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Verantwortlicher Schriftleiter: ,, Uttz, Zul-a.
Nr. 177
Zreitag, öen 2. Mugust
SO. Jahrgang.
1918
Der tvelt-Rrieg.
vte deutschen anD österreichischen
Tagesberichte.
Von den Fronten.
(Amtlich.) Großes Hauptquartier, den 1. August
&918. (WTB.)
Westlicher Kriegsschauplatz.
Heeresgruppe Kronprinz RnPPrecht: Zwischen
Upern und Bailleul 'am frühen Morgen vorübergehend
lebhafter Feuerkampf. Tie tagsüber mäßige Artillerie¬
tätigkeit lebte am Abend an vielen Stellen der Front
in Verbindung mit Erkunduggsgefechten auf.
! Heeresgruppe Deutscher Kronprinz: Oestlich von
Fere en Tardenois setzte der Franzose am Nachmittage
wiederholt zu heftigen Teilangrifsen an. Wir warfen
den Feind im Gegenstoß in seine Ausgangslinien zu¬
rück. An der übrigen Kampffront Artilleriefeuer wech¬
selnder Stärke: kleine Vorfeldgefechte.
L Nordöstlich von Perthes versuchte der Feind nach
starker Feuervorbereitung den ihm am 30. Juli ent¬
rissenen Stützpunkt wiederzunehmen. Er wurde unter
Verlusten abgewiesen. Erfolgreicher eigener Vorstoß
südlich vom Fichtelberg und in den Argonnen.
Heeresgruppe Herzog Albrecht: Jnfanteriegefechte
vn der Mosel und am Parroy-Walde. Wir machten
Hierbei Gefangene.
- Ter .Gegner verlor gestern an der Front im
Luftkampf und durch Abschuß von der Erde aus 25
Flugzeuge. Weiterhin wurde ein im Angriffsfluge
gegen Saarbrücken befindliches englisches Geschwader
von sechs Großkampfflugzeugen von unseren Front-
und Heimat-Jagdkräftcn, bevor es seine Bomben abwer¬
fen konnte, vernichtet. Aus einem zweiten ihm fol¬
genden Geschwader schossen wir ein weiteres englisches
Großkampfflugzeug ab.
Ter Erste Generalquartiermeister: Ludendorff.
Abend-Bericht.
Heftige Kämpfe bei Ferc-en-Tardcnois.
Berlin, 1. August, abends. lWTB. Amtlich.)
Rordivestlich Fere-cn-Tardenois hcstiae Kämpfe.
An der übrigen Kampffront nichts Wesentliches.
Oesterreichischer Kriegsbericht.
Wien, l. August. Amtlich wird Verlautbart:
Italienischer Kriegsschauplatz: Geschützkampf und
Erkundungstütigkeit waren gestern an ganzer Süd¬
westfront sehr rege. Vorgestern hat ein starkes italie¬
nisches Bombengeschwader unsere venetianischen Flug¬
felder angegriffen. Unsere Flieger warfen sich dem
Feinde entgegen und verhinderten ihn, irgendwelchen
Schaden anzurichten.
Albanien: Die von unseren albanischen Kräften
Vor Wochenfrist aufgenommenen Angriffe zwangen nach
vergeblichen Gegenangriffen den Italiener, nordwestlich
und nordöstlich von Berat, seine ersten Linien und be¬
trächtliches Gelände dahinter auf 30 Kilometer Front¬
breite preiszugeben. Unsere braven Truppen deren
Kampfleistungen um so höher zu bewerten sind, als
ihnen Hitze und klimatische Verhältnisse große Müh-
sale auferlegen, folgen dem weichenden Gegner.
Ter Chef des Gcneralstabes.
Der Krieg zur See.
N-Boot-Bcute..
(Aintlich.) Berlin. 1. August. Im Kanal und an
'der Westküste Frankreichs wurden 5 Dampfer aus.teil-
>weise s«rk gesicherten Eeleitzügen herausgeschossen.
Ter Chef des Admiralstabes der Marine.
von öer West-8ront.
Die neue Schlacht.
Genf, 31. Juli. Die heutige Havasnote erklärt, daß die
Schlacht zwischen Reims und Sotssons am 30. Juli ein neues
Gesicht angenommen habe. Seit Montag zeige sich auf deut¬
scher Seite eine Reaktion von äußerster Heftigkeit und die
deutschen Truppen seien zu Gegenangriffen übergegangen.
Die verlustlose Frontverlcgnng.
Bern. 3l. Juli. Der Kriegsberichterstatter des Giornal»
d'Jtalia in Frankreich drahtet, es sei öen Deutschen durch
hartnäckigen Widerstand gelungen, auf ihrem Rückzüge
weder an Material noch Truppen Einbuße zu
erleiden. Zur Kriegslage selbst erklärt der Berichterstatter,
daß die Schlacht jetzt infolge des eleganten M a n ö v r i e-
rens die alten Traditionen der Kriegführung, die überlebt
schienen, wieder zu Ehren bringe, gerade deswegen sei es
schwierig, die Absichten des Feindes zu durchschauen. Der
langsam erstarrende Rückzug öer Deutschen bis hinter die
Beste erscheine beabsichtigt, man könne jedoch daraus rechnen,
daß die Deutschen alles versuchen würden, um den Druck aus
die jetzige Schlachtfront zu verringern, durch die Unter¬
nehmung einer mächtigen bedrohlichen Diversion. Schließlich
meldet der Berichterstatter, daß zwischen Dormans und
iteims neue italienische Truppen eingesetzt seien.__
Schwere Kämpfe zwischen Aisne und Marne.
©cnf, l. August. Zur weiteren Entwicklung derTstü mp f e
z wischen Aisne und M a r n e schreibt das ..Echo de
Baris": Auf der Schlachtfront nördlich der Marne spielen,
sich sehr schwere Kämpfe ab. Der Feind verstärkt von Stunde
zu Stunde seinen Widerstand. Für iün besteht die gebie¬
terische Notwendigkeit, im Süden von Sotssons seine Kampf¬
stellung an der Grise und an der Ardre zu behaupten, und
wäre es auch nur für einige Tage. Man muß sich Rechen¬
schaft ablraen über die enormen Schmierigkeiten auf die
unter diesen Bedingungen der französische Bormarsch stößt,
und über den ungewöhnlichen Mnt u. die Geschicklichkeit, dis
angewendet werden muffen, um ine unbestreitbare Zähigkeit
der verstärkten Armeekorps der Armee Böbns zu brechen.
Fach muß panfferen.
Basel, 31. Juli. Der Korrespondent des Secolo im fran¬
zösischen Hauptquartier bereitet in einem länaeren Tele¬
gramm ails eine Unterbrechung der f r a n z ö s i sch e ir
Offensive vor. Die weiteren Operationen bedürften erst
Vorbereitungen umfassender Art.
Der Sündenbock vom Chemin des Domes.
Basel, 31. Juli. Nach einer Meldung der Baseler Nach¬
richten ist G e n e r a l Du ch e s n e, der die französische Armee
am Damenweg führte, aus der Reihe der Armeeführer aus-
geschieden. Anscheinend wurde er seines Kommandos infolge
der französischen Niederlagen dortselbft enthoben
Die Furcht v or der- deutschen Offensive.
Genf, 1. August. Der Militärkritiker des Demos schreibt:
Wir erwarten eine neue deutsche Offensive innerhalb der
nächsten 14 Tage und deshalb setzen wir unsere Of¬
fensive fort. Das ist notwendig, um unsere Front zu
stabilisieren. — Der Mlatin schreibt, es sei sehr beachtsam,
daß sämtliche englische Korrespondenten an der Front melden,
daß eine zunehmende Bewegung an der ganzen englischen
Front fcstzuftellen sei.
Die Amerikaner im Westen.
lWTB.) Bern. 1. August. In einem aus einem atlan¬
tischen Hafen datierten Bericht an die „Jtalia" beißt u. a.,
daß die an kommenden amerikanischen Trnvven zwar
tadellos ausgerüstet seien und ihre Organisation Erstaun¬
liches leiste, man müsse aber offen sagen, daß. wenn die
Deutschen diesen neuen Gegner auch ernstlich in Rechnung,
setzen müßten, die Amerikaner doch nur improvisierte
Soldaten seien, die militärisch erst geschult und mit Offi¬
zieren versehen werden müßten. Trotz des unzweifelhaft
guten Willens der Amerikaner sei ihrer Mitwirkung dadurch
eine Grenze gesteckt.
Amerikanijche Friedenswetten.
Berlin. 31. Juli. Wie die „Deutsche Zeitung" berichtet,
stehen in Newnork die Wetten für einen Frieden bis De¬
zember 1918 wie 3:2. für Frieden 1919 wie 9:1 und für
Beseitigung der U-Bootgefahr in den nordamerikanischen Ge¬
wässern bis 15. August wie 5:1.
Die Amerikaner in Frankreich.
Genf. 1. August. Im Heeresausschuß teilte am Samstag
der Kriegsminister mit, daß bis zum '25. Juli drei Viertel
des für Frankreich bestimmte» amerikanischen Heeres einge-
schisft worden ü'icil,___________
a] So wahr mit Gott hclf'!
Eine Bauerngeschichtc aus dem Taunus von Fritz Ritzel.
(Nachdruck verboten.)
Mit Befremden sahen ihm die Knechte nach. Schien es
^vch. als sei ihr Herr ein ganz anderer geworden, wie er
«mmnt, fast wankend, dahinging, als keuche er unter einer
imweren Last — er, der sonst in seiner ganzen Haltung
immer etwas so llnbengsames, Herausforderndes zeigte.
dem Manne so nahe, daß ein Verdächtiger in seinem
^ >>ne gesucht wurde? Tn lieber Gott — das konnte doch
2, Vorkommen und der Forstwart sowohl wie der Gen-
m waren ia offenbar imJrrtnm mit ihrem Verdacht!
Hervel z»m Lachen, daß die beiden glaubten, ihr junger
die s°er e{m’r öcr Reigen sei der, welchen sie suchten! Wiie
_-Pointen nur auf diese verrückte Idee komruen konnten?
»min hr- r'*cr einer totgeichoffen! Daß dem bei seiner
freu,, 'Glichen Strenge, mit weicherer gegen jeden Forst-
j mochte derselbe noch so geringfügig sein, cin-
r derartiges passieren mußte, das war ia voraus-
1 ’ j1 Der Mann hatte viele Feinde in de? Umgegend.
~~ " m war es nur für die arme Frau »nd für die Töchter!
. riffr .. Meinungen wurden zwischen den Leuten ansge-
r!’ roftörcnö Andreas Hissenauer die Wohnstube betrat
rirrrt (,nMc gebrochen auf einen Stuhl sinken ließ. Alle
Lcilgrorherrschung war von ihm gewichen. Wie ein Ver¬
zweifelter rang er die Hände und fragte sich immer wieder,
vb es denn möglich sei. daß der liebe Gott eine so ungeheure
lrusnna über ihn verhängen könne. Sei» Sobn ein Mör-
Ludwig, der sein Stolz und sein alles war! Wie
"L^vstralil g»s heiterem Himmel war das Furchtbare
über ihn gekommen und hatte ihm alle Denkfähigkeit genom¬
men. alle Kraft, einen Entschluß darüber zu fassen was er
/ imivu sollte. Wäre er nicht verpflichtet aeivescn.
er Wahrheit zu ihrem Rechte zu verhelfen, auch wenn es
Uch um sein eigenes Fletich und Blut bandelte? Die Fuß
für mit den kreuzweise ungeordneten Nanelabdrücken er
anute fic genau. ?ie rührte von den Jo^dstieseln Ludwigs
/.rJ!!1 l'vtte geleugnet daß er derartiae Stiefel
cntzrl Wahrscheinlich hatte er sie vernichtet oder versteckt!
Herr des Himmels — wenn die Beamten Haussuchung hiel¬
ten und das Versteck entdeckten! Dann mußte er zu,sehen,
wie sein einziger Sohn als Mörder hinweggeführt wurde!
Das Herz schnürte sich ihm krampfhaft zusammen und
angstvoll spähte er halb emporgerichtet durch das Fenster nach
dem Hofe, wo eben wieder die Stimmen ches Wachtmeisters
und des Forftwarts laut wurden. Dem Himmel sei Dank
— sie aingen und hatten nichts gefunden! Seine aanze Kraft
zulsammenraffeüd, erhob sich der Bauer, öffnete das Fenster
und neigte sich hinaus Dort stand Ludwig ans der Frei¬
treppe mit bleichem Gesicht, aber i.n fester Haltung und machte
mit den Armen gegen die Fortgehenden eine Gebärde, als
ivollte er ihnen nochmals die Grundlosigkeit ihres Verdachts
vor Augen führen Der Bürgermeister nickte im Vorüber¬
gehen nach dem Fenster hinauf und saate:
„Nix sor ungut. Andres, amer es mußt sein. Vergnüge
wacht mir des nit. des kannst du dir denke!"
Dann ginge sie die Schelle des Hoftores raffelte,
und schiver siel die Tür hinter ihnen in das Schloß.
Was nun? Ans dem Flur draußen klqnaen die Schritte
des Sohnes. Jetzt, nachdem die Gefahr vorläufig beseitigt
ßb-en kam cs wie eine milde Energie über den Bauern.
Mit gcwalti>aen»Achrittcn nach der Tür eilend, riß er die¬
selbe ouf und befabl mit unterdrückter Stimme:
..Do komm herein!"
Lonasam trat Ludwin über die Schwelle und blieb mit
gelenktem Kons vor dem Baker üehen. Die dreiste Zuver¬
sicht mit welcher er während der letzten Stunden seinen
Verfolaern aeaenöber io meisterbast Verstellnna geübt batte,
war anS seinem Wesen aeechimmden — totenblaß mit zucken¬
dem Mnude »nd den Boden suchenden Blicken, ein Bild der
Schuld, wontete er ans das Kommende
Wenn Andreas Hiffenaner vielleicht immer noch heimlich
oellgsli batte sei» Sohn sei »nschnldia — die-e Kmltnng
Ludwins sagte ss'm alles. In änalvoller Gedankenreihe
drängten stld^ihi" die Folgen ani welche die Tat des Sohnes
nach sich 'ifiii'n konnte »ach sich sieben mußte denn wenn
kF-tfs, fit' Ns'l'lnn n »»nr» Ai* ft (1 r» n 11
N'V'f'N »n^v M«» VF’^r*? sich
rtit&err iknwi('rfealich««"is<' Mp <ch,»l?> PuMntnä
den lasten, und wenn dies der Behörde auch nicht gelang
— war dann nicht alles künftige Familienglück zerstört und
vergiftet von der Angst, daß die unerbittliche Wahrheit an
den Tag komme, von der brutalen Ueberzeuguna. daß der
Sohn ein Wilddieb und Mörder sei? EÜn ratender Zorn
über den Unseligen, der dies in seinem bodenlosen Leicht¬
sinn verschuldet, wallte in dem Bauern cmvor und den Sohn '
mit beiden Fäusten an den Schultern packend und heftig,
schüttelnd, rief er ihm keuchend zu: „Was host du getan?
Was for e Unglück host du über uns all gebrockt? En
Dieb, en Mörder, un du willst mein Sohn sein? Soll ich's
nit mache, wie's in der Bibel steht: Aerigert dich dein Aug,
dann reiß es ans und wirf es von dir! Un waaßt du nit,
wie's weiter baaßt? Wer Blut vergießt, dess' Blut soll wie¬
der vergoffe werde! Hab ich dich do defor erzöge dolor dein
Lewe lang sor dich gesorgt nn dich behüt, daß du jetzt die
Schand über uns bringst? Ach Gott — is es dann möglich,
is es dann möglich!"
„Votier, loßt-mich. Ihr tut mir unrecht!" sonte Ludwig
mit flehender Stimme, indem er sich von den Armen des
Vaters löste. „Ich bab kaan Mord uff dem Gewisse, so nmhr
als wie en Gott im Himmel is!"
„Lüa nit! Lüg dein eigene Votier nit an! Ufs deiur
Gesicht stebt's deutlich aefchriewe. daß d» lügst. Betracht dich
im Spiegel. Mir machst du k.aa .1! for e U vor."
Trotz der wilden Erregung, mit welchen' die Worte
hervorgestoßen wurden klang cs doch aus der Stimme des
Alten wie ein milderer, wehmütiger Ton. Die Worte Lud¬
wigs hatten in dem grollende» Manne etwas wie die Hvffi-
yuna geweckt, daß der Sohn doch vielleicht nickt ganz ein
Verworfener sei.
„Vatter. um Himmelswille gkaabt mir." begann Ludwig
wieder „Ich bab nit usf de Förschter geschoffe! Bei allem
was mir heilig is, ich war's nit. ick —"
„Du warst im Wald beut morjcnd. nss dem Döteberg!"
schnitt ihm der Bauer rasch das Wort ab.
Ludwig senkte schuldbewußt den Koos.
„Un host gewildert host geschoffe?"
Wiederum Schweigen.
„Un der Förschter is dez» kumme! Du bost dich ge¬
mehrt. So red doch un geli Antwort! Willst du bawe. daß
ich veirückt wern?" lFors. folgt.)