Full text: Fuldaer Kreisblatt (50.1918)

Der Kampf an der Marne. AiSne und Oise ist in eine kritische j 
Periode eingetreten. Die bisher ruhig gebliebene Front 
zwischen Soissons und N o y o n ist in Bewegung geraten, 
so das! sich ivt die deutschen Sturmfluten in unheimlicher 
Breite vorwälzen. Foch hat jetzt schon allergrößte Mühe, mit 
seinen Reserve» die auf eine Ausdehnung von über 80 Kilo¬ 
meter wankende Front vor dem völligen Einsturz zu bewah¬ 
ren. Sollte ftck die rückläufige Bewegung noch mehr in der 
Breite ausöedneu, so dürste die Aufgabe Fochs leicht seine 
Kräfte und Mittel übersteigen. Tie Lage erscheint jedenfalls 
heute kritischer als je zuvor. 
88 Kilometer vor Paris. 
Karlsruhe. 3. Juni. Der Londoner Korrespondent 
des „Eorriere dctta Sera" meldet seinem Blatt, man müsse 
sich auf den unvermeidlich erscheinenden Verlust von 
Reims gesagt machen. - Weiter meldet der „Eorriere della 
Sera", der Feind stehe noch knapp 88 Kilometer von 
Paris entfernt. Man könne nicht leugnen, da« die fran¬ 
zösische Hauptstadt sich in ernster Gefahr befinde. Deut,che 
Bortruppen stehen an der Marne nur noch 55 Utl* \ctcx von 
den Ansienforts von Paris entfernt. 
Kopflosigkeit in Paris- 
Wie zuverlässige Nachrichten von der sranzösifchev Grenze 
besagen, gehen in Paris geheim n i s v v l l e Er er« n i sie 
vor sich über welche die Zensur irgend,vercke Mute wngcn 
verbietet, doch ficke« durch, daß einzelne Aus sta den. 
Paris audbrachen. Bor allem sind dm Syndlkallsten i.nruhrg 
geworden, da mehrere ihrer Führer verhaftet wurde" ES 
herrscht eine Kopflosigkeit in Parrs. die der rm ^ gern- 
Erweiterung der französischen Kriegszonc. 
Gens 3 Juni. Durch Verfügung des franzLmwen mgs- 
Ministers vom 2. Juni werden die Departements ' loa- j 
doS. Sarthe E u r e - e t - L o, r e, L o, ret. O - , utib t 
Nievre in das Krtegkgebiel einbezogen, «e 8 *8*' 
zone umfaßt also jetzt bereits den ganzen nordlicw « Teil 
von Mlttelfrankreich ein,chlicßlich der Normandte. 
Abgcsehte französische Divisionäre. 
Köln. 2. Juni. Die Lyoner Presse bringt Ande an gen, 
wonach der jetzige Generalissimus Foch Lwar bleive, aber 
eine Anzahl rwi, Divtsonsgeneralen ihrer -tellnn- 
gen entli-vben wurden. — Die englischen Mitttürkritiker 
erwarten eine E n t sch e i d u n g s sch l a ch t a n d er M a r'n e. 
Fliegcrkamps über Paris. 
\ Der . Matin" meldet: Ueber der Bannmeile enb- 
ßann sich heute Nacht ein heißer Kampf gegen deutsche 
eschwadec. Einem einzigen Flugzeug gelang es, durch, 
tzuorechen; es warf eiligst seine Bomben ab. Bier 
Uersonen wurden schweb verletzt. 
„AußerorSentlich« gefährlich." 
In der französischen Presse kommt iinmer mehr 
das Bewußtsein zum Ausdruck, daß die Lage außer¬ 
ordentlich gefährlich sei und daß sie auch außerordent¬ 
liche Maßregeln nötig mache. Tie MiMärschriftsteller. 
!vie der Oberstleutnant Rousset im ,.Petit Parisien" 
and der Kmuptmani, Bidal im ,.Pays" erwarten, daß 
General Fach den rechten Flügel der deutschen Offen¬ 
sive, das ist auf der Linie Noyon—Sois'ons—Chateau- 
Thierry vorrückt und beim Massiv von VillerS-Coterets 
eine Schlacht liefert. Andere Kritiker halten es für 
richtiger, dem OverbefehlShaber die volle Freiheit der 
Entscheidung zu lassen. 
In der Gegend von E rönne sah man in einer ein¬ 
zigen Kolonne Weiße, gelbe und s ch rg a r z e Fran¬ 
zosen und Engländer, unter den weißen Franzosen 
viele graubärtige LandslurnonL^ener und Familien¬ 
väter, mit einigen fchlani'en Inder:- vereint, eine wahre 
Völkerschau, die a f dem Hi'-terarn.ude der jäinmerlich 
zerstörten französi-Zv'- T/rftr ■ !' eine höhnische Sa- 
ire auf die „Pictoire Finale" der Entente wirkte. 
^n Fere-en-Tardenois zogen gerade ganz seltsame kleine 
iraunschwarze Männer ein, wie man sie in diesem 
Kriege noch nie gesehen hatte. Es stellte sich heraus, 
mß es Madagassen waren, frisch importierter und 
roch kaum ausgebildetes Kanonenfutter, welches der 
vanzösische Generalissimus in seiner Not um Reserven 
rus Rekrutendepots geholt uit bin die Schlacht geworfen 
iatte. - - - 
Plündernde Engländer in Frankreich. 
Die zurückflutenden rückwärtigen Staffeln und Va- 
gagemannschafteu der^Engläuder haben sich nach den 
Berichten der Orts einwohn er in dem Augenblick 
ihrer schleunigen und unfreiwilligen Abreise nach rück¬ 
wärts in einer Reihe von Läden und Häusern der ver¬ 
bündeten Franzosen schwere Gewalttaten und 
Plündereien zuschulden kommen lassen. Das führte 
zu sehr erregten Szenen, stellenweise sogar zur Selbst¬ 
hilfe der Ortseinwohner, die schlktztzlich die in Küche 
llnd Keller eingedrungenen Engländer gehörig ver¬ 
prügelten und an die Luft setzten. ^ ^ 
; * Ter Kampf um Reims. « 
Der militärische Mitarbeiter der „Nordd. Allg. 
Zeitung" gibt von der Lage bei Reims folgendes Bild: 
„Im Kampfraum beiderseits von Reims spitzt sich 
die Lage ständig zü. Beiderseits der Adre. also westlich 
der Festung .sucht sich der Franzose durch verzweifelte 
Gegenangriffe Luft zu schaffen und ein weiteres Ab¬ 
schnüren der Stadt von dieser Seite zu verhindern. 
Inzwischen ist östlich der Stadt dem schweren deutschen 
Feuer zwischen Reims und der Suippe der Jnfanterie- 
stoß gefolgt und hat bei St. Leonard die südöstlich 
jrus der Stadt herausführende Bahn unterbrochen. 
Auch verdient der Handstreich auf das Fort Pompelle 
ooklste Anerkennung; ein Fort im Sturm zu nehmen 
und dann mit dessen gefangener Besatzung zurückzu¬ 
gehen. weil das Halten des Werkes im feindlichen 
Feuer Hunderten unserer Leute das Leben gekostet 
hätte, ist ein Husarenstreich, der sicher den Beteiligten 
herzliche. Freude gemacht hat. Jedenfalls können wir 
feststellen, daß die Lage der Festung sich keineswegs 
Verbessert hat; wenn der französische Armeeführcr an 
der Front von ReimS nicht bald sehr starke Reserven 
trhält, wird es ihm auch schwerlich glücken, das immer 
enger werdende HalLeisen abzustreifen." 
Bis zum letzten Mann 
Genf. 3. Juni. Der „TempS" berichtet, daß der Versailler 
Kriegs rat beschlossen habe, keinen wetteren Rückzug anzu» 
ordnen sonde-m an der ganzen Front biö zum letzten Mann 
Widerstand zu leisten. 
Eine peinliche Fcststcllnna. 
Genf. 3. Juni. Die „Humanite" schreibt: Unsere 
Heeresberichte entsprechen nicht der W a h r ü e i t. 
I 
Frankreich unter DMatur. 
Die Politische Offensive gegen Elemencea«. 
Neben der militärischen Diskussion geht in Frank¬ 
reich die Auseinandersetzung über die Schuld an der 
Niederlage mit immer wachsender Heftigkeit wei¬ 
ter. Gegen den rücksichtslosen Ministerpräsidenten Cle- 
menceau und seinen Vertrauensmann, den General 
Foch. werden in der Presse der äußersten Linken 
immer deutlicher die Anklagen erhoben, daß sie 
die Front an der Aisne von Kampftruppen und Ar¬ 
tillerie entblößt und dadurch den Verlust der vor¬ 
dersten Stellungen am Damenwege verschuldet haben. 
Andere sozialistische Blätter verlangen die Einberufung 
der Nationalversamml: xj nach Versailles. Natürlich 
läßt die Zensur nur unbestimmte Andeutungen über 
diese Diskussionen in der esse zu. 
Bezeichnend ist, daß s. plötzlich nach dem Mar¬ 
schall Josfre Sehnsucht gclteud macht, der besonders 
der radikale Kriegstreiber Herve in seiner „Bictorre" 
den nötigen Ausdruck verleiht. 
Clemcuceau spielt den Gewaltmenschen. 
Er versteift sich im jetzigen Augenblick natürlich 
erst recht darauf, seine feldherrliche Politik fortzu¬ 
setzen. Er hat es rundweg abgelehnt, über die gegen 
die Gewerkschaftsführer im Loirebecken ausgesprochenen 
Verhaftungen mit den Sozialisten zu konferieren und 
die verhafteten Gewerkschaftler in Freiheit zu setzen. 
Er Hut im Gegenteil am 1. Juni in seiner Eigenschaft 
als. Kriegsminister eine besonders strenge Verfügung 
erlassen, auf Grund deren die Polizei ohne weiteres 
zu verhaften hat, wer Panik sät durch Verbreitung „ten- 
denziöser (d. i. wahrheitsgemäßer) Nachrichten über die 
militärische Lage. ' * ■ ' ; 
Die trübselige Stimmung 
des französischen Bürgertums über die militärischen 
Geschehnisse wird durch den Entschluß der Regierung, 
die Zins sch eine der russischen Anleihen nicht 
mehr einzulösen, nicht gebessert. Das „Journal" erklärt 
z^var. die Regierung habe eine moralische Verpflichtung 
zur Einlösung der Zinsscheine, aber diesen Ausdruck 
sollte das Blatt lieber vermeiden, denn die- fran¬ 
zösische Presse, die dank der riesigen auf sie herab- 
reg:,enden russischen Bestechungsgelder diese Anleihen 
in Frankreich volkstümlich zu machen wußte, trägt ein 
gerütteltes INaß der moralischen Mitschuld an dem Zu¬ 
sammenbruch von Tausenden bürgerlichen Existenzen. 
- Cleweuccau lügt und vertusch'. 
Unter der Ueberschrift „Dunkle Tage" stellt der 
Friedenssoziasist Renaudel in der „Humanite" fest, 
daß die französischen Heeresberichte nicht vollständig 
der Wahrheit entsprechen. Er nimmt sodann Stel¬ 
lung zu der Erklärung, daß die Regierung keine Mrtv 
icilungen machen wolle, die zu verlangen das Par¬ 
lament das Recht habe, und sagt, daß selbst für den 
Fall der Wiederherstellung kKr Lage die Regieruirg 
«lcht von der Pflicht zur Beantwortung der Inter¬ 
pellationen entbunden sei. Wenn es sein müsse, werde 
man eben eine G e he i m s i tz u n g abhaltcn. Auf jede» 
Fall seien Fehler begangen worden, die abgesiellt 
werde,! müßten. . 
Renaudel wundett sich vor allem, daß ber allen 
Offensiven der Entente das U e b e r r a sch u n g s m o« 
ment niemals eine Rolle gespielt habe, während 
bei der jetzigen deutschen Offensive die Ueberraschang 
wicber vollständig geglückt sei Er fragt, ob die 
Kriegsräte in Versailles und Paris zweckmäßig seien, 
da durch sie die Entscheidung bei schnell s,ch ent¬ 
wickelnden Ereignissen fast immer verzögert werde. 
Das Parlament müsse über alle diese Fragen *Be>cheid 
wissen, denn sie ständen mit dem Heil und der Z,r- 
kunft des Landes in unmittelöaren, Zusammenhang. 
Renaudel mag sich in Acht nehmen.. Wenn eü 
dem Tiacr zu unbequem»wird, läßt der ihn eiusuch 
einfperren. 
Clcincuccan straft immer radikaler. 
Nach einer halbamtlichen Note wurde von de« 
Regierung der Polizei strikte Anweisung erteilt, all« 
Verbreiter von tendenziösen Meldungen zur 
Kriegslage und Anstister von Paniken unnachsichtlich 
zu verhaften. 
Politische Rundschau. 
—' Berlin, 3. Juni 1918. 
— Der schweizerische Bundesrat hat am Sonn¬ 
abend das Wirtschaftsabkommen (Kohlenlieferung) mit 
Deutschland ratifiziert. 
:: Die polnische Jugendwchr im Regierungsbezirk 
Bromberg wurde auf Anordnung des Kommandieren¬ 
den Generals des 2. Armeekorps aufgelöst. 
Das preußische S t a a t?. m i n i ft e r i u m tagte am ' 
Montag, 
(WTB.) Kiew, 2. Juni. Der deutsche Botschafter 
Freiherr v. Mumm und der österreichisch-ungarische Bot-, 
schaftcr Graf Forgach überreichten heute dem Hetman 
Sloropadski im Aufträge ihrer Regierungen ein Schrei¬ 
ben. durch das sie die derzeitige ukrainische Rcgic- 
luttn anerkennen und in amtlichen Verkehr mit ihr 
treten zu wollen erklären. Der Hetman Skvrovaüski dankte 
in deutscher Sprache. Er schloß daran die Versicherung, daß 
es nach wie vor sein Bestreben sein werde, die von ihm 
übernommene Regierung der Ukraine in dngstcr Anlehnung 
an die Mittelmächte zu führen. 
:: Anklage gegen Lichnowskh? Eine Korrespondenz 
schreibt, daß dem Fürsten Lichnowskv. der sich zurzeiil 
in der Schweiz aufhält, noch keine Anklage zugestellt 
worden sei, da das Ermittelungsverfahren noch nicht 
abgeschlossen ist. 
:: Ter Reichstag wird vermutlich von morgen a8 
noch fünf Wochen tagen. Neben einigen Resten des 
Etats in 2. Lesung steht noch die 3. Lesung des Etat« 
aus, der ersahruugsgemäß aber in wenigen Tagen 
erledigt ist. Nebenher wird die Erledigung der Stcucr- 
borlageu mit dem Steuerautrag Müller-Fulda zu ver¬ 
arbeiten sein, und zwar sogleich, da diese Steuergesetze 
in der 3. Lesung in den Etat hineingesclwben werden 
sollen. — Von sonstigen Vorlagen wird das Arbcitö- 
kammcrgesctz größere Verhandlungen verursachen. 
:: Der Preußische Wahlrccktükampi geht am Diens¬ 
tag weiter. Zur Wiederholnna der Abstimmung aus 
der 3- Lesung, die nach dem Gesetze nach 21 Tageft 
zu wiederholen ist, wird eine neue Verhandlung mii 
neuen Anträgen erwartet, was eine Art 4. Lesung 
ergeben würde. — Die Komprominverhandlungen zwi¬ 
schen den Parteien des Abgeordnetenhauses gehen wei¬ 
ter, doch schien am Montag abend noch kein gangbare« 
Weg gefunden zu sein. 
t :: Zentrum uns Präsidentenwahl. Die „Köln. 
Volksztg." bestätigt, daß alle Nachrichten über eins 
Stellungnahme des Zentrums« zur ReichstagSpräsiden- 
tenwahl verfrüht sind. Weder die Fraktion noch dev 
Fraktionsvorstand habe bisher einen Beschluß dazu ge¬ 
faßt. In parlamentarischen Kreisen sei man der An¬ 
sicht, daß das Zentrum den Reichstagspräsidenten stel¬ 
len werde, daß aber dafür ein Sozialdemokrat zum 
Vorsitzenden im Hauptausschusse gewühlt werde. 
:: Tie Wahlrechtsreform in Koburq-Gotha ist da¬ 
durch gescheitert, daß die beiden Einzellandtage, die 
nach dem alten Gesetze gesondert abznstimmen hatten, 
sich nicht einigen konnten. — Die Regierung hat daraus 
erklären lassen, sie beabsichtige nicht, mit einer Wieder¬ 
holung dieses wichtigen Gesetzentwurfes „an den Land¬ 
tag in seiner jetzigen Verfassung" heranzutreten.. 
:: 1 Milliarde Preußische Einksmmensteucr-Er« 
Höhung. Im preußischen Abgeordnetenhause hatte dev 
Finanzminister Hergt am 14. März für den Herbst eine 
Erhöhung der Einkommensteuer angekündigt. Jetzt sagt 
die „Tägl. Rundschau", diese Erhöhung solle gleich 1 
Milliarde Mark ausmachen. Und daraus wird dann 
z. B. im „Vorwärts" gefolgert, die Einzelstaaten wol^ 
.ten durch eilige schärfste Anspannung der direkten 
Cv«p zum äußersten deren weitere Belastung 
durch direkte Reichssteuern unmöglich machen._^ 
Kriegs-Merlei. 
Ei» großer italienischer Schlaa? 
Karlsruhe. 3..Juni. Der „Züricher Anzeiger" erführt, 
baß die Italiener an der italienischen Westfront, am St ilf- 
s e r Joch nnd am Tonale, einen großen Schlag vor¬ 
bereiten, wofür die letzten Ereignisse die Einleitung,seien. 
Schweiz: Boi!s«bsii«nm>n-g iehnt Steucril auf hoho 
Eiukommcn ab. 
; Am Sonntag fand die Volksabstimmung über das 
von 115 000 Bürgern Unterzeichnete, von der sozial-« 
demokratischen Partei gestellte und von einem Terl 
der linksstehenden bürgerlichen Parteien nnter;tützts 
Volksbegehren auf Einführung einer,d i rekten Bun¬ 
dessteuer auf Einkommen von 5000 Franken an 
und Vermögen von 20 000 Franken an, statt. DaS 
Volksbeaehren wurde mit einer Mehrheit von rund« 
40 000 Stimmen a'b gelehnt. 14'/, Kantone stmlintest 
für, 7V:> gegen das Solksbegehaen. Tie industriellen 
Zentren der deutschen Schweiz stimmten für, während 
ländliche Kreise, vor allem die romanische Schweiz^ 
gegen das Begehr-en stimmten, hauptsächlich weil eine 
dauernde direkte Bundessteuer als Gesahr für das 
selbständige politische Leben der einzelnen Kantone 
betrachtet wird, da direkte Steuern bisher ausschließl- 
sich den Kantonen als Haupteinnahmequelle Vorbe¬ 
halten waren, während der Bund seine Ausgaben auS 
indireLt2^ Abgaben (hauptsächlich Zolleinnahmen) be-, 
stritt. Nach Ablehnung des Volksbegehrens wird dev 
Bundesrat unverzü«ftich mit der Verwirklichung seinesi 
zur Deckung der Mobilisarivnsschulden vorgesehenen; 
Finanzprogramms beginnen. Das .Programm siehsi 
unter anderen eine mindestens zweimalige Wiederyolungt. 
der Krregssteuer auf Besitz und die größeren Einkommen, 
sowie Ausbau der Kriegsgewinnsteuer und Erhebung^ 
einer Tabaksteuer v^r. « 
Rußland: Kämpfe im Wolgagebiet. 
« Ein in diesen Tagen aus dem Wolgaischen Gs< 
bist nach Riga zurückgekehrter Balte berichtet der „Bak 
tichen Zeitusng" über die Zustände in Saratow, 
diner großen Stadt an der Wolga in Südrußland, fob» 
Fendes: Am 15. Mai begannen heftige Straßen-« 
ämpfe zwischen den Bolschewiki und von der Front 
zurückgekehrten Soldaten, in deren Verlaus 
die Bolschewiki flüchten mußten. # Nachdem sie sich) 
jedoch in Tatischtschewo gesammelt hatten, kehrten si« 
am 17. Mai, mit Artillerie versehen, in die Stadti 
zurück. Das hierauf entstandene Artilleriegefecht griff 
auch auf den Bahnhof über, sodaß der Zug des Ge-c 
währsmannes mit knapper Not den Geschossen ent¬ 
rann. Tie Stadt ist dermaßen mit Flüchtlingen 
aus brotlosen Gegenden überfüllt, daß in mit¬ 
telgroßen Häusern bis zu 50 Familien untergebrachtr 
sind. Die Frachtenbeföroerung mit der Eisenbahn und 
auf der Wolga hat aus Furcht vor Raub oder Be- 
ichlaanahme vollständia aufgehört. - 
/ Bolschewistische Höchstleistung. 'T" I 
• In Slawraps! int Kaukasus, wo eine neue kauka¬ 
sische Regierung gebildet wurde, hat man die Lei¬ 
tung des Ministeriums des Unterrichts einem 
sechzehnjährigen Mädchen übertragen. Der Mi¬ 
nister des Innern hat den Vorzug, w^er lesen noch! 
schreiben zu können. ^ 
Kohlen-Ersparnisic in Cnglanv 
sucht man zu erreichen durch Verhandlungen übe« 
Zusammenlegungen von Betrieben. Auch soll dabc, aus 
die Transport-Bedürfnisse der einzelnen Gruppen Ruck» 
sicht genommen werden, um aüch auf diese Weis« 
Kohlen zu sparen. . . a*a,i 
Wic's gemacht wird. 
' Ein englischer Fabrikant, der mit einer Ungarin 
verheiratet rst, befand sich bei Kriegsausbruch auf sei¬ 
nem ungarischen Besitz, durfte sich dort frei bewegen, 
mußte sich nur zweimal wöchentlich auf dem Pol,zet- 
revier melden. — Vor kurzem ist er aus Oester¬ 
reich-Ungarn entlassen worden und nach der Schwerz 
(Zürich) übergesiedelt. — Auf dem Konsulat ist er ubev 
dre Behandlung in Oesterreich ausgefragt worden, unv 
als er nur Gutes berichten konnte, hat man rhn ge¬ 
warnt, mit diesen Aussagen vorsichtig zu fern, weil ev 
sonst keine Erlaubnis zur Heimreise erhalten und sich 
der Gefahr auösetzen würde, als Spion behandelt zu 
werden. Dasselbe wurde ihm in Bern gesagt./ 
Kleine Kriegsnachrichlen. 
" Eine Abordnung holländischer Offiziere ist. eine« 
Deutschland abgereist. i
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.