Full text: Fuldaer Zeitung (1938)

Amtliches Sreisblalt 
Fuldaer Zeitung Jtr. 283 
Freitag, den S. Dezember i93| 
Heute aben- 
20.15 Ahr im Gta-tfaal 
Groß Kundgebung der REIM. 
zu insgesamt 2 0 0 Mark Geldstrafe und die Ehe« 
frau K. von Poppenhausen wegen übler Nachrede zu • 
80 Mark Geldstrafe. In der Verhandlung stellte sich 
heraus, daß die alte Frau oor einigen Jahren abends 
spät schon einmal von einem anderen betrunkenen 
Mann« wegen angeblicher Hexerei beleidigt und be« 
droht wurde. 
vefsentliche Beleidigung 
Am 28. 9. dieses Jahres beleidigte der 28jährige A. 
I. Kr. von hier im Schalterraum des hiesigen Arbeits¬ 
amtes den Verwaltungsinspektor Sch. durch eine recht 
üble Redewendung. Wegen öffentlicher Beleidigung 
wurde Kr. zu 30 Mark Geldstrafe verurteilt. Dem Lei« 
ter des Arbeitsamtes wurde das Recht zugesprochen, den 
Urteilstenor nach Rechtskraft einmal auf Kosten des 
Angeklagten in der Fuldaer Zeitung zu veröffentlichen. 
Reichsbahn Perfonennachrichten 
Ernannt: zum technischen Reichsbahninspektor der 
außerplanmäßige technische Reichsbahninspektor Wal- 
k e r l i n g in Hünfeld; zu Reservelokomotivführern die 
Reservelokomotio-Anwärter Ebert, Beckmann und 
Albin Fische/ in Fulda; zum Reichsbahn-Betrieos- 
wart der Reichsba-Hnbetriebsassistent Zimmer in. 
Fulda; zu Ladeschaffnern die Ladeschaffner-Anwär- 
ter Tust und Sandrock in Bebra und Fuchs in 
Fulda; zu Zugschaffnern die Zugschaffner-Anwärter 
Baus in Elm, Krenzer in Fulda und Brehm in 
Bebra; zu Schrankenwärtern die Schrankenwärter-An- 
warter Josef Weber in Hünfeld, Reinhardt und 
Romer in Alsfeld. 
e.rseßt: der Reichsbahnamtmann Brett- 
sch neid er von Bebra nach Hanau; Reichsbahninspek¬ 
tor Franz Schwarz von Brückenau-Stadt nach Re¬ 
gensburg; die tech. Reichsbahninspettoren Schwabe 
von Bebra nach Frankfurt a. M.- Birlenbach von 
Limburg nach Bebra; die Reichsbahnassistsnten Bet¬ 
te n b e r g von Fulda nach Hersfeld, K o s o w s k i von 
Jaffa nach Fulda, der Rangieraufseher Holstein von 
Wächtersbach nach Bebra, der Weichenwärter K ö b e - 
r i ch von Burghaun nach Bebra, der Lade chaffner Ga. 
Hahn von Bebra nach Hersfeld. 
Wir gratulieren 
Goltene Hochzeit 
Ihr goldenes Ehejubiläum feiern heute Polizeiwacht¬ 
meister a. D. Friedrich Schmiel und Ehesrau Anna, 
geb. Schambony in Fulda (Leipzigerstrabe 19). Die 
Eheleute, von denen der Mann 81 und die Frau 77 
Jahre ist, sind noch recht rüstig. 
Ihren 7 0. Geburtstag begeht heute Frau 
Maria Fröhlich in Fulda (Mittelstraße 22). Seit 
mehr als 50 Jahren ist sie treue Leserin der Fuldaer 
Zeituizg. 
HUtteilungen -er 
NSDAP 
Jungmädelring III Fulda-Stadl 
Alle Jungmädel treten morgen, Samstag, den 10. 
Dezember, um 14 Uhr am Heinrich von Bibra-Platz 
an. Wir holen die Landjahrmädel ab. 
Die Jungmädelringführerin. 
WhW-Mitteilung. 
Verschiedene Anfragen veranlassen mich, nochmals 
darauf hinzuweisen, daß am Sonntag, den 11. d. Mts. 
die Eintopfsammlung nur in der Stadl Fulda durchge- 
fllhrt wird. Im Landkreis Fulda wird am kommenden 
Sonntag, den 11. Dezember die Eintopssammlung nicht 
stattfinden, sondern auf Sonntag, den 18. Dezember oor- 
verlegt. Der kreisbeauflragle. 
Was tem einen recht ist, ist -em unteren billig 
Weihnachtsgratifikationen ohne Ausschluß 
Im Monat Dezember taucht allenthalben in den Be- 
trieben die Frage der Weihnachtsgratifikation auf. Die 
Weihnachtsgratifikation, eine Angelegenheit, an die noch 
vor einigen Jahren nur einige Glückskinder denken tonn¬ 
ten, ist immer mehr In unseren Betrieben zu einem schö¬ 
nen Brauch geworden, den Gefolgschaftsmitgliedern, die 
Tag für Tag ihre Pfticht getan haben, eine Weihnachts¬ 
freude zu bereiten. 
In die allgemeine Freude fällt aber immer noch hier 
und da ein Wermutstropfen. Wir wollen aber auch in 
diesen Einzelfällen nicht gleich an bösen Willen denken; 
denn der dürfte dabei eigentlich keine Rolle spielen. Es 
handelt sich hier bei näherem Zusehen meist nur um ein 
Versehen, eine Unachtsamkeit oder auch um Unkenntnis 
der Rechtslage. Aber gerade die Rechtslage sollte jeder 
Betriebssichrer in solchen Dingen kennen; vermag doch 
eine in Unkenntnis vorgenommene Handlung nur zu 
leicht ein bi» dahin gutes Einvernehmen zu stören und 
damit das Gefühl der Betriebsgemeinschaft zu schädigen. 
Zwei kleine Beispiele mögen dies erhellen. 
Wenn der Betriebsführer zu dem Entschluß gekom¬ 
men ist, seinen Gefolgschaftsangehörigen durch ein Ge¬ 
schenk eine Weihnachtsfreude zu bereiten, so kann er 
nicht das eine oder andere Gefolgschaftsmitglied nach 
Gutdünken willkürlich ausschließen. Ein solcher Aus¬ 
schluß ist nur bei besonders schwerwiegenden Gründen 
zu rechtfertigen. Ohne einen ganz besonderen Grund 
widerspricht der Ausschluß den einfachsten Voraussetzun¬ 
gen der Betriebsgemeinschaft und dem aus ihr erwachse¬ 
nen Verhältnis der Treue und Fürsorge. Wenn schon 
einmal in einem Betriebe, in dem die Zahlung einer 
Weihnachtsgratifikation üblich ist, Sitte ist, diese Grati¬ 
fikation oder wenigstens einen Teil derselben auch neu- 
eingelretenen Gefolgschaftsmitgliedern zukommen zu las- 
sen. Auch da kann man nicht irgendeinem neu einge¬ 
tretenen Gefolgschaftsmitglied die Gratifikation vorent¬ 
halten. Wie wollte man dies überhaupt begründen? 
Anders sieht die Sache lediglich aus, wenn dem vielleicht 
zuletzt eingetretenen Gefolgschaftsmitglied gleich bei sei¬ 
nem Eintritt in den Betrieb mitgeteilt worden ist, daß 
es feine Weihnachtsgratifikation erst nach Ablauf einer 
einjährigen Bttriebsangehörigkeit erhalten kann. 
Aber auch das erscheint überflüssig. Der Betrieb wird 
doch sicherlich nicht daran zugrunde gehen, wenn er im 
Rahmen der Gesamtgratifikation einem ober einigen we¬ 
nigen ebenfalls eine Freude macht und erklärt, daß vom 
kommenden Jahr an jedes Gefolgschaftsmitglied erst 
nach einjähriger bezw. halbjähriger Betriebszugehörig¬ 
keit an der allgemeinen Gratifikation teilhaben kann. 
Darum sollte sich jeder Betriebsführer, bevor er ein 
Gefolgschaftsmitglied von der Weihnachtsgratifikation 
ausfchließt, zunächst einmal überlegen, ob er den Aus¬ 
schluß nach der Rechtslage und vor allem, ob er ihn vom 
Standpunkt der Betriebsgemeinschaft aus begründen 
kann. 
Stadtgefdiehen 
Lan-iahrkintec kehren zurück 
Im Laufe des morgigen Tages kehren die Land- 
jahrkinder aus Fulda-Stadt und -Land aus ihren La¬ 
gern in die Heimat zurück. Die Kinder aus Schleswig- 
Holstein treffen um 11,41 Uhr, die aus Ostpreußen um 
14,29 Uhr ein. Es handelt sich im Ganzen um etwa 
300 Landjahrkinder, von denen- der größte Teil in Ost¬ 
preußen weilt«. Es sei in diesem Zusammenhänge 
darauf hingewiesen, daß die Eltern aus den 
Sperrbezirken (Maul- und Klauenseuche) ihre 
Kinder nicht am Bahnhof in Fulda ab« 
f>o I e n dürfen. Mag diese Tatsache für manche 
Eltern auch betrüblich sein, so wird man doch vernünf¬ 
tigerweise Verständnis für diese Anordnung aufbringen. 
Ausschlaggebend ist auch in diesem Falle nicht der per- 
sönliä>e Wunsch des Einzelnen, sondern das Interesse 
der Gemeinschaft. 
Herrenlos aufgefunden 
wurde an der Böschung der Straße „Bierzehnheiligen" 
ein beschädigtes Motorrad. Ferner wurde in den 
Anlagen am Frauenberg ein herrenloses Fahrrad 
gefunden. Beide Fahrzeuge sind von der Polizei sicher¬ 
gestellt worden. 
Fahrraddiebstahl 
Einem hiesigen Metzgermeister wurde ein Fahrrad, 
das er ungesichert vor einem Hause am Luckcnberg • 
hatte stehen lassen, gestohlen. 
(Ein Vortrag über Rheumatismus und Gicht 
Der Prießnitzverein hatte für den gestrigen 
Vortragsabend im Ballhaus den Naturheilarzt Dr. B. 
Müller gewonnen, den viele Fuldaer von einem Vor¬ 
trag im vergangenen Jahr noch in bester Erinnerung 
haben. In einfacher allgemeinverständlicher Sprache be¬ 
handelte der Redner das Thema „Rheumatismus, Gicht 
und ihre Bekämpfung durch die Naturheilkunde".' Aus¬ 
gehend von der außerordentlichen Verbreitung dieser 
Krankheiten zeigte er im Anfang« feines Vortrages, 
daß ihre Haupturfachen -in einer falschen Ernährung 
liegen. Es werde heute vier- bis fünfmal soviel Fleisch 
gegessen, wie vor 100 Jahren. Diese Uederschätzung der 
Eiweißnahrung müsse aber zu einer Versäuerung des 
Körpers führen. Unrichtig fei allerdings die Ansicht, daß 
falsche Ernährung allein die Ursache fei. Es müsse schon 
eine erbmäßige Veranlagung vorliegen, eine Schwäche 
des Lymphgefäßsystems oder des Bindegewebes. Sehr 
wesentlich sei eine Abhärtung der Haut, die durch Luft, 
- kurz belichtet 
Sonne und Wasser zu stärkerer Tätigkeit gebracht wer- 
den könne. Man müsse wieder mehr zur Pflanzenkost 
übergehen, ohne daß man die Fleifchnahrung ganz auf¬ 
zugeben brauche. Bei dem derzeitigen Mangel an Obst 
wüßte besonders auf die stark vitaminhaltigen Gemüse, 
z. B. Möhren und Sauerkraut, zurückgegriffen wer¬ 
den, die außerdem den Vorzug der Billigkeit hätten. 
Der Redner kam dann auf die verschiedenen Arten 
rheumatischer und gichtischer Leiden, den Krankheiis- 
verlauf und die Behandlung zu sprechen. Vegetarische 
Ernährung und Hautbehandlung sind auch hier die we¬ 
sentlichen Heilfaktoren. An den Vortrag schloß sich eine 
Aussprache an. 
Mahnung an -ie (Gemeinten 
Keine Mehrbelastung der Sleuerpflichligen 
Nachdem die Gemeinden durch das dritte Gesetz zur 
Aenderung des Finanzausgleiches eine Reihe von Ein¬ 
nahmequellen verloren haben, die auf das Reich über¬ 
gegangen sind, wenden sich der Reichsinnen. und der 
Reichsfinanzminister mit einem Erlaß an die zuständigen 
Behörden, worin erklärt wird, daß diese einschneidenden 
Maßnahmen erforderlich waren, um dem Reich die Er¬ 
füllung der großen nationalen Aufgaben zu erleichtern, 
die ihm gegenwärtig obliegen. Die erwähnten Maßnah. 
men sollten lediglich eilte Verlagerung von Einnahmen 
Man muh keine Jugendfehler ins Alter hineinneh¬ 
men, denn das Alter führt feine eigenen Mängel mit 
sich- G o e t f>e. 
der Gemeinden auf das Reich, nicht aber eine Mehr¬ 
belastung der Steuerpflichtigen herbeiführen. Der Er¬ 
laß weift ausdrücklich darauf hin, daß der Verlust der 
Einnahmequellen grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung 
der Hebesätze der Gemeinden für di« Realsieuern und 
die Bürgersteuer und der Tarife der gemeindlichen Ver- 
forgungsbetriebe führen darf. Der entstehende Ein- 
nahmeausfall ist vielmehr, soweit er nicht angesichts der 
anhaltenden günstigen Wirtschaftsentwicklung durch wei¬ 
teres Steigen des Aufkommens aus den den Gemeinden 
verbliebenen Steuern wettgemacht wird, durch allge¬ 
meine Einschränkung der Ausgaben herbeizuftihren, ins- 
besondere durch Einsparung solcher Ausgaben, zu deren 
Leistung für die Gemeinden eine rechtliche Verpflichtung 
nicht besteht. Dabei sollen aber Mittel zur Förderung 
der öffenllichen Fürsorge und sonstigen Wohlfahrts¬ 
pflege, der Volksgesundheit, der Jugendwohlfahrt und 
Jugendpflege und der Leibesübung erst in letzter Linie 
eine Kürzung erfahren. 
• Briefkasten -er Schrittleitunr, 
fi. D.. Fulda. Kunstgewerbeschulen sind Unterti*,, 
anftalten zur höheren Ausbildung für kunstgewerbetr^' 
benbe und verwandte Berufe, meist mit allgemein 
Abteilungen, wie für Tischler und Innenarchitekt'" 
Maler, Bildhauer und Graphiker, denen je nach n"' 
örtlichen Bedürfnissen Klassen und Werkstätten für be" 
stimmte Sonderfächer angeschlossen sind (z. B. Metall.' 
Holz-, Glasbearbeitung, Keramik, Buchkunst, leytilien? 
Die nächste Kunstgewerbeschule befindet skch unseres Wji, 
sens in Fran.kf urt (Städelhaus). Um sich genauer 
über die einzelnen Lehrfächer zu unterrichten, fordern 
Sie zweckmäßigerweise einin Prospekt von der genann 
ten Anstalt an. 
Besonderer Berussschuh für entlassene Soldaten t 
Mit den neuen Richtlinien der Wehrmacht über die 
Eingliederung der gedienten Soldaten in den Zivilb«. 
ruf beschäftigt sich der Präsident der Reichsanstalt für 
Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in 
einem Erlaß an die Arbeitsämter. Soldaten, die frei, 
willig über die aktive Dienstzeit hinaus gedient haben 
und in Ehren entlassen sind, erhalten eine, laufende Un¬ 
terstützung aus Mitteln des Haushaltes für Wehr, 
feinen Berus und in den erstrebten Beruf unterzu- 
beruf besonders zu erleichtern. Diese Unterstützung wird 
ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit des Empfängers 
gezahlt. Der entlassene Soldat erhält sie während des 
ersten Jahres nach der Entlassung und im Rahmen der 
gesetzlichen Höchstdauer solange, wie ihm eine Arbeit 
nicht nachgewiesen werden kann. Bei Prüfung der 
Frage, ob eine Arbeit zumutbar ist ober ob ihre Ab- 
lehnung den Unterstützungsentzug nach sich zieht, ist 
wie der Präsident bemerkt, zu beachten, daß die lau¬ 
fende Unterstützung den Uebergang in den Zivilberuf 
erleichtern soll. Man müffe also davon ausgehen, daß 
der entlassene Soldat einen gewissen Berufsschutz ge¬ 
nießt und daß zunächst versucht werden soll, ihn in 
seinem Beruf und in dem erstrebten Berus unterzu. 
bringen. 
Wann nn- wo ? 
Freitag, den 9. Dezember 
Union-Theater: Kautschuk. 
Europa-Lichtspiele: Kleines Bezirksgericht 
Reue» Theater: Im weißen Rößl. 
Frankfurter Bühnen 
Samstag, den 10. Dezember 
Schauspielhaus: Der G'wifsenswurm. 
Kleines Haus: Prinzessin Allerliebst (16 Uhr). Der 
Größere (20 Uhr). 
Schumann-Theater: Bezaubernde Welt. 
So wir- -as Wetter 
Wetterbericht de» Reichswetterdienstes, Ausgabeort 
Frankfurt am Main 
Nach verbreiteter Aufheiterung, die in der Nacht 
zum Donnerstag vielerorts zu leichten Strahlungs- 
stösten führte, hat sich neue Wetterverschlechterung und 
strichweise auch schon Regen eingestellt. Da sich auf 
dem Atlantik ein neuer Wirbel entwickelt, ist ein Ab¬ 
schluß der unbeständigen Witterungsperiode noch nicht 
abzusehen. Die Temperaturen werden schwanken, im 
allgemeinen aber über dem jahreszeitlichen Durchschnitt 
liegen. 
Aussichten für Sonnabend: Wechselhaftes Wet- 
ter mit Neigung zu Niederschlägen, für die Jahreszeit ' 
noch zu mild. 
tenwtrahir« und Barometerstand m Fulda 
Mitgeieilt von Diplvmoptiker Sauerborn 
’äa.omeiciftanO 
aut Meereshäb- 
reduzier« 
Thermo¬ 
meterstand 
8. 12. 6 Uhr abends 
757,0 mm 
+ 3,0- C 
9. 12. 8 Uhr morgens 
756,0 mm 
+ 3.0* C 
9. 12. 12 Uhr mittag» 
757,5 mm 
+ 4.0 C 
Höchste Temperatur im Sch 
Uten am 8. 12 
4- 6,5 C 
Höchste Temperatur tn Der 
sonne aw 8. 12. 
4- 7,0' C 
Niedrigste Temperatur leit 
7. 12. 
+ 2,5 C 
Niederscht. v. 8.12. motg. i U. bis 9.12., 8 U. mur„. 0,0mm 
Relat. Feuchtigkeit der Lust am 9.12.. 12 Ubr mitt. 72.0°/° 
Strümpfe 
kauft man vorteilhaft bei 
Hempel, 
1279, 
^ulda, Marktstraße 9 
Peter Wendts berühmte Friiii 
Ein Roman von Künstlertum und Ehe 
33| Von Else Jung-Lindemann 
Urheber-Reditssdiutz: DreiQyellen-Verlag, Königebrüdt (Bez. Dresden; 
„Das wird er nie tun, Tante Charta." 
„Schön! Dann lasse ihn in Groß-Karschin seinen 
Kohl bauen und warte ab, was die Zeit bringt. Sie 
klärt vieles, was jetzt noch verworren scheint. Du selbst 
hast jetzt nichts anderes zu tun, als zu arbeiten und 
nochmals zu arbeiten. Stelle dir ein hohes Ziel und 
sieh weder rechts noch links. Weißt ja, halbe Menschen 
sind mir in der Seele zuwider, und wehe dir, wenn du 
in Halbheiten steckenbleibst! Sieh zu, daß wir beide 
auf dich stolz sein können, ich . . und auch der Peter, 
der Dickkopf und Dummerjahn, der es nicht verstanden 
hat, dich festzuhalten. Aber das kriegt er noch von mir 
zu hörens 
Tante Carla lachte nun wieder, und dieses tiefe, 
laute Lachen, voll von Herzenswärme und Lebenszuver¬ 
sicht, richtete Gina mehr auf als die gütigen und tapferen 
Worte der prächtigen, alten Frau, die an ihrer Seite 
saß. 
„Tante Carta . . ich bjn so froh, daß ich dich habe!" 
Gina schmiegte sich an» sie und lachte nun auch, als 
Tante Carla ihr die Wange tätschelte und sagte: 
„Ja, ja , . solch eine alte Dame wie ich ist immer 
noch zu was nütze. Uad da» ist schön, Ginachen, auch 
wenn ihr dummen Kinder mir nichts als Sorgen macht. 
Nun ist es nichts mit meinem schönen Traum von den 
vielen kleinen Buben und Mädeln, die ich schon um 
euch zwei herumwusseln sah . " 
Die formschöne DauerweIle 
aus dem StislerSatOH. Stack, Mittelstr.5« 
Gina errötete, lächelte und beugte sich rasch über 
Tante Carlas Hand. 
„Ja, wenn ich yin Kindchen erwartet hätte . . .* 
„Was wäre dann, Gina?" 
„Ich wäre geblieben, Tante Carla." 
«Und alles andere, was dich an Peter und deinem 
Leben in Groß-Karschin bedrückte?" 
„Wäre nicht mehr so schlimm gewesen.' Dann hätte 
Ich doch wenigstens etwas gehabt, was Peter und mich 
verband." 
Tante Carla begleitete ihre Gedanken mit einem 
verstehenden Nicken. 
„Kind, Kind, du hast nicht gewußt, was du tatest. 
Du hättest noch warten sollen. Und nun willst du eine 
große Schauspielerin werden? Und hoffst im geheimen 
doch darauf, daß ein Wunder geschieht und dich Heim- 
Holt zu deiner wahren Bestimmung. Wer das weißt 
du noch nicht, und weil du es selbst erfahren mußt, 
darum gehe den Weg, den du jetzt eingeschlagen hast. 
Ich werde dich nicht zurückhalten. 
Und Peter? Wenn er klug ist, wird er Geduld 
haben." 
♦ 
Heil die Frau aus dem Haufe ist, hat der Deibel 
das Regiment in Groß-Karfchin angetreten, behaupteten 
die Gutsleute. 
„Unser Härr is nich mehr zum Können." 
Der alte Obermelker mit dem grauen Patriarchen¬ 
bart und der rotweiß gestreiften Bluse wiegte beküm¬ 
mert den Kops. 
Truschke, der Verwaster, schlug mit der Hand durch 
die Luft, als scheuche er etwas Lästiges fort. 
„Reden wir nich davon, Tvmeike. Hat keinen 
Zweck." 
Es lief genug Geschwätz um in Groß-Kgrschin und 
aus den Nachbargütern. Truschke war vieles zu Ohren 
gekommen, aber er selbst schwieg und wich allen neu¬ 
gierigen Fragen aus. 
Selbft in der nahen Kreisstadt war man vor ihnen 
nicht sicher. An den Stammtischen der Landwirte, am 
Tisch im Offizierskasino schwirrten die Gerüchte von 
Mund zu Mund. 
Die schöne Frau Wendt ist auf und davon. Nun ja, 
Theaterblut tut selten gut. Schauspielerinnen gehören 
nicht aufs Land. 
Der Wendt kann einem leid tun. 
Wieso? Er wird auch kein Engel gewesen fein. 
Wo sie wohl stecken mag, die schöne und stolze Frau 
Gina? 
Der Oberleutnant Hahnemann klärte diese Frage 
Van seinem Urlaub brachte er die Neuigkeit mit, daß 
Frau Wna Wendt, die übrigens wieder ihren Mädchen¬ 
namen angenommen hatte, an einem Berliner Theater 
austreten würde. 
So, so, na ja! Nun wußte man Bescheid. Seitdem 
las man im Kasino die Theaternachrichten der Berliner 
Zeitungen mit besonderem Eifer. 
Und der Wendt läßt sich das gefallen? 
Wos soll er machen? 
Der, den es anging, kümmerte sich nicht um das 
Gerede. Hatte er Geschäfte in der Stadt, erledigte er 
sie hochmütig und verschlossen. Sprach ihn jemand an, 
antwortete er kurz und knapp. 
Daheim aber war er wie der Teufel. Nichts konnte 
man ihm recht machen. Die Männer drückten sich um 
ihn herum, und die Frauen und Mädchen flohen, wenn 
sie ihn kommen sahen. 
Wendt konnte keinen Weiberrock mehr sehen, und 
selbst die stille, unscheinbare Moosmann fiel ihm auf 
die Nerven. 
Nur Truschke hielt ihm stand, und Schülpe steckte 
widerspruchslos alle Ungerechtigkeiten ein. 
Der Herr war krank, das war Schülpes Meinung. 
Daß er schwer litt, sah man ihm an. 
Am schlimmsten erging es den beiden Eleven. 
Für den Herrn 
finden Sie bei uns eine große 
Auswahl prakl. Geschenke: 
Rasier-Garnituren, 
-Apparate, -Spiegel, 
Reiseetuis aus Leder, 
Toilettelaschen, 
Herrenparfüms 1275$ 
und Seifen. 
Beachten Sie unsere Ausstell l.d Passage 
Pauly 
Porsche und Lischkowski mußten es sich gefallen lassen, 
wie unfähige und grüne Jungen behandelt zu werden. 
Als Lischkowski, der ältere von den beiden, auf¬ 
muckte, gab es einen Krach, daß die Leute meinten, ihr 
Herr hätte einen Tobsuchtsansall erlitten. Am Abend 
verließ der Eleve mit seinem Käfter Groß-Karschin. 
e So ging das nicht weiter 
Wendt fühlte selbst, daß er sich zusammenreißen 
mußte. Da. frühere gute Einvernehmen mit seinen Leu¬ 
ten begann unter feinem veränderten Wesen zu leiden, 
und es wurde, immer schwerer, der Widersetzlichkeiten 
Herr zu werden, die wie ein schwelendes Feuer hier 
oder dort aufflammten. 
Wer was sollte geschehen, was konnte er tun? 
Es war alles so sinn- und zwecklos geworden, seit 
Central-Drogerie 
Central-Passage 
®ina nicht mehr da war. Zum ersten Male in feinem 
Leben erfuhr Peter Wendt einen Zusammenbruch aller 
Hoffnungen und Pläne. Mitten hindurch Hoffte ein Riß. 
Da war Groß-Karfchin, da war seine Arbeit, die 
täglich ihr gerüttelt Maß an Pflicht und Wachsamkeit 
erforderte. Da waren feine Leute, für die er sich ver¬ 
antwortlich fühlte. Aber mit einem Male ging alle» 
verquer. Als wäre etwas Zerstörendes in das Gleich- 
maß der Arbeit und Pflicht, in die Gutwilligkeit der 
Leute eingsbrochen, als wehte ein böser Wind über 
Groß-Karfchin und seinen Menschen, so empfand es 
Peter, und er schob alle Schuld Gina zu. 
Sie hatte zerstört, sie hatte sich hier nicht einfügen 
wollen. Sie war fortgelaufen und hatte ihn allein ge¬ 
lassen. 
Am unerträglichsten waren die Abende im leerge¬ 
wordenen Hanse. Peter ließ sich den Kamin anheizen, 
weil er das Frieren und Frösteln nicht loswerden konnte. 
Dann saß er in feinem Stuhl am Feuer und grübelte. 
Immer dasselbe, immer das gleiche. 
Ginas Bild lag mit zersplittertem Glas im Schreib¬ 
tisch. Aber der zornige Wurs, mit dem er es zerbrochen 
hatte, löschte nichts aus. 
Gina war immer noch da. Wie ein Schatten glitt 
sie durch die Räume. • 
Unerträglich war das. 
Peter versuchte zu lesen. Die Zeitungen mied er. 
In den Zeitungen hätte er ihr Bild finden können ober 
ihren Namen. 
Die leidenschaftlichen Bücher langweilten ihn, und 
als er sich eines Abends entschloß, in Ginas kleines, be¬ 
hagliches Zimmer zu gehen, um sich ein Buch aus ihrem 
Schrank zu holen, da überfielen ihn leidenschaftliche 
Sehnsucht und Erbitterung mit einer solchen Macht, . 
daß er den Duft in diesem Raume nicht ertrug, um¬ 
kehrte und die Tür verschloß. 
Niemand sollte mehr Zutritt haben zu diesem Zim¬ 
mer. 
Auch sein Schlafzimmer hatte Peter feit Gina» Weg¬ 
gang nicht mehr benutzt. 
Er schlief jetzt im Seitenflügel in einem bescheidenen, 
schmalen Raum, in dem er als Knabe gewohnt hatte, 
wenn er zu den Ferien daheim gewesen war 
Aber auch sein guter, fester Schlaf floh ihn. Es 
waren nur Stunden, die er wie in einer Betäubung 
zubrachte, immer wieder hochgerissen aus quälendem, ge¬ 
hetztem Traum.
	        
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