Full text: Hünfelder Kreisblatt (1918)

Deutscher Reistag. 
-g« Sitzung-) 6L Berlin. 28. Februar. 
'H' des Bundesrats sitzen Vizekanzler v. Bauer. 
• r^witäcfretäce ©raf Roedern und Wallraf. Jorlgesctzt 
höLa erste Lesung des Haushaltsplans. 
W9lba Landsberg (Soz.); Gewiß freuen auch wir uns des 
wÄien Friedens, aber nicht der russischen Friedens- 
^Ä,n„naen Es ist falsch, die Notlage eines Landes auszu- 
Angesichts des Versuches des Herrn v. Hende- 
^nd' aus weiß schwarz zu machen, sollte Graf 
K7rHina über Belgien noch einmal und so eindeutig 
Zechen daß auch Herr v. Heudebrand ihn versteht, 
-ivi Streik war nicht Landesverrat. Wenn die Regierung 
5T nur mit Abgeordnete über politische Fragen unterhält, 
'“„un bat sich bann Graf Hertling mit Herrn v. Tirvitz über 
Knckvolitische Dinge umerhalten? Nur wer in dieser Kriegszeit 
»,ts die Interessen des Vaterlandes vor die eigenen 
-rntereffen gehellt hat. darf auf die streikenden Arbeiter 
»neu Stein werfen. Erzderger hat recht, bei uns besteht 
Kamorra, die mit Geld und Verleumdungen arbeitet, 
«as sind das für Menschen, die dem Schrei nach Bürgerkrieg 
- Rubeln, statt sich mit Ekel abzuwenden? Das preußische 
Raülrecht kann selbstverständlich im Reichstag besprochen 
laden. Redner schließt mi! einer längeren Polemik gegen 
"Mationalliberalen wegen ihrer Haltung in der preußischen 
Khlrechtsfrage. 
Streik und preußisches Wahlrecht, 
i Staatssekretär Wallraf: Man hat darauf verwiesen, daß 
die Regierung ja gar keine Veranlassung gehabt hätte, dem 
tzrreik entgegenzutreten, weil die Streikenden Forderungen der 
Verwirklichung hätten nährrbringen wollen, für die — wie die 
preußische Wahlrechtsresorin — auch die Regierung sei. Hätte 
es nicht viel nähcrgelegen, daß man den streikenden Arbeitern 
gesagt hätte, sie brauchten ivegen dieser Forderungen gar nicht 
zu streiken, denn die Regierung habe sich längst bereit erklärt, 
sie durchzusetzen. Unrichtig ist, dag während der Streikunruhen 
sechs Arbeiter erschossen worden seien. Wohl sind einige 
Shbeiter verletzt morden, aber niemand ist den Verletzungen 
erlegen. Dagegen steht ebenso amtlich fest, daß neben dem 
erschossenen Wachtmeister insgesamt 21 Schutzleute durch 
Schüsse, Stiche oder Steinwürse mehr oder weniger schwer 
verletzt worden sind. Wir danken der Polizei für ihre Pflicht« 
rrflillung, 
Abg. Riester (natl.): Abg. Landsberg sagte, es wäre ihm 
lieber, wenn die Einmütigkeit, die in der nationalliberalen 
ReiÄstagsfraktion für das gleiche Wahlrecht besteht, in der 
preußischen Abgeordnetenhausfraktion vorhanden wäre. Ich 
sann ihn: mit zwei Worten antworten: uns auch. Die national¬ 
liberale Reichslagsfraktion war vor einigen Tagen in Hamburg 
gewesen, wo angesehene Vertreter der Kaufmannschaft Vorträge 
gehalten und ihre Wünsche und Forderungen oorgebracht haben. 
L-ir haben uns aufrichtig gefreut über den unzerstörbaren 
Glauben an die glückliche und stolze Zukunft unseres Vater¬ 
landes. der aus ihren Worten sprach und der auch uns durch- 
glüht. Man vertraut feft auf den starken Schutz des deutschen 
l Armes, wenn der hanseatische Kaufmann wieder nach Übersee 
binausgehen wird. Redner beschäftigt sich weiter mit Fragen 
der Kriegs-und Übergangswirtschaft und wendet sich ebenfalls 
gegen das Übermaß von Verordnungen. 
Abg. Dr. Roesickc (kons.) wendet sich gegen die Angriffe 
aus seine Partei durch Erzberger, Scheideinann und 
andere. Er bejlreitet. daß die Rechte weitausgreiienöe 
Knegsziele hätte. Noch im Jahre 1917 hätten Zentrum und 
Fortschritt die gleichen Kriegsziele wie die Konservativen ver¬ 
treten und seit damals habe sich nichts verändert. Bei unserer 
guten militärischen Lage sei keine Veranlassung, die Ziele zu 
i ändern. Die Kriegslasten seien groß und würden noch an- 
I ivachsea. Deutschland könne sie allein nicht tragen und müffe 
fit auf die Staaten abwälzen, die Schuld an der Kriegs- 
oniängerung trügen. 
Abg. Dr. v. Schulze-Gaevernitz (Vv.) füllte keine Rede 
wm großen Teil mit Ausführungen über die deutschen Fcei- 
deilSgedanken. Er bringt dann die Fliegerangriffe auf süd¬ 
deutsche Städte, vor allem auf seine Vaterstadt Freiburg i. B.. 
wr Sprache und teilt aus versönlicher Erfahrung mft. daß 
jeder, dem ein Verwandter durch Fliegerangriffe getötet oder 
verstümmelt wird, ein tzaster bleibt. Gleiche Wirkung hätten 
natürlich unsere Vergeltungsmaßnahmen auf die französische 
und englische Bevölkerung. Deshalb sollte man. um zu einer 
Milderung des Kriegswohnsinns zu gelangen, durch ein inter¬ 
nationales Abkomnien alle Fliegerangriffe auf nicht.unmittel¬ 
bar an der Front liegende Ortschaften verbieten. 
. Im Rahmen einer persönlichen Bemerkung behauvtet noch 
lcr Abg. Erzbergcr. Großadmiral v. Tirpitz habe ihm periön- 
ch den Erfolg des verschärften U-BootkriegeS nicht nach 
^Monaten, sondern schon nach 6 Wochen versprochen, 
dtürm. hört, hörtl) Hieraus^ wird die Wetteideratuno auf 
Vorgen vertagt. _ 
Der preußische Giaaishaushati. 
Rc, Berlin. 28. Februar. 
Das Haus setzt in seiner heutigen 113. Sitzung die Be« 
raiung des Haushaltplanes für 1918 fort. 
Aus Wunsch des Unterausschuffes des Wahlrechtsaus- 
s-tzuffes wird nicht der Sonnabend, sondern der Montag für 
diesen Unterausschuß sitzungsftei bleiben, da seine Mitglieder 
«m Sonnabend verhindert sind. 
Zu den Justizangelegenheiten 
widmet der Abg Reichard (Ztr.) dem früheren Justizminister 
Dr. Beieler Worte dankbaren Gedenkens. Aufs tiefste zu 
; beklagen ist die Zunahme der Kriminalität der Jugend. Die 
' Ältesten der Berliner Kaufmannschaft erklären mit Recht, daß 
; die überfülle an Strafandrohungen verheerend wirkt auf das 
l Rechtsbewußtsein. Wer hat nicht schon einem Bekannten aus- 
skehol'en mit einer Brot- oder Fleischkarte? Die Diebstähle 
und Einbrüche hänfen sich unheirnftch. 
In der erschreckend großen Anzahl von Kriegsverordnungen 
nndet Abg. Dr. Gottichalk (natl.) eine der Ursachen für die 
stewaltige Zunahme der Sttafsachen. Wie der Vorredner ttitt 
der Redner für Verbesserung der Lage der Rechtsanwälte ein. 
wimentlich der zum .Kriegsdienst Eingezogenen. Abgeordneter 
Dr. Rewold beivrickt Beamten« und Rechtsanwaltfragen. 
Justizminister Dr. Spahn führt aus. daß schon im Mat 
M7 die Staatsanwaltschaften beaufttagt worden feien, vor 
der Erhebung der Anklage wegen Verletzung von Kriegsver- 
vrdnungen Gutachten zu hören. Er versicherte, daß die Reform 
des Kanzleiwesens im Auge behalten werde und daß die für 
die Aktuare erlangbarcn Stellen fortgesetzt vermehrt werden, 
«ine Erhöhung der Gehälter werde sich nicht mehrumgehen lassen 
Und dabei werden auch die Anstellungsoerhältnisse der Beamten 
geprüft werden. Der sortschr. Abg. Kanzow begrüßte die 
Al rustandegekommene Vereinheitlichung des Strafvollzuges. 
Der Redner wandte sich gegen diePerbängung von Gefängnis- 
Rasen von wenigen Tagen. Er verlangte, daß die Jugend- 
Men in besondere Strafanstalten untergebracht werden. Der 
^vrmundschaftsrichter sollte zugleich Jugendstrasrichter sein; 
M die jugendlichen Verbrecher sollten vor das Jugendgericht. 
Rcht vor die Jugendstrafkammern kommen. 
.. Abg. Dr. Liepmann (ntl.) wünscht beffere Fürsorge für 
uw aus der Strafhaft Entlassenen. Schutz der Hausbesitzer 
und Hebung des Realkredits. 
i Justizminister Dr. Evabn: Das StaatSminifterium bat 
x'chloflen. die Diizivlinarstrafen in den Personalakten der 
samten unter gewissen Bedingungen zu löschen. Die Reforin 
Rs Disziplinarslrasoerfahrcns ist in die Wege geleitet. 
Vermischtes. 
_ Tie Sommerzeit. Der Bundesrat wird nächstens 
über die Sommerzeit beschließen. Sie wird, wie schon ge- 
Nleldet, vom 1. April bis zum 1. Oktober — also das 
ganze Sommerhalbjahr hindurch — währen. Gegen die 
Sommerzeit des vorigen Jahres ist die diesjährige um 
rund 4 Wochen länger. Diese Verlängerung ist lediglich 
aus dem Grunde geschehen, damit noch mehr Beleuchtung 
als bisher gespart werde. Im übrigen wird zugunsten 
der Sommerzeit nach wie vor geltend gemacht, daß sie 
auf die Gesundheit förderlich wirke. 
Tie Kosten dcS Weltkrieges werden bis zum Ende 
des Jahres 1917 im ganzen auf 487 Milliarden Mark 
veranschlagt. Auf unsere Feinde kommen 326,4 Milliarden, 
auf uns 106,6. Deutschland soll 95, unsere Verbündeten 
65.6, aufgewendet haben. Von den Feinden haben Gro߬ 
britannien 105 verausgabt, Frankreich 78.4, Rußland 70,8, 
Italien 23.4, Belgien, Serbien, Rumänien und Portugal 
22. Nach der bisherigen Steigerung würden die Gesamt¬ 
kosten der Kriegführung bis zum Ende des vierten Jahres, 
1. August 1918, 622,4 Milliarden Mark betragen. 
54 Jahre im Zuchthaus. Der älteste Strafgefangene 
rm Großherzogtum Hessen ist im Alter von 80 Jahren in 
der Strafanstalt in Butzbach gestorben. Es ist der 1838 
in Storndorf im Kreis Alsfeld geborene Johannes 
Herchenröder, der 1863 von dem damaligen großherzoglich 
hessischen Assisenhof wegen eines bei Salzhausen be¬ 
gangenen Raubmordes zum Tode verurteilt, später aber 
zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt wurde. Er hat 
54 .Jahre seines Lebens im Zuchthaus zugebracht. 
Tic schlagfertige Schaffnerin. Ein Mitarbeiter des 
„Figaro" schildert eine lustige Pariser Straßenbahnszene: 
Es ist übervoll im Straßenbahnwagen. Wir stehen gepackt 
wie Heringe, und die Schaffnerin hat Mühe, sich durch- 
zuarbeiten, um die Fahrkarten auszuteilen. Der Wagen 
hält. Eine Schar Menschen wartet, mit Nummern in der 
Hand. Die Schaffnerin ruft die Nummern auf, und es 
zeigt sich, daß nur ein Platz frei ist. Eine Dame steigt 
aus und reicht die Hand einer andern Dame, um auch 
diese nach oben zu ziehen. „Nein", ruft die Schaffnerin, 
„das geht nicht, es ist ganz voll." — „Aber die Dame 
gehört zu mir", ruft beleidigt die Dame, die schon mit 
einem Fuß auf hem Trittbrett steht. — „Dann müssen 
auch sie absteigen, wenn sie nicht allein mitfahren wollen", - 
sagt die Schaffnerin höflich, aber entschieden Die Dame, 
die auf dem Trittbrett steht, will ihre Freundin nicht im 
Such laffen und steigt ab. Aber während sie das lut, 
spielt sie noch einen Trumpf aus, indem sie ausruft: „Es 
ist wirklich wahr! Die Männer waren viel liebens¬ 
würdiger als die Frauen." Worauf ihr, Schlag auf Schlag, 
die Antwort zuteil wird: „Sehr richtig. Man merkt es 
an Ihnen!" Und während das Publikum lacht, setzt die 
energische Schaffnerin die Klingel in Bewegung, und der > 
Wagen fährt weiter._ .. 
Nah und Kern. 
o PfcrdeankÜufe nach dem Kriege. Einem aus land- 
wirtschaftlichen Kreisen geäußerten Wunsche gemäß, hat 
das Reichsschatzamt im Einvernehmen mit dem Kriegs- 
minister beschlossen, daß nach der Demobilmachung beim 
Verkauf entbehrlicher Bestände der Heeresverwaltung, ins- 
besondere von Pferden, Kriegsanleihe urid zwar zum Aus¬ 
gabewert in Zahlung genommen wird, so daß, wenn sich 
der Wert der Kriegsanleihe innerhalb des Kaufpreises 
hält. Herauszahlungen in barem Eelde nicht erforderlich sind. 
o Eine berühmte Pianistin gestorben. In München 
starb im Alter von 72 Jahren die bis in die letzten Jahre 
hinein weltberühmt« Pianistin und Klaoierpädagogin 
Sophie Menter. 
O Tochter, Iran und Sohn verloren. Drei Todes¬ 
anzeigen hat Dr. Max Maurenbrecher in Weimar inner¬ 
halb zweier Wochen veröffentlichen müssen. Zuerst starb 
seine 13 jährige Tochter nach kurzer schwerer Krankheit. 
Am nächsten Tage verschied im Sophienhaus in Weimar 
nach achttägiger schwerer Krankheit seine Frau im 
42. Lebensjahre. Die dritte Anzeige lautet: „Dienstag. 
19. Februar, früh 5 Uhr ist im Krankenhaus Saalfeld nun 
auch mein treuer kluger Sohn Bernd im Alter von 
9 Jahren verschieden." 
© Bulgaren auf der Leipziger Frühjahrsmesse. Die 
Leipziger Früb'ahrsmesse hat zum ersten Male großes 
Interesse in Bulgarien geweckt. Dank dem Entgegen- 
tommen aller bulgarischen, deutschen und österreich¬ 
ungarischen Militär- und Zivilbehörden hinsichtlich der 
Ausstellung der Reisepapiere besuchen die diesjährige 
Messe an hundert bulgarische Kausleute, während die 
Herbstmesse 1917 nur von 10 Bulgaren besucht war. Unter 
den Besuchern sind auch viele zum Kriegsdienst eingestellte 
Kausleute; aus Sofia gegen 60, aus der Provinz gegen 
20 Kaufleute. Besonders erfreulich ist, daß 20 der an¬ 
gesehensten Kaufleute aus üsküb in Makedonien der 
Besuch der Leipziger Messe ermöglicht wurde, die hiermit 
erstmalig als freie Bulgaren Deutschland besuchen. 
o Tic „schlechte" Obsternte. Der Ertrag der württem- 
bergischen Obsternte 1917 ergab 47,5 Millionen Mark 
gegenüber einem zehnjährigen Durchschnitt von 10.3 Milli¬ 
onen Mark. Die Wein- und Obsternte Württembergs zu- 
rmtnen ergab die Niesensumme von 116 ’/2 Millionen 
Mark. 
© Akademische Vorlesungen in Warschau. Vom 
4. März an soll in Warschau für das Generalgouverne¬ 
ment die erste Folge akademischer Vorlesungen und Einzel¬ 
vorträge durch hervorragende Vertreter der Wissenschaft 
stattfinden, eine Übung, die sich an der Westfront j bewährt 
bat. Die Hochschulkurse werden am 3. März im Polp- 
ttchnikum durch den Generalgouverneur v. Beseler feierlich 
eröffnet werden. Zunächst findet ein rechts- und staats- 
n-iffenschaftlicker Kursus statt, dann im April ein litera- 
risch-historischer, dem als dritter ein technisch-, uatur- und 
bandelswisienschaftlicher Kursus folgt. Die Beteiligung 
w-rd sehr stark sein, da sich bisher schon etwa 16000 Hörer 
gemeldet haben. 
© Über eine Million Rubel veruntreut. Großes Auf- 
s-hen ruft in Warschau die Verhaftung des Schauspielers 
Zdzarski hervor, der sich in der letzten Zeit mit dem Ein- 
mechseln von Geld befaßte. Zdzarski wechselte anfänglich 
zum Zwangskurse kleinere Beträge gegen deutsche Währung 
ein. Allmählich wurden ihm viele Hunderttausende an- 
nertraut, die er veruntreute. Die Höbe der unterschlagenen 
Summen beträgt über eine Million Rubel. 
Schltchdieust. 
lDrclbt' >nd ftiittivpiltoi • 
Reue BundeSratvrrordnunge». j 
Berlin. 28. Febr. In der beutiaen Sitzung des Bundes» 
rats wurden angenommen: 1. der Entwurf eines Gesetzes über 
Knegsghgaben der Reichsbank: 2. der Entwurf eines Gesetzes 
über die Veranstaltung von Lichtspielen: 9. der Entwurf einer 
Bekanntmachung über die Errichtung einer Reichsstelle rür 
Schuhversorgung. 
Bomben aus Venedig. 
Wien, 28. Febr. Als Vergeltung für den italienischen 
Fliegerangriff auf die offene Stadt Innsbruck haben öster¬ 
reichische Flugzeuggeschwader in der Nacht zum 27. Februar 
die Bahnhöfe und militärischen Anlagen des KriegSbafens 
Venedig mit Bomben belegt und hierbei zahlreiche deutlich 
beobachtete TrefferImft Brandwirkung erzielt. 
„Präliminarbedingungen" für Deutschland. 
Genf, 29. Febr. Die Entente will, sich ans Wilson» 
Standpunkt stellend» kundtun» dast Deutschland eine gewiss« 
Zahl Präliminarbedingungcn rückhaltlos unterschreiben und 
iogur auSsübren müsse, ehe an die Einleitung von Friedens» 
Verhandlungen überhaupt nur gedacht werde« könne. 
Japan und Rustland. 
Basel, 28. Febr. Der Petersburger ..Prawda" zufolge 
balle vcr javanische Botschafter vor seinerlAbreise aus Peters¬ 
burg eine Besprechung mit Lenin, in der er erklärte, daß 
Japan keinerlei Interesse an Rußlands Grenzgestaltung 
habe. Er boffr. daß Japan ruft Rußland auch über die ost- 
asiatischen Fragen zu einer freundschaftlichen Verstän¬ 
digung gelangen werde. 
Finnisch« Frauenbataivone. 
Kopenhagen. 28. Febr. Wie stnntsche Blätter melden, 
sind nun in Finnland auch Frauenbataillone zur Wiederher¬ 
stellung der Ordnung gebildet worden. 
Schweden bleibt neutral. 
Stockholm, 28. Febr. Der Ministerpräsident beantwortete 
beute eine Interpellation betreffend die Waffenausfuhr nach 
Finnland und erklärte, die Regierung habe ihrer neulich au<- 
gesvrochenen Meinung über die Haltung Schwedens gegenüber 
der Krise in Finnland nichts binzuzuiügen. Sie werde also 
das geltende Verbot der Durch- und Ausfuhr von Waffen 
und Munition nickt aufheben. Etwa einkommende Er- 
laubniSgesuche würden den schon Htekanntgegebenen Grund¬ 
sätzen gemäß gevrüft werden. Die Regirrnng glaube wie 
bisher, daß Waffen und Munition für die finnische Regierung 
nicht anS den schwedischen StaatSoorrülen geliefert werden 
dürfen. 
Rumäniens Ausscheiden aus der Entente. 
Genf, 28. Febr. Rach hier vorliegenden Nachrichten 
ans Paris sind die vertraglichen Beziehungen zwischen 
Rumänien und der Entente bereits vor fünf Wochen gelöst 
worden. 
Serbische SouderfrtedeuSwiiulchr ‘t >4 
Bern, 28. Febr. Westschweizerische Blätter melden, daß 
die Abreise der serbischen Delegierten aus Frankreich zu der 
nach Korfu einberufenen Kammertagung Schwierigkeiten be¬ 
gegnet. Die französischen Banken beginnen, serbische Werte 
nach dem neutralen Ausland abzustoßen. Ein HavaStelegramm 
dementiert demgegenüber die im Ausland verbreiteten Ge¬ 
rüchte von angeblichen SonderfriedenSneigunge« 
Serbiens. 
Die griechische Mobilmachung „vertagt". 
Zürich, 28. Febr. Der Mailänder „Eecoio" verbreitet 
die noch unbestätigte Athener Meldung, daß die griechische 
Mobilisierung einstweilen aufgehoben worden sei. Der 
Ministerrät babe der Wiedereinberuiung des Parlaments zu- 
gestimmt. 
Bcrurteilung7etneS rkriegSsetndlichen! Sozialisten. 
Lugano, 28. Febr. Der italienische Sozialist Lazarrt. der 
gegen die Fortsetzung deL Krieges Ettmmung zu machen 
suchte, wurde zu 3 Jahren 11 Monaten Gefängnis und zu 
3900 Lire Bube verurteilt. 
Abgelehuter HandetSboqkott. 
Genf, 28. Febr. AuS Newport wird gemeldet, daß dt« 
National ManufacturerS Affociation. ein sehr einflußreicher 
Verband amerikanischer Fabrikanten, im Wege der Ab¬ 
stimmung einen Vorschlag der Handelskammer der Vereinigten 
Staaten, gegen Deutschland nach dem Kriege einen HandelS- 
bopkott in Kraft tteten zu lasten, abgelebtst bat. 
PcterSburg, 2A Febr. Die Militärattaches der Ver- 
eintöten Staaten. -Frankreichs. Italiens. Englands. Serbims 
und Japans haben dem ihnen von ihren Regierungen zu» 
gegangenen Befehl zufolge Rußland verlailen. 
Berlin. 28. Febr. Der sozialdemokratische Landtags- 
abgeordnete Adolf Hoffmann hat sich eine schwere Sehnen- 
zerruKg am Fuß zugezogcn. so daß er längere Zeit an der 
parlamentarischen Arbeit verhindert ist. 
Stuttgart, 28. Febr. Die Siuttgarter Strafkammer ver¬ 
urteilte den Geschäftsführer der Deutschen Vateriandspartei 
Württembergs. Proseffor Hermann Haug, wegen Beleidi¬ 
gung des fortschrittlichen Reichstagsabgeordneten Conrad 
Haußmann zu 300 Mark Geldstrafe und den üblichen 
liiebenstrafen. 
Bern, 28. Febr. Die Züricher Pos! knüpft an die Ver¬ 
sicherung des Grasen Hertling. daß Deutschland die Schweizer 
Neutralität achten wird, Die Hoffnung, auch Clemencean 
möge in der nächsten R>-de eine ähnliche Erklärung abgeben, 
die zur volitischen Beruhigung in der Schweiz erheblich bei¬ 
tragen würde. 
Haag, 28. Febr. Der Minister des Äußern hat eine 
Kommission ernannt, um zu untersuchen, aui welcher Grund¬ 
lage die wirtschaftlichen Beziehungen Hollands zu den - 
Mittelmächten nach Ablauf des jetzigen Abkommens au» 
31. März geregelt werden sollen. 
Stockholm, 28. Febr. In Persien ist ein neues natio¬ 
nalistisches Ministerium gebildet worden, das minder 
englandireundlich als das vorhergehende ist. 
Madrid, 28. Febr. Die Unabhängigkeit Finnland» 
is! von der spanischen Liegierung anerkannt worden. 
Athen, 28. Febr. Gestern fand die Hinrichtung der vom 
Kriegsgericht wegen Beteiligung an den Unruhen in 
Lamia zum Tode verurteilte» Zivil- und Militärversonen 
statt. Unter den Hingerichteten besinden sich zwei Frauen. 
® Ricordi — ein Opfer der Caillaux-Hetze. In Rom 
ist der Verleger Ricordi verhaftet worden, weil er in die 
Affäre Caillaux verwickelt sein soll. Es handelt sich um 
den Inhaber des Musikverlages Ricordi. Mailand, der 
Verdi. Rossini. Bellini, Puccini u. a. in musterhaften Aus¬ 
gaben berausgebracht hat und für Italien das alleinig« 
Etgenturnsrecht an Wagner besitzt.
	        
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