Amtliches Kreisblatt
Auldaer Zeitung Nr. 266
Sotnsf ag/5 onnfag, den 19. 20. November 1938
Element. Bei der nun«
— zur
gen "Unschuldige" befassen zu müssen glaubt, dann sei ihm
ein eingehendes Studium der britischen Kolonialgeschichte
empfohlen. Er wird in ihren Annalen über genug Ma-
terial oorfinden, insbesondere auch in den Akten sei«
nes eigenen Ministeriums, das ihm einen ausgezeich¬
neten Anschauungsunterricht vermitteln kann. Wir glau¬
ben kaum, daß er dann noch den Mut hat, sich über
interne innerpolitische Angelegenheiten Deutschi vds
oufzuregen. M«i
Moskau -er Kälte schutzlos preisgegeben
EP. Moskau. Moskau wird im Winter frieren,
schreibt die parteiamtliche „Prawda". Die Vorberei¬
tungen für den Winter haben in Moskau keine Fort¬
schritte gemacht. Die Herstellung von Oefen, das Ein¬
setzen von Fensterscheiben wird, der „Prawda" zufolge,
geradezu sabotiert. Dor allem aber fehlt es nach wie
oor an Heizmaterial. „Maßnahmen und Maßregelun¬
gen der Schuldtragenden wurden beschlossen", so endet
vielsagend diese Mitteilung des Parteiblattes.
Der Dank der Eltern vom Raths für die französischen
Beileit»tunbgebungen. Die Eltern des Gesandtschafts« •
vom Rath und die deutsche Botschaft haben über die
französische Presse ihren Dank für die zahlreichen Bei-
leidskundgebungen anläßlich des Ablebens des Gesandt-
schastsrates vom Rath zum Ausdruck gebracht, da sie
wegen der großen Zahl der Beileidskundgebungen nicht
in der Lage sind, sofort auf alle Beleidsbeweise zu ant¬
worten.
Wirtschaft, der unbedingt habe ausgeschaltet werden
müssen.
Er stellte fest, daß bei der letzten Volkszählung in
Bayern 42 000 Juden — 0,55 v. H. der Bevölkerung ge»
Zählt wurden. Nach der Abwanderung in den letzten
Jahren seien vor 14 Tagen noch 0,45 v. H. Juden in
Bayern gewesen, die 3 Proz. des gesamten Vermögens
in Bayern in ihren Händen gehabt hätten. Die weni¬
gen Juden in Bayern besässen ein Vermögen von
668 963 000 Reichsmark, die Juden in München allein
hätten ein Vermögen von 216 Millionen Reichsmark.
Dieses Vermögen fei nicht durch Arbeit, sondern durch
Auspowerung des Volkes „erworben". Es sei also eine
dringende Notwendigkeit gewesen, den jüdischen Einfluß
nicht nur vom Steuer, sondern vom ganzen Schiff der
gesamten Wirtschaft auszuschalten.
rasten mit dem Wagen und ihrem Opfer durch Unz-
markt, stießen aber außerhalb des Ortes gegen den
steinernen Pfeiler einer Brücke. Der Wagen stürzte in
den Graben, überschlug sich, und die drei Insassen wur¬
den herausgeschleudert. Dabei gelang es Ingenieur
ißerra, ebenfalls zu entfliehen. Eine Zeitlang blieben
die zwei Verbrecher spurlos verschwunden. Dann wur¬
den sie aber in der Gegend des Bahnhofes von Unz-
markt von einer SA-Streife gestellt.
Es entspann sich sofort ein heftiger Feuerwechsel,
in dessen Verlauf der SA-Sturmführer Franz Heben-
streit und der SA-Mann Fritz Zeiler getötet wurden.
Der ältere Bruder des Mörderpaares erlitt ebenfalls
Schußverletzungen. Auch der jüngere wurde leicht ver¬
letzt.
Die zwei Mörder, einer von ihnen ist 18 und der
andere 20 Jahre alt, wurden hierauf festgenommen
und nach Judenburg gebracht. Zu ihren Taten hatten
sie sich eines Trommelrevolvers und einer' kleinkali-
brigen Pistole bedient. Ihr Rucksack, den sie mit sich
schleppten, war ganz mit Munition ungefüllt.
lieber das Motiv zu den furchtbaren Verbrechen
gaben die beiden vorläufig keinerlei Auskunft. Eigen-
artig ist, daß sie weder bei den Ermordeten in Hütten¬
berg, noch bei dem Ueberfall in der Steiermark wei¬
tere Raubabsichten zeigten, sondern es nur auf die Au¬
tos abgesehen zu haben schienen. Eine Gerichtskom¬
mission hat die Untersuchung bereits eingeleitet und den
Tatbestand ausgenommen.
Botschafter Dr. Dieckhofs
jur Berichterstattung nach Berlin berufen
Dnb. Berlin. Der deutsche Botschafter in washing.
ton, Dr. Hans Diakhoff, ist heute zur Berichterstattung
nach Berlin berufen worden.
mehr mit Beschleunigung in
Bodenreform sollen zunächst
befindliche Grundbesitz sowie
Angriff genommen werden.
Der neue französische Botschafter in Berlin einge-
ttoffen. Der neuernannte französische Botschafter Eou»
londre ist heute mit dem Nordexpreß um 9.38 Uhr auf
dem Bahnhof Friedrichstraße in Berlin eingetroffen.
Zu seiner Begrüßung hatte sich der Chef des Proto¬
kolls, Freiherr von Doernberg, auf den Bahnhof be¬
geben. Außerdem hatten sich zu seinem Empfang die
Mitglieder der französischen Botschaft auf dem Bahn¬
hof eingefunden.
Bombenflugzeug in Honolulu abgestürzt. In Hono¬
lulu flog während einer nächtlichen Landungsübung ein
großes Marinebombenflugzeug gegen ein Bootshaus am
dortigen Hafen. Das Flugzeug stürzte ab, wobei zwei
Flieger getötet und fünf verletzt wurden.
Dnb. Budapest. Der Ausschuß der Regierungspar¬
tei, der vor einigen Tagen zur Ausarbeitung eines
neuen Judengesetzes gebildet wurde, ist zu einer ersten
Sitzung zusammengetreten. Aus Kreisen, die der Re¬
gierungspartei nahestehen, verlauten bereits Einzelhei¬
ten über die Gesichtspunkte, nach denen die Revision
des gegenwärtigen Judengesetzes durchgeführt werden
sott. Danach stehen im Vordergrund vier Punkte, und
zwar erstens die Regelung der Frage des Heimatrechtes
und der Niederlassung von Juden-: zweitens die Her¬
absetzung der Zahl der jüdischen Grundbesitzer und Bo¬
denpächter; drittens die Förderung der jüdischen Aus¬
wanderung; viertens die Herabsetzung der im bisheri¬
gen Judengesetz geltenden Verhältniszahl gegenüber der
übrigen Bevölkerung, beispielsweise im Wirtschaftsle¬
ben und im Angestetttenverhättnis.
- < v w—n —’d—......... ... die
Kammergruppe dem Ministerpräsidenten ihr volles Ver-
trauen erneuert und an die Energie und freimütige Diszi¬
plin aller Franzosen appelliert, sich um die Regierung
zusammenzufchliehen.
» An»«hluB an das Leben 8762
der Nation und darüber hlnaui der Welt, vermittelt dar Radio. —
El tollte In keiner Familie fehlen. Beratung durdi den Fachmann!
adia=J^eiez,3tctcas^
DNB. Graz. Freitagvormittag hielten zwei junge
Burschen bei Hüttenberg in Kärnten durch eine Auto¬
falle ein Auto an. Als der Lenker des Wagens aus-
stieg, um das Hindernis zu beseitigen, erschossen ihn
die zwei Wegelagerer und fuhren mit dem Wagen da-
von, den sie aus bisher noch unbekannter Ursache im
Lavanttale stehen ließen.
Dort begaben sie sich zu Fuß um den Zirbitzkegel
in die Steiermark in die Gegend von Perchau. Durch
einen über die Straße geworfenen frisch geschlagenen
Baumstamm stellten sie wieder eine Autofalle her und
lauerten am Wegrande auf ein neues Opfer.
(Segen 19.15 Uhr nahte ein Auto des Arbeitsamtes
Judenburg. Die drei Insassen des Wagens, zwei In-
genieure des Judenburger Arbeitsamtes und der Lenker
des Autos namens Zohrer, stiegen aus, um da» Hin¬
dernis zu beseitigen. Dabei wurden sie von den zwei
Mordbuben überfallen. Der eine von ihnen feuerte
auf Zöhrer und tötete ihn durch einen Brustschuß. Der
eine Ingenieur konnte flüchten und die Gendarmerie
von Neumarkt alarmieren, die die ganze Umgebung un¬
ter Einsatz von SA abftreifte. Den anderen Ingenieur
nahmen die Jugendlichen als Geisel mit. Es handelt
sich um den Ingenieur Perra vom Arbeitsamt Juden¬
burg. Sie fuhren in der Richtung nach Unzmarkt da-
von. Während der Fahrt bedrohten sie ihren Gefan-
genen dauernd mit vorgehaltener Pistole. Inzwischen
waren Unzmarkt und die Orte der Umgebung von dem
Ueberfall bereits verständigt worden. Die Banditen
Panzerwagen gegen Araber
Eine energische arabische Erklärung
DNB London. Der Präsident der arabischen Der-
teidigungspartei von Palästina, Ragheb Dey Nasha-
shibi, stritt heute in einem Telegramm an den Vor¬
sitzenden des Interparlamentarischen Kongresses mit
allem Nachdruck ab, daß unter den Arabern, wie das
in der englischen Oessentlichkeit kürzlich behauptet wor¬
den war, irgendwelche Meinungsverschiedenheiten be¬
stünden. Es gebe keinen Araber in Palästina, so heißt
es in dem Telegramm, der nicht bis zum Tode sich dem
Mandat und der Balfour-Erklärung widersetzen würde.
Unter den arabischen Parteien Palästinas gebe es
keinerlei Meinungsverschiedenheiten.
In Palästina selbst ist es im Laufe des heutigen
Tages wieder zu Gefechten zwischen dem Militär und
Arabern gekommen. In ber Nähe von Beitjallah
nur iich von Hebron tarn es zu einem heftigen Gefecht
zwischen Engländern und Arabern. Dabei verloren die
Engländer einen Mann, während fünf verletzt wurden.
Das englische Militär, das rücksichtslos eingesetzt
wurde, soll, einer Reuterrnekdung zufolge, den Arabern
schwere Verluste beigebracht haben. Auf 40 Meter Ent¬
fernung brachte das englische Militär mit Maschinen¬
gewehrfeuer den Araberangriff zum Stehen. Unterstützt
von Panzerwagen und wetteren Verstärkungen konnte
das englische Militär bann die auf der Straße errich¬
teten Barrikaden beseitigen.
EP. Prag. In der gestrigen Nachmittagssitzung des
Abgeordnetenhauses legte die Regierung den Entwurf
des neuen Ermächtigungs-Gesetzes vor. Die geforderten
Ermächtigungen find sehr weitgehend. Die wichtigste Be¬
stimmung besagt, daß der Präsident der Republik Ver-
faffungsänberungen vornehmen kann, wenn er hierzu
durch einen einstimmigen Beschluß der Regierung er-
mächtigt wird. Bisher konnten Verfassungsänderungen
nur mit einer Dreifünftel-Mehrheit der beiden Kammern
vorgenommen werden.
Die (Erteilung einer solchen Ermächtigung bedeutet
praktisch den Uebergang der Tschecho-Slowakei von der
liberal-demokratischen Staatsrepublik zur Staatsform
der Präfidentfchaftsrepublik.
Das Abgeordnetenhaus ist gegen 9 Uhr abends zur
dritten Vollsitzung des Tages zusammengetreten, hat sich
jedoch bereits nach wenigen Minuten auf Sonnabend
vertagt. In der Zwischenzeit sollen alle noch vorhande¬
nen Gegensätze bereinigt werden.
Immer wieder:
Die armen Au-en!
DNB München. Im Rahmen eines Generalappells
ber Deutschen Arbeitsfront in München kam Minister-
Präsident Siebert in einer großangelegten Ansprache auch
auf das Judenproblem zu sprechen und schilderte hierbei
den unheilvollen und großen Einfluß der Juden in der
Angams Fuöengefehe werben verschärft
Beschleunigte Bobenreform - Erleichterung -er Auswan-erung
Nach dem geplanten künftigen Judengssetz sollen
geeignete Handhaben für die Ueberprüfung der Staats¬
angehörigkeit und des Heimatrechts der als unerwünscht
anzusehenden Elemente gegeben werden. Ferner find
Bestimmungen vorgesehen zur Verhinderung der lieber«
ftutung der ungarischen Städte, namenttich der Landes¬
hauptstadt, durch das jüdische
Straffere Staatsführnng in Prag
Tschecho-Slowakei wir- Präfi-entschafts-Republik
Wegelagerer bauten Autofallen
Fugen-liche Verbrecher als vierfache Mör-er
„Freilich steht Euch keine Bahn offen, auf der Euer
unbändiger Ehrgeiz sich auegaltoppieren kann. Ms
Rechtsanwalt, Kaufmann und Arzt besteigt man den
kurulischen Stuhl nicht. Das ehrliche Bewußtsein eines
ehrlichen Wertes ist heute da» einzig Erstrebenswerte,
das ein Jude erreichen kann. Aber das muß Euch ge¬
nügen. Darum drängt Euch nicht nach kargen Aus-
zeichnungen, selbst wenn Ihr glaubt, ein Anrecht dar-
auf zu haben. Ein reicher jüdischer Bankier zu fein,
ift an sich Seine Schande: aber der Elephantenorden
v»n Honolulu ober das Konsulat von Kamtschatka kann
daran nichts bessern. Haltet Euch in bürgerlichen
Schranken und ihr werdet Euch nicht über zunehmende
Kurzsichtigkeit (Eurer Freunde zu wundern haben, wenn
sie, die gestern bei Euch zu Tisch waren. Euch heute
auf der Straße nicht wiedererkennen.
Ihr beklagt Euch, daß man an Eurer Unterhal¬
tung keinen Gefallen findet? Eure Konservation ist
ein Kampf. Den Partner zu „unterhalten", durch Mit¬
teilen und Teilnehmen zu erfreuen, ist nicht die Absicht;
man sucht durch Superlative, durch grauenhafte lieber-
treibungen und durch stimmliche Kraftentfaltung zu
siegen. Würde auf den Rekord der Redensarten: „Ich
Su-etrn-rutschrr Wahlkampf wir- eröffnet
Massenkundgebung in Reichenberg mit Dr. Goebbels
.. Dnb. Berlin. Reichsminister Dr .Goebbels begibt
f“9 am heutigen Samstag nach Reichenberg, um dort
zusammen mit Gauleiter Konrad Henlein in einer Mas¬
senkundgebung den Wahlkampf für die am 4. Dezem-
^r stattfindenden Ergänzungswahlen zum Deutschen
Reichstag zu eröffnen.
Die Kundgebung, die um 19.30 Uhr in den Reichen-
berger Messehallen beginnt, wird von den Reichssen-
dem Breslau und Leipzig übertragen.
Memeler Rationalöenkmal wieder errichtet
DNB. Diemel. In ber Nacht zum Sonnabend wurde
das Nationaldenkmal vor dem Memeler Rathaus wie-
der errichtet. Eine große Menschenmenge umsäumte fett
ben frühen Abendstunden ben Platz unb wartete, bis
bie Borussia wieder auf dem jahrelang verwaisten
Sockel thronte In dem Augenblick, wo bas stolze Denk-
mal feinen ursprünglichen Platz eingenommen hatte
brachten bie anroefenben Memelbeutschen spontane Be-
geifterungsrufe aus. Für bas Memelvolk ist biefe Wie¬
deraufrichtung des Denkmals symbolisch für bie BefrH-
ung vom 12jährigen Kriegszustand.
Vertrauensvotum für Dala-ier
heil, daß die besten Deutschen einen tiefen Widerwil¬
len gegen jüdisches Wesen unb Treiben hegen, bie am
meisten, bie nicht viel Worte davon machen und ettiche
Ausnahmen - gleichsam als seltsame Naturspiele —
zugeben. Und wenn die Juden über Breite und Tiefe
der Strömung sich zu täuschen trachten — ein betforn.
menes Gefühl der Einengung und Verlassetcheit wer¬
den sie nicht los. Der alte Herrlichkeitsgedanke ost oer«
rauscht, und sehnsüchtiger, als sie es gestehen, blicken
sie aus yach Versöhnung. Aber das Meer der Abge-
schlossenheit will sich vor keinem Zauberspruch zertei¬
len".
Wichtig an diesen Ausführungen Rathenaus ist er¬
stens feine Feststellung, daß die Juden „ein abgesondert
fremdartiger Menschenstamm" auf märkischem Sanbe
sind, zweitens die Erklärung, daß die eigentliche Juden-
trage keine wirtschaftliche, sondern eine gesellschaftliche
und kulturelle ist, und drittens die düstere Vorahnung
von einer kommenden Katastrophe.
Rathenau hält dann seinen Rassegenossen mft rück«
sichtsloser Offenheit den Spiegel vor. Er redet sie un¬
mittelbar an mit den Worten: „Seht Euch im Spiegel!
Das ist der erste Schritt zur Selbstkritikl" Er spricht
davon, daß sie „ein Volk von Krömern und Maklern"
geworden sind, an dem ber Herr des Zornes und des
Sieges keinen Gefallen haben könne, denn diesen habe
er nur an einem BÄke von Kriegern gehabt. Mt
schneidender Ironie fährt er bann fort; ,Lhr sprächet.
ungarische Politik sich noch stärker als bisher an bie
Politik ber Achse Berlin—Rom anzupassen habe, habe
ich dies ehrlich und mit dem Gefühl ber aufrichtigen
Freundschaft gemeint."
Weiter äußerte Jmredy u. a., seine Absicht sei, den
ungarnchen Parlamentarismus nur insofern zu refor¬
mieren, als sich dieser in Zukunft nur mehr mit der
^eillegung der allgemeinen Richtlinien und nicht mehr
nnt Einzelfragen befassen solle. Auch wirtschaftlich
V- diktatorischen Ziele an, es sei aber
notwendig, daß der Grundsatz „Gemeinnutz vor Eigen-
"“JLln? ungarischen Wirtschaftsleben sich Geltung
entgegen den übertriebenen individual-kapi-
talisttschen Tendenzen.
Verlag: Verlag Fuldaer Zeitung G m. b. H.
Verlagsbirektor: Bernhard E Schulz,
Hauptschriftleiter: Justus M e i n a r b l.
Stellvertreter bes Hauptschriftleiters: Dt. Karl Stu¬
ft e r m a n n. Verantwortlich für Politik unb Wirtschaft:
Justus Meinardi; für Lokales: Dr Karl Auster«
mann; für Heimat und Sport: Edmunb Bischoff;
für Kultur unb Unterhaltung sowie sämtliche Beilagen:
Walther Dillinger (beurlaubt, i. V. Justus Mei¬
nardi); für Bebilderung: bie Ressortschriftleiter; für ben
Anzeigenteil: Oskar Kramer; Druck: Parzeller & Co.
vorm. Fuldaer Actienbruckerei, sämtlich in Fulda.
Berliner Schriftleitung: Dr. Rudolf Vogel.
Sprechstunden ber Schristlettung nur von 11—12 Uhr.
D. A. IX/38: über 12 700, Samstag/Sonntag allein
über 13200. Z. Zt. Preisliste Nr. 6.
für meine Person" und „meiner Ansicht nach" ein
"reis gesetzt, so wäret Ihr die ersten am Ziel. (Es oer«
langt ja niemand von Euch so etwas wie Gemüt, was
ähnlich sah, habt Ihr mit manchem anderen Gut
m den Ghettos gelassen. Eure Väter waren in ihrer
Frömmigkeit gemütvoll: Ihr seid aufgeklärt und witzig.
Aber Ihr sollt die Seele und das Gemüt Eurer ßan-
desgenossen begreifen und ihren, anstatt fie durch vor-
(outes Urteil und frivole Ironie zu verletzen. Worte
sind di« Waffen der Schwachen. Wehe dem, der mit
vergifteten Pfeilen kämpft.
Man wird Euch den Vorwurf machen, internatio¬
nal zu sein, solange Ihr mit allen ausländischen Cohns
und Lewys versippt unb verschwägert seid. Laßt die
exotischen Vettern und Basen, bie trotz ihrem Seug-
nen in Paris, Newyork oder Budapest vielleicht mi߬
liebiger sind, als Ihr hier zu Lande, bleiben, wo sie
find. Renomiert nicht mit ihren Ansichten und Ma¬
nieren und schämt Euch nicht, wenn (Eure Kinder
deutsch als französisch sprechen lernen. Wer sein Va¬
terland liebt, der darf und soll ein wenig Chauvinist
|em .
Man kann diese Darlegungen von Walter Rathenau
geradezu als den Kassandraruf eines um das Schicksal
seiner Rasse bitter besorgten Juden be,zeichnen. Sie
sind. Renommiert nicht mit ihren Ansichten unb Ma-
Warnungen wirkungslos verhallt. Das hat hauptsäch¬
lich an der Masse der damals gemeinten Juden selbst
gelegen, denn eine solche Kapuzinerpredigt war ihnen
unangenehm, störte ihnen nur ben Frohsinn unb das
Glück des ständigen Fortschrittes. Zum Teil mag es
auch an Walter Rathenau gelegen haben, ber gern ein
wenig mit seinen Erkenntnissen kokettierte unb lieber
zu neuen Betrachtungen fortschritt, als biefe undankbare
Rolle bes warnenden Mahners weiter durchzuführen.
Aber im Inhalt selbst ist seine Schilderung das ttef-
fendste Zeitporträt des deutschen Judentums der Vor¬
kriegs,zeit, gerade weil es aus der Feder de» prominen¬
testen Rassegenossen stammt. Als Schlußton bleibt ein
schriller und düsterer Klang im Ohr.
„fiöre, Israel!“
«ine Warnung aus dem Jahre 1897
Die durch den Pariser Mord eingeleitete Zuspitzung
ber Juden frage beschränkt sich nicht auf Deutschland.
.'a.n ,’ann sagen, daß es heute kein Land auf der Erde
gibt, in dem man noch glaubt, an dieser Frage vorbei-
gehen zu können. In einigen von diesen Ländern
wurden die Dinge noch vor wenigen Jahren gern so
dargestellt, als ob die Juden frage im Jahre 1933 er-
funöert worden wäre. Diese allzu einfache Auffassung
*1.1 nun zwar überwunden, aber die deutschen Vertei¬
digungsmaßnahmen, die als Antwort auf den Mord
von Pans ergriffen worden sind, werden in einem Teil
ber ausländischen Presse mit einem solchen Maß von
Verzerrung und Verdrehung behandelt, daß man solche
Jrrttifer zu ihrer eigenen Aufklärung nützlicherweise auf
<me Warnung verweist, die von einem Juden stammt.
Wir finden diese Warnung obgedruckt in dem Buch
„Dte Juden in Deutschland", das vorn Institut zum
Studium der Judenftage herausgegeben und im Ver-
Jag Franz Eher Nachfolger erschienen ist. Der Einlei-
Lesern Buche entnehmen wir ben folgenden
zlpjag:
-®5 ist nun äußerst interessant zu sehen wie Wal¬
ter Rathenau sich mit dem gleichen Problem der Assi-
mtlation ausemandergesetzt hat. Denn auch er hat sich
mehr als einmal darüber geäußert. Und bas Sonder-
bare ist, daß er Im Grunde zu ähnlichen Schlüssen wie
Martin Suber kommt, auch wenn er vom Standpunkt
bes Astzmilationswilligen an die Frage herangetreten
ist. „Walter Rathenau hat in feinem Buch .Zmprefsio-
JJJ, (Leipzig 1902) eine Betrachtung aus dem Jahre
1«97 veröffentlicht: ,^>öre, Israel!" Dieser Appell an
bie deutschen Juden ist wohl die treffendste Charakteri-
strk des modernen Juden unb zugleich seiner Tragik
die es gibt. Vielleicht war Walter Rathenau gerade
darum besonders befähigt, dem modernen deutfchen Ju-
den ms Herz zu blicken, weil er selbst auf ber Brücke
zwischen beiden Welten stand.
Walter Rathenau beginnt seine Betrachtungen mit
bem offenen Bekenntnis: „Bon vornherein will ich be¬
kennen, daß ich Jude bin". Durch diese klare Einlei-
tung gewinnen seine Darlegungen besonderes Gewicht,
auch wenn sie eine bittere Abrechnung mit den Sünden
feiner Rasse bedeuten.
Schon mit ben ersten Sätzen trifft er den Nagel auf
ben Kopf bei der Klarlegung bes Problemes: Er
schreibt:
„Die Philosemtten pflegen zu verkünden: „(Es gibt
keine Judenfrage. Wenn bie Juden ihr Land schädigen,
so geichieht es durch unzulässige Handlungen einzelner.
Hiergegen schasse man Gesetze oder verschärfe die be¬
tte ben ben". Sie haben nicht unrecht. Die Beantwor¬
tung ber wirtschaftlichen Frage ist Sache der Gesetzge-
bung. Ader von der wirtschaftlichen Frage will ich
Abwehr anstatt zur Einkehr. Den Besten unter Euch
habt Ihr das Leden zuwider gemacht, so daß sie Euch
den Rucken kehrten, unb als sie abtrünnig wurden, habt
3br nichts vermocht, als sie zu verwünschen; daher
kommt es, daß es ihnen gut geht."
(Er bestreitet Ihnen infolgedessen bas Recht, nach
Staat und Regierung zu schreien. Er hält ihnen vor:
»Der Staat hat Euch zu Bürgern gemacht, um Euch zu
Deutschen zu erziehen. Ihr seid Fremde geblieben und
verlangt, er solle nun die volle Gleichberechtigung aus¬
sprechen? Ihr redet von erfüllten Pflichten: Kriegs¬
dienst und Steuer. Aber hier war mehr zu erfüllen
als Pflichten: nämlich vertrauen."
Als praktischen Ausweg verttitt er dies: „Ein Er¬
eignis ohne geschichtlichen Vorgang: die bewußte Selbst¬
erziehung einer Rasse zur Anpassung an fremde An¬
forderungen. Anpassung nicht im Sinne der .Mimicry"
Darwins, welche bie Kunst einiger Insekten bedeutet,
stw die Farbe ihrer Umgebung anzugewöhnen, sondern
eine Anartung in bem Sinn«, daß Stamme seigenschaf.
ten, gleichviel ob gute oder schlechte, von denen es er-
nMefen ist, daß sie den Landesgenossen verhaßt sind,
abgelegt unb durch geeignetere ersetzt werden."
Und in der weiteren Ausführung des praktischen
Weges predigt er feinen Rasfengenassen vor allem Be¬
scheidenheit und Verständnis für bie Seele der Laubes-
genossen. Was er in diesem Abschnitt sagt, ist eine fo
treffende Charakteristik des modernen Großstadtjuden-
tumes, daß es hier in vollem Wortlaut roiebergegeben
zu werden verdient:
Angriff zu nehmenden
der in jüdischen Händen
di« Großpachtungen in
Starke Anpassung an Rom-Berlin
Jmredy über Ungame Einstellung zu Deutschland
Dnb. Budapest. Ministerprästdeitt Jmredy hatte
mit dem Hauptschriftleiter des nattonalvölkischen „Uj
Magyarsag" eine Unterredung, in der er sich auch über
seine Einstellung zu Deutschland ausließ. ,Hch emp¬
finde", erklärte Jmredy u. a., „bie deutsch-ungarische
Mm Guten, Alten festhalten. Das gute Erdal hat sich
fett Jahrzehnten als Schuhpflegemittel bewährt. Jetzt
kostet die Normaldose schwarz 20 Pfg., farbig 25 Pfg.
Erdal hilft sparen, denn die Schuhe halten länger unb
bleiben länger schön! 1J874
Freundschaft ebenso wie die Gemeinschaft Ungarns und
Italiens nicht nur als Politiker, sondern auch rein
gefühlsmäßig als Mensch Die völkische Politik des
neuen Deutschlands und ihre nach Ungarn gelangenden
Auswirkungen enthalten wertvolle Lehren für bas
ganje Ungartuin. So oft ich in Deutschland weile,
reißt mich immer wieder bie Kraft und die Dynamik
der dort herrschenden neuen Einheit mit, und ich emp»
finde Achtung unb Bewunderung. Große unb gemein«
fame Interessen machen uns aufeinander angewiesen.
Ws ich in meiner letzten Rede davon sprach, daß bie
Ä k rC e*1?; Drohender erhebt sich bie gesellschast- Ihr Schlauen und Weltgewandten: .Mer den Reichtum
L LD L"L, LL Ä ÄS Be'lÄ ’S;
ÄÄ tjä’ «L V■»
anmuten deutschen Lebens em abgesondert frembarti- Abwehr anstatt zur
ger Menschen stamm, glänzend und auffällig staffiert, habt Ihr das Leden
von halbblüttg beweglichem Gebahren. Auf märkischem ' ----
Sanb eine asiatische Horde. Die gezwungene Heiterkeit
biefer Menschen »errät nicht, wieviel alter, ungesättig¬
ter Haß auf ihren Schultern lastet. Sie ahnen nicht,
daß nur ein Zeitalter, bas alle natürlichen Gewalten
gefesfelt hält, sie vor dem zu beschützen vermag, was
ihre Väter erlitten haben. Im engen Zusammenhang
unter sich, in strenger Abgeschlossenheit nach außen —:
so leben sie in einem halb freiwilligen, unsichtbaren
Ghetto, kein lebendes Glied des Volkes, sondern ein
fremder Organismus in feinem Leibe.
Es frommt nicht zu forschen, wie das geschah, und
aus welcher Sette bie Schuld liegt. Das Leben fragt
nach dem, was ist; und bie Geschichte gibt bem Unter¬
liegenden unrecht. Es besteht bie unbestreitbare Wahr«
Dem Untrenfigeant" zufolge sollen jedoch neun ra-
dikalsoziale Abgeordnete gegen diese Entschließung unb
damit gegen Dalabier gestimmt haben. Darunter be¬
finden sich Pierre Cot, Bossoutrot, Menbös France unb
drutel (bie schon anläßlich bes Marseiller Parteitages
gegen Dalabier Stellung genommen hatten). Ferner
sollen sich, wie „Jnttansigeant" weiter melben will, etwa
15 rabitalfojiale Abgeordnete der Stimme enthalten
haben.
Zu To-e getrampelt
DNB Istanbul, wie eine amlliche Mitteilung
besagt, entftanb gestern vor bem Palast Dolma Logische,
in bem Atatürk aufgebahrl liegt, ein riesiges Gedränge.
Hunderttansenbe wollten von ihrem toten Herrscher Ab¬
schied nehmen, wobei bie Polizeiketten durchbrochen
wurden und bie Massen auf einmal zu bem Katafalk
fluteten. Dabei kamen 11 Personen, zumeist Frauen,
ums Leben, bie von ber Menge zu Boden getreten und
dabei gequetscht oder zertrampelt wurden.
dnb Paris. Ministerpräsident Dalabier erläuterte ge¬
stern vor ber radikalsozialen Kammergruppe ausführlich
den Plan zur finanziellen unb wirtschaftlichen Wieder¬
aufrichtung, wie er in ben Notverordnungen ber Re¬
gierung festgelegt ist. Die etwa 100 Teilnehmer an die-
ier Fraktionssitzung fpenbeten Dalabier Beifall. Zum
_ Schluß ber Sitzung würbe nach einem ausgegebenen
Die jüdischen Großpach- Kommunique bei nur wenigen Stimmenthaltungen ein-
hingen sollen in Form von Kleinpachtungen an die um- stimmig eine Entschließung angenommen, in der
Torische landwirtschaftliche Bevölkerung gegeben wer-
ben. Zur Erleichterung der jüdischen Auswanderung
plant man hier eine allgemeine Aenderung des gegen¬
wärtig geltenden Auswanderergesetzes, das Gruppen-
auswanderungen überhaupt verbietet. Man will in
Zukunft alle die Auswanderer beschränkenden Bestim-
mungen für die Juden aufheben. Während den ver¬
mögenslosen Juden ohne jede Behinderung die Aus¬
wanderung ermöglicht werden soll, beabsichtigt man,
den vermögenden Juden progressiv steigende Auswan¬
derungsabgaben aufzuerlegen. Aus diesen Abgaben
soll ein Auswanderungsfonds zur Begünstigung der
mittelloisen Juden geschaffen werden.