Full text: Bonifatiusbote (1918)

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( In den ernsten, schweren Setten. 
Ke über unser Vaterland gekommen fiird. firmen 
Mir siÄer den besten Trost Kn Geoet. 
werrliche und erhabene Gedanken bieten un» ganz 
Jesonders die Gebete der Kirche und eS ist. als ob 
iese Gebete an den letzten Sonntagen eigens kür 
hie jetzige Lage verfallt waren. 
L „Alles was du un- gctan. 0 Herr, hast du ln 
-rechtem Gerichte getan; denn wir haben vor dir 
tzlcsündigt und deinem Gebote nicht gehorcht; aber 
verherrliche deine» Namen und tue mit «uS nach 
der Fülle deiner Barmherzigkeit", so betet die 
Kirck)e in; Eingang der hl. Messe am 20. Sonntag 
Nach Pfingsten. Unsere Bischöfe haben es schon in 
den ersten KriegSmonaten gesagt, wir haben viele 
öffentlich« und geheime Sünden im Vaterland teil 
Jahrzehnten zu beklagen gehabt und unter dem 
Einfluk fetS Kere^eS und bei der Länge der Zei 
find sie **i> Eh..eckend gewachsen. Wucher und 
Betrug. und Habsuckff, Rücksichtslosig 
keit und Ehrgeiz haben m Heimat und Heer sich 
breit gemacht. So sebr man im Ganzen den Geist 
unseres Heeres bewundern must, so haben doch 
Diele Unwürdige euch im Heere Einflug sich zu 
verschlissen gewußt und ha?en viele verführt. Nach 
terecbtem Gerichte handelst du an uns. 0 Herr, denn 
wir haben gesündigt und deinen Geboten nickt ge« 
horcht. Datz unsere Feinde durch aröstere Schuld 
losigkeit es verdient hätten über uns zu siegen, ist 
-aimt nicht gesagt, ibre Sünden schreien so laut 
-um Himmel, wie wie die unseren. Das Gericht aber 
darüber steht bei Gott. Erst am jüngsten Tage 
wird die Rechnung ganz zu Ende geführt werden, 
so dag die volle Gerechtigkeit an den Tag tritt. 
Aber wenn unsere Feinde auch nicht verdient haben 
unsere Richter und Ltrafvollzieher zu werden, so 
haben wir selber doch allen Grund, aus Gotte- Hand 
die Büste aufzunehmen, die wir m t unseren Sün¬ 
de» verdient haben. Und keiner kann sagen, er sei 
ohne-Schuld. ..Wenn wir sagen, wir seien ohne 
Sünde, so verführen wir uns selbst und die Wahr 
heit ist nicht in' uns." Beten wir vielnwbr mit der 
Kirche: „Sckieuke w Herr» deinen Gläubige» gnädig 
Verzeihung und Frieden" . .. eingedenk der Worte 
des Psalmiften: „d«- Volke» He l bin ich. so spricht 
-er Herr: au- welcher Not sie immer zu m r rufen, 
will ich sie erhören". (Eingang zum 19. Sonntag) 
„Wenn ich wandte mitten in der Trübsal, belebest 
du mich. 0 Herr, vnd gegen meiner Feinde Grimm 
streckst deine Hand du au- und rettet deine Rechte 
w'ch." (Offertorium. 19. Sonntag). „Sn deinem 
Willen, Herr, ruht alle», und keiner ist. drrdrinrin 
Willen widerstehen könnte . . du b st des Weltall- 
Herr, Eingang. 21. Sonntag). „Gedenke mein, 0 
Herr, du Herrscher über jede Macht, leg das rechte 
Wort in meinen Mund, auf datz Gefallen finve 
-nein« ?lede vor den Fürsten. lOff. 22. Sonnt.) „Tu 
r»test uns vor unseren Drängern; und die uns 
^-tscn machest du zu Schanden" (?-adual- 23. 
Sonntag), rufe, denn du erkörst iKh. » Gott, 
ö neig dein Ohr. erböre meine Worte". (Eomuno. 
22. Sonntag). „Vergib wir bitten dich, 0 Herr, 
die Mi»rt»trn deiner Völker, damit wir v"n den 
Fesseln der Sünden, in die wir in unserer Schwäche 
uns verstrikkr haben, durch deine Güie befreit wer¬ 
den" (Gebet 23. Sonntag). Möge reckst bald kom¬ 
men der Tag. an deni sich erfüllt, was der Eingang 
der bl. Messe am 93. Sonntag nach Pfingsten sagt 
mit den Worten des Prophet»» ^eremioS: „ES 
spricht der Herr: „Ich sinne Gedanken des Frie¬ 
dens und »ickt der Plage; rnfet mich an «nd ich 
werde euch erhören «nd zurücksühren eure Gefan¬ 
genen au- allen Orten." 
* - Zalfche Begriffe 
»tt Takt und der Religion haben gar vi et« Menschen: 
weil ihre Wünsche. Erwartungen und Hoffnungen sich 
inNI erfüllen, find fi« enttäuscht und werfen den Glauben 
weg. Klaube ist da» volle, schrankenlose Sichhmgeben 
mit allem, toa» unser ist und wa« man Hot. ein volle» 
unwiderrufliche» Eichvertrauen in Anerkennung dessen, 
datz wir Gott gebären, un» ihm nicht entziehen, sondern 
«ne ihm hingeben, ganz wie e» sem Wille ist und wie 
er er von un» verlangt, «der bedingungslos: nicht al» 
Versicherung gegen Krankheit und Leiten und Not und 
Kneg und Tod. Wir haben gar keine Bedingungen zu 
stellen, keine Wünsche und keine Forderungen. Gott 
„T H"*' °b er eS unS gut gehen läßt oder schlecht, 
»ott ist der Herr, und Krieg und Tod andern nicht» 
daran, datz trnr ihm gehören. Die Gerechtigkeit fordert 
«, datz ir un» ihm hingegen ohne jeven zögernden 
ivluckblick auf unS selber. Da» ist der Glaube. Tann 
wenn Unr^diescu Glauben haben, wenn unsere 
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Religion so ist. dann ist'» doch eine Versicherung unseres 
Menschenglücke» »nd -war nicht nur für da» Jenseits, 
sondern auch für diese Welt, dte Versicherung eine» 
Leven« der Kraft »nd Stärke, »nd de» Glückes, mag 
äußerlich komme» wa» will! Die Religion ist un» nicht 
wegen de» Kriege» gegeben, aber unser Glaube, unsere 
Religio» ist park genug »nd groß genug, uns auch in 
diesem Schrecken zu hallen und zu stärken. Nie mehr 
find wir allein. Immer ist Gott mit un». Und datz wir 
in Gott stark find, stärker find als alle», stärker auch 
als der Tod — da» ist unser Glaube und unser 
Glück. — Wo» im Kriege fiel, fallen mutzte, war «a» 
selbstgeschnitzte Drld Gottes, war der Gott, den der 
moderne Mensch gemeiniglich nach seinen eigenen Be« 
dürfniffen und Meinungen sich zurechtlegte: bei dem 
Gott freilich kann e» kein Heil geben, wenn alles kracht 
und stürzt, toa» Menschengeist und Menschenhand ge. 
schaffen. Unerschüttert aber steht der wahre, lebendige 
Gott der Offenbarung, mit seinem für M nschen denken 
unergründlichen, immer aber göttlich guten Willen. 
Diesem ge enüber war «nd wird Welt und Leben 
inimer sein wie ein Bild, wie ein Rätsel, voll des U,i» 
beg-eiflichen, aber über all dem Dunkel, tn das sich 
unser geistig«» Auge »ft versetzt sieht, strahlt unauS- 
löschlich wie »>n leuchtender Htmmelsitern der Gedanke: 
Gott,-der Ewige. kann nie und nimmer böse sein. — 
Nein, nicht in Gott liegt die Wurzel des Bösen, der 
Vernichtung, »icht ihn dürfen wir zur Rechenschaft 
ziehen, sondvvn dei»n»selbstmussenwir suchen 
Menschen h«»«, dm» Krivx gemacht, Menschen die Völker 
aufelnande^ntzetzt. SSir alle find schuld daran, wir 
müffcn ««£ «MtKfl, um ia» Böse au» der Welt zu 
schaffen, um dm Smmwtmkmt im engen Kreise ebenso 
wie in dm: Mmtze» Oeff«»tl»chkrit zum Siege zu ver¬ 
helfen. 
£a* chrwllchrn Sudeten. 
Wie ein guter .christlicher Soldat leben und sich in 
einem Dienste m .alten soll, hat der Bonifatiusbote 
chon öfters im Laufe der Jahre dargelegr. Heure 
möchte er Euch »och einmal die wichtigsten Punkte ins », ~ . . T- <. «• _ ^ 
Gedächtnis «fen »nd sie Euch neuerdings an» Herz „ 'in? Suwpkgelanre der Pchve. ganz dorne, wo de> 
fflustes Silber,lreif ,m Monhlicht (liefet, ftehr der Land, 
«SmEaL ist zu klein für all die Schicksalswuchk: 
wir «oben ign zerbrochen und kennen nur die eine 
sirotze Zeit. die wir uns später einmal rahmen 
wollen. 
Wem ersckeilü nicht alles gegenwärtig? TaS 
Auslücken durch die Städte? die bekränzten Zü^e 
nach der Front? die ersten Botschaften von errun¬ 
gen Siegen? d>e ersten Sckicksalskunden von Ge¬ 
fallenen? Ist das Vergangenheit? Und was noch 
kommen soll — stehn wir nickt immerdar mit auf. 
gehaltenem Arm. fast atemlos, bereit, um es zu 
raffen? Wir können nickt mehr am Ende jedes 
Tages sagen. «So, du bist getan." und ihn hinaö- 
schicken zu der grotzen schlafenden Herde der ge¬ 
wesenen Tage. Rein, zögernd, halb erledigt nur 
tritt er beiseite wie einer, der sich noch einmal mel- 
deil wird, und harrt niit seinen Genossen aus dieser 
Zeit noch der testen grosten Abfertigung. Wir 
statten alles — was geschieht, geschehen wird, ge- 
schei>e:i ist — eistriücktig in einem Arm und werden 
eS einst nur alles in allem beiseite legen. 
Emst schliefen sieden Brüder von Ephesus tit 
einem Berge, der sie veischiittete. Sie wachten auf 
und meinten, den Schlaf einer Nacht getan zu ha- 
oen. Als sie jedoch in dieser Meinung in die Well 
eintraten, nierkten sie fassungslos bis zum Ver¬ 
geben. datz sie viele hundert Jahre alt geworden 
waren. 
So ntM b;e /seit, verschüttet von dem Bergsturz 
des Geschehen«. Loch wenn sie einst auswacheir 
wird und wieder gemächlich Jahre zählen, dantt 
wird iie inerten, da« jie um vieles, vieles älter ge¬ 
worden ist. 
VaffenftMand? 
legen. 
1. Trage de» K>nigB Rvck in «klen Ehren und diene 
Deinem Vaterland« mit Einsetzung Deiner ganzen Per 
'on. So dienst Du zugleich Gott dem Herrn, der Dich 
wrch den Mund de» oberste» Kriegsherrn gerufen hat. 
Diese« Rufe gehorsam »nd tre» zu folgen, dos sei 
Deine «»te M»i»«ng. 
8. Geh de» Gefahren, dir Dich vielleicht erwarten, 
mit gutem Mut entgegen. Nicht» kann Dich treffen 
ohne den Wille» Sötte». Er mernt es gut mit Dir und 
ügt alle» zinn Besten. Dar»« bewahre Dir ein »n. 
erschitterliche» G»tt»rrtra»e„ 
8. Wa« der Kriegsdienst Dir «n Leiden und Wider, 
wärtigkeiten bringen mag. da» wirf auf da» Kreuz 
de» Heilande». Er hilft Dir tragen. Er trägt daS 
Kreuz vor, trage e» ihm nach in Kerker Geduld. 
4. Holte Deine Seele frei von Haß und Grausam- 
keü. Halte Drin Herz rein von aller bösen Begierde. 
Beflecke nicht Deine Hand, die durch das Schwert ge. 
weiht ist, »nt schlechten Werken. Sei überzeugt, daß 
Dein schlimmster Fffnd die Sünde ist. Darum kämpfe 
wie de» äußern, s» auch de» inoern Kampf mit stand. 
b«fter Dapferke t. 
L. Zwei Dinge »rutzt D« vor allem meiden: die tt», 
ke»schheit »»d de» AIk»lwl. Das sind die beiden Würg» 
engel. die «ehe Männer morden. al» der blutigste 
Krieg. 
<5. Zwei Dinge »rußt D» »icht versäumen: Das 
Gebet »nd hie Sakramente. Da» sind die großen 
Gnademnittel ,bt* Dir den Beistand Götter sichern. Latz 
keinen Tag vor übergehen ohne Gebet. Wen Du 
tannst, so heilige auch de» Sonmaz di'rch den Besuch 
der hl. Messe. Bietet sich Gelegenheit, so erleichtere 
Der» Gewissen durch eine aufrichtige Deichte. 
7. Vergiß »icht, daß Du an der »llerseligstrn F-n». 
krau Maria eine mächtige und gütige Mutter im Him. 
mel hast. Stell« Dich unter ihren Schutz und begrüße 
ie jeden Tag durch ein fromme» Ave. 
8. Halte Dich stet» auf den Tod bereit. Nach dem 
Tode kommt da» Gericht und damit die Entscheidung 
ür dir Ewigkett. Damit der Tod Dich nicht in der 
ünde überrasche, erwecke oft v»«k»mmene Reue; sie 
öffnet den Himmel, denn sie tilgt Todsünden obn« 
Beichte, wenn man nur den Dillen hat, die Sünden 
sväter auch zu beichten. Die Reue ist vollkommen, wenn 
man seine Sünden au» Liebe zu Gott bereut. Bete 
«den Abend und m jeder Gefahr mit andächttgem Her¬ 
zen, 
»Dich siebt, » Oott. mein ganze» Herz» 
Und da» ist mir der größte Schmerz, 
Datz ich erzürn« dich, höchstes Gur, 
Ach, wasch' mich rein in deinem Blut!" 
ßj»» 
Seit. 
M eS nM, oTS ob die Seitenzählung stille steht 
n dieien fahren? Vor Ueberfülle des Geschehens 
egt die Zeit die mnmier rastenden Hände in den 
Schon. Selbst die 5iahre will sie kaum noch ge¬ 
bären. must sich nickst der Statistiker Gelvalt antnn. 
um zu unrericheiden: 1915. 1916, 1917? Der Jah-- 
sturminfanteriit Schweiger. 
Vorposten müfien scharfe Augen haben, gute Ohre» 
starke Nerven. 
Huscht dort beim Weidengestcüpp nicht rin plötz« 
sicher Scharten? Raschelt das Schilf nicht verdächtigtz 
Kräftiger greifen die Finger um daö Geiuehr und einen 
von ihnen liegt schon am Hahn. Nun sieht er ihn kom¬ 
men, den geheimnisvollen Unbekannten, sieht ihn schlei» 
chen «mi Boden näher und näher. Ein Welscher? Viel« 
leicht mit einer Granate? 
Scharf schneidet der Ruf durch die Nacht: »Halt, 
wer da?" 
.Häusl, i bin'» ja. der Rudi. Die Menage ist da 
und a große Neuigkeit." 
„Na. war denn?" fragte der Han» seine» Spezi 
und greift dabei nach der Menageschale. 
»Mir und Deutschland und die Türk'n hab'n Ame¬ 
rika an Wasfenssillstand anirag'n »nd der Wilson soA 
un» helfen Frieden machen." 
Waffenstillstand? Frieden? 
Der Infanterist HanS Schweiger hat feine Supp» 
ausgettunken und der Rudi bat sich mit der leere» 
Schale wieder davongeschlichcn. Ringsherum herrscht 
Ruhe. Ruhe vor dem Feind. Nichi einmal ein leiser 
Wind geht durch das Schilf, so datz »um manchmal 
gar das Plaudern der Piave mit den Uferränder» 
hört. Nur in des Infanteristen Seel« hebt sich ei» 
Storni von Hoffnungsfceude. 
Vorposten muffen scharfe Auge», gute Ohren »ntz 
starke Nerven haben. 
Er tzai sckarse Augen: er siebt im Geiste sein 
Weib, als stünt>e eS vor ihm, wie einst vor einem hal» 
ben A»hr, als er auf Urlaub war. Er hat gute Ohren: 
er hört das Helle Lachen seiner Kinder, als spielten si« 
dort »nterm mondumfloffenen Weidenbaum. Er hat 
aber auch starke Nerven; denn alle Freude, aller Jubel 
über die neue Friedenskunde lassen ihn nicht 
sein» Pflicht vergessen, er hält weitertteu» 
Wacht. Doch in den Obren klingi'S ihm fragend 
immer wieder: Waffenstillstand? Fried«? 
* 
Um den schmucklosen Tisch in der einfachen Stub» 
sitzen drei ärmliche barfutze Kinder. Ist aufgesetzt eine 
dampfende Schüssel; g'rad hat sie der Keine Karl ge. 
brachr, nachdem er säst zwei Stunden bei der Volks, 
küche .angestellt' war. Hätt'S vielleicht sonst nicht ge¬ 
tan, aber beute ha: e» außer Kohl und Hirsebrei auch 
noch ein Stück Rotzfleisch pegeben »nd auf da» freut 
er sich immer, der kleine GcmüsefeiNd. 
„So latz Dir dock, Zeit, Karl", läßt sich die abge. 
härmte Muiter vernehmen, »e» itzt Dir'S ja niemand 
weg". 
»Mutter, bitte, ein Brot!" schreit die Gustl. ■ 
„Schau, Gustl. Tu weiß, doch, datz wir kein'z mehr 
hab'n und die Woch'n auch kein's mehr kriegen. — 
Warum habt's schon alles am Donners,ag 'geffen. I 
kann Euch net helfen". ’ Und wie sie hinaus in die 
Küche geht, wischt sie sich heimlich eine Träne aus den 
Augen. „Die armen Kinder", seufzt sie still iw^sich. 
Wenn nur der schreckliche Krieg einmal ein knd« 
hätte."
	        
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