die Kerze wir? 
auch brennen. Also packt er de« Buckelkorb aus, 
legt jeglich Ding an seinen Platz. Dann richtet et 
sich alles zum Abendessen zurecht. So, jetzt hei߬ 
es also Feuer anmachen. Holzspäne liegen schon! 
auf dem Herd und der Strohwisch zum ünterzün- 
den ist auch bei der Hand. Jetzt werden ®ir als« 
anzünden. Gleich wird daS Feuerlein lustig bren¬ 
nen. DaS erste Zündholz heraus und cmgerieben. 
RÜch . . . kein Feuer . . . und, -das Köpft abge¬ 
brochen und irgendwohin in die Ecke gesaust I Als« 
daS nächste. Es zischt aus, pfeift wie »ne klein« 
Rakete .... und ist erloschen. Jetzt steht der 
da und schaut, sich die drei Hölzchen an, die noch 
übrig sind. Vielleicht sollte man zwei zugleich an¬ 
streichen? Das ist sicherer, weil eines allein gar 
einen zu schwachen Lebensfunken in sich hat. Aller- 
d4ngs, wenn dann beide hin sind . . . Aber, da» 
muß man riskieren. Jetzt reibt sie der Jockl heftig 
an ... sie brennen . . . und hasüg fährt er damit 
zu dem Sttohwisch hin . . und unterwegs verlöschen 
sie alle beide. Wenn nur das Fluchen nit gar eine, 
solche Sund' war! Ein kräftiger Fluch, waS'war' 
der jetzt für eine Erleichterung. Grimmig und schaff 
hoffnungslos hält jetzt der Jockl das allerletzte 
Zündholz zwischen den Fingern. Aber worum 
sollte nicht gerade das brennen? Weil es daS 
letzte ist? Lächerlich Das Holz weiß ja nichts da- 
vsn, haß es da» letzte ist. Di« Leute sind dum-"
	        
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