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Die Krauen und der Krieg*
Opfer bringen — da« ist die Aufgabe der Frauen
im Kriege. Wohl ging es den Frauen nicht leicht,
den Gatten, die Söhne und Brüder fortziehen lasten
zu müflen in einen Krieg, so heiß, so furchtbar, wie
die Weltgeschichte keinen zweiten kennt. Aber ste
haben sich tapfer gehalten, sie machten'- den Fort*
eilenden nicht zu schwer, sie verspürten ihre Tranen
auf das stille Kämmerlein, um dort jene Kräfte sich
zu erbitten au- der Höhe, die sie setzt so nötig haben.
Es wurden die Berlustlisten veröffentlicht: Vermißt,
gefangen, leicht verwundet, schwer verwundet, ge-
fofieit, endlose Spalten, angefüllt mit Heldennamen,
reihten sich einander an. Es flogen Trauerdepe¬
schen ins Hau-, sorgenerreqende Mitteilungen kamen
aus den Lazaretten. Aber still ertrugen Deutschlands
Frauen die schwersten Schmerzen: denn sie mußten
sich sagen: da- ganze Vaterland ist in höchster Ge¬
fahr — wa- gilt dem gegenüber das einzelne Leben?
„Wo keine Opfer, da kein Leben,
Da keine Lieb« und keine Lust
Kein froher Flug, kein frostes Streben.
Kein Glück da und der Himmel nicht."
Ovler bringen — des beißt mehr als Gelder
sammeln, Charpie zupfen, Strümpfe und Pulswär¬
mer stricken. Verwundete pflegen, Tee kochen, durch¬
reisende Soldaten mit Speise und Trank versehen:
wir wollen alle diese großen und kleinen Liebes¬
dienste gewiß nickt gering schöben. Tausend Dank
allen denjenigen, die sie freudig verrichten, die uner¬
müdlich darin ansharren. Aber höher noch stehen
jene, die das Liebste hinzuopfern bereit sind, ohne zu
murren, ohne zu flogen, ohne am Leben zu verzwei¬
feln. „Ertragen ist schwerer als kämpfen, dulden
mühseliger als sterben." Vor allem für
di« Mütter
ist dieser Krieg zu einem großen Opfertag geworden.
Sie stehen an den heiligen Altären des Vaterlan¬
des und bringen ibrem Gott und ihrem Volke daS
Liebst« und Beste dar, was sie auf dieser Erde be¬
saßen, diese Fugend, die ja der ganze Stolz ihre?
Leben? und die Hoffnung für ihr Alter wckr, diese
jungen Menschenkinder, auf die sie mit leuchtenden
Augen schauten und d'e sie dann mit ihrem Mutter-
seaen entließen. Die Mütter von heute sind wie die
Makkabäer-Mutter, glorreichen Andenkens, die da
alle ihre Söbne binopferte, sieben der Reihe nach, in
jedem ein ganzes Martyrium erduldete, und dann:
„zuletzt starb auch die Mutter," so sagt bezeichnend
der Bericht der hl. Schrift. Was solch ein Mutter¬
herz nickt alles au «halten kann. Man sollte mei¬
nen, es sei von größerer Festinkeit als wie der Dia.
mant. Nicht umsonst aber sagt man: „Zart wie eine
Mutter, fest wie ein Diamant." DaS Mutterherz
ist an sich nickt wie von Erz und Eisen._ Es. ist die
sichtbare Verkörperung der Liebe. Es ist ein Ab¬
glanz der Liebe GotteS. Es ist ein Reichtum un¬
endlicher Lieb« für jedes Kind. Da, wo Gott seine
Liebe zu nnS Menscken schildern will, schildert er
sie im Bilde und Gleichnis der Mutter: „Kann
wohl eine Mutter ihre- Kindes vergesten? — Und
wenn sie es könnte, so will ich doch deiner nicht ver¬
gessen. Denn in meine Hände habe ich dich geschrie¬
ben." So zart ist alle Mutterliebe. Sie verzehrt
sich für ihr Kind.
Darum sind die Mütter jetzt die starken Kreuz-
träger innen im Vaterland«, jede eine Heldin. Sre
tragen alle» Leid ihrer draußen opfernden Söhn«
mannhaft und mutig mit. bis sie unter dem Kreuze
stehen, wie jene eine Mutter, dir sich durch ihr Opfer-
leben, von, ersten Temvelmmae angefangen bis zur
größten Lebens- und Leidcnsstunde, würdig machte,
die Königin der Märtyrer, und auch die Königin
oller jener Märtyrerinnen zu sein, die jetzt ein
stilles, unblutiges Martyrium der Herzen erdulden-
Er gibt heute so viel stilles, ganz verborgenes Leid.
Die tiefsten Leiden sind ja immer di« einsamsten,
die der verschwiegene« Herzensstille, der durchbeteten
Stunden, der durchwachten Nächte, die stummen,
verborgenen Leiden, die das betende. Muttcrherz
allein auskämpft und trägt: „Groß wie das Meer
ist mein Schmerz." sagt eS mit dem trauernden Pro¬
pheten. So viele schinerzhaste Mütter gibt es in
unserm Volk. Mitten unter un- leben, beten, lei¬
den sie. Ost wissen wir eS gar nicht, wie tief sie
leiden, weil wir es nicht wissen, wie tief sie sind.
Das Tiefelot des Menschenherzens ist ja sein« Lei¬
stungsfähigkeit. Di« nichts gelitten haben, die nichts
leiden können, das sind ja die Oberflächlichen, die
Aeußerlicben, die Sichfreuenden, denen sogar diese
bittere Krieg-zeit nichts sagt, weil sie ihr nicht- zu
sagen haben. Die Tiefen aber durchleben und darr
leiden die Zeit der Myrrhe, ei» Schwert im Herze».
Ihnen muß und wird Volk und Bcrterland einmal,
seligen Dankes voll, den Sieg zu verdanke» habe».
Ehret die Mütter, di« im Witwenschleier, die im
Trauerschleier. Ehret sie. Sie trage» eme heim¬
liche, unsichtbare Krone aus ihtpoz Haupte, et«
Dornenkrone, eim Marterkrone. ’ __
Aber die Frauen, sie kämpfen I» stille».
Tragen da« Kreuz und verleugne« de» Dillen,
Siegen durch sanften, geduldige» Mut.
Opfern ihr Lebe» und breche» ihr Herze.
Ruckweis im kleinen» alltä^ichen Schmerze
-s. Tropfe« um Tropfen verrinnet ihr Blut.
- (Gerock).
Soziale pflichten der Krauen.
Als der Krieg mit so grausamer Plötzlichkeit über
uns hereinbrach, traf er die Frauen ziemlich un¬
vorbereitet. Man hatte ja nie eine Rioglichkert ins
Auge gefaßt, wie sie mit dem Auszug der Waffen-
fähigen Männer Taffache geworden ist, so daß die
Frauen in Scharen hercmsgelockt wurden auS Fa«
milie und HanS in die allerverschiedensten bisher
streng männlicken Berufe. Man hatte ln der Frau¬
enwelt nie damit gerechnet, daß man einmal in sol-
chem, Maßstabe Männer zu ersetzen hätte. - Und mm
sind unS die Schaffnerin und Fahrerin, die Gepäck¬
trägerin, Ppsffllonin, Briefträgerin, ja die Nacht».
wächterin gewohnte Erscheinungen — nicht zu per-
gessen die Arbeiterinnen in der Schwerindustrie, die
mit Eisenblöcken umzugehen lernten, und der Frauen
auf dem Lande, deren Tatkraft wir di« Sicherung
unserer Ernten verdanken.
Ueberall verdanken wir den Frauen diel. Ohne
ihr schnelles Einspringen, ihre bewunderswerte An-
paflungsfähigkeit, ohne den Einsatz ihrer jede Er¬
wartung übersteigenden Körperkrast hätte unser
W-irffckastsleben nicht di« Steffgkeit behalten, un¬
sere Industrie nicht den großen Aufschwung nehmen
können. Staunend hat alle Welt wahrgenommen,
welche eine Fülle von Mut und Energie,. die im
deuffchen Wecke geschlummert hat, im Krieg her¬
vorbrach und sich immer kräftiger enffaltet.
Hoffentlich werden weiblicher Mut und weibliche
Energy bleiben, auch wenn die Frauen sich wieder
zurückzieben müssen in engere Grenzen. Mit dem
triedensschluß steht rmS ja eine neue wirtschaftliche
mwälzung bevor, bei der eS sich darum handeln
wird, den Männern ihre angestammten Wirkungs¬
kreise wiederzugrben. Zwar werden nicht alle heim-
kebren, die im Laufe dieser Jahre hincusgezogen
sind. Und nicht alle, ine wiederkehren, werden sofort
arbeitsfähig sein. ES wird also immer noch Lücken
geben, die durch Frauen anszufüllen sind. Aber im
großen ganzen wird es doch heißen, den Männern
Platz machen. Und damit erwachsen dem führen¬
den Teile der deutschen Frauenwelt di« allrrernste.
sten sozialen Aufgaben.
Denn lange nicht alle fr« werdenden Frauen
können sich nach dem Kriege damit begnügen, aus¬
schließlich ihren Familienpflichten zu leben. Mehr
als je zuvor wird vielmehr die Frau niitverdiencn
müssen. Es heißt also, in andere- in vielleicht mmz
neuarffge Berufe viele Frauen hineinznleitrn. Außer¬
dem aber wird es gerade auch zum Besten der heim-
kebrenden Männer reichlich« soziale Arbeit geben.
Keiner kehrt ja zurück alS genau derselbe, der er
gegangen ist. Alle hoben Erschütternde-. Furcht¬
bares durchlebt: haben äußer« und innere Erfahrun¬
gen gemacht, deren Wirkung auf ihr Seelenleben
sich erst in vollem Umfange zeigen wird, wenn sie in
ihre früher gewohnte Umgebung eint»et«n.
werden die Frauen ihnen den Uebergeng zu erleich¬
tern haben mst Lieb« und Geduld, wenn eS kein
muß mit Mut und Energie. Wo aber die Kraft
der eigenen Frau nicht ausreicht, »de» wo dem
Manne der ganze weibliche Zuspruch fehlt, w-rden
selbstlose -Helferinnen einspringen müssen. Ob es
sich um daS Hineingewöhnen in den alten oder um
di« Vorbereitung zu einem neuen Beruft handelt,
wie sie fiir viele Kriegsbeschädigte unumgänglich
ist — kluge Frauenhilfe wird nicht entbehrt werden
können. Und sie wird ihr Bestes darau. setzen, daß
die bösen Spuren dieser KriegSjahr« bald getilgt
werden, daß deuffche Manneskrast in der Heimat,
die sie schützte, sich wieder einwnrzeln kenn.
Jetzt schon werden Pläne ft'ir diese sozial« Hilfs-
arbeit gemocht, wird sie nach Möglichkeit vorbereitet.
Auch dadurch, daß man ein trauliche» Zuhause, d. h.
ein eigener Häuschen ans eigener Scholl« denen zu
schaffen bemüht ist. die durch den Krieg nachhaltig
gelitten haben. Die Bewegung für Kriegerheim-
S
statten nimmt einen großen Rau» in den Vorbck
reitungen fiir den Kriegsschluß ein.
Dadurch soll auch die Faruttiengründung m
leichtert werden. Biel kostbare- Leben ging null
verloren, da- ersetzt werde» muß. Auf de« Kinder»
beruht unsere Zuversicht. Hier,« erkenne» wir M*
vornehmst« soziale Frauenpflicht. Di« Familie, dill
Zelle de- Staate- und der Gesellschaft, durch ©**
lehrung und Behütung stärke« zu helfen, liegt alle»
am Herzen, die über di« Erforvernisft der «ächste»
Zukunft nachgedacht haben.
Vorsicht in der Wahl der Se&türe.
Welch ein sonderbare« Ding ist e« um ein Buch!
möchte einem angst und bange werden, wann mau
eine« liegen sieht und nicht weiß, weß Geiste» Kind e»
sei. ob die Düste, die au« ihm wehen, Düfte de« Leben«
zum Leben, oder Düste de« Tode« zum Tode seien. Be,
zauberte Geister schlafen darin, starr wir tot; aber sobald
ein Mensch die Blätter aufrollt, wird der Zauber ge¬
löst und e« wimnrelt von Leben. Nicht so dreist zuge¬
fahren, junger Ritter, wider Zauber schützt dich nicht
Rolands Schwert, schützte doch den Herkule« seine
Keule nicht wider schwarze Kunst! Und wa« nahest
du der Gefahr, zarte Jungfrau, der noch holde Scham
auf der Wange glüht? . . . Wo e» nicht geheuer fft
im Walde, da hilft dem Jüngling nicht Rolands
Schwert! Und dem Herkules seine Keule nicht! Und
dir Jungfrau möchte wähnen, nach bunten Singvögeln,
welche freundlich und zahm sich ihr naheten, zu Haschen,
wenn auf einmal Fledermäuse ihr um die Locken
schwirrten und den Schleier der Zucht zerrissen und
die Rosen der holden Schamröte auf der Wange
bleichten. Darum seid behutsam, Jünglmg und Jung,
stau, und — traut den Koboldem nicht!
„Hute -ich
vor dem leidigen Romanschwalle, der die Zeit
bar raubt und die Unschuld leicht stiehlt, selbst schal ist
und gute Bücher schal erscheinen läßt, auch größten¬
teils die Religion anfeindet."
Graf Stolberg an seinen Sohn.
Der Einfluß -er Krauen
auf alle Lebensverhältnisse ist ein ungewöhnlich großer;
und wenn wir in der Geschichte studieren, so werden
wir Männer bei gründlicher Durchsicht bekennen müf,
sen. daß die Frauen sehr oft einen größere» Einfluß
auf den Gang der Weltgeschichte gehabt haben, als wir
swlzen Söhne Adams. Wenn das auf dem großen Ge¬
biet der Gesichte richtig ist, so erwahrt e» sich noch
weit mehr auf dem Gebiete des Hause», denn die
Frauen sind in demselben die Hüterinnen fromme»
Sitte und wahrer Religiöfität rund waS wir unsere»
Müttern verdanken, da» hat jeder in seinem Herzen,
wenn er nicht entartet ist. Wenn die Frau, be¬
rufen, die Hüterin der Religiöfität ünd der guten
Sitte zu sein, diese Aufgabe würdig in Wort und Bei,
spiel vor Mann und Kindern erfüllt, so har sie ewen
Segen verbreitet, wie er größer nicht gedacht werde»
kann"
(Windthorft auf der Generalvers. der Katholiken
zu Aachen 1879.)
„Eine christliche Mutter
ist unter allem GotteSgaben die größte. Unermeßlich
glücklich das Kind, das eine lvahrhaft christliche Mutter
hat. Mit einem großen christlichen Denker sage ich:
Die Erziehung des Menschen wird größtenteils rn den
ersten 6 Jahren auf dem Schoß der Mutter vollendet.
Was sich in den späteren Jahren im Kinde entwickelt
hat die Mutter einfach in den ersten Lebenstagen de»
Herzen der Kinder eingepftanzt. Die Eindrücke, di«
in Per frübesten Jugend der so weichen, biegsamen,
für jeden Einfluß empfänglichen Seele de» Kindes ge¬
geben werden, werden so sehr zur anderen Natur de»
Kindes, daß sie sich später nicht mehr ve joischen lassen.
Wenn die Mutter schon lange im Grabe ruht, der
Sohn aber dan den Stürmen de» Leben» bin- und
hergeworfen wird und nahe daran ist Glaubem und
Sitte einzubüßen, dem ewigen Verderben anheimzu.
sagen — so wird die fromme, edle Gestatt seiner
christl. Mutter ihm nochmals erscheinen und ihn mit
wunderbarer Gewalt aus die Bahn de» Glauben» und
der Tugend zurückführen."
» sBischof von Ketieler, Mainz.)
„wißt ihr Mütter".
sagt Adelt Kolping. der Gründer der laHjol. Geselle w.
vereine, „waS mich inmitten aller Verderbnis aufrecht
erhalten hat? Ich habe eine arm« Muter gehabt,
aber eine Mutter, von der ich nicht« gesehen und nichts
gehört, was ich nicht hätte ehren müssen. Wenn die
Versuchung sich mir nahte, dann dachte ich an meine
fromme Mutter, — und der Versucher wich von dan¬
nen. Und seitdem sie gestorben, ist mir erst recht klar
geworden, war ich ch.er Erzi'hunz uik ihrer Geber»
zu verdanken habe."