Full text: Bonifatiusbote (1918)

Christen, nicht nur die Gläubigen, auch die Heiden, 
auch die Ungläubigen, auch die Zweifler, auch die 
Feinde Gottes sollen erfahren, wie grob Gott ist in 
seinen Werken, wie gütig der Heiland ist in seiner 
Liebe, welche Wohltaten er denen erweist, die zu 
ihm beten, die sich auf ihn verlassen, die ihm nie- 
malS den Dienst aufkünden! sollen erfahren, wie 
er sie aus tausend Gefahren des Leibe? und der 
Seele herausreißt, wie er sie unversehrt „durch 
Feuer und Wasser" beraussührt. wie er selbst daÄ 
Unglück ihnen zuni besten wendet. 
Vernimm setzt den Psalm selber und laß dein 
Herz warm werden an seinem glühenden Eottes- 
eiser. 
Psalm 65: Gott soll herrschen auf der ganzen Welt 
1. Dir jauchze, Gott, die ganze Erde. 
Ihr M ns.henkiuder. bringet Hirn Ehre. 
2. Wie wunderbar sind deine Werke, 
Dir huldigen sogar die Feinde. 
8. Dich bete an die ganze Erde 
Und weihe dir den Schall der Lieder. 
4. So kommt schauet GotleS Werke, 
Und staunet über seine Daten. 
5. Er trocknete die Meeresfloren, 
Zu Fuß durchschritten wir den Jordan. 
8. Da hüben wir Gott zuoejubelt, 
Mit Dankeo.Psnlmen ihm gesungen. 
7. Er herrscht durch keine Macht auf ewig. 
Behält im Aune alle Völker. 
8. Lobpreiset unlern Gott ihr Heiden, 
Und lostet laut sein Lob erschallen. 
8. Mein Leben hat er mir erhalten 
Und meinen stoß mriti st,auüeln lasten. 
10. Du prüfest uns, o Gott, mit Feuer. 
Wie Silber bast du uns geläutert. 
11. '.Hast uns versucht mit Seclenqualen. 
'Trübsal gelegt auf unsere Schultern. 
12. Stolz saß der Feind auf unserem Nacken, 
Um uns zu knechten, uns zu schlagen. 
13. Durch Master scbritto» wir „nd Feuer: 
Wir duldeten Verfot^rng, Trübsal. 
14. Doch du hast Labung msJ gewendet. 
Hast uns heraus eiüdrt zur Freiheit. 
15. In deinem Hause will ich opfern. 
Erfüllen, was mein Mund versprochen. 
16. Gelobt Hab' ich's in schwerer Stunde: 
Ein fettes Op er will ich bringen 
17. Will Schafe dir und Rinder schlachten. 
Und Weihrauch soll zum Himmel duften. 
18. Ihr Diener Gottes, laßt euch künden, 
Was Groges mir der Herr erwiesen. 
18. Ich schrie zu ihm mit heißem Munde, 
Erhob zu igm die laute stimme. 
20. Hätt' Bosheit ich entdeckt im Herzen. 
So hätte Gott -mich adgewieien 
21. So aber hat er mich erhöret 
Und nachgegeben meiner Bitte. 
22. Gelobt ,e> Gott für ferne Güte. 
Gebencdeit für seine Treue. 
23. Er hat mein Flehen ausgenommen, 
Nicht abgewenüet sein Erbarmen. 
Mein Christ! Vielleicht bist du schon in ächn- 
kicher Lage gewesen wie der Psalmcnsänger, bist 
im Feuer der Schlacht gestanden, im Feuer der 
Schmerzen, im Feuer der Versuchung, im Feuer 
der Verfolgung. Wem verdankst du die Erhaltung 
des Lebens, die Bewahrung des Glaubens, die 
Rückkehr zum Herzen des guten Hirten? Einzig 
und allein der göttlichen Gnade. Und wenn du 
erfahren hast, wie glücklich der Besitz des Glau¬ 
bens macht, welche Trostesauelle er eröffnet in 
Leidcnsslunden, welche Aussicht aus eine selige 
Ewigkeit, io wird sich gewiß der Trieb in dir regen, 
d'eses Gluck auch anderen zu vermiteln, auch an¬ 
dere einzukiihren in daS Reich des Glaubens, in 
daS Reich der katholischen Kirche. 
Die wäre daS möglich? Durch Beteiligung 
am Werke der Missionen. Wir Priester erleben in 
den letzten Jahren die große Freude, daß die 
Freunde d:r Mission.täglich wachsen an Zahl und 
Eifer. Wie erouickend ist es z. B-, in der Zeit¬ 
schrift: «Die katholischen Millionen" sogar die Na¬ 
men von Feldgrauen zu lesen, die von ihrer ge¬ 
ringen Löhnung etwas gestiftet haben für die Mis¬ 
sionen. Wie schön ist es. wenn fromme Christen 
den Betrag von 21 Mark zusammensteuern zum 
Loskauf eines Heidenkindes, wie tröstlich ist es, 
wenn selbst Kinder und Arme regelmäßige Bei¬ 
träge zahlen an den Kindbeit-Jesu- oder an den 
Franz-Paver- oder einen anderen Missions-Verein. 
Hast du Kriegslieserung, hast du schönen Verdienst 
in Fabrik, Geschäft. Landwirtschaft, siebe die Mis¬ 
sionen sind ein dankbares Absatzgebiet für den Ue- 
berttuß. Sogar die Arinut braucht da nicht zu- 
rückzustehen und kann bei gutem Willen monatlich ' 
bin Scherflein aufbringen für die Missionen, wenn: 
du kannst, halte außer dem JS.-S8." noch ein. Mn'-! 
18 ^ 
sionsblatt, werde, wenn möglich. Mitglied eine- Mist 
sionSverein». und du wirst di« Grenze» dcS Reiches 
Christi erweitern ohne Bluwergießen und dazu bei- 
tragen, daß der liebe Gott in der ganzen Welt im¬ 
mer mehr erkannt, geliebt und gelobt wird. 
„v _De« «urgpsarrrr. 
„Barmherzigkeit des yrrrn 
ist e», baß wir «ich, vernichtet worden sind"; Mise, 
ricorbia Domini, guia non sumuS confumpti" diese 
Worte deS Propheten, die wie manche Botcnle'ser sich 
erinnern werden, der Hochw. Herr Bischof Keppler 
bei der Predigt am Morgen nach dem Dombrond im 
Jahre 1805 zum Vorspruch nahm, können wir auch 
bei einem Rückblick auf den bisherigen Verlauf de» 
Weltkrieges auf uuS anwendcn. Wohl ist durch Got. 
teS Zulassung die ungeheure Prüfung de» Weltkrieges 
über uns gekommen, dach hat er auch im Kriege wie 
ein Vater mit unS gehandelb er war in allen Kriegs, 
lausten bei und mii unS. Ost hat eS geschienen als 
hätten wir da« Lebte auf der Mühle und als reichte 
un» daS Wasser schon bi» onS Kinn, da hat er uns 
mit mächtiger Hand wieder aus dem Sumpfe heraus, 
gerissen. Und gerade dasjenige, was uns als das 
Schlimmste vorkam und unser Unglück voll zu machen 
schien, hat er so gelenkt, daß eS»zu unserem Besten 
ausschlug. 
Dafür nur zwei ganz offensichtliche Beispiele. AIS 
Italien nn Sommer 1915 uns in den Rücken fiel, da 
haben gewiß manche bei un» gebangt und gezittert; 
eine neue Großmacht zu den anderen, das fiel schwer 
ins Gewicht. Und doch Italiens Eingriff in den Krieg 
hat uns nicht geschadet, die Italiener konnten uns 
bezw. unseren Bundesgenossen nichts anhaben wir 
aber brauchten jetzt keine Rücksicht mehr auf 'sie zu 
nehmen und konnten mit den Serben und Montene¬ 
grinern reinen Tiscb macken. Wären die Italiener 
neutral geblielkn, so hätten wir Serbien niemals 
besetzen dürfen^ die Italiener hätten es nicht zugclas- 
sen und wir Höllen es nicht gewagt um Italien nicht 
zu reizen. Dann wäre auch die Verbindung mit der 
Türkei abgcschnitten geblieben, wir hätten der Türkei 
nichts zuföhren könne«, und die Türkei hätte sich ans 
Mangel an Mnnitioi, ergeben müsien. Die Franzo¬ 
sen und Engländer wären dann nach Konstantinopel 
eingedrungen und hätten uns auch ans dem letzten 
Eck abgeschloffen. Bulgarien wäre nicht auf unsere 
Seite getreten, wir batten den ganze» Balkan gegen 
uns gehabt und der Krieg wäre verloren gewesen. 
Was aber das bedeutet hätte — den Krieg ver¬ 
loren — da» können wir gar nicht abschätze». Wir 
wären gänzlich in die Scknildknechtscbaft unserer 
Feinde gefallen, fünfzig vielleicht bändert Jahre hät¬ 
ten wtr. wie Sklaven für unsere Feinde arbeiten müs¬ 
sen, unser ganzes Volk wäre an wirtschaftlicher Aus¬ 
zehrung zu Grunde gegangen. So war die Kriegser¬ 
klärung Italiens wirklich ein Glück für unS. Aebnlich 
mar es 1916 mit Rumänien Im Westen und Osten 
stürmte der Feind tn gk wattigem Ansturm gegen un¬ 
ser; Front, im Osten waren BrussilowS Scharen wie. 
der kiek In Galizien und in die Biikowina eingedrun¬ 
gen. And jetzt stand ein neuer Feind auf mit mehr 
als einer halben Million Waffenfähigen, frisch, stark, 
nnt allein Bedarf glänzend ausgerüstet. Nach mensch^ 
lichem Ermessen hätte dies den Todesstoß für uns be¬ 
deuten müffen, die ganze Welt glaubte auch nicht? an. 
deres. Aber e« kam gegen alle Berechnung, Rumänien 
brach wie ein Kartenhaus zusammen, daS Land fiel 
mtt seinen reichen Verraten wie eine Birne in unsere 
Hände. Hätte uns Rumänien nicht den Krieg erklärt, 
so hätten wir seine Vorräte niemals bekommen und 
wir wären wahrscheinlich — bei der schlechten Ernte — 
verhungert; jedenfalls wären wir in da» schrecklichste 
Elend geraten und hätten un» wegen Mangel an Le¬ 
bensmitteln ergeben müffen Gott war augenschein. 
lich mit uns und sein Finger hat unseren Wagen auf 
den krummsten und scheinbar verkehrtesten Wegen 
zum richtigen Fiel gelenkt Im verflossenen Jahre 
haben sich unsere Feinde vermehrt wie der Sand am 
Meere, der Verteumdungsfeldzug nahm immer grö, 
ßcre Ausdehnung an, die ganze Welt wnrde gegen 
un» aufgchctzt und zww mit Erfolg: fas, ganz Ame. 
rika erhob sich gegen uns. e» ist schließlich so weit ge. 
kommen, daß < Fünslet aller Erdbewohner gegen unS 
stehen, u. wir mit »Nieren Verbündeten macken kaum 
ein Zehntel der Erdbevölkerung an». So ungeheure 
Kriegsmittel, so gewaltige» Rüstzeug wurde gegen uns 
aufgcboten wie die Welt sie noch nie gesehen bat. 
Daß wir dieser fürchterlichen Macht, dieser riesigen 
Uebcrlegenheit Widerstand leisten konnten, ist ein 
augenscheinliche» Wunder Gottes: mit unseren Kräf¬ 
ten allein wären wir dazu nie imstande gewesen. 
Nach menschlichem Ermcffen batte es anders gehen 
müffen. Und wir haben un» nickt nur erwebrt. wir 
haben die Riescnkctte, die unS erwürgen sollte, an 
einer Stelle — in Italien — gesprengt tm Osten 
al-er hat sich wider alles menschliche Erwarten da? 
stärkste Glied der Kette, Rußland, — dessen Millionen- 
ficcre nach dem Plane unterer Feinde die vernichtende 
Dampfwalze für unsere Ostfront abgeben sollten —, 
von selber losgelöst, so daß wir jetzt uns freier bewe¬ 
ge» können denn j<\ Ist da» nicht alles eine augen¬ 
scheinliche Fügung Dottel) 
Die VfeNe. die un, unser, Feinde zugedacht 
hakten, find sämtlich aus die Brust de» Schutzen zu- 
ruageprallt. Dahrlrch wir haken allen Grund mit 
aufcichtigm Kinüerherzen unseren Herrgott im Htm« 
mel dafür zu 
danke« j 
dem Geber chkle» Duke« dem Lenker aller Mensche«» 
schtcksale. Keinen Tag sollten wir vorübergehen las« 
fen. ohne diesen Dank zu erneuern. 
Dank find wir aber auch schuldig, und da» dürfe« 
w,r ja nicht vergrffen. unseren braven wackeren 
Kriegern. Im vierten Jahr — im vierten Kriegs 
Winter, stehen sie für unS Wach, weit hinau, über de» 
Reicher Grenzen, tief in Feindesland unter den grüß, 
te» Entbehrungen, m fast unausstehlichen Mühsal«« 
in Regen und Schnee in Sturm und Wetter, in har¬ 
ter Kälte und gischendem Sonnenbrand, lind nicht 
nur Wache haben sie gebalken unsere Braven, sie ha¬ 
ben auch immerfort gekämpft, immerfort sich der To¬ 
desgefahr ausgesetzt, aualvolle Wunden empfangen, 
tbr Leben dahingeopfer, und damit den Feind alige. 
kMihrt daß er nicht in» Land hereinkam, Wa» für 
eine Wohltat sie uns dadurch erwiesen, erkennen wir 
erst, wenn wir da» Elend auSdenken, da» un» getrof- 
fen hätte, wenn der Feind bereingekommen wäre. 
Ganze Täler entvölkert, alle Ortschaften verbrannt, 
Kirchen und Gotteshäuser zerstört. Wälder und Fel¬ 
der verwüstet, da» Vieh geraubt, allr» Bcsitzttim ver¬ 
loren. alle Straßen voll von fliehenden Menschen, 
weinenden Frauen, jammernden Kindern, sterbenden 
Greisen, nirgend» eine Herbeige, nirgends eine 
warme Stube, ei» warmes Lager, hinausgestoßen wie 
das Vieh in die Weite die Familien in alle Winde 
verstreut wie die Federn au» einem Vogelnest, Kinder, 
die nach ihren Eltern schreien. Eltern, die ihre Kin. 
der suchen und sie nie finden. So war ef in Frank¬ 
reich und Rußland. in Serbien und Rumänien und 
jüngst wieder in Jlolien wo der Krieg hineingebrochen 
ist. ihr habt es ja gelesen. Vor einem ähnlichen La» 
haben unS unkere Landesverieidiger errettet. Und 
nun ist es euch wobl klarer denn Sonnenschein, wie¬ 
viel Dank wir unseren braven, wackeren - Krieger« 
schuldig sind. — In. ihr treuen, tapferen Helden, ihr 
könnt überzeugt sein, daß alle Guten und Einsichtigen 
im Lande euren Opsersinn und Heldenmut voll aner¬ 
kennen. Sic denken jeden Tag an euch, sie bemitt- 
leidcn euch, sie beten für euch, sie reden immer vo« 
euch, sie werden es ihren Kindern »nd KindeSkindern 
erzählen wie großartig ihr euch gebalten, was ihr ge. 
leistet habt, in diesem schrecklichsten Krieg, den °chie 
Welt je gesehen bat. Allch all die Leier deS „Bonif. 
Baten" in der Heima» mit dem Botenschreiber an der 
Spitze bringen euch innigen hemwarmen Dank dar 
für eure Ovfer und Leistungen. Gott vergelte e» euch 
in Zeit und Ewigkeil. 
Ein Brief am tote MMerlein. 
Kur; nach Neujahr ttai der Briefträger eineS 
der Ncbenpostämter der Hguptstadt nach Beendigung 
seines NachmittagkdstnstrS in die Direktionskanzlei 
sein,-s Vorgesetzten, des Herrn PostdirektorS Pitton. 
Ter allgemein geachtete Postbeamte laß in tiefe 
Gedanken versunken an seinem Schreibtische. Er 
hatte jetzt refir viel zu tun, da er daS zu Neujalir ein. 
getroffene Geld und noch andere Wertsendungen in 
das vor ihm liegende Buck verzeichnen mußte. Er 
befand fick daher keineswegs in einer rosigen Stim. 
muug, als der B>-esiräger vor ihm erschien und ihn 
ehrfurchtsvoll grüßte. 
„Ick habe einen einfachen Brief. Herr Postdirek¬ 
tor,' tagte er zaghart „den ich nickt an seine Adresse 
befördern kann. And deshalb wollte ich fragen —* 
„Wie", unter brach ihn sein Vorstand, „ist kein« 
Wohnung und Slraßenadrcffe angegeben?" 
„Nein, daS würde auch nickt schaden, Herr Polt- 
direktor. ich würde cS schon nach dem Namen heraus, 
finden, ober —" 
Herr Pitton legte die Feder hin und blickte der. 
dicht auf den Btlekttäger. der ihm ein kleines, vier¬ 
eckiges Briefchen Lbrrreickte. 
Postdirckior Pitioe setzte seinen Klemmer auf und 
prüfte die Adresse deS Briefes. Eie war kurz, nur 
zwei Zeilen, aber so merkwürdig, daß selbst der ge¬ 
strenge Postbeamte lächeln mußte.' 
„Eine kuriose Adresse!" rief er au», den Brief vo« 
allen Seiten betrachtend 
Es war allerdings eine eigentümlich« Adressen 
„Meiner lieben Mutier im Himmel!" lautete sie. 
„Trotz seiner Kürze klingt e» erschütternd. Nicht 
wahr Herr Postdirektor?" 
„Haben Sie Kinder?" 
„Seit acht Tagen da» fünfte", antwortete de? 
Briefträger. 
Das Antlitz seines Vorgesetzten verdüstert« sich; et; 
blickte fast neidisch auf seinen llntergebenen. 
Dieser arme Teufel, der ka»m fünfzig Gulden 
Monatsgehalt bezog war schon zum fünften Mal von 
des Himmels Segen beglückt, während er, der ei« 
mcbrfgches Gehalt bezog kein Kind sein eigen nennen 
durfte! — Dieser Gedanke durchkreuzte das Gebir« 
des PostdirektorS, als er den Briefträger betrachtete, 
und noch nie hatte er den Schmerz kinderlos zu seiq» 
Jo bitter empfunden wie i» diesem Au-enblick«»
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.