Diese Anweisung, dio sich auf das alto kurhes¬
sische Steuerroglonient vom l(i. Oktober 17(>4 in
Form und Inhalt stützt, enthält in ihren fünf
Abschnitten dio Vorschriften für die Aufstellung
des neuen Steuerkatasters. Im ersten Abschnitt
wird unter anderem die Finanzkanuner zu Kas¬
sel als die das Vorfahren leitende Behörde be¬
stimmt. Im zweiton Abschnitt sind die Grund¬
sätze, nach denen die Herstellung der Kataster¬
karton, die Vermessung und Kartierung getätigt
werden sollen, festgelegt. Das Normnlniaß für
alle technischen Arbeiten ist die kurhessischo
Katasterruthe. Sie beträgt 14 Kasseler Fuß, ein
Kuß = 126,3 Pariser Linien. Das Flächenmaß
ist der Kasseler Acker von 150 Quadrat-Kata-
sterruthen. Das Dreiecksnetz für eine jede Ge¬
markung ist an das trigonometrische llauptdrei-
ocksnetz des Kurfürstentums Hessen anzuschlie¬
ßen. Da dieses Hauptdreiecksnetz durch die seit
dem .Jahre 1821 bestehende Landesvermessungs-
kommission erst bestimmt wurde, ist bis zum
Abschluß dieser Arbeiten jode Gemarkung für
sich trianguliert, unter Zugrundelegung eines ge¬
eigneten Nullpunktes (später, also nach dem
.fahre 1853, hat man, nachdem die Koordinaten
des Hauptdreiecksnetzes bestimmt waren, an die
Landesaufnahme angeschlossen). Die Polygoni-
sierung der Gemarkung, die an das Dreiecksnetz
anschließt, leitet über zur Aufmessung des Ein¬
zelbesitzes, der Parzelle. (Unter Parzelle wird
ein für sich begrenztes Grundstück von einerlei
Benutzungsart (Acker oder Wiese) verstanden).
Bei der Aufmessung ist der Besitzer verpflichtet,
persönlich an Ort und Stelle zugegen zu sein und
die Grenzen anzugeben. Die Ergebnisse der ört¬
lichen Aufmessung werden in Handrissen nie¬
dergelegt. Nachdem aus den Messungsergeb¬
nissen der Strecken und Winkel des Dreiecks¬
und Polygonnetzes die Koordinaten errechnet
sind, werden die neuen Karten mit Zirkel und
Maßstab im Verhältnis 1:1500 (die Flur) und
1:750 (die Ortslage) hergestellt. Den Abschluß
dieser Kartenarbeit bildet die Aufstellung des
Stück- und Nummerbuches, das die Flächen¬
größe und Bezeichnung der Parzellen nach der
Karte enthält. Der dritte Abschnitt behandelt
die Bonitierung, die Einschätzung der Grund¬
stücke. Dem die Einschätzung leitenden Gene-
ralrektifikator sind neben einer Anzahl Rektifi-
katoren die Kreis- und Ortsschätzer unterstellt.
1 )ic V o r a n s o h 1 a g u n g und B o s t e u e-
r u n g d e r G r u n d s t ii c k e erfolgt nach dem
Ko in ertrag. Dieser wird nach 8 10 gebildet
aus „dem Rohertrag nach Abzug der auf dessen
Gewinnung vorwendeten Kosten (Kulturkosten
im weiteren Sinne des Wortes)". Der vierto
Abschnitt bringt das Verfahren der speziellen
Hoktiiikation und Katastrierung. Unter Zu¬
grundelegung des Stück- und Numniorbuches
und nach Aufstellung des neuen Katasters, wird
für jedes nach Fläche und Numerierung be¬
stimmte Grundstück das Steuerkapital festge¬
setzt. Nach dem im 5. Abschnitt festgesetzten Ko¬
stonwesen trägt der kurhessische Staat dieKosten
für Vermessung, Kartierung, während von den
Grundstückseigentümern nur die Kosten für die
Versteinung und die bei den Vermessungsarbei¬
ten benötigten Arbeiter gefordert werden.
Auf Grund dieses Ausschreibens des kurhessi¬
schen Finanzministeriums sind in den Jahren
1833 bis 1806 sämtliche Gemarkungen der da¬
maligen Kreise Hanau, Gelnhausen, Schlüch¬
tern, Fulda und Hiinfeld rektifiziert worden. Als
besonders wichtige Tatsache für das gesamte
Fuldaer Land ist hier die Feststellung, daß
durch die Rektifikation des Katasters erstmals
wirklich brauchbare, auf mathematisch genaue¬
ster Grundlage aufgebaute Gemarkungskarton
entstanden sind. Damit war ein Kulturwerk
allergrößten Ausmaßes geschaffen, an dem die
heutige Generation noch zehrt. In allen Ge¬
markungen, in denen eine Umlegung und damit
eine Neuvermessung noch nicht stattgefunden
hat, sind diese kurhessischen Karten des XIX.
.Jahrhunderts heute noch in Geltung.
Dem Kataster ist die Spezialvorbe-
Schreibung vorgeheftet, in welcher die ge¬
schichtlichen, geographischen und wirtschaftli¬
chen Verhältnisse niedergelegt sind. Nachfol¬
gend geben wir dieselbe für Fulda gekürzt:
Spezialvorbeschreibung zum neuen Steuer^
Kataster der Stadt Fulda, Amts Fulda I
Die Vermessung und Kartierung der
Gemarkung der Stadt Fulda ist infolge Be¬
schlusses Kurfürstlichen Obersteuerkollegiums
vom 13. .Juni 1839 durch die Geometer Hack,
Gra u*), Handschuh und Gott s chalk
*) Vater unser Heimatdichterin Josefine Grau.
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