Full text: Fuldaer Zeitung (1938)

lnitttches Sreisblatt 
Auldaer Zeitung 71r. 251 
Uzlumpfi des Stechens 
In einem von sienabraunen Dächern umsäumten gro¬ 
ßen Hof arbeitet ein Töpfer. 
Er ist ein einfacher Mann mit einer frohen Lebens¬ 
art. Wenn ihm ein Topf in Scherben fällt, denkt er nidjl 
weiter daran. Er ist nicht abergläubisch; Scherben brin¬ 
gen Glück; er wäre der glücklichste Mensch, wenn er alle 
sein« Geschirr« in Scherben schlüge. Es hätte aber nie¬ 
mand geahnt, daß dieser Mann ein Geheimnis mit sich 
trug, das ihn innerlich erwärmte, das ihm Freude spen¬ 
dete und eine dauernde Befriedigung gab. Er war das 
Gegenteil eines Träumers, und doch hing dieses Erlebnis 
wie ein Traum in seinem Leben. 
Unweit der Werkstatt lag ein Waisenhcim. Und eines 
Tages hatte nun unser Töpfermeister die Idee, für so ein 
Waisenkind zu sorgen und seine Ersparnisse anzulegen. 
Er tat es, insgeheim, niemand wußte davon. Von Zeit 
zu Zeit trug er ein Päckchen Geld in die Anstalt für das 
von ihm ausgesuchte Mädchen, dem er eine gute Er- 
Ec-täMim» üoh tkcuvz friedlich 
zu dir. D, ich weiß es noch sehr gut, als wir einmal in 
deinem Hofe Besuch machten. Und du standest da und 
lachtest." 
„Ja", sagte er und es war ihm, als löse sich ein dich¬ 
ter Schleier, der seinen Traum seit geraumer Zeit ver¬ 
hüllte. Er sah Gisela an und versuchte, sich die ganz» 
seltsame, verlockende, leidvolle Geschichte zusammenzurei¬ 
men. Sie machte ihn froh und unselig. Sie bedeutet« 
für sein Leben Kummer und Glück. Sie brachte ihm 
Schatten und dann wieder Hellen Sonnenschein. Es war 
alles so wundersam und wehmütig. Er fühlte, daß er 
jetzt ein Tor vor sich hatte, durch das er aus den Dämme¬ 
rungen, au» den Unsicherheiten in da, Freie gelangen 
konnte. Es war nun der Augenblick gekommen, da er ihr 
alles sagen mußte. 
Und eben, als er beginnen wollte, stand da» Mädchen 
bei ihm, ganz nahe. Und er bemrkte am Beben ihres 
Munde», am Glänzen ihrer Augen, daß das Mädchen¬ 
ziehung zuteil werden ließ. Er schuf sich damit einen Le¬ 
benszweck, der mit einem seligen Traume Hand in Hand 
ging. 
So geschah es, daß eine, Tages, nach Jahren, dieses 
Mädchen in das Hau» de, Töpfer» kam. 
Es sorgte für die Wäsche, hielt die Wirtschaft in Ord¬ 
nung, kochte und spielte des Abends ein wenig Klavier. 
Sie war nicht schön, aber sie hatte ein feines, liebes Ge¬ 
sicht, flinke Hände, einen klugen Geist. 
Die Jahre gingen hin; der Töpfer fühlte ft« nicht. Es 
lag «in lichter Schein über den beiden. 
Gisela dachte wohl niemals daran, daß ihr freund¬ 
liche» Wesen, ihre Art, da, Haus in Ordnung zu halten, 
im Hofe zwischen dem bunten Geschirr herumzuwirtschaf¬ 
ten, dem Töpfersmann langsam die Erkenntnis seiner 
Einsamkeit bringen mußte. 
Wenn sie abends beisammen saßen, er in einem Buche 
las, sie eine Handarbeit fertigte oder Klavier spielte, oder 
dem Töpsermeister zuhörte, der aus seinen Lehrzeiten 
und Wanderjahren komische Schnurren und Geschichten 
erzählte, wenn dann in ihrem Gesichte ein frisches Lü¬ 
chen spielte, aus einem frohen Herzen kommend, dann 
kam es mitunter vor, daß den Töpfermeister ein eigen¬ 
artiges Gefühl beschlich, daß ihm eine Traurigkeit in die 
Seele klomm und er nachzurechnen begann, um wieviel 
Jahre er sich verspätet hatte. 
Diese Rechnungen erleichterten ihn aber nicht; sie 
machten ihn trüber und einsamer als je, und aus seinem 
herz seine Ruhe verloren hatte. 
Ein Strom der Sterne flog sanft herauffunkelnd über 
den Nachthimmel. 
„Ja," sagte Gisela unvermittelt, „du sollst wieder froh 
werden!" 
Das Lächeln, das auf seinen Lippen spielte, wurde 
stärker; er wollte nach ihrer Hand greifen. 
„Vaterle!" sagte sie leise und doch so voll einer kind¬ 
lichen Güte und Zuneigung. 
Seine Hand fiel schwer nieder. Alles brach zusam¬ 
men. 
Seine Zukunst stürzte ein, begrub ihn. Sein Herz, 
seine Sehnsucht, alle». Ein Wort genügte, und alles war 
zu Ende. Dämmern und Dunkelheit war rings um ihn. 
Wie schön hätte es werden können! Sein großer, wun¬ 
derbarer Lebenswunsch, seine lichtvolle Zukunft, sein 
Heim der Zufriedenheit, sein wohlgehüteter Traum . . . 
„Vater!" wiederholte er leise, in der Stimme ein Zit¬ 
tern der Enttäuschung. Konnte er denn mehr verlangen? 
Sprach diese Jugend nicht di« Wahrheit? Wo hatte er 
seine Gedanken? Herr werden über sein Denken, das 
war alles. Wo dachte er hin? 
Er sammelte seine Gefühle. Ganz so rasch wollte er 
nicht verzichten. Er empfand, daß jetzt der Sieg er¬ 
rungen werden müsse. 
„Gisela," meinte er etwas mühsam, mit einem Ver¬ 
such zu lächeln, „es ist . . . so schön . . . was du sagst. 
Bin ich dir wirklich wie ein Vater?" 
„O du!" sagte Gisela und sah in seine Augen. „Sieh, 
ich muß dir endlich einen Namen geben. Du hast für 
mich gesorgt, du hast mir mehr als notwendig Gutes 
erwiesen, ich muß einen Namen haben, einen Namen, 
der meiner Dankbarkeit Ausdruck verleiht, in dem du 
meine Liebe zu dir fühlen sollst!" 
„Ja," sagte er leise. 
Es wurde ganz still draußen. Gisela sah nach den 
funkelnden Sterngärten. Er stand neben ihr. Beide 
schwiegen. 
E» gibt Augenblicke, in denen nicht gesprochen wird, 
und die doch beredt sind. Es gibt Augenblicke der Zwie¬ 
sprache der Herzen. Gisela verstand ihn wohl, sie 
brauchte nur in feine Augen zu fehen. Aber es war 
ja alles io eigenartig. 
„Träumst bu?",fragte Gisela plötzlich in die Stille 
hinein. 
Er sah auf. 
»Ich träume schon lange, Gisela!" 
Sie sah ihn mit großen Augen an. 
„Es ist der schönste Traum in meinem Leben. Eben 
nur ein Traum!" 
Sie wollte nach seiner Hand greifen. Da flimmerte 
ein Sternschnuppe am Himmel auf und schlug einen 
prachtvollen goldenen Bogen durch die Nacht. 
„Ach," rief Gisela und hob die Hand, als wollte sie 
das goldene Flimmern fassen. Er tat dasselbe und 
beider Hände trafen sich. Sie hatten sich während der 
zehn Jahre oftmals getroffen, oftmals gehalten, und doch 
war es nie von solcher Zauberkraft wie diesmal. 
Die Hände hielten sich fest. 
„Du sagtest, Gisela," begann der Meister nach einem 
Weilchen, „du müßtest einen Namen für mich haben, 
das ist wie ein Wunsch. Ich verstehe dich jetzt, Gisela. 
Aber auch ich habe einen Wunsch!" 
„Nun?" fragte bas Mädchen rasch. 
„Du wirst immer bei mir bleiben, ich bin so froh, 
dich in meiner Nähe zu wissen!" 
Sie sah ihn an. „Du!" sagte sie. 
„Mein Leben liegt in deinen Händen, mein Glück, 
meine Zukunft!" 
„Ich will sie tragen, ich will sie treu bewahren . . .' 
„Gisela, du willst meine Frau werden?" 
Da reichte ihm das Mädchen beide Hände und er 
legte seine Arme um sie, — lächelnd und wortlos. 
Flüchtig und glücklich reichte ihm Gisela die Stirn 
zum Kuß . « . 
süßen Geheimnis, aus seinem wunderschönen Traum 
ward ein Leid, das schließlich auch Gisela fühlte, die ver¬ 
gebens nach dem Grunde suchte . . . 
An einem milden sommerlichen Tag, der mit Mauern 
Rauch und feinem Gespinst über den Weingärten hing, 
saßen die beiden nach dem Tagewerk wieder an dem 
Abendtisch. 
,Lch habe dir Blumen auf dein Zimmer gestellt! — 
Geranien!" sagte Gisela, „und ich habe dir etwas beson¬ 
ders Gutes gekocht, heute sind es zehn Jahre her, daß ich 
bei dir sein konnte!" 
.Lehn Jahre!" dachte der Töpfer, „das macht also 
. . . ja . . . zweiunddreißig, — zweiundvierzig Jahre! 
Und noch kein einziges silbernes Haar, — und Mut für 
bas Leben, ohne bang zu werben, aber —" 
„Du gibst mir keine Antwort! Du bist in letzter Zeit 
oftmals traurig. Ich bin in Sorge um dich! Was be¬ 
trübt dich? — Bin ich es?" 
Er lächelte. 
„Willst du nicht etwas von mir erzählen?" 
„Ich von dir?" 
„Ja. Ich kam doch au» dem Hause der Eintönigkeit 
Das Rätsel von heute. 
Ab und zu 
Milz, Eisen, Achse, Geld, Este Caft. 
Huf, Rang, Reim, Peru, Rötel, Pferd, 
Eide, Übet, Lenz, Eros, Ander, Post, 
Perne, Gera, Anker. 
Streicht man jebem Wort ben Endbuchstaben ab und 
stellt einen anberen dem Rest voran, so kann man neue 
Wörter bilden. Die neuen Anfangsbuchstaben nennen 
einen bekannten Dichter der Neuzeit. 
Eben darum 
„Ferdinand, ich werde ewig ein dankbares Gefühl 
dir gegenüber haben, wenn du mir die hundert Mark 
borgen würdest!" 
„Ich weiß, alter Freund, das ist ja gerade da» Un¬ 
angenehme an der Sache . . ." 
Mufti zieht [ich um 
„Kurichen, geh sofort aus dem Badezimmer! Ein so 
kleiner Junge darf nicht zufehen, wenn eine Dame sich 
umzieht!" 
„Wie alt muß man denn fein, um das zu dürfen, 
Mutti?" 
Vier ehceuwecte Qewtlemen 
Tine Texasgroteske von Olav Sölmund 
Vier Jäger, ein Bankpräsident, ein Richter, ein Se¬ 
nator und ein Professor lagerten nach einer ergiebigen 
Jagd um bas lodernde Feuer, an dem bas Wildbret am 
Spieße briet Fleißig kreiste die Whiskyflasche. 
„Sagen Sie doch, mein Lieber", wandte sich im Ge¬ 
spräch plötzlich der ,Richtet mit einem pfiffigen Lächeln 
an feinen Nachbarn, den .Bankpräsidenten', „roie tarnen 
Sie eigentlich nach Texas, um sich ausgerechnet hier 
niederzulassen?" 
Der Gefragte nahm die Pfeife aus dem Munde, 
spuckte kunstgerecht an einen etwa 10 Meter entfernten 
Baum und erwiderte achselzuckend: 
„Oh, die Sache ist nicht der Rede wert. Die Bank, 
an der ich in Chicago angestellt war, weigerte sich, einen 
Scheck von fünfzigtausend Dollar zu honorieren." 
„Sie war bankrott?" 
„Ganz und gar nicht! — im Gegenteil, sie floriert 
heute noch!" 
„9a warum denn in aller Welt honorierte der Bant- 
Präsident den Scheck nicht?" 
„Oh, er behauptete, er habe ihn gar nicht unterschrie¬ 
ben" 
„Und das wußten Sie nicht sicher?" 
„Nein, so genau weiß ich es jetzt auch noch nicht!" 
„Warum denn nicht?" 
„Weil ich eben gerade am Tage vorher, ehe er die 
Entdeckung machte, nach Texas gegangen war!" 
„So, dann allerdings---" 
Alle vier ©entfernen qualmten aus ihren kurzen 
Pfeifen und spuckten nach ihren Stiefelspitzen. 
Da nahm der „Richter" einen tiefen Schluck und un¬ 
terbrach die Stille. 
„Ein Vertrauen ist das andere wert. Ich tarn hier¬ 
her, weil ich gerne heiraten wollte!" 
„Konnten Sie denn das zu Haufe nicht?" meint« fein 
Nachbar. 
„Nein!" 
„Warum denn nicht?" 
„Weil meine Frau es nicht leiden wollte!" 
„Ihre Frau selbst? Wieso denn?" 
„Ja, ich meine nicht die, die Sie kennen, sondern die 
andere — die in New Port!" 
„Ach sooo . . ." 
Nachdem die beiden ©entfernen ihre Einwanderungs¬ 
gründe erzählt hatten, wandt« man sich an den dritten, 
den „Senator", mit der gleichen Frage, die dieser nach 
dem eben Gehörten auch nicht übel nehmen konnte. 
„Well", meinte dieser, „die Sache verhielt sich so. Als 
Nachbarn in Boston hatte ich einen Menschen, mit dem 
ich schon seit Jahren in Unfrieden lebte, und der mir al¬ 
les zu Leide tat, was er nur konnte. 
„Und da haben Sie sich revanchiert?" 
„Oh nein. Aber da spielte mir der Halunke eines 
Tages den infamen Skreich, sich nach einem Wortwech- 
fei in meiner Gegenwart und mit meinem Revolver tot- 
zerschießen." 
„Ah--!" 
„5a, und da ich eben keine Zeugen hatte, ging ich 
nach Texas!" 
„So--So!“ 
Währenddem hatte der „Professor" anscheinend teil¬ 
nahmslos auf dem Rücken gelegen und, nur unterbro¬ 
chen von zeitweiligem Ausspucken, in feierlicher Andacht 
das Firmament betrachtet. Wer und was dieser ehren¬ 
werte Gentleman eigentlich war, das wußte niemand 
recht. Er lebte, wie viele andere „Bürger" dieses Staa¬ 
tes, meist vom Spiel, jedoch sein salbungsvolles Beneh¬ 
men hatte chm den Beinamen „Professor" verschafft, ge¬ 
gen welche Titulierung er sich auch niemals mit einem 
Wort verwahrt hatte. 
Auf di« Frage des „Senators" nach seinen Grün¬ 
den erwiderte er nach längerem Schweigen: 
„Oh, die Welt ist sehr schlecht, da» habe ich erfahren. 
Ich kam hierher, weil ich mich mit meinen Kollegen 
überworfen hatte." 
„Wie ist da» nur zugegangen bei Ihrer bekannten 
Gutmütigkeit?" 
„Oh, da war eine große Schulgemeinde In Kentucky, 
deren Vorsteher ich war. Diese sammelte damals etwa 
dreißigtausend Dollar zum Bau einer neuen Schule. 
Di« Aeltesten Übergaben mir das Geld, und da--" 
„Und?" fragte man gespannt. 
„Da baute ich eben die Schule nicht, sondern — zog 
nach Texas!" 
Und der Herr „Profeffor" blickte wieder zum Him¬ 
mel in der (Erinnerung sich wiegend, wie ungerecht doch 
di« Welt im allgemeinen und im besonderen und wie 
schön es doch dagegen in Texas sei. 
Montag, den 31. Oktober 1938 
Die jKMiatt 
Haydn wollte sich gerade hundsmüde und nicht ganz 
satt zur Ruhe legen. Da wurde vor seinem Fenster sein 
Name gerufen. ' Der Komponist öffnete und ,ah einen 
Studiengenossen, der chm zurief: „Schnell, komm, wir 
haben eine Nachtmusik!" — „A Nachtmusik? Nicht ,ür 
eine Million!" — „So komme doch schon, jeder bekommt 
einen Gulden!" — „Was, einen Gulden? Das läßt sich 
hören," schrie Haydn freudestrahlend, „wart ein bissel, 
ich komme gleich." 
. Geschichte muh lis 
An heißen Sommertagen ist es uns etwas ganz 
Selbstverständliches, daß uns Eis zur Verfügung fleht, 
um uns abzukühlen. Vor 300 Jahren waren die Ver¬ 
hältnisse noch etwas anders. In Frankreich lebte da¬ 
mals eine sehr hübsche junge Frau namens Madelein« 
de Gaillard-Lonjumeau, die mit dem jungen Edelmann 
Gaspard de Venel verheiratet war. (Eines Tages, mit¬ 
ten im Sommer, erklärte sie, daß sie jeden Tag ein 
Eisgetränk haben wolle. Da ihr Gatte sie sehr liebte, 
sann er auf eine Möglichkeit, seiner verwöhnten jungen 
Frau tf>ren Wunsch zu erfüllen, und kam auf den Ge¬ 
danken, daß er von den Gipfeln der Pyrenäen (Eis holen 
könne. Er begab sich also auf die lange Reife, um 
die Laune feiner Frau zu erfüllen. Sie war entzückt, 
bann aber muhte er immer von neuem die Reife an¬ 
treten, um das nötige Eis zu beschaffen, und schließlich 
hatte er die Anfuhr so geregelt, daß täglich Eisblöcke 
in feinem Hause eintrafen. Da er aber nicht nur ein 
aufmerksamer Ehemann, sondern auch ein guter Ge¬ 
schäftsmann war, erzählte er den Nachbarn, wie gut 
feiner Frau ihre Eisgetränke schmeckten, und die Nach¬ 
barn erboten sich, einen Teil der Kosten zu übernehmen, 
wenn sie auch von dem Eis bekämen. So kam der erst« 
Eishandel zustande. Frau Madeleine setzte später bei 
dem König Ludwig XIV. durch, daß ihr Mann ein 
Monopol für den Eishandel bekam, der sich zu einem 
blühenden Unternehmen entwickelte. 
Was bringt der Rundfunk? 
• Dienstag, den 1. November 
Rvichssen-er tfrantfuci 
6 Gymnastik. 6.30 Frühkonzert. 7 Nachrichten, 8.05 
Wetter. 8.10 Gymnastik. 8.30 Froher Klang zur Werk- 
paufe. 9.40 Was können wir Frauen besser machen? 
10 Schulfunk. 11.45 Ruf ins Land. 12 Mittagskon¬ 
zert. 13 Nachrichten. 13.15 Mittagskonzert. 14 Nach¬ 
richten. 14.10 O holde Frau Musica. 15 Lieder zeit¬ 
genössischer Komponistinnen. 16 Nachmittagskonzert. 18 
Volk und Wirtschaft. 18.15 Querschnitt durch die Iah- 
resschau 1938. 18.30 Klang der Landschaft. 19.15 Ta- 
gesfpiegel. 19.30 Festlicher Musikabend der Jugend. 
20 Nachrichten. 20.15 Unterhaltungskonzert. 21 Haydn- 
Zyklus II. 22 Nachrichten. 22.20 Politische Zeitungs¬ 
schau. 22.35 Unterhaltung und Tanz. 24—2 Nacht¬ 
konzert. 
Drutschlan-kn-er 
6.10 Eine kleine Melodie. 6.30 Frühkonzert. 7 Nach¬ 
richten. 10 Rampholz Gorenz. 11.30 Dreißig bunte 
Minuten. 12 Musik zum Mittag. 13 Glückwünsche. 13.45 
Nachrichten. 14 Allerlei — von Zwei bis Drei! 15.15 
Eine kleine Tanzmusik. 15.45 Werktätige Frauen im 
Sudetenland. 16 Musik am Nachmittag. 18 Zur Woche 
des Deutschen Buches: Die Dichter über das Buch. 18.30 
Klaviermusik. 19 Deutschlandecho. 19.15 Kleines Bil¬ 
derbuch vom täglichen Leben. 20 Nachrichten. 20.10 
Reiseberichte — Fremde Gesichte. 20.20 Orchesterkonzert. 
21 Politische Zeitungsfchau. 22 Nachrichten. Anschl. 
Deutschlandecho. 22.30 (Eine kleine Nachtmusik. 23 Gu¬ 
ten Abend, gut' Nacht. 
Mittwoch, den 2. November 
Reickssenöer Frankfurt 
6 Gymnastik. 6.30 Frühkonzert. 7 Nachrichten. 8.05 
Wetter. 8.10 Gymnastik. 8.30 Froher Klang zur Werk¬ 
pause. 9.40 Kleine Ratschläge für Küche und Haus. 
10 Schulfunk. 11.45 Ruf ins Land. 12 Mittagskonzert. 
13 Nachrichten. 13.15 Mittagskonzert. 14 Nachrichten. 
14.10 Das Stündchen nach Tisch ... 15 Bilderbuch der 
Woche. 15.15 Volk und Wirtschaft. 16 Nachmittags¬ 
konzert. „18 Wie der Schischuh entstand". 18.15 (Ein- 
Besuch beim NSKK. 18.30 Junge Musikanten stellen sich 
vor. 19 Fliegendes Deutschland. 19.15 Tagesspiegel. 
19.30 Der fröhliche Lautsprecher. 20 Nachrichten. 20.15 
Kammermusik. 21 Neue deutsche Unterhaltungsmusik. 22 
Nachrichten. 22.30 Musik aus Wien. 24—2 Nachtkonzert. 
Drutfchlan-fen-rr 
6 (Eine kleine Melodie. 6.30 Frühkonzert. 7 Nach¬ 
richten. 9.40 Kleine Turnstunde. 10 Vom Opfer, 10.30 
Fröhlicher Kindergarten. 11.30 Dreißig bunte Minuten. 
12 Werkkonzert. 13 Glückwünsche. 13.15 Musik zum 
Mittag. 13.45 Nachrichten. 14 Allerlei — von Zwei 
bis Drei! 15.15 Kinderliedersingen. 15.30 Musikalische 
Kurzweil. 16 Musik am Nachmittag. 18 Dichter — Ver¬ 
leger — Buchhändler — Leser. 18.20 Eine kleine Me¬ 
lodie. 18.30 Solistenmusik. 19 Deutschlandecho. 19.15 
Gelächter nach Noten. 20 Nachrichten. 20.10 Jeppe 
vom Berge. 20.50 Johanne» Brahms. 21.40 Klavier¬ 
musik. 22 Nachrichten. Anschl. Deutschlandecho. 22.30 
(Eine kleine Nachtmusik. 23 Musik aus Wien. 
MH H. Waggerl er.HH, 
Der Dichter liest heute in der Landesbibliothek 
Paul ist ständig von allerhand Unglück verfolgt, «in 
wahrer Hiob auf feint Art. Immer wieder gerät feine 
schmächtige verschreckte Gestalt irgendwo ins Gedränge. 
Weiß Gott, wie das kommt, er bewegt sich auch so um¬ 
ständlich und vorsichtig, die Ereignisse übereilen ihn so¬ 
zusagen. 
Do besichtigen die beiden Brüder ein neues Stegen« 
faß, das der Nachbar Jakob aufgeftellt hat. Es ist ein 
ziemlich hohes Faß, darum klettert Paul auf den Zaun 
und beugt sich übet den Rand, aber der Zaun ist bos¬ 
haft und knackt plötzlich und läßt ihn kopfüber hinein« 
kippen. Peter steht dabei, er lacht und schaut jetzt auch 
in das Faß, ja, er findet, daß sich Paul da einmal et¬ 
was Großartiges ausgedacht hat. Der Bruder rudert 
unten im Wasser herum und bläst Luftblasen heraus, 
und erst nachdem er sich eine Weile gar nicht mehr ge¬ 
rührt hat, zieht ihn Peter an den Beinen zurück. Ader 
leider, da fällt er um und ist ganz merkwürdig blau 
im Gesicht. Barbara kommt gerannt, was hat sie 
denn? Sie läuft auch blau an vor Zorn, schüttelt den 
Bruder und schlägt ihn aus den Rücken und zwischen¬ 
durch bekommt auch Peter etwa» Handfeste» ab, weil 
tr bloß dasteht und sich auch noch wundert, der Bruder¬ 
mörder Ader bann fängt Paul zu Gurgeln und zu 
keuchen an und speit eine Unmenge Dreckwasser heraus, 
gottlob! tot ist er nicht. Er wird ins Bett geschleppt 
und mit heißer Milch gefüttert, und Peter muß im 
Keller sitzen und büßen, wofür denn eigentlich? Woher 
soll er wissen, daß es dem Bruder gleich ans Leben geht, 
wenn ihm einmal etwas Lustiges einfällt? Nun, Pe¬ 
ter tröstet sich auch dieses Mal. Er findet noch ein 
paar alte Rüben im Keller, Zuckerrüben mag er gern. 
Was immer mit dem Bruder geschieht, Peter hat es 
abzubüßen. Ein anderes Mal macht sich Peter daran, 
weiße Mäuse zu fangen. Jakob hat gesagt, es gäbe 
welche auf dem Anger, er böte einen ganzen Lebkuchen, 
für das Stück. Sie wohnten in Bauen mit zwei Lö¬ 
chern, und wenn man auf jedes Loch einen Hut stülpe, 
dann dächten sie, es fei Nacht und kämen heraus. 
Gut, Peter leiht sich beim Hausierer den Hund aus, 
der Nero heißt, obwohl er weder schwarz ist, noch je¬ 
mals aufgelegt, einen Christen zu verfolgen. Aber 
vielleicht hat er eine besondere Nase für Mauslöcher. 
Solche gibt es übrigens viele auf dem Anger, man 
muß eben Glück haben und die paffenden zwei heraus¬ 
finden. Peter legt vorsichtig feinen Hut auf eines, 
dann muß sich Paul dazusetzen und ihn festhalten, 
während er nach dem anderen Loch sucht. Lange war¬ 
ten sie schweigend und aufgeregt, Nero läuft von einem 
zum andern uhb möchte auch mithalten, aber er wird 
nur angezischt und kann sich gar nicht erklären, was 
das für ein neues Spiel fein soll. 
Und wirklich, nach einer Weile spürt Paul etwas 
unter seinem Hut. Peter! ruft er mit zitternder Stimme, 
ich glaube, sie zwitschern schon. 
Ach Gott, und bet Peter rührt sich rein gar nicht» 
— daß sie aber auch auf der anderen Seite kommen 
muhten! Halt nur fest! ruft er zurück. So und jetzt 
greif einmal darunter! 
Paul greift wirklich unter den Hut, aber das hätte 
er nicht tun sollen. Plötzlich fährt er mit einem Schrei 
zurück und springt auf und fängt an, um sich zu schla¬ 
gen. Es summt und surrt mit einem Mal gefährlich 
über ben ganzen Anger, unb Nero stiebt auch bavon, 
heult mit eingeklemmtem Schweif unb niest verzwei¬ 
felt in das Gras. Es nimmt ein böses Ende wie al¬ 
le», wenn Paul daran teilhat. Am Abend ist zwar 
auch Peter auf einer Wange geschwollen, aber Paul im 
ganzen, fein Kopf gleicht einem behaarten Kürbis, 
schrecklich anzusehen. 
Nein, mit dem Bruder ist nichts Rechtes anzufangen. 
Wenn es zutrifft, daß jeder Mensch einen Schutzengel 
hinter sich hat, und es sind, wie sich schließen läßt, nicht 
di« aufgewecktesten Geister für diesen Dienst auser¬ 
sehen, so ist jedenfalls der des kleinen Paul ein beson¬ 
derer Ausbund der Säumigkeit. Immer wieder läßt er 
seinen Schützling auf eine Scherbe treten oder sonst zu 
Schaden kommen, und wenn alle anderen (Engel acht« 
sam um den Kirschbaum schweben, damit sich die Kin¬ 
der ungefährdet gütlich tun können, dann hat doch der 
de» kleinen Paul die Augen anderswo und läßt ihn 
gleich mit der ersten Kirsche eine Wanze schlucken, so 
daß er erbärmlich speien muß. Schaut Paul in den 
Himmel, so fällt er mit ben Beinen in ein Loch, achtet 
er aber auf bie Löcher, fo kommt bestimmt oben ein 
Balten, an dem er sich eine Beule schlägt. 
Aus bem Roman „Mütter" (Insel-Verlag, Leipzig). 
Waggerls „Kalendergeschiditen" 
3m Insel-Verlag, Leipzig 
Man könnte Waggerls Kalenbergeschichten dutzend¬ 
weise gebrauchen. Da liegt einer mit gebrochenem Bein, 
ober was es sonst für ein Gebrechen sei, im Krankenhaus, 
man kann ihm mit ben Kalenbergeschichten eine tröst¬ 
liche Stunde schenken. Unb überhaupt, wer bebürst« 
auch im Besitz von ganzen unb gesunden Gliedern nicht 
einer heiteren Stunde, eines tröstlichen Zuspruchs I Von 
Räubern ist da die Rede, vom vergrabenen Herzen, vom 
Tod, von Lebenden und Geliebten. Wenn bie Salenber 
solch schöne Geschichten brachten, bann ist es kein Wun¬ 
der, daß sie in Stabt unb Land allen ans Herz wuchsen. 
Unb erst wie Waggerl von ber Schöpfungsgeschichte be¬ 
richtet, das muß man immer noch mal mit Genuß nach¬ 
lesen. Als wäre er damals höchstpersönlich babei ge¬ 
wesen, wie unser aller Glückseligkeit leichtfertig für 
einen einzigen Aepfel aufs Spiel gesetzt wurde; als 
lächelnder Zuschauer muß er babei gewesen fein, nicht 
fo, als hätte er selbst heute unter jener ersten mensch- 
sichen Dummheiten zu leiben. Ja so. ist es: „Die Kunst 
soll trösten, meine ich", bas hat Waggerl einmal ge¬ 
schrieben. W. Dillinger. 
Frankfurt am Main • Zeil 101-105 
Am Dienstag, dem 1. November 1938, ALLERHEILIGEN, 
ist unser Kaufhaus durchgehend von 8,30—19 Uhr geöffnet.
	        
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