Etraßburg und Danzig.
Der Kampf ist entbrannt, der Kampf um unser
Grenzland in Ost und West. Führen wir nun einen
Verteidigungs- oder einen Eroberungskrieg, haben wir
jemals ein anderes Ziel verfolgt als die Sicherung, und
allenfalls die erhöhte Sicherung unserer Randgebiete?
Vorübergehend mag unter dem berauschenden Eindruck
unserer militärischen Erfolge in Rußland und auf dem
Balkan, in Belgien und Frankreich das Bewußtsein
unseres eigentlichen und einzigen Kriegszieles getrübt
oder in den Hintergrund gedrängt worden sein; aber
nur Pharisäer könnten deswegen ihre Volksgenossen
steinigen wollen. Sie sollten ihren Zorn lieber an unseren
Feinden auslassen, die keinen Augenblick etwas anderes
gegen uns getrieben haben als Eroberungspolitik, die
daraus auch niemals ein Hehl gemacht haben und die
jetzt endlich, unmittelbar vor Beginn des fünften Kriegs¬
winters, am Ziel aller ihrer Wünsche angekommen zu sein
glauben. Jetzt geht es nicht mehr um französische Pro¬
vinzen oder um Flandern und Wallonien, nicht um Polen
und die Ostjeegebiete, jetzt stehen Elsaß-Lothringen und
Posen und Westpreußen auf dem Spiel.
Wenn nicht alles täuscht, wird zu den Waffenstill¬
standsbedingungen, die uns gestellt werden sollen, die
Überlassung von Straßburg und Metz gehören zur Be¬
setzung durch den Feind, ebenso von Koblenz als derjenigen
Rheinfestung, deren Auslieferung uns jeden Aufmarsch
-gegen Westen unmöglich machen würde. Man darf wohl
annehmen, daß Herr Dr. Ricklin von diesen Forderungen
schon Wind bekommen hatte, als er plötzlich im Reichstage
die Autonomie für Elsaß-Lothringen als überholt bezeichnete,
obwohl er selbst sich kurz zuvor mit ihr ein¬
verstanden erklärt hatte. Im Geiste sieht er wohl
schon auf dem Straßburger Münster die Trikolore
flattern, und nichts geht gewissen Leuten über die Eilfertig¬
keit des Gesinnungswechsels, wenn davon der rechtzeitige
Anschluß an neue Machthaber abhängt. Kaltblütig kehren
ste ihrem Vaterlande den Rücken, wechseln die Farbe, ver¬
leugnen die Stimme des Blutes, nur um nicht abseits
stehen zu müssen, wenn die Stunde der Gewalt, des
Länderraubes geschlagen hat. Sie können zwar nicht in
Abrede stellen, daß die Männer, die jetzt die Regierung
ihres Landes übernommen haben, Fleisch von ihrem Fleisch
und Geist von ihrem Geiste sind, ebensowenig, daß sie noch
gestern mit ihnen einer Meinung waren über die Zusammen¬
gehörigkeit der Westmark zum deutschen Reich. Heute aber
hat der Wind umgeschlagen, weil sie des ttVauoenv um),
daß der Reichsadler doch bald niederge.,en muß über
diesem uralten germanischen Grenzland. So wenden sie
sich ab von ihren Stammesbrüdern, mit Schmähungen aus
den Lippen, weil sie ihren Verrat nicht anders vor der
Welt zu rechtfertigen vermögen. Ob Herr R cklin die
Mehrheit seiner Landsleute hinter sich hat, ist allerdings noch
sehr die Frage. Wir glauben es nicht, solange der Beweis
des Gegenteils nicht geführt ist. Zu einer Volksabstimmung
soll es ja freilich nicht kommen; die Franzosen wollen
davon nichts wissen — also darf man annehmen, daß sie
ihr Ergebnis zu fürchten hätten. Die Gewalt soll ent¬
scheiden, die nackte Gewalt. Und dann wird mau i>"§
und den Feinden einreden, daß wir endlich den heiß-
ersehnten — Rechtsfrieden bekommen hätten.
Noch schöner steht es im Osten mit Danzig. Von
Posen ist schon gar keine Rede mehr; das ist lemiwerst^,..-
lich für jeden Polen eine polnische Stadt, die unter keinen
Umständen bei Preußen bleiben darf. Aber Danzig ist ja
wohl eine deutsche Stadt — oder nicht? Etwa deshalb
nicht, weil schon ein polnischer Name für sie bereitgehalten
wird? Nein, so schlimm sind die Stychel und Korsanty
nicht, sie gehen zu. daß über Danzig noch niemals der
weiße Adler geweht hat.' Aber sie örauchen die Stadt
nun einmal für das Königreich Polen als schönen,
reichen Hafenplatz, als Stützpunkt für die Ostsee¬
küste, also Nluß sie ihnen und den Machthabern
in Warschau überlassen werden. Am besten widerspruchslos,
denn es würde ja doch nichts helfen, wenn wir uns
dagegen sträubten, und die Polen wollen doch mit uns in
Frieden leben. Aher diese salbungsvollen Heuchler müßten
denn doch einsehen, daß sie dem deutschen Bolle diesmal
etwas zu viel zugemutet hatten. Ein Sturm der Ent¬
rüstung brach gegen sie los im Reichstage, auch auf den
Tribünen, und der Abg. Schnee sprach allen Deutschen aus
dem Herzen, als er den Polen in flammender Empörung
zurief, sie sollten sich die deutschen Provinzen nur
holen, wenn sie sie haben wollten, sie würden mit blutigen
Köpfen zurückgeschickt werden. So ist es in der Tat.
Keine Friedenskonferenz der Welt könnte diese Ver¬
gewaltigung zustandebringen. Bis zum letzten Hauch
würde die deutsche Bevölkerung der östlichen Provinzen'
sich gegen die Fremdherrschaft zur Wehr setzen.
Wenn dir Polen Grund gehabt haben, sich über
Preußen zu beklagen — das sie auf alle Fälle aus Armut,
Unkultur und Hilflosigkeit zu ihrer jetzigen Höhe empor¬
gehoben hat —, so wissen unsere Landsleute im Osten nur
zu gut, welches Los ihrer harren würde, wenn sie unter
hie polnische Fuchtel geraten würden. Nie und nimmer
darf Wilsons Programm eine solche Auslegung erfahren.
Oie Neuordnung der Kommandogewalt.
Stärkung der Zioilgewalt.
Berlin, 36. Oktober.
Der Reichstag hat sich in seiner heutigen Sitzung
mit einem Anträge der MehrheitSparteien beschäftigt, der
zum Ziele bat, die Überordnung der Zioilgewalt
über die Militärgewalt gesetzlich etnzuführen und
festzustellen.
Zu diesem Zwecke werden die Artikel II. 15, l7, 53.
64 und 66 der Retchsverfassung geändert.
Kriegserklärung und FriedenSschlust.
Die Absätze 2 und 3 im Artikel 1l werden durch
folgende Bestimmungen ersetzt:
Zur Erklärung des Krieges im Namen des Reichs
ist die Zustimmung des Bundesrats und deS Reichstags
erforderlich.
Friedensverträge sowie diejenigen Verträge mtt
fremden Staaten, welche sich auf Gegenstände der Reichs-
gesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung deS Bundes¬
rats und de« Reichstags.
Bisher war nur die Zustimmung des Bundesrats
»rkorderlich.
Verantwortlichkeit des Reichskanzlers.
Dem § 15, der bestimmt, daß der Reichskanzler vom
Kaiser ernannt wird, werden folgende Absätze hinzugesügt:
Der Reichskanzler bedarf »u seiner Amtsführung des
Vertrauens des Reichstags. Der Reichskanzler trägt
die Verantwortung für alle Handlungen von politischer
Bedeuiüng. die der Kaiser in Ausübung der ihm nach der
Reichsverfassung zustehenden Befugnisse vornimmt. Der
Reichskanzler und seine Stellvertreter sind für ihre
Amtsführung dem Bunüesrat und dem Reichstag ver¬
antwortlich.'
In Verbindung damit wird § 17 dabin geändert, daß
der Reichskanzler die Anordnungen des Kaisers gegen¬
zeichnen muß. (Die Worte, daß er dadurch die Verant¬
wortung übernimmt, fallen weg.)
Änderung der Kommandogewalt.
Im Artikel 53, der vom Oberbefehl des Kaisers
handelt, wird dem Absatz I folgender Satz hinzugesügt:
Die Ernennung, Versetzung. Beförderung und
Verabschiedung der Offiziere und Beamten der Marine
erfolgt unter Gegenzeichnung des Reichskanzlers.
In Verbindung damit wird im Artikel 64 nunmehr
bestimmt, daß der Kaiser Höchstkommandierende unter
Gegenzeichnung des Reichskanzlers ernennt. Und
endlich werden dem Artikel 66, der von den Kontingents-
ofstziers-Ernennungen handelt, folgende Sätze angehängt:
Die Ernennung. Versetzung, Beförderung und Verab¬
schiedung der Offiziere und Militärbeamten eines Kontingents
erfolgt unter Gegenzeichnung des Kriegsministers
des Kontingents. Die Krtegsminister sind dem Bundes¬
rat und dem Reichstag für die Verwaltung ihres Kontingents
verantwortlich.
Es mutz hervorgehoben werden, daß die Gesetz¬
entwürfe bereits in Vorbereitung waren, ehe Wilsons
neue Note bekanntgeworden ist. Sie sind eine logische
Entwicklungsfolge der Parlamentarisierung, die am 5. Ok¬
tober begann. Bereits am 6. Oktober sind die hier be¬
sprochenen Verfassungsänderungen von der neuen Regierung
erwogen worden. _
Deutscher Reichstag.
Weitere Verfassungsänderungen.
(197. Sitzung.) c-'L Berlin, 26. Oktober.
. Wie nicht anders zu erwarten, gestaltete sich die heutige
Rerchstagssitzung äußerst bewegt. Das gutbesetzte Haus
und die fast überfüllten Tribünen folgten den Ausführungen
der einzelnen Redner mit lebhaftestem Interesse. Handelte
es sich doch um die schwerwiegendsten Beschlüsse, die dem
Hause seit seinem Bestehen Vorgelegen haben.
*
Sitzungsbericht.
Auf der Tagesordnung steht die dritte Beratung der
Abänderungen zur Reichsoerfassung. Hierzu liegt ein
Abänderungsantrag der Mehcheitsparteien vor, der auch die
Unterstellung der Kommandogewalt, d. h. die Ernennung,
Versetzung, Beförderung und Verabschiedung der Offiziere
unter den Reichskanzler bezweckt. Ein Antrag der Un¬
abhängigen fordert außerdem die Einführung des Reichstags-
wahlrechts in allen Bundesstaaten.
Graf Wcstnrp erbebt Einspruch gegen die sofortige Be¬
ratung dieser neuen Anträge, die in Wirklichkeit ein neues
Gesetz oder doch einen Initiativantrag darstellten.
Präsident Fehrenbach teilt mit, daß in früheren ähnlichen
vollen der Reichstag nicht gleichmäßig, sondern unterschiedlich
verfahren bade, aus jeden Fall habe aber die Mehrheit ent¬
schieden.
Avg. Gröber? Die geschriebene Geschäftsordnung steht
nicht im Wege. In der Sache selbst handelt es sich auch nicht
um etwas Neues. Diese Anträge sind schon vor IV- Jahren
im Verfassungsausschuß gestellt und beraten worden.
Nach weiterer Geschäftsordnungsdebatte, bei der aijch der
Abg. Haase (U. Soz.) gewisse Bedenken äußert, wird die Zu¬
lässigkeit der sofortigen Beratung mü allen Stimmen gegen
die der beiden konservativen Fraktionen beschlossen.
Dr. Müller-Meiningen (Vp.) begründet kurz die neuen
Anträge. Sämtliche Bestimmungen sind tatsächlich schon im
Frühjahr 1917 Gegenstand der Beratung im Verfassungsaus¬
schuß gewesen. Schon Bismarck hat 1892 erklärt, daß der
Reichstag de: der Verfassung zu schlecht weggekommen sei.
Präsident Fehrenbach teilt mit, daß der Antrag der
Unabh. Sozialisten nicht die nötige Unterstützung (nur 24 statt
30 Stimmen) gefunden habe.
Abg. List-Essen (nati.): Wir stimmen dem Wilsonschen
Grundsatz, daß dieser Krieg nicht mit einem Gewalt-, sondern
nur mit einem Rechtsfrieden enden dürfe, zu. Die letzte
Wilsonsche Note erheischt eine Antwort. Auch wir halten die
Verfassungsänderung für notwendig. Auch daß sie möglichst
schnell Gesetz werde, ichon damit unseren Feinden der Einwand
genommen wird, sie führten den Krieg nur gegen die mili¬
tärischen Machthaber, nicht aber gegen das deutsche Volk.
Abg. v. Graefc (kons.): Für die Wilsonnote. auf deren
Beantwortung das ganze deutsche Volk wartet, hat der
Reichstag keine Zeit. Diese Anträge, die wir erst fest zwei
Stunden in Händen halten, fr ien sofort durchgepeitscht
werden. (Lebh. Widerspruch links.) Das heißt doch nur ein
Stück von dem Schwänze des alten Reichsbundes abhauen.
Weitere Stücke werden folgen. (Heiterkeit und Widerspruch.)
Die früheren Anträge gingen keineswegs so weit, aber die jetzt
voriiegenden. Der vorliegende Antrag bezweckt, der Krone
die Kommandogewalt zu nehmen und sie unter den Einfluß
des Reichstages zu stellen, hauptsächlich deshalb, weil Präsi-
dent Wilson es wünscht. Welchen Einfluß wird die Änderung
auf die Armee ausüden. Unterschätzen Sie nicht die Anhäng¬
lichkeit unseres Heeres an die Oberste Heeresleitung und auch
an den Obersten Kriegsherrn. Durch Politisierung der Armee
kommen wir zu russischen bolschewistischen Zuständen. Darum
glaube ich nicht, daß die maßgebenden militärischen Stellen
dies mitmachen werden. (Lärm auf der äußersten Linken.)
Wir erkennen in den Anträgen im letzten Grunde einen Um-
slurz der ganzen Reichsverfaffung.
ZirstiMWNngSerklärnng der Regierung.
Staatssekretär Gröber: AlS Kommissar der Regierung
habe ich zu erklären, daß, wen« der Reichstag die vor¬
liegenden Nnträge annimmt, ihnen von der Reichsleitung
und dem BundeSrat zngestimmt werde« wird. Die RcichS-
lcttnng hält die Zustimmung deS Reichstage» bei Kriegs¬
erklärungen und Friedensschluss für »««wendig, den« rin so
verhängSntsvoller Beschluß wie eine Kriegserklärung kan»
nicht von einer Person gefaßt werde«. Da» Volk muß
dann sein Bin« hergeben und Hut d«S Recht der Mit¬
bestimmung. Innerhalb der Kriegführnng komme« aber
auch militärische Dinge vor, die st«rk politische Wirkung
haben. ES ist z. B. von h»her politischer Bedeutung, ob
wir Truppen nach Finnland schicken (Sehr richtig!) darüber
muß der Reichskanzler unter Kontrolle de» ReichStagcS
mit entscheide«.
. .. die übrigen Anträge anbelangt, so kann ick m«
teilen, daß die badische, württembergische und sächsisch- «
gierung ihnen schon zugestimmt haben. Bayern nimmt
der Verfassung eine Sonderstellung ein, kommt also hier
m Frage. Die Stellung deS Militärkabinetts schweb)
verfassungsrechtlich in der Luft. Es ist nur durch mifm,.
stündliche Auslegungen in die Lage gekommen, über die rel’
nenrturtg der vreußisckien Offiziere und ihre Verabschiedung
entscheiden. Der jetzt wieder einzuführende Zustand hat b^is
zum Jahre 1861 in Preußen bestanden und besteht heute nn*
ln Baden. Württemberg und Sachsen und das Treueverbältn,^
der Offiziere zum Kontingentsherrn ist dort nicht anders ä -
m Preußen. Da? Treueverhättnis bat überhaupt mit staats
rechtlichen formellen Fragen nichts zu tun. es besteht a ^
keinerlei Bedenken gegen die Verfassungsänderung. U^S
. Abg. LandSberg (Soz.) und Abg. Bernstein (U. So,»
polemiyeren gegen den Abg. v. Gräfe, dem sie vorwerfen das
er die Armee und den obersten Kriegsherrn zu einem Staats¬
streich ermuntert habe.
Kriegsminister Scheuch nimmt vor Beginn der Abstimmung
zu einer ganz kurzen aber bedeutsamen Erklärung das Won
in der er auSfübrt. daß er sich der Erklärung des StaaL
sekretars Gröber vollkommen anschließe. Die Anträge ent
hielten nichts, was geeignet sei. das feste Gefüge des Heeres
zu zerstören.
Annahme sämtlicher Anträge.
Die nun folgende Abstimmung ergab die Annahme der
Anträge mtt sehr großer Mehrheit.
Der Antrag der Unabhängigen Sozialisten wurde der
Versaffungskommission überwiesen. Hierauf vertagte sich das
Haus, indem dem Präsidenten anheimgestellt wurde, die nächst-
Sitzung nach Bedarf einzuberufen.
Konservativer Antrag im preuß. Herrenhaus.
Berlin, 26. Oktober. |
. ,„2n der heutigen Sitzung des preußischen Herrcnhans-z
teilte nach ewigen geschäftlichen Erledigungen der VräsidM :
mit, daß folgender Antrag des konservativen Fraktion em-
gegangen ist:
-5. 9ncnbJVr.?eit,b% tiefsten Not des deutschen Vaterlandes
ist es Pflicht und Recht des preußischen Herrenhauses, zum
Ausdruck zu bringen, wie unlöslich der Zusammenbang
zwischen dem preußischen Herrscherhause und seinem Volke
ist- Der König von Preußen wird sein Volk auch in der
dunkelsten Stunde treu erfinden. Das Herrenhaus wird
eingedenk seiner Vergangenheit, allezeit zu seinem <ftt>
gestammten Herrscher als Schutzwehr vor dem Throne
stehen. » .
Der Präsident schlägt vor. diesen Antrag, gegen dessen
sofortige Behandlung geschäftsordnungsmäßige Bedenken
sprechen, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen.
Das Hans ist damit einverstanden und stellt dem ?r 'ckenteu
anheim, die Zeit der nächsten Vollsitzung zu bestimmen. S
Mniwsri auf Wilsons Roie?
Die Waffeustjllslandsbedingungen der Feinde.
Berlin, 26. Oktober.
Im Kriegskabinett, das gestern Abend eine längere
Sitzung abhielt, ist auch die Frage erörtert worden, ob
die letzte Note Wilsons beantwortet werden soll, oder
nicht. Während man beim Eintreffen der Note der
Ansicht war, daß das neue Dokument eine Skntwort nicht *
erheische, da der Präsident jetzt zunächst mit seinen Ver¬
bündeten unterhandeln wolle, ist man jetzt zu der Ansicht
gekommen, daß die Note dock beantwortet werden müsse, l
In jedem Falle müsse der Empfang bestätigt werdenH
Zugleich aber erscheint es notwendig, um Mitteilung der .?,
Bedingungen zu ersuchen, die Wilson bei einem Waffen-
stillstand für notwendig hält. Für welche Form der Be-
antwortung man sich entscheiden wird, steht noch nicht fest.
Frankreich verlangt Räumung Elsast-Lothringens.
Nach einer Meldung des „Daily Chronicle" hat die
französische Regierung der Regierung in Washington >
telegraphisch niitgeteilt, daß sie die Räumung Elsaß-
Lothringens durch Deutschland als Vorbedingung des
Waffenstillstandes betrachte.
Die "Entente ist einig.
Nach < einer Erklärung des Reuterschen Bureaus sind
die verbündeten Regierungen infolge andauernden Ge¬
dankenaustausches in völliger Übereinstimmung über die
Bedingungen, unter denen es möglich ist, in Waffenstill¬
standsverhandlungen einzutreten. Die Flottensragen sind
in den Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten
und Deutschland niemals.behandelt worden, und natürlich
sind sie vom Standpunkt der Verbündeten von größter
Bedeutung. Die Idee von der Freiheit der Meere,,
wie sie von Deutschland verstanden wird, kann überhaupt^
von keiner der verbündeten Regierungen angenommen
werden. Es dürfte klar sein, daß die Bedingungen, von
denen ein Waffenstillstand abhängt, die Frage der See¬
macht ebenso wie die der Landmacht einschließen müssen,
aber bisher hat Deutschland seine Äußerung stets auf die
Landmacht beschränkt. Amerika, England, Frankreich und
Italien verdanken der Seemacht in der Kriegführung und
ui der Entwickelung ihrer Reiche und Länder so viel, daß
es für sie nicht tunlich erscheinen kann, die Berücksichtigung
der Seemacht von der Erörterung der Bedingungen aus¬
zuschließen, unter denen sie gerechtfertigt wären, einen
Waffenstillstand einzugehen. — Der Gedanke, die deutsche
Seemacht, die unbesiegt ist, zu schwächen, gewinnt also
greifbare Form bei unfern Feinden.
Kleine Kriegspost.
Berlin, 26. Okt. Der heutige Heeresbericht ist nicht vom
Ersten Generalyuartiermeister Ludendorff, sondern vom
Chef des Generalstabes des Feldheeres unterzeichnet.
Berit«, 26. Okt. Der amtliche Text der Wilsonschen
Note, der durch die Schweiz übermittelt wurde, ist in Berlin
eingetroffen und der Reichsregierung übermittelt worden. Er
stimtnt mit dem durch Reuter übermittelten genau überein.
Genf, 26. Okt. In Paris istz das Gerücht verbreitet, daß
zwischen der Türkei und der Entente ein Waffenstillstand
bevorstebe.
Amsterdam, 26. Okt. Nach Londoner Berichten rücken die
englischen Truppen gegen Krasnojarsk in Westsibirten vor.
Japanische Truppen haben Irkutsk besetzt.
Rotterdam, 26. Okt. Der Staat Newyork hat durch ein
Gesetz, da« am 1.Dezember in Kraft tritt, die zwangsweise
militärische Ausbildung der männlichen Jugend von 16
bi« 19 Jahren vorgeschrieben.
Wie«, 26. Okt. .Pesti Hirlab" bringt an der Spitze des
BlatteS einen Aufruf, wonach die in Wien lebenden uns«'
rischen Offiziere aufgefordert werden, tzeimzukchren. dam»
sie die ungarische Gr«,e sichern.