Full text: Bonifatiusbote (1918)

— 202 * 
Klsypanlsche Sonntage. 
Von einem Landwehrmann. 
Nach längerer Pause kam ich wieder heim, zu 
meinen Lieben. — Sonntag ist's heut'. Meine Frau 
erzählt mir noch gestern abend, daß sie am Morgen 
mit den beiden Aeltesten zur bl. Kommunion gehe. 
Ich schließe mich gerne an. Wie glücklich schreiten 
wir zusammen zur Kirche. — Es ist jetzt 7 Uhr 
und die Kirche ist dicht gefüllt. — Das Allerheiligste 
wird ausgesetzt, und die Orgel spielt eine Strophe 
des Aloysius-Liedes vor. Die hl. Handlung beginnt 
indessen, andächtig betet und singt die Gemeinde. 
Jetzt ist auch die hl. Wandlung vorüber. Nun setzt 
die Orgel mit dem wunderbaren Lied ein: „Jesu, 
Jesu, komm zu mir — O» wie sehn' ich mich nach 
Dir! — —“ Alle, soweit sie noch der Stimme 
mächtig sind, stimmen in da« herrliche Lied ein. 
Mit jeder Strophe werden die Andächtigen ergriffener, 
und manchem stießt heimlich die Freudenträne über 
die Wange. 
Jetzt' naht die hl. Kommunion, und erhebend 
ist der Anblick, wie hunderte von jungen Herzen 
zum himmlischen Mahle schreiten. Auch ich trete 
mit dankerfülltem Herzen mit Frau und Kindern 
zum Tische des Herrn. 
Welche Summe von heißen Dankgebetrn sprudelt 
aus tiefgerührten, glücklichen Herzen in dieser weihe 
vollen Stunde! — 
Mit jauchzendem Wonnegefühl in der Brust 
kehre ich mit meinen Lieben in die Wohnung zurück. — 
Dieses einzig schöne Lied wirkt mit seinem inhalts- 
re-chen Text, veibunden mit der herrlichen Melodie, 
noch lange nach und immer wieder drängt es zum 
Singen: „Keine Lust ist in der Welt,' die mein 
Herz zufrieden stellt. Deine Liebe, Herr allein, kann 
mein ganzes Herz erfreun. . . .* 
Diese aloysiannchen Sonntage sind gerade in der 
jetzige« schweren Zeit so recht geschaffen, die gedrückte 
bedrängte Menschheit geistig zu heben und zu stärken. 
Ich wünschte nur, daß besonders di« katholischen 
Mütter — die Bcner stehen doch meist im Felde — 
ihre Kinder in aller Liebe zum göttlichen Herzen, 
diesen schönen Hebungen zuftihren. 
Wie viel Glück und Segen würde durch die Fülle 
der göttlichen Gnaden in so manche schwer gedrückte 
Familie einkehren und Helsen, so manches harte 
Los leichter zu tragen! 
Religion und Krieg. 
Immer mehr gestaltet sich der Weltkrieg zu einem 
tragischen Geschicke der Menschheit aus. Unerbittlich 
und folgerichtig wirken sich die finstern Mächte aus, 
»velche den Krieg heraufbeschworen. Stets wuchtiger 
setzt der Geisteskampf ein und beweist, daß es um 
»nfere Ochste» Güter geht. 
Man mag davon reden oder nicht reden, das große 
Problem unserer Tage ist: Religion und Krieg. — 
Wie stellt sich Gott zu dem namenlosen, fassungslosen 
Weh, daS über die Völker gekommen? 
Jesus und der Krieg — wer hätte noch nie die 
Fragestellung, diese Gegenüberstülung wenigstens 
still bei sich erwogen? 
Jesus will den Krieg nicht, der Krieg ist dom 
Bösen, Jesus will das Böse nicht, der Krieg ist die 
Folge der Sünde, Jesus will die Sünde nicht; Jesus 
hat den Frieden gebracht, die Nächstenliebe» di« Fein¬ 
deslieb«, die göttliche Liebe, welch« de»; Krieg ver¬ 
hindern, verumnöglichen sollte. 
Jesus hat geweint, als er oben auf dem Oelberg 
von fernher tue Kriegöwolken kommen sah, welch« 
Jerusalem vernichten sollten. Freilich hat er beteuert, 
er sei nicht schuld daran: 
,/Jerusalem, o daß du es erkannt hättest an di«, 
fern deinem Tag«, noch in der letzten Stunde, was 
vir zum Heile dient — mein Herlandsleben, mein 
Heilaudsliehen, mein Heilandsleiden, nun ist es ver¬ 
borgen vor deinem Auge — nun werden sich di« 
Strafgerichte an dir vollziehen, so furchtbar, daß kein 
Stein auf dem andern blecht." 
Ruf Jesu vor dem Kriege, Rrrf Jesu im Kriege. 
Jesus hat den Krieg nicht gewollt, aber er hat 
auch nicht gewollt diese Ungerechtigkeit, dies» Sinn- 
lrchkeit, drese Erdenhaftigkett, welche zum Krieg« 
führte. 
Was hat die Welt sich gekümmert um Nächsten- 
lrebe, um Feindesliebe, um Christusliebe? — und 
darrmr mußte der Krieg kommen, so wahr der Fried« 
in der Liebe ruht und so wahr der Unfriede dort an¬ 
fängt, wo die Liebe aufhört. 
Jesus wollte den Krieg nicht, aber er ließ ihn 
mmmen, als die Menschen seine Lieb« verschmähten, 
^amit di« Menschen erkennen. wi« arm i« «erden 
oh»« sein, Lieh«, wie tief sie sich erniedrigen ohu« 
seine Gnade. 
tefu Ruf auch in diesem Kriege, 
esu ist der Liebenswürdige, der Menscheu¬ 
freundliche, er hat di« Gebote und Gesetze der Liebe 
und der Menschenfreundlichkeit gebracht, aber weil 
er Gott ist, muß er auch der Richter und der Rächer 
sein, wenn diese sein« ewigen Gebot« und Gesetze 
übertreten, von den Völkern, von Regierungen der 
Völker mißachtet werden. Es wäre gotteslästerlich, 
anzunehmen, Jesus sollte nüt geschlossenen Augen 
und gebundenem Herzen zusehen, wenn die Men¬ 
schen die Liebe, welche er gebracht und verkündet, den 
Preis seines Blutes, mit Füßen treten. 
Dann läßt er sie gehen auf den Wegen des Hasses, 
bis sie verarmen und verbluten und wenigstens im 
Sterben eingestehen, daß sie aus Irrwegen gewandelt. 
Jesu WahrheitSrus im Weltkrieg. 
Aber nun die letzte, di« brennendste Frage: War¬ 
um die Leiden jener, die am Kriege unschuldig, die 
schuldlos Hab und Gut, Leib und Blut opfern müs¬ 
sen? 
Ruf Jesu auch an diese: 
„Um eurer sühnenden Leiden willen schont der 
Vater wieder die Menschheit, wie er trotz dem Unter¬ 
gang Sodoms und Jerusalems die Menschheit ge¬ 
schont, um der Gerechten willen. - 
Euch, ihr Schuldlosen, seine Liebling«, will er 
auf den Kreuzung führen, damit ihr, wie seine 9. .,t- 
ter, wie seine Heiligeg schmerzensreich, opferreich, 
aber auch gnadenreich und verdienstteich werdet. 
Apostel des.Gekreuzigten, eine neue Generation, 
die wirkt und wirbt für sein Reich!" 
. Jesu Ruf im Kriege: der Ruf seines Lebens, 
seiner Lieb« und zumal seines Leidens. 
In letzter Zeit ist uns oft ein Bild zu Gesicht 
gekomnien. — In einem Schlachtfeld stand ein Weg- 
krenz. Die Granaten hatten den Querbalken wegge- 
chossen. Frei erhoben sich mm die durchbohrten 
Hände Jesu in der Luft und ragten mit flehender 
Gebärde gegen Hirnrnel: Ich habe den Krieg und 
die Kriegssünden nicht gewollt; ich sühne mit meine» 
Wunden dafür und erheb« meine Hände und eröffne 
mein H/rz, daß di« Mensche« hrimkehren zu meiner 
Lieb«! — 
Ruf Jesu durch die Zeit, durch unsere schmerz¬ 
liche und schrecklich« Zeit. 
DKchten doch wir Katholiken diesen Ruf Jesu 
verstehen und hochherzig und großmütig, in wahr¬ 
haft katholischer Einheit und Sie&e einstehen für Jesu 
Reich, sein Frirdensreich! 
sie, 
Menschenfurcht. 
Wir wollen keine halben Taten, 
Wir wollen keinen halben Mut: 
Soll unsere Sache je geraten, 
Hinein denn in des Kampfes Glut! 
Kein fauler Friede kann uns retten: 
Wir dürfen feige nicht entfliehen, 
Und unfern Leib auf Rosen beiten. 
Wen» sie den Herrn zum Kreuze zieh». 
(Eichert.) 
Menschenfurcht ist Feigheit, und darum verachtet 
wer wahrhaft ein Man«, ein charaktervoller 
Jüngling sein will. Und doch ist die Zahl gerad« 
der Männer und Jünglinge groß,, die sich von der 
Menfchenfurcht vbhalten lasst», etwas zu tun, was 
sie als gut und recht erkrnu«n. Denke an PilatuS: 
er erkennt die Unschuld des Heilandes, möchte ihn 
freigeben, aber «r furchtet sich vor d«r Menge und — 
handelt gegen feine Ueberzeugung. 
Alban Stotz erzählt aus seinem Leben, bei einer 
vornehmen Tischaesellschaft habe ei« Herr sich her- 
ausgenommen, glaubenslose Rede» zu führen, und 
niemand habe Miene gemacht, beu alten Sünde: zur 
Ruhe zu weisen; da sei endlich ei» Mädchen im 
ten KindeSalter vor ihn hingetreten und habe 
zugerufen: „So spricht man »icht vom lieben Gott! 
Sofort derstmmnte jener Herr, «nd nun hatte auch 
die ganz« Tischgesellschaft Mut bekommen und 
sttmmtr dem Kinde zu. Beschämt die Entschieden¬ 
heit dieses Kindes nicht jeden Jüngling und Mann, 
der schweigt, wenn sein Glaub« angegriffen wird? 
Greift jemand deinen Glauben an, 
Du schweigst als duldsam milder Mann! 
* G. W. Weber) 
Rein! Fahne hercms! BÄtennermut! Nicht 
feige vrrkrochen! Stell« Deinen Mann! Wären 
alle Männer, alle Jünglinge so, wie herrlich stände 
es um unseren Glauben! Der Unglaube wäre keine 
öffentliche Macht gewogen, hätte stder Katholik je¬ 
derzeit seine» Mmo gestanden. Sich nichts bieten 
lasse», krästig mrstveten und -er Glaubensspötk« 
verstuinntt. 
.fp!b frischen Mul !. 
Du deutsch«» Blut e l 
, Auf Gott vertrau« 
Und um dich haue. (Fr. W. Weber ) 
Wahre Religiosität verlangt religiöse Innerlich¬ 
keit, verlangt Gebet und ttefe Andacht, Freude am 
Sakramentenempfang. Vielleicht möchtest du gerne, 
aber der Gedanke: „Du wirst von andern gesehen" 
hält dich zurück. 
Wo Reibe» die Männer? Wo bleibe» di« Jüng¬ 
linge? 
»Ich kann nicht kommen" (Lk. 14, 80), so ant¬ 
worteten die Eingeladenen im Evangelium. Wie diel« 
Männer antworten so ans die Einladung de» Hei¬ 
landes zur öfteren hl. Kommunion! Und doch si« 
hätten es nötig. Wie oft fallen sie in Sünde, m 
Kere Sünde! Sie hätten ein Mittel, um ©na» 
Beistand und Gotteshilfe zu sichern und siegreich 
zu bleiben im Kampfe. Aber sie sehen sich erst um: 
Gehen auch die anderen? Sieht mich keiner? Tu« 
recht und scheue niemand! Was du für recht und 
gut erkennst, das führe auS, unbekümmert um daS, 
ivas die andern tun. An der Kommunionbank zeigt 
sich, wer ttefen, inneren Glauben hat. An der Kom- 
munioubank zeigt sich, wer konsequent nach seinen« 
Glauben leben will, an der Kommunionbank zeigt 
ich, wer ohne Menschenfurcht »gerade seinen Weg 
geht unbekümmert um die anderen". »Wer sich mei¬ 
ner und meiner Worte schämt, dessen wird der Meu¬ 
chen sohn sich schämen, wenn er kommen wird in sei¬ 
ner und des Vaters und der hl. Engel Herrlichkeit. 
(Luc. 9. L6.) _ 
weine nicht. Mutter. 
Sie gehörte mit zu den vielen, die daS Heilands¬ 
wort von den Mühselige» und Beladenen ganz be¬ 
sonders für sich in Anspruch nehmen durften. 
Mühselig und beladen — sie war es gewesen, 
ihr Leben lang. Was immer eS gab an Sorgen und 
Leid für Leute ihres Schlages, sie hat es bekommen, 
und nichts, gor nichts hat ihr davon geholfen. Gläu¬ 
big und rechtschaffen hat sie die Kreuzlein, die si« 
eins nach dem andern geschickt bekam, auf sich genom¬ 
men und sie guten Muts getragen, weil sie einen 
braven Mann hatte, einen Kameraden, der ihr tra¬ 
gen half — bis er sie verließ, um in das Land zu 
gehen, von wo es keine Rückkehr mehr gibt. Das 
war vor 24 Jahren gewesen. 
Ei» Leid kommt selten allem. Ihre beiden Aelte- 
ste» legte si« in dem gleichen Jahr in den kleinen 
weißen Sarg, fast an einem Tag. „Diphtheritis" 
sagte der Arzt, »Ihr habt zu lang« gewartet". Und' 
der Arzt hatte die Achseln gezuckt. Arme Leute sind 
oft so unwissend. Eie verstand «och nichts davon, 
begriff nicht, weshalb das Zimmer und die Bette» 
spater »geräuchert" wurde», daß alles so schreckhaft 
roch. 
Aber eines wußte sie besser: nicht weil die Kin¬ 
der krank gewesen, waren sie gestorben. Denen hätte 
noch viel mehr fehlen können und dann wären sie 
doch geblieben — wenn der Vater nicht gewesen wäre- 
Wer der hatte nach ihnen verlangt. So ganz allein 
dort oben mit den vornehmen Englein und den hei¬ 
ligen Aposteln. Sie kannte doch ihren Michel; sie 
hatte sich auch geniert. Da hat er lieber dos Glei¬ 
chen und den Keinen Michel zu sich geholt, daß er et¬ 
was an der Hand halt«, was er kannte. War es ihm 
doch auch immer so viel leichter geworden am Sonn¬ 
tag bei den Bauern seinen Wochenverdienst zu for¬ 
dern, wenn er so ein kleines warmes Kmderhändchen 
in der seinen spürte. Nein, nein, da« wußte si« 
denn doch besser. 
Aber das Peterle, daS hätte sie schon gern be¬ 
halten. »Gelt, lieber Gott," betet« sie, »das Petrrl« 
läßt Du mir: für mein« alten Tag«". Und als 
wollte der lieb« Gott ihr einen Gewahrschein auf daS 
Peterle geben, so blühte der. Je trockener und härter 
das Brot, um so roter wurden seine Bocken, um so 
blanker seine Augen. Wie ein echter Sonntag. Immer 
sauber, fröhlich und gefällig gegen jeden. 
Doch nichts ging dem Peterle über seine Mutter. 
Kaum, daß er die Händchen rühren konnte, schafft« 
er für sie. Wenn die Mutter jetzt von der Arbeit 
heimkem hatte daS Peterle die Stube aufgeräumt, 
den Ofen angelegt. Die Suppe brodelte. 
Da faltete sie noch fester ihre Hände: »^Lieber 
Gott! laß mir das Peterle". Und auch den Michel 
bat sie ganz innig darum. 
Die Jahre gingen, und aus dem Peterle wurde 
ein Peter, groß und stark. Mit der Mutter ging er 
jetzt zusammen zur Arbeit. Sie trugen miteiuand»«
	        
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