Full text: Fuldaer Kreisblatt (50.1918)

fr 
\<Sx Kurde durch' die Marschälle, die Minister, die al¬ 
liierten Armeeführer und den Magistrat empfangen. Ter 
Bürgermeister hietz ihn willkommen und überreichte ihm 
die Schlüssel der Stadt. Poincare versicherte in seiner Ant¬ 
wort, daß Frankreich die Schlüssel StraßburgS in guter 
Obhut halten und sie sich niemals wieder von irgend jemand 
Lehmen lassen werde. J 1 i ' 1 : ' 
\ Niederlage der Unabhängigen in Chemnitz!. H 
<-■" Bei den Wahlen zum Arbeiter- und Soldatenrat 
im Jndustriebezirk Chemnitz wurden, nach den bisher 
vorliegenden Ergebnissen, für die Mehrheitssozialisten 
78 500 und für die Unabhängiaen 6600 Stimmen ab¬ 
gegeben. Einige Teilergebnisse stehen noch aus. ^ 
- Wilhelm II. hat seinem zweiten Sohn Eitel 
Friedrich Vollmacht erteilt, ihn in allen Angelegen¬ 
heiten des ehemals königlichen Hauses zu vertreten. 
—* Die Düsseldorfer Großindustrie versendet eins 
^Erklärung, worin sie sagt, daß sie fest am Deutschen 
Reich halten und niemals die Gedanken erwogen habe, 
noch erwägen werde, die Schaffung einer selbständigen 
rheinisch-westfälischen Republik zu befürworten.^ 
Englische Kreuzer vor Danzig. 
Sonntag mittag liefen die englischen geschützten 
Kreuzer „Cenraur" und „Coventry" in den Hafen 
von Neufahrwasser ein; angeblich sollet sie den Ab¬ 
transport der in Danzig zusammengezoAenen ^engli-i 
Men Gefangenen übernehmen. 
Die Linie des Rückmarsches. 
: Die Rückmarschbewegung der deutschen Armeen 
geht planmäßig weiter. Die vorderste Linie der Hei¬ 
mat zu verläuft jetzt folgendermaßen: 
Herford — Detmold — Medebach — Treysa — 
Fulda — Wertheim — Heilbronn — Tübingen — 
Psullendors — nördlich Konstanz am Bodensee. 
—„Osten: Infolge der erwarteten Ankunft einer 
Drvrsron der Saloniki-Armee wird Odessa von den 
deutschen Truppen sofort geräumt. . - ' 
> * * * f 
V A? englische Marinekommission zur Ueberwachunq 
der Abrüstung unserer Kriegsschiffe traf Montag in 
Hamburg ern, wo im Hotel Atlantik eine Flucht von 
Armmern für sie belegt worden ist. 
/Verbot des Religionsunterrichts in Hamburg, 
r;' Der Arbeiter- und Soldatenrat beschloß, daß vom 1. 
Januar ab der Religionsunterricht in allen öffentlichen 
Schulen und Erziehungsanstalten des ehemaligen hamburgi- 
lschen Staates fortsällt; auch Schulandachten sollen unter¬ 
bleiben. Es bleibt unbenommen, Religionsunterricht außer¬ 
halb der Schule erteilen zu lassen. 
60 o/o Erhöhung der Eisenbahntarife. ... 
r ' Gegenüber Berliner Journalisten erklärte der preußische 
Minister Hirsch, daß der preußische Etat für das kom¬ 
mende Jahr statt eines Ueberschusses von 157 Millionen 
-Mark im Jahre vorher einen Ausfall von 1,5 Millarden 
iMark aufweise Die Folge werde wahrscheinlich eine Er¬ 
höhung von 60 o/o der Eisenbahntarife sein. 
* .Hirsch erklärte hierzu, mit einer.solchen Maßnahme habe 
das verflossene bürgerliche Ministerium gerechnet. 
——— ^ 
Amerikas Lebensmittelhilfe für Deutschland'. 
Mit Präsident Wilson hat sich eine Lebensmittel- 
Commission nach Europa eingeschifft, welche die Ver- 
orgung der Mittelmächte mit Lebensmittel und Roh¬ 
stoffen übernehmen soll. Ihr gehören eine Anzahl 
Deutsch-Amerikaner an, die sich bei Kriegsausbruch 
auf den Boden der Wilsonfchen Grundsätze gestellt 
hatten. s 
L , Erfolgreiche Repressivmaßregeln gegen Frankreich, 
r Die deutsche Regierung hat in Paris mitteilen 
lassen, daß, wenn die Ausweisungen aus Elsaß--L>oth- 
ringen im bisherigen Maße fortdauern sollten, deut¬ 
scherseits die Ausweisung sämtlicher Elsaß-Lothringer 
aus Deutschland erwogeil werden müsse. Darauf ist 
sranzösischerseits angeordnet worden, daß die Aus¬ 
weisungen fortan nur noch aus politischen Gründen 
und nicht mehr auf Grund namenloser -Anzeigen er¬ 
folgen sollen. 
:: Ter Entwurf der neuen Ncichsversassung ist 
sertiggesteUr. Die Verhandlungen sind Donnerstag 
abend zu Ende geführt. Das Reichsamt des Innern 
ikann an die Beratung Herangehen und wird baldigst? 
die Vorlage den beteiligten Stellen und den Bundcs- 
gtaaten zugehen lassen. >j 
:: Ter Betrieb der Krongüter geht weiter. Der 
zum preußischen Krön- und Haus-Ftdeikommißvermägen 
gehörige iand- und forstwirtschaftlich benutzte Grund¬ 
besitz ist der Aufsicht des Ministeriums für Land¬ 
wirtschaft, Domänen und Forsten unterstellt Mordest 
und genießt denselben Schutz wie die staatlichen Güter 
der Domänen- und Forstverwaltung. Die Zuständig¬ 
keit der örtlichen Guts- und Forstverwaltungen wird 
hierdurch nicht berührt. Die örtlichen Arbeiter» und 
Soldatenräte werden dringend ersucht, sich jedes Ein¬ 
griffes in die Verwaltung und den Wirtschaftsbetrieb 
per betreffenden Grundstücke zu enthalten.' Das Fi- 
" -nz Ministerium. j 
:: Auch in Bremen verhaften die SolvateurLte. 
Bremen find auf Veranlassung des Soldatenrates 
$2 Personen des Bürgerstandes verhaftet worden, unter 
"hnen ein Referendar Dr. Hugo Gebert, der sich tu 
en letzten vier Wochen an der Leitung demokratischer 
Versammlungen beteiligte. Ueber den Grund der Per- 
aftungen ist bisher nichts zu erfahren. i 
Stinncs und Thyssen drehen den Spiest tftttj 
ie wegen angeblichen Hochverrats verhaftet gewesenen! i 
heinischen Großindustriellen Thyssen, Stinnes, Herle, 
iotzner, Becker und Wirtz werden sich zusauunen- 
schlietzen, um gegen die Urheber der gegen sie ver¬ 
breiteten Gerüchte strafrechtlich vorzugehen. Nach ihrer 
jehauptung soll ein weitverzweigtes Komplott gegen: 
ie Vorgelegen haben, an dem auch der SvartaknS».! 
und beteiligt sein soll. ,] 
:: Verschwendete öffentliche Gelder. Wie aus Sieg¬ 
iburg gemeldet wird, halten die dortigen königlichen 
jWerke noch 8000 Arbeiter in Betrieb, von denen die 
angelernten Arbeiter einen Taaesverdieust von 14.8E 
j 
Marl, die gelernten einen stolchen von Ü0 Mark de«! 
Dag erhalten. Dabei wird keinerlei produktiv« Arbeit! 
geleistet. Die Betriebe sollen nur aufrecht erhalten 
wer .en, bis neue Frie.densarbeit hereinkommt. — Die 
beiden königlichen Werke in Siegburg verursachen ein¬ 
schließlich der Beamtengehälter eine tägliche Ausgabe 
von 150 000 Mark oder monatlich 3 750 000 Mk.. wo¬ 
für an produktiver Arbeit nichts geüfftet wird. Die 
Arbeitslöhne 'sind eigentlich nur ei: e Arbeitslosen¬ 
unterstützung, die aber i:-r dieser Höhe keinesfalls zu 
pechtfertigen ist. Die Direktion greift nicht an, wert 
die Arbeiterräte bei- oder übergeordnet sind. 
'Statt den Arbeitern, die ohne Verschulden ein : 
neue Arbeitsstätte nicht finden können, eine ange¬ 
messene Arbeitslosenunterstützung zu zahlen, wird mit 
öffentlichen Mitteln eine Verschwendung getrieben, die 
vor dem Lande nicht zu rechtfertigen ist. 
I :: Explosion in einem Munitionslager. Wie aus 
Straßburg gemeldet wird, ereignete sich in Lingolz-i 
heim eine ftrrchtbare Explosion in einem französischen 
Sprengpulverlager, bei der eine größere Anzahl Men¬ 
schen umkam. Es wurden auch eine Arzzahh Pferde- 
gespanne vernichtet. Nähere Einzelheiten fehlen noch. 
Die Erschütterung wurde in dem größten Teil des! 
badischen Landes wahrgenommen. - 
* '-GDGO- 
Keine Pogrome in Berlin! ' 
Die Kommandantur Berlin betont noch' einmal der 
ganzen Bevölkerung gegenüber, daß keinerlei Anlaß zu 
irgendwelchen Besorgnissen zu Putschen oder Pogromen be¬ 
stehen. Die Berliner Regimenter hätten olle Maßnahmen 
getroffen, um jederzeit zur Aufrechterhaltung der Ordnung 
bereit zu sein. 
Massenentlassung bei Krupp. 
In einer von etwa 3000 Kruppschen Arbeitern besuchten 
Versammlung wurde mitgeteilt, daß bisher mehr als 50,000 
Kruppsche Arbeiter entlassen worden seien. Weitere Entlas¬ 
sungen ständen noch bevor. Die Versammlung nahm eine 
Entschließung an, bei der Firma Krupp zu beantragen, ver¬ 
heirateten Arbeitern Weiterarbeit zu sichern, mindestens 
aber, bei Kündigung eine Kündigungsfrist von sechs Wochen 
zu gewähren. u 
Die französischen Sozialisten für den B-i.sonsricdon. 
^ Die Pariser „Bataille" schreibt: 
' „Aus die perfiden Manöver unserer Imperialisten wer¬ 
den die organisierten Arbeiter mit einer Manifestation, 
antworten, die in Form und Umfang imposant sein wird. 
Sie werden demjenigen ihre Anhänglichkeit bezeugen, der 
sich zum Verteidiger des Völkerrechts gemacht hat. 
Der ebenfalls sozialistische Populaire" bemerkt: „Wir 
stellen mit Freude fest, daß Wilson sich nicht geändert hat 
und daß er nach Europa kommt, um seine Anschauung des 
Friedens zu verteidigen. Um seine Ausgabe zu vollenden, 
wird er das französische Proletariat und alle Proletariats 
an seiner Seite finden. Heule wie gestern rufen wir: 
Gerechtigkeit für die deutsche Demokratie und Gerechtigkeit 
für alle! Wir wissen, daß wir uns damit dem Zorn derer 
aussetzen, die glauben, ausgezeichnete Franzosen zu sein, 
die aber in Wirklichkeit nur umgekehrte Pangcrmanisten sind. 
Wir kennen keine andere Doktrin, als die des Völkerrechts,, 
und wir überlassen die Berufung auf die These der strate¬ 
gischen Garantien sowie die Ausbeutung des angeblichen 
historischen Rechts unseren Pariser Bismarcks." 
Es bleibt abzuwarten, ob die Sozialisten genügend 
Macht aufbringen werden, um in dem Siegesrausch, der 
Frankreich erfaßt hat, durchzudringen. , 
Tie „Göben" in englischen Händen. ' , 
Die englische Admiralität teilt mit, daß alle türkischen 
Kriegsschiffe den Alliierten ausgeliefert wurden und jetzt 
im Goldenen Horn interniert sind. Der frühere deutsche 
Panzerkreuzer „Göben", der auch ausgeliefert wurde, liegt 
jetzt in Stenia im Bosporus. Die russischen Kriegsschiffe 
der Schwarzmeer-Flotte, die mit deutschen Seeleuten be¬ 
mannt waren, sind ebenfalls in den Händen der Alliierten. 
Außerdem wurden vier deutsche U-Boote übernommen. 
, Der Termin für die Nationalversammlung. > 
Eine amtliche Bekanntmachung besagt: 
..Die Festsetzung des Termins für die Wahlen zur 
Nationalversammlung hat nicht alle Wünsche interessierter 
Kreise erfüllt. So überreicht, unter dringlichster Befür¬ 
wortung, das Direktorium des Freistaats Oldenburg einen 
vom oldenburgischen Landtag angenommenen Antrag auf 
Festsetzung der Nationalversammlungswahlen in kürzester 
Frist, damit das össentliche Leben in Deutschland wieder 
in gesetzliche Bahnen gelenkt und eine Vertretung geschaffen 
'werde, die berechtigt sei, für Deutschland Frieden zu 
schließen. 
Ebenso hält der Staatsrat für Anhalt den 16. Februar 
für zu spät und empfiehlt, durch Abkürzung der Fristen 
und vereinfachte Vorschriften die Wahl spätestens bis Mitte 
Januar zu ermöglichen, da eine Hinausschiebung die Reichs- 
sicherheir gefährde und die Friedensschwierigkeiten erhöhe. 
Auch aus dein Rheinland und Westfalen, so von sämt¬ 
lichen erreichbaren Handelskammern und von der Stadt¬ 
verordnetenversammlung in Köln, wird einstimmig tun¬ 
lichste Beschleunigung der Nationalversammlung verlangt, 
damit die Einheit des Reichs nicht durch separistische Be¬ 
strebungen gefährdet werde." 
Es ist sehr nett von der Regierung Ebert-Häase, 
daß sie diese von ihrer Haltung abweichende Mei¬ 
nungen in die Welt hinaustelegraphieren läßt. Hof- I 
fentlich zieht sie daraus die Konsequenzen; das kann 
sie, wenn sie nur will. 
— «ic Porsoamcr historischen Schlösser und ihr 
zukünftige Verwendung beschäftigte den dortigen 3b 
und S.-Rat. Es wurde beschlossen, daß alle bisherige 
Sehenswürdigkelte,» rn Potsdam aufrecht erhalten uni 
demnach auch die der Besichtigung jetzt zugängliche; 
Schloßgemücher weiter erhalten werken sollen, um de, 
Fremdenverkehr Potsdams in keiner Weise zu vev 
mindern. Dagegen werden die bisherigen Wohnräum 
der Schlösser und die Wirtschaftsgebäude zu öffent 
lichen Zwecken und für die Wohnnngösürsorge in 
Anspruch genommen. 
Arbeit, aber keine Arbeiter. ^ 
Sn Berlin ist die Zahl der Arbeitslosen vor 
einigen Tagen auf '40 000 geschätzt worden. Diese 
Schätzung, die damals den Tatsachen entsprach', wird 
heute schon weit überholt sein. In einiger Zeit wird 
die Zahl der Arbeitslosen 100 000 erreicht haben. 4 
l Unter diesen Arbeitslosen gibt es sicher einen 
bestimmten Prozentsatz, der seiner Ausbildung und 
körperlichen Veranlagung nach nur in seinem Fache 
arbeiten kann und z. B. für die Tätigkeit eines un¬ 
gelernten Arbeiters nicht in Frage kommt. ! 4 
Aber auch damit sind die hohen Arbeitslosen» 
Ziffern in den Großstädten nicht gerechtfertigt. In 
der »Provinz bleibt _ba» Angebot der Arbeiter noch! 
Z unmer yrnrer per Nachfrage^ nach Arbeitern zurück? 
^azu kommt, daß gewisse notwendige Arbeiten we- 
zen Arbeitermanaej nicht ausgeführt werden'können^ 
Deutsche Kriegsgefangene und chinesische Kul.s. 
Nach Meldungen französischer Blätter wird bereits 
eifrig an der Wiederherstellung Nordsrankreichs ge¬ 
arbeitet. Deutsche Kriegsgefangene sind' damit beschäf¬ 
tigt, die Schützengräben zuzuschütten und die Draht¬ 
verhaue zu beseitigen. Ihren Arbeitskolonnen sin» 
Abteilungen chinesischer Kulis zugetei't, die die auf 
dün Schlachtfeldern zurückgebliebenen Blindgänger ent- 
r'ernen. Ferner sind große Motorzüge amerikanische»- 
Ursprungs in Tätigkeit, um die Erde umzupflüge 
^und die Sprengtrichter auszufüllen. 
Schritte des Papstes zu Gunsten Deutschlands. 
, Wie berichtet, hatten der Münchener Erzbischof 
Tr. Faulhaber und Kardinal Hartmann-Köln den Parst: 
gebeten, er möge seinen Einfluß bei den feindlichen! 
Regierungen geltend machen, um Erleichterungen in? 
den Deutschland drohenden Ernährungsschwierigkeiten? 
r.u erreichen. Auf die Bitte des Papstes hin Hab 
Wilson dem Kardinalstaatssekretär in Rom mitteilen! 
lassen, daß die äußerst schwierige Ernährungslagei 
Deutschlands berücksichtigt werden würde. 
Ein neutrales Urteil «der die deutsche Revolution. 
Das „Berner Tageblatt" übt an der Art, wie ists. 
Deutschland die „neue Zeit" in Szene gesetzt wurden 
folgende treffende Kririk: q 
„Man muß leider zugeben, daß auch die deutsche! 
Revolution nichts erreicht hat, als Unfähigkeit ans 
Ruder zu bringen. Bon allen Seiten ertönt nachk 
Berlin der. Ruf nach einer Nationalversammlung-. 
Diese rufenden Kreise wissen, daß, wenn nicht bau»! 
Ernst gemacht wird, das Reich unter die Bajonetts 
der Entente geraten muß. ! 
Daß eine kleine Gruppe entschlossener Leute, wiS 
diese Spartakusgruppe, wagen darf, täglich Unord- 
nungen zu erzeugen, daß sie öffentlich ungestraftt 
zum Bolschewismus auffordern darf, erschreckt unS 
und viele frühere ehrliche Freunde Deutschlands. ESs 
ist einfach unbegreiflich, wie ein so intelligentes^ 
geschultes Volk, wie die Deutschen, sich bei einer Re-, 
volution so ungeschickt und dumm benehmen famt* 
sie werden mit ihrer Unentschlossenheit noch die Re-» 
publik in Gefahr bringen. Der Fehler, den die heu¬ 
tigen Machthaber begehen, liegt einfach darin, dag 
sie sich immer noch nicht entschließen können, ehr¬ 
lich und rückhaltslos eine Demokratie zu schaffen,^ 
Schnhe im Ncdcrfluß. / 
Ans Pirmasens, der Metropole der deutscheck 
Schuhfavrikation, wird geschrieben: 
™ vor wenigen Wochen waren die Schuhe ein 
^rkel um den man sich förmlich schlug für den man 
mit Rußland die höchsten Ueberhöchstpreise zahlte, viele 
Monate hindurch man täglich zum Schuhhändler wan- 
derte und Nachforschungen anstellte, ob die „Quote* 
noch nicht eingetroffen sei. Und heute! Heute, da de, 
Krieg seinen letzten Hauch getan und alles für die 
neue kommende Aera umgruppiert, heute -- laufet! 
vie Schuhhändler den Käufern nach bezw. suchen sich 
welche: denn in Käuferkreisen ist man mehr als zurück¬ 
haltend geworden .Man weiß sehr wohl, daß mit dem 
kommenden Frieden große Mengen Leder, auf die bisher 
tue Militärbehörde'die Hand deckte, frei werden, daß 
für die Schuhfabriken eine noch nie dagewesene Kon-» 
junktur anbrechen wird, und daß die Preise eine zwei» 
felloje Perringerung gegenüber den Kriegspreisen, ja 
sogar eine ganz horrente gegenüber den während des 
Krieges bezahlten Wucher- und Schandpreisen erfahren 
Das Publikum, das jetzt nicht unbedingt zu 
^uhkaufen gezwungen ist. schiebt deshalb seine Ein» 
raufe auf, bis wieder andere Zeiten kommen, und 
]o ist das bis in der Kriegszeit bisher nie Erlebte 
ern getreten, daß heute in pfälzischen und außerpfälzi» 
sthen Städte auf dem Wege des Inserates Schuhge- 
fchöste isach Schukkäufern suchen .So ändern sich die 
Letten! ' ' 
'Die venische Besatzung für das neutrale Gebiet. 
} Marschall Foch hat Anordnungen über die Po, 
lizeiorganisatton in der neutralen Zone Deutschlands 
getroffen: Die Ordnung muß normalerweise durch Orts°> 
gendarmerie, ausnahmsweise durch Sicherheitsorgani» 
sationen in besonders wichtigen Orten aufrecht erhalten 
werden. 
Polizei- und Sicherheitsgarnisonen der neutrale« 
Zone dürfen keineswegs in das besetzte Gebiet ein- 
drtngen, sondern müssen sich zwei Kilometer von dessen 
Grenze enffernt halten. Ausgenommen von dieser 
Beschränl::ng sind die großen Städte, die an der 
Grenze des besetzten Gebietes liegen. 
Tie Gesamtbestände der Sicherheitsgarnisonen dür¬ 
fen zehn Bataillone Infanterie, zehn ESkadrons Ka- 
vafterie nicht überschreiten. Keine Garnison-Einheit 
darf den Umfang zweier Bataillone überschreiten. 
Drohung mit der Besetzung der neutralen Zone. 
Die Alitierten sind bereit, in eine Verlängerung 
des Waffenstillstandes einzuwilligen, haben sich aber 
das Recht Vorbehalten, die neutrale Zone zu besetzen, 
angeblich weil Deutschland die Waffenstillstandsbedin¬ 
gungen nicht pünktlich und genau eingehalten hat. 
In diesem Rech'rvorbehalt ist augenblicklich nur eine 
Drohung zu erblicken. 
Ein Stimmungsbild vom Einzug der Gardcl 
^ Bel der Begeisterung der einziehenden 4. Garde- 
Infanterie-Division am Brandenburger Tor kam es! 
zu einer stimmungsvollen Szene: 
Der Kriegsmtnister Scheüch hieß die Kameradew 
willkommen und fuhr dann fort: 
„Piele, die in den Rethen dieser stolzen Trup¬ 
pen hochgemut und kampsfreudtg hinauszogen, sin» 
mit euch nicht wieder zurückgekehrt, sehen die Heimat! 
nicht wieder. Ihre Vateriandstreue haben sie mit den« 
Tode besiegelt. Helm ab! Ihnen zum ehrenden, dan¬ 
kenden, wehmutsvoNen Gruß!" 
Die Truppen nahmen den Helm ab, alle anderen-! 
Versammelten entblößten ebenso das Haupt; in diel 
feierliche Stille hinein klang, von der MilitärkaPellÄ 
gespielt, das Volkslied: „Ich hatt' einen Kameraden^
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.