Full text: Zur Geschichte der Freimaurerei in Kassel

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den Formen von Royal York, und anfangs nur in französischer 
Sprache, erst viel später daneben auch deutsch. Die französische 
Sprache war längst in Kassel heimisch auch in bürgerlichen 
Kreisen, da die zahlreichen französischen Réfugiés einen besondern 
Stadttheil unter eigener städtischer Verwaltung einnahmen. Ins¬ 
besondere der Mädchenunterricht war in französischen Händen; 
noch bis zum Anfang dieses Jahrhunderts war es in vielen bürger¬ 
lichen Familien Sitte, die Töchter in der französischen Kirche 
confirmiren zu lassen. Der Landgraf stand mit dieser Loge schon 
durch seine Günstlinge in besonderer Verbindung und gab ihr 
viele Beweise der Zuneigung. M. v. St. war lange Jahre hindurch 
G. W. Stein, Professor der Geburtshülfe am Carolinum, seiner Zeit 
als einer der ersten Lehrer seines Faches gefeiert. Bis zum Jahre 
1788 waren einem vorliegenden Verzeichniss zufolge 106 Mitglieder 
aufgenommen. Fern von den hochfliegenden Plänen der Schwester¬ 
loge suchte man hier einfache Geistes- und Herzensbildung und 
heitre Geselligkeit, besonders Musik wurde eifrig gepflegt und 
der Klub gewann überwiegende Bedeutung. Doch mochte das 
enge Zusammenleben von Männern so verschiedenartiger Bildung 
und Stellung auch leicht persönliche Reibereien hervorrufen. Die 
Acten wissen später von immer wiederkehrenden Streitigkeiten zu 
berichten ; eine Zeit lang behaupteten sich sogar zwei Logen als 
rechtmässige einander gegenüber und die Mutterloge musste gar 
oft eingreifen, um die Ordnung wieder herzustellen; es wurde 
selbst einmal Lebauld de Nans als Specialcommissar abgeschickt. 
In dieser Weise hatte sich die Templerloge durch ihre Ex- 
clusivität selbst die Möglichkeit einer Ausdehnung abgeschnitten. 
Nun wurde die letzte Hoffnung auf die Erlangung fürstlichen 
Schutzes gesetzt; mit Neid sah man auf die Braunschweiger Logen, 
die staatliche Anerkennung und Corporationsrechte erlangt hatten; 
selbst die Hanauer Schwester hatte ein Privilegium und in Prinz 
Carl einen einflussreichen Gönner. Viel wurde zwar gestritten, 
ob es nicht vortheilhafter sei, das bisherige Incognito beizube¬ 
halten, doch gaben besondere Vorfalle und die öftern nicht geheim 
zu haltenden fürstlichen Besuche Anlass, ernsthafte Schritte zur 
Erlangung eines Privilegiums zu thun. Hiermit wurden die Stuhl- 
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