Full text: Bonifatiusbote (1918)

bSmmerung aus dem Haufe geschlüpft und freuten 
sich an den Blumen und Grasern, die den Bach ent¬ 
lang blühten. ,, . 
Plötzlich rutschte das kaum dreyahrrge Knablein 
Und fiel in den Graben. Der Millerbursche sprang 
schnell in das Wasser, um das Kind zu reiten; allein 
er konnte es nicht mehr fassen, und das rasch flie- 
-ende Wasser trieb das Knäblein mit großer Ge- 
chwindi gleit denr Mühlrade zu. Noch einen Augen- 
ilick und das arme Kind mutz von dem Rade zer- 
chmettert werden. v _ r 
Inzwischen tyotte es «maestmPir, den „Engel 
des Herrn" zu läuten. Der Müller stellte das Rad 
ab. um den Englischen Grutz in Ruhe und Andacht 
beten zu können. Dadurch entrann das Kind der 
augenblicklich drohenden Lebensgefahr und konnte, 
noch bevor dasselbe vom Mühlenrade, das nunmehr 
stille stand, ersaßt wurde, vom Müllerburschen dem 
Wasser entrissen werden. , _ . 
Durch seine schöne, fromme Gewohnheit, den 
Ä deS Herrn" andächtig zu beten, hatte der 
seinem eigenen Kinde das Leben gerettet. 
—» Kfliiersgfburtstno 
hat daS deutsche Volk 26mal im Frieden gefeiert; zum 
Viertenmal fällt dieser Gedenktag in diesem Jahre in 
die harte KriegSzeit. Dem Ernst der Zeit entspre- 
cfyeitb und auch nach beut Wunsch des Kaisers selbst 
werden die sonst üblichen Festfeiern wegfallen, um so 
mehr sollen wir für den Kaiser und das gessebte Va¬ 
terland unsere Gebete zum Throne Gottes emporsen- 
den. Schwere, verantwortungsvolle Pflichte» und 
Aufgaben hat der Landesherr, die Geschicke eines gan¬ 
zen Volke» ruhen zum grotzen Teil in seiner Hand. 
„Die Wege der Könige sind tränenreich und tränen- 
wert", hat Friede. Wilhelm IV. einmal gesagt. Mehr 
wie jeder andere Sterbliche hat der Monarch denBer- 
stand Gotte? nötig. Darum schreibt der hl. Paulus 
an seinen Jünger Timotheus: „Vor allem ermahne 
ich, daß Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagun- 
gen geschehen für alle Mnschen, besonders für die 
Könige und alle Obrigkeiten, damit wir ein ruhiges 
und sttlles Leben führen können in aller Gottselig¬ 
keit und Ehrbarkeit, denn dies ist gilt und wohlge¬ 
fällig vor Gott unsrrm Heilande." Gewissen und Re¬ 
ligion verpflichten unS Katholiken zu beten für de« 
Landesherr» und für dir Obrigkeit, vsr allem, in die¬ 
ser Zeit der Rot. Rufen wir darum mit den Worten 
des Psalmisten zum Hammel: „Der Herr erhöre dich, 
o König, am Tage der Drangsal, es schirme dich der 
Name des Gottes Jakob. Er sende aus dem Heilig, 
tum die Hülfe und schütze dich von Sion aus. Er er¬ 
fülle alle deine Herzenswünsche und jeden deiner 
Pläne. Ob deine? Heiles werden wir uns freuen, 
vn Namen unsers Gottes hoch gepriesen werden. Alle 
eure Bitten möge Gott erfüllen. Jetzt weiß ich, daß 
der Herr seinen Gesalbten rettet. Erhören wird er 
ihn von seinem heiligen Himmel. Diese kommen 
mit Wagen, andere mit stolzen Rossen, wir aber 
ziehen in die Schlacht im Namen des Herrn, unserS 
Gottes." 
Auch ihr lieben Soldaten draußen im Feld, ver 
veßt nicht das Gebet für euren obersten Kriegsherrn, 
damit Gott ihn schütze und siegreich wach« über alle 
seine Feinde und ihn und euch bald sehe» lasse den 
Lag mneS glücklichen Friedens. 
Wer ist, wenn je ein Feind dir droht, 
Dein bester Hort und Schutz? 
Wer geht für dich in Kampf und Tod, 
Der ganzen Welt zum Trutz 
Du edles Deutschland freu« dich, 
Dein Kaiser hoch und ritterlich» 
Dein Kaiser Wilhelm ist'S. 
politischer Teil. 
Entgleisungen 
u. 
hat e8, wie gesagt, vor allem bei der Ernennung 
Hertlings z„m Reichskanzler gegeben. Wenn man 
diese Ergüsse laS, war eS einem, als würden die längst 
vergessen geglautten Kulturkampfsregister wieder ge¬ 
sogen. Mit Schmerz mußte man feststellen, daß es 
tmmer noch Leute gibt, die nichts gelernt und nichts 
Vergessen haben, die auch der Weltkrieg, der das Blut 
~ 2? ~ 
Ihrer katholischen ""rüder mit ,dem ihrigen zusammen- 
fließcn ließ in dem sie mit jenen ans der einen ge. 
meinsamen Quelle der Vaterlandsliebe getrunken und 
Siegeskrast gesogen haben, nicht geniert. _ Ja. wenn 
Hertling ein Mohammedaner wäre, da» wäre noch er¬ 
träglich und kein Mensch würde sich darüber aufgeregt 
haben aber Katholik! Brrr ... Da zieht sich eine 
Gänsehaut — in dieser Zeit — über den Rücken und 
man möchte ja gleich ein Tintenfaß gegen den leib, 
hastigen Gottseibeiuns schleudern! .Herr von Herl» 
ling", so schrieb die «Pommersche Tagespost", das kons. 
Hauptorgan Pommern», .ist in erster Linie ein Mann 
deS Zentrums und wird niemals gegen diese Partei 
regieren. D8s Zentrum aber will einen verzrchtfrieden. 
weil ihm eben ein solcher von Rom aus vorgeschrieben 
wird Der Wunsch Rom» ist aber für da, Zentrum 
Befehl, mag da» deutsche Vaterland dabei zugrunde 
gehen, Roms Wille geschieht". „Schuldbeladen wie 
vor ihm kein Kanzler, nähert er sich der Wilhelm« 
straße ... ES genügt, «ras Hertling, Vergangen¬ 
heit zu kennen, um zu wissen, wie seine Zukunst auS- 
sehen wird. Schlimm, nur unendlich traurig, daß mit 
seiner Zukunft diejenige de» neuen Deutschen Reiches 
eine Zeitlang verknüpft sein soll" so schrieben die 
„Alldeutschen Blätter". Rach der «greif. Ztg." erklärte 
Oberpfarrer Seiler in Lausitz: „ES sei eine Schmach 
für das ganze Deutschland, wenn ein ausgesprochener 
Katholik wie Gros Hertling auf die erste Stelle des 
Reiches berufen wird ein Mann, der bereits vor dem 
Papst gekniet hat. Da» fei eine Herabwürdigung der 
evangelischen Kirche". Der „Rrichsbote" schrieb: „Die 
Ereignisse zur Zeit de» Reformationsjubiläum« sind 
nicht dazu angetan, und als Freunde der evangeli¬ 
schen Kirche besonders hoffnnngsfrrch zu stimmen". Er 
bedauert dann, daß die öffentliche Feier de» Jubel¬ 
festes seiten» der Gescnntlrrche angeblich wegen der 
Schwierigkeiten de» Eisenbahnverkehr» und der Ver- 
pflegung unterblieb aber so fährt er fort, „es ist kein 
Zweifel, daß jene Feier dennoch möglich gewesen wäre, 
wenn in den führenden Kreisen deS Staate» der ernste 
Wille dahinter gestanden hätte und die Besorgnis nicht 
vorhanden gewesen wäre, unsere katholischen Volksge, 
nassen durch diese große Feier ,u verstimmen. Ka. 
tholijch ist Trumps. Im Jubeljahr der Reformation 
ist dem Jesuitenorden frei« Bahn in Deutschland er. 
öffnet. Zum Jubelfest der Reformation haben wir 
einen katholischen Reichskanzler erhalten, der «in treu 
ergebener Sohn seiner Kirche und Anhänger de» Pap¬ 
stes ist. Der Führer der katholischen ZentrnmSpartei 
im Reichstage. Abgeordneter Srzberger, macht ©tim. 
mung für dir FriedenSvorfchläge de» Papste», die ei¬ 
nen deutschen Frieden verhindern würden und unserm 
Gegner in die Hände arbeiten". Den Gipfel aber bil. 
det ein Artikel der „Deutschen Zeitung": Um da, 
Vertrauen deS Kaiser» in den Grafen Hertling. seinen 
von ihm selbst gewählten obefften Ratgeber, wankend 
zu machen, erzählt fie die folgende Fabel: «Der König 
von Persien hatte einen genialen Frldherrn und einen 
schlechten Minister. Als da» Reich von allen Seite» 
angegriffen wurde, errang der große Feldherr einen 
Sieg nach dem anderen und rettete da» Königreich. 
Und er war seinem Herrn treu ergeben. Da trat der 
Minister mit falschem Gesicht vor den König und sprach: 
„Nimm dich in acht. « Herr, und traue dem Feldherrn 
nicht". Und der König horchte auf den Verleumder 
und hing ihm eine goldene Kette um den Hals. Den 
Feldherrn aber verwies er deS Lander. Kurze Zeit 
darauf verlor der König Thron und Land". Mit suchen 
nichtswürdigen Kampfmitteln operiert man also um 
unseren Hindenburg »n einen Gegensatz zum Grafen 
Hertling zu bringen und diesen dadurch beim Kaiser 
anzuschwärzen, al» wolle er Kaiser und Reich verraten. 
Da» sind nur einige der krassesten Ausfälle — 
wollten wir sic alle buchen, kämen wir zu keinem Ende; 
fie ganz zu verschweigen geht nicht an, unser Volk muß 
die Stimmung kennen, die vielfach bei unseren Geg¬ 
nern herrscht, um sich danach zu richten. Wir werden 
nicht Gleiche» mit Gleichem vergelten, sondern nach 
wie vor uns bemühen, da» Einigende zu betonen und 
da» Trennende zurückzustellen im Interesse de» ge» 
meinsamen Vaterlandes. 
vom Frieden 
ist auch diesmal noch nichts Bestimmtes zu berichten. 
Hossnungsvoll klingt eine Nachricht, die am Sonntag 
über die Verhandlungen 
- mit der Ukraine 
dem südlichen Teil Rußlands, der sich bekanntflch zu 
einer Republik erklärt hat, bekannt wurde. Danach 
hätten di« Verhandlungen das Ergebnis gezeittgt, daß 
über die Grundlagen eines abzuschließenden. Frie¬ 
densvertrages Einigung erzielt worden sei. Die bei- 
derseittgen Abgesandten wollten mit den heimsschen 
verantwortlichen Stellen in Fühlung tteten und dann 
sofort nach Brest-Litowsk' zurückkehrcn, um im Rah¬ 
men der ihnen erteilten Ermächtigungen den Frie- 
densvertrag abzuschließen und zu unterzeichnen. — 
hiermit ist es zum erstenmal« in diesem, die Welt 
erschütternden Kriege gelungen," so hieß es in der 
amtlichen Mitteilung, die Grundlagen zur Hcrstel« 
lung des FriedenSzuitandes zu finden." Wie gesagt, 
eine erfreliche Nachricht, die überall in Deutschland 
mit Genugtuung begrüßt wird — aber man ist in die 
sem Krieg schon so oft enttäuscht worden, daß man 
bedenklich geworden tst und erst etwas GrcifbarcZ 
vor sich haben will, ehe man sich der Freude hingibt. 
Voraussetzung dazu bleibt, daß eS ine ukrainische« 
Unterhändler mit ihrem Vorgehen ernst nehmen und 
mit dcmselÜeu Standpunkt aus Kiew, der neuen 
Hauptstadt, zurückkehren, den sie bei ihrer Abreise 
von Brest-Litowsk zeigten. Schon kommen ja auch 
Nachrichten von starken Gegenwirkungen der Entente, 
englische und französische Offiziere seien an der Front, 
in Kiew beeinflußten französische Agenten die 
Presse. Es heißt auch, in Charkow habe sich erne 
zweite „Rada" (Volksvertretung) im ®ege»faö zu 
der in Kiew gebildet und auch zwischen Petersburg 
und der Ukraine seien neue Streifigkeiten entstan¬ 
den. Trotzki sandte an die ukrainischen Unterhändler 
ein Schreiben, in welchem er diesen das Recht, un¬ 
abhängig von den Russen und selbständig zu verhan¬ 
deln, abspvicht, und sie des -„Beurates" anklagt. 
Verdächtig ist auch die Meldung — wen» 
sie richtig ist — daß die Ukraine der der Entente; 
eine Anleihe gemacht habe. Derarfige „Verwandt- 
schäften" machen den Empfänger immer in gewissem 
Sinne abhängig vom Geber. Doch wir wollen das 
Beste hoffen, über den Berg sind wir aber auch hier 
noch nicht. Roch viel weniger ist daS der Fall bei 
den Verhandlungen mit dem eigenütche« Rußland 
in Brest-Liwwsk; dort geht die Diplomatenschlacht 
weiter, eS wird unendlich viel geredet, man meint, 
wenn man die spaltenlangen Verhandlungen Nest, 
man habe einen Debattierklub vor sich, dem eS nur 
darauf ankomme, tue Zeit totzuschlagen. Herr Trotz« 
ist wie ein Aal, glaubt man ihn gepackt zu haben, da 
ist er wieder entschlüpft, er dreht sich und windet 
sich, sucht Ausflüchte, versteift sich auf Kleinigkeiten, 
geht um die Harchtsache herum und findet bald hier, 
bald da irgend eine» Punkt zum Anhacken, um. den 
dann wieder weit und breit herumgevedet wird und 
so ge^ ei« Tag um de» andern hm und man siebt 
immer noch aus demselben Fleck. Mau muß dre 
Geduld unserer Unterhändler wirklich bewundern, 
mit der sie all da« Geschwätz anhören. ES wird 
immer deutlicher, daß eS de» Bolschewiken und vor 
allem dem Herrn Trotzki weniger um den Frieden 
zu tun ist — man hat wirklich manchmal den Ein- 
druck, als solle zum Ausseinandergehen und nicht 
zur Einigung geredet werden — als um die Ver¬ 
breitung seiner überspannten sozialistischen Ideen, 
die jetzt in Rußland dir Probe bestehen sollen. Dem¬ 
gegenüber sagt die „Nordd. Allgem. Zto." mit Recht: 
„Wenn die Russen glaubten, durch chr Manöver 
daS deutsche Voll und das rutsch« Heer zu verwir¬ 
ren, dann befänden sie sich in einem grundlegende» 
Irrtum über deutsche Kraft und deutschen Volls- 
geist." DaS deutsche Voll weiß, daß deutscherseits 
alles geschehen ist und noch geschieht, um emen 
Frieden, der seine Ersstenz sichert, zu erhalten, und 
läßt sich von dem revolufionaren Phrasenschwall von 
dem Glück deS ZulunstsstaateS nicht betören. Im 
übrigen haben wir Gofi fei Dank noch keine russi¬ 
schen Zustände und Trotzki wird eS Wohl auch kaum 
abwarten können, bis wir solche bekomme». Be¬ 
kanntlich ist Herr Trohfi inzwischen zur Eröffnung 
der Nationalversammlung, die aber gleich wieder 
auseinandergejagt wurde, nach Petersburg gereist, 
weshalb die Verhandlungen bis zum 29. vertagt wur¬ 
den. Ob er nach Ablauf dieser Frist wiederkommt, 
muß man abwarten. Man wird ihn dann Wohl vor 
ein Entweder — Oder stellen und sich nicht Weiter 
von ihm am Narrenseil herumführeu lassen. 
vom Kriegsschauplatz 
(17. bi» 23. Januar.) 
sind wiederum „besondere Ereignisse" nicht zu mel¬ 
den. Bei chren erfolglosen und verlustreichen An¬ 
griffen am 14. und 18. Januar haben die Italiener 
an Gefangenen 12 Offiziere und mehr als 300 Man« 
eingebußt. ^ 
An der Ostfront herrscht Waffensfillstand; an der 
mazedonischen Front kam es außer den Arfillerie- 
kämpsen zu Vorfeldgefechten, bei denen die Bulgare» 
die Oberhand behielten. Au» dem Westen werden 
täglich beiderseitige Erkundungsvorstöße gemeldet nutz 
stellenweise zunehmende Artillerietättgkeit. Erfreu¬ 
lich ist das Ergebnis deS 
U-BootlriegcS 
im Dezember, es beträgt 702 000 Brnfioregisterton- 
nen und stellt sich um 100 000 Tonnen höher als das 
des Dionais November, auch dasjenige des Septem¬ 
ber Mid Oktober übertrifft es »och um ca. 30 000
	        
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