Full text: Bonifatiusbote (1918)

Vergeudung von NaiionalvermSgen durch die gewissen- 
lose Verschleuderung von Vorräten und Heeresgut. Dre 
Produktion steht säst völlig still. Unser Kredrt rm «»«- 
l«nd ist aufs Schwerste gefährdet, den Wechseln unse¬ 
rer Großbanken begegnet man mit Mißtrauen un- 
bereit» gewährte Kredite werde» gekündigt. Nur durch 
Seordnete Verhältnisse können wir da» Pertrauen de» 
luslandes wiederherstellen. 
Such über die 
künftige StruerpvlMt 
bat der StaatSsekietär Andeutungen gemacht. Di« 
Kriegsabgaben der Gesellschaften sollen von 00 auf 80 
Prozent nhöht. die Krr-«,ft-uer der Privatpersonen 
loeiter ausaabaut werden und auch da» Viehreinkommen 
erfassen (rückwirkend bi» zum 31. Dez. 10l3). Die 
hohen Keiechtgewinne sollen restlos erfaßt werden. Da¬ 
neben ist ein« einmalige Bermdgen»ab»«be vorgesehen, 
die «v. in die Form einer ZmangSanleihe gekleidet 
werden soll. Weiter steht in Aussicht der Ausbau der 
Einkommen» und Ergänzung»struer und der Ervschafts. 
teuer.Neugestaltung der Stempcl-undllmsatzsteuerchluten 
oll auch der Tabak und der Zucker, und die Luxus¬ 
teuer soll auf neue Gebiete au»ge»ehnt worden. Und 
ramit die Steuern auch wirklich erngehen, soll d,e 
«teuerflucht aufs schärfste bekämpft werden. Da aber 
mit Steuern allein die gewaltige Lasten nicht aufge- 
bracht werden können, fall sich in weitgehendem Ratze 
der Staat am Wirtschaftslebea beteiligen, 
also der Anfang mit der Sozial,sierun, mancher Be¬ 
triebe gemacht werden, wobei aber mit Vorsicht borge- 
gangen werden soll. 
Schöne Aussichten für die Nationalversammlung 
eröffnet der preußische „Kultusminister" Hoffman«. In 
einer Versammlung in Berlin faßte er, die Mahlen 
feien viel zu früh angefetzt; ein großer Teil der tjetb* 
truppen fei für diese noch nicht zurück und auch die 
„Aufklärung" der großen Massen und vor allem der 
Frauen sei in der kurzen Zeit nicht in der erforderlichen 
Weife möglich. Das Volk werde sich die Errungen- 
tckaften der Revolution nicht wieder rauben lassen. 
„Ergeben die Wahlen keine sozialistische Mehrheit, 
dann muß die Nationalversammlung oben gesprengß 
und die Diktatur des Proletariates aufgerichtet »er¬ 
den. Jeder ParleioahSager muß dann bereit fein, 
auf die Barrikaden zu ffrifen und mit feinem Körper 
für die sozialdemokratische Sache einzustehen." Beim 
preußischen „Kultusminister" haben »ir es also nicht 
nur mit einem Religionsfeind und Kirchenhasser zu 
tuen, auch die Rolle eines 
Barrikadenhelden 
will er spielen, wenn es nölig ist; wirklich eine feine 
Nummer. Wie führende Elemente in der Sozialdemo¬ 
kratie übrigens über die Nationalversammlung denken, 
zeigt auch eine Bemerkung der bayerischen „Minister- 
präsidenten" Eisuer auf dem Delegiertentag der Ar¬ 
beiterräte, „daß wir vor der ivellrevolulioa ständen, 
immerhin sei die Nationalversammlung nötig, «eil da¬ 
durch eine Menge abenteuerliche Anschauungen besei- 
tigt werde". So sehr viel scheint ihm danach doch 
nicht daran zu liegen, daß sie zustande kommt. Daß die 
Revolution übrigens von den Russen vorbereitet wor¬ 
den ist. hat der frühere russische Vertreter in Berlin, 
der bekannte 
Herr Joffe. 
in einem Funkspruch ausgeplaudert, in dem er f 
rühmt, durch feine Tätigkeit, die im Einverständnis 
mit den unabhängigen Ministern haase und Barth 
u. a. geschah, zum Siege der deutschen Revolution nach 
Kräften mitgewirkt zu haben. Es handelt sich dabei 
um Beschaffung von Masse» für mehrere 100000 M 
zur Bewaffnung der Massen. 
Die Katze zu früh aus dem Sack gelassen haben 
die Herren Hoffman» und Genossen mit ihre« 
kulturkämpferischen Maßnahmen, Aufhebung der 
feistlichen Orts- und KreiSschulinspektion, Abschaffung 
eS Schulgebete», Aufhebung der Pflichtmäßigen 
Teilnahme am Religiontunterricht und die bi» zum 
1. April in A u «s i ch t gestellten Trennung von Staat 
und Kirche. Sie baben deshalb nichts eiligere» zu 
tun, al» zu versichern, daß e» ja nicht so böse ge¬ 
meint sei, wie der Volksbeauftrazte Haase in Ober- 
schlesieu sagte. Besonder» mit den „armen Kirchen" 
werde man ein Einsehen haben. Und der Kollege 
de» Herrn Adolf Hoffmann im Kultu»mi«isterium, 
der sozialistische Abg. Hinisch erklärte mit der Miene 
de» „ollen ehrlichen Seemann»", daß man die Frage 
unter Mitwirkung von Vertretern der Kirche Prüfen 
werde; wie gemeldet wird, soll am 12. und 13. 
Dezember eine Kommission sich mit der Sache be¬ 
fassen. Man merkt di« Absicht ! Die Herrn „Volk»- 
beauftragten" brauchen für die Nationalversammlung 
gut Werter bei dem katholischen Volke. Derhalb 
auf einmal da« süße Flöten der roten Rattenfänger, 
Kit denen man ab« keine» simpel sangen wrrd. 
mrt 8iÖ . 
Sozialdemokratie und Krieg. 
Die Evtenzüchterei verstchan bte Soziakdemokra- 
ten ausgezeichnet. Eine solche Ente und zwar eme 
recht ^ette ist eS, wenn sie jetzt so tun, aß seien sie von 
Anfang an gegen den Krieg gewesen. Einer der letzi- 
aen Berliner «olkSbeaustragten. bar »nabda«»'«r So. 
zialdemokrat Haase, hat bei der ersten Kriezstagrms 
de» Reichstag» ausgeführt, daß die «ufre^erhaltmig 
de» Friedens auch de» Sariatdwnokwck«, nicht möglich 
zweien wäre Er sodann: groben o.e 
Schrecken de» fchnlllkchen EinfaSS; Millionen von 
Volksgenossen werden v«n den «erheerimgen d«S Kr,e- 
aes crm schwersten getroffen. Unser« heißen Wunsche 
begleiten unsere zu den Aa-nen gerufenen Bruder, 
ohne Unterschied der Partei. ES gilt, die Kultur urw 
Unbhängigkeit unsere- Lande» sichergusteLen. Wir ms. 
sen in der Stunde der ««fahr da» eigen« Daierland 
nicht im Stich. Von diesen Grundsätzen geleitet, be. 
willigen wir oie geforderten Kriegskredite. Im ^e» 
zember 1914 äußerte er sich Ähnlich, noch serem dl« 
Grenzen unsere» Landes von feindlichen Truppen be¬ 
droht. Daher müsse das deutsche vo« seine ganze Kraft 
für den Schutz des Lande» einsetzen. Auch das sozial, 
bürokratische Haupvvrgcm, der „Vorwärts' ha4 sich 
wiederholt ^gen die Behauptung gewandt, al» ob 
Dautsäiland die Schuld an der lange» Dauer de» Krie¬ 
gs habe. In einem Leitartikel vom 1. Dezeinber 
19!6 la t<- das Blatt: „Es ist nicht wahr, daß der 
Krieg deshalb solange dauert, weil die de Ms che Kriegs- 
Politik den V rn >, an >«>'-' i mit daranffo enoen wr- 
oberungen ins Auge gefaßt HM. E» ist un^ekehrt 
wahr, daß die Gegner noch immer auf einen Zusam¬ 
menbruch der Mttelmächte rechnen. «t» bon sie Beute 
holen wollen, und daß der Krieg deshalb so lwige 
Ter „Vorwärts" hatte sogar eine Entschuldigung 
für die Forderung auf Annexionen von Land: „Wenn 
die MUimrs Eirmeckeikmnge-v fordern, so haben sie 
von ihwiri! niiMirischen Standwundt au» vollstantig 
recht. Käme es noch einmal s» «nem Krieg gleich 
diesem. uno stänoe uns daun oer gleiche Macdte^uno ge- 
gegenüber wie d^^nial, dann wäre e- für die Heercsle'.« 
tung äußerst nützlich verschiede»- an Deutschland an- 
«rennende Aufmarschgelände in der Hand zu hwen. 
Der ReichstagSabg. Max Cohn (Neuß) letzt be.m 
Berliner Sols, ,-nrat, lü'rieo ihm .Verwart- 
vom 22. August 1917: England ist der Feknd. er will 
uns im Krieg niederzwingen und auf Jahrzehnte je. 
des frenere Gedeihen unmöglich rnachen. Demgegnuber 
sind Heer und Bott io Deul.cyi.ans eins und weisen 
f» lange gemeinsam standhalten, bi» die Feinde sich 
von der Unmöglichkeit, Deutschland nwderznwerfen. 
überzeugt haben und den Frieden der Verständigung 
annehmen, der bis zur Stunde nur von Deutschlarw 
und Rußland vertreten wird." Sehr ntteressam und 
bezeichnend für die Stellungnahuw der Sozialdemo, 
kraten zum Krieg und zu den Krigeszielen sind zahl¬ 
reich vorliegend« Äußerungen hervorageemer Fahrer 
in der svzialdemvkratischne Arbeiterbewegung. GS sei 
hier nur verwiesen auf die Auslastungen des Genossen 
Leimpeters in der „Glocke". Er stellte dort fest: »Ich 
habe tätlich reichlich Geleaendett. mit unseren Genossen 
in Schacht und Hütte zu verkehren unch fast alle ohne 
Ausnahme find Annexionisten. Selbst Genossen, die 
für die Politik Liebknechts schwärmen, wollen toeder 
Belgien noch sonst ein besetzte» Gebiet herausgeben. 
Bei einem siegreichen Deutschland würden, sofern <ln- 
nexionen von der Urabstimmung unserer Parte,mit. 
zlieder abhängen, sicherlich 80 Prozent für Annex,-, 
nen stimmen, die ans dem Felde zurückgekehrten wohl 
restlos." Wer selbst im Glashaus sitzt, soll nicht nach 
Ändern mit Steinen werfen. Die Sozialdemokraten 
haben gar keine Veranlassung, sich im allgemeinen über 
die bürgerlichen Parteien zu entrüsten und sie als 
Kriegshetzer und KriegSverlängerer hinzustellen, um 
sich selbst dann als die einzigen Friedensfreunde um 
so mehr zur Geltung zu bringen. Die Kriegskredite 
hat die sozialdemokratische Mehrheitspartei nmner be- 
willigt, für die Kriegsanleihen sind sie genau so e,n- 
aetreten, wie die bürgerlichen Parteien, die Aufforde, 
run-ien zum 8 nimen Der .Kriegsanleihe baben die so» 
-ioldemokrotischen Blätter ebenso gebracht wie die bür¬ 
gerlichen, überhaupt waren bezüglich der Kriegsnach¬ 
richten die sozialdemokratischen Blätter von den an. 
dern kaum zu unterscheiden. Noch für die letzt« 
ttriea»anleihe baben jdie soz'.aidemolranscden Staats,«- 
kretäre neben den bürgerlichen in der Oeffentlichkeit 
geworben mit Me k vorten. Die von allen Zettmigen 
gebracht wurden. Gewiß ist die sozialdemokratische 
Fraktion für den Friede» eingetreten — aber das 
Zentrum auch, wohl am eifrigsten unter allen Abge¬ 
ordneten hat gerade der ZetttrumSabgeorbnrtr Erz- 
berger für den Verständigungsfrieden gewirkt trotz 
«Ser Anfeindungen und Beschimpfungen und die ganze 
RcichStagsfr-kti-n, darunter Trimborn, Herold, Gro¬ 
ber. Müller Fuiva , Marr u. a. hal bis aus emhaw-s 
Dutzend adeliger Abgeordnete hinter ihm gestanden. 
Das darf nicht vergessen werden, auch die Mißitciüde, 
die sich beim Heer eingeschlichen haben, sind vom Zen. 
trum gerade so gerügt worden wie von den Sozial. 
Demokralen. unsere Leser erinnern sich vielleicht uoch 
der Rede des ZentrumSabg. Wirth. die wir s. Zt. aus- 
führlich gebracht haben, wie wir überhaupt, soweit die 
Zensur eS möglich machte, alle diese Bestrebungen mif 
Abstellung von Mißständen und Herbeiführung eines 
Perständigchigtzfxieden» vertreten «ch gefördert haben. 
Ein englische» Urteil über Hindenvur? 
Die Haltung, dir Hindenburg etnninunt, schrribt 
die „Westminster Gazette", erholst ihn unbedingt ttt 
unserer Wertschätzung. Er erscheint ,m Unglück 
grösser al» früher, wo er der Abgott für Dem sch. 
laud war. Sr wenigstens hat da» sinkende Schiff 
nicht verlassen und keine unruhmiiche Zuflucht»- 
stätte im Auriande gesucht. Er sucht im Gegenteil 
noch zu retten, wa» noch ,u retten »fl. Er steht 
auf de« Posten und bemüht sich, d,e Bedingungen 
de» Waffenstillstandes auSzusühren, um da» Vater- 
land vor Schlimmerem zu bewabren. Für einen 
Soldaten ist seine Lage demütigend genug, aber er 
hat den Mut, anzuerkennen, daß Deutschland den 
Krieg verlor und er ist zu groß, um nicht einen 
Teil an der Last auf sich zu nehmen. 
Der katholische Lehreiverband 
hat in einem Aufruf an seine Mitglieder erklärt 
u. a. „Auch im größten Wechsel der Zeiten bleiben 
wir unfern alten Grundsätzen treu. Hebung der 
Schule »ach den Gruudsätz-n der katholischen Kirche 
ist satzungsgemäß unsere erste Aufgabe, daran rüt-- 
teln wir nicht, wir unterstreichen sie kräftig in stürmt- 
scheu Tagen, um sie als köstliche» Gut in die neue Zeit 
hinüberzuretten. Zur Erhaltung und Belebung de» 
christlichen Gedankeu» im Volke, insbesondere m 
Schul- und Erziehungsfragen sind Bestand und Wir¬ 
ken des Katholischen Lehrerverbandes in seiner 
ungeschmälerten Selbständigkeit no.wendiger als je." 
Diözese 5n!da. 
heute Ikollekte s. V»nisatt«rverein. 
«acholische Presse 
Während de» Kriege» haben sich in unseren kath 
Familien manche farblose oder liberale Blätter riw-' 
geschlich?en. Um möglichst früh die Krieg»nachrirh, 
ten zu erhalten, bestellte man Frankfurter oder Kas¬ 
seler Blätter, ja manche haben selbst Zeitung«: 
unserer Richtung abbestellt, weil sie nicht früh ge¬ 
nug oder nicht pünktlich ßenug erschienen. 
Nun ist der Krieg zu Ende. Bald kommen wie¬ 
der alle Zeitungen regelmäßig, der Hunger 
„Leuesten" Nachrichten läßt nach, jeder Grund zuist 
nrsen der farblosen Presse schwindet. Im Gegen- 
teil: der Kampf der Weltanschauungen ist heftiger 
denn je entbrannt. Darum hinweg mit allen Blät¬ 
tern, die nicht mutig den Kampf führen für ein christ¬ 
liches Staatswesen,für die christlicheSchule und dieFret« 
heit der Kirche! Solche Zeitungen sind vielfach 
geradezu Gift für die katholischen Familien. D«! 
Feuilleton atmet in der Regel unchristlichen Geist. 
Uumerklich, aber um so sicherer bringen sie den G-kst 
der Lauheit und Gleichgültigkeit in die Herzen dep 
Leser und Leserinnen und untergraben zarte» Em¬ 
pfinden für christliche Sittlichkeit und christliche» Füh¬ 
len und Denken. Ihre Verbreitung hindert den 
Aufschwung der katholischen Zeitungen. Katholiken, 
lest eure Presse! 
Eine Reueinteilnug des Reich-gebietes ist von 
verschiedenen Seiten angeregt worden. Dabei ist 
auch das Fuldaer Land interessiert; schon in der 
vorigen Nummer haben wir erklärt, ehr wir uus 
von Preußen tot regieren ließen, würden wir uns 
der geplanten Republik Rheinland-Westfalen anschlie¬ 
ßen, zumal da» Preußentum Berliner Facon bei 
un» nie große Sympathie gehabt habe. Bon an¬ 
derer Seite wird die Errichtung eine» Groß-Heffen 
angestrebt, das alle Heffenländer zusammenfaßt. 
Ferner erging in bayerischen Blättern die Anre¬ 
gung, daß die 1866 von Bayern abgetretenen Ge¬ 
bietsteile, also der Kreis Gersfeld und der Bezirk 
Orb im Kreis Gelnhausen wieder mit Bayern ver¬ 
einigt würden. Man könnte da die Frage erheben, 
ob da nicht gleich da» ganze Fuldaer Land ein¬ 
schließlich des'Geisaer Oberlandes Anschluß an Bay¬ 
ern suchen soll. Inzwischen ist auch von der Re- 
gierung ein Plan «usgearbeitrt worden über ein« 
Neueinteilung auf Grund einer wissenschaftlichen Un¬ 
tersuchung der einzelnen Staaten nach Wirtschaft 
und nach Stämmen, deren Berfaffer der sozial¬ 
demokratische Abg. Ledebour ist. Wir sind ge- 
pannt, was da ausgrheckt worden ist. 
Die Wahle» sind diesmal ganz ander» wie früher. 
E» wird nicht mehr in kleinen Wahlbezirken ein Abge¬ 
ordneter gewählt, sondern alle Wahlbezirke im Reg.« 
Bezirk oder in der Proving sind zu einem zusammen¬ 
gelegt, für den eine größere Anzahl^ von Abgeordneten 
auf einmal gewählt wird. So wählt Hrssen-Nassau- 
zusammen in einem Wahlkreis 15 Abgeordnete, irder 
Wähler muß also auch Id Kandidaten seine Strmw«
	        
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