Amtliches Kreisblatt
Fuldaer Zeitung Nr. 285
Montag, den 12. Dezember
feierlichen Akt, der allen Teilnehmern zu einem starken
Erlebnis wurde.
»
Unter den vielen schriftlichen Glückwünschen sei ein
Telegramm der früheren Oberbürgermeisters Dr. An¬
toni genannt, da» solgenden Wortlaut hat:
Zur Zentenarfeier wünsch» ich der Anstalt weitere»
kräftiges Gedeihen, dem Direktor und Lehrerkollegium
für ihr Wirken vollen Erfolg, den Schillern glückhaften
Aufstieg im Geiste des Führers .
*
An den Festakt schloß sich eine Besichtigung der
Ausstellung von Zeichen - und Werkarbei¬
ten an, die von den Schillern unter der Leitung von
Studienrat Schlitt, der übrigens auch den Hauptan-
teil an der Ausgestaltung der Festschrift hat, geschaffen
wurden. Man fah die mannigfachsten Schiffsmodelle
— u. a. eine getreue Nachbildung de» Panzerschiffes
Deutschland — Flugzeuge und dazugehörige Zeich¬
nungen, in mühevoller Kleinarbeit aus Pappe herge¬
stellte Städte und Burgen, Bauernhöfe und Fabriken
und beachtliche Gipsmodellierarbeiten. Eine Fülle
von Zeichen- und Malarbeiten aus allen Schulklassen
vervollständigte die interessante Schau, die im Laufe
de» Nachmittags bas Ziel vieler Besucher war.
Einen anschaulichen Einblick in die heutige Art der
Körperertüchtigung gaben turnerische Borsüh-
r u n g e n in der neuen Städtischen Turnhalle unter
Leitung der Studienassesforen Krüger und Hell-
mann. Man sah Turnübungen aller Schwierigkeits¬
klassen. Ein Kampsballspiel zwischen den Klassen 7
und 8, bei dem es recht robust zuging, trug zur Be¬
lustigung der Zuschauer bei. Sehr interessant war
das moderne Bodenturnen, das den älteren Volksge-
Mitteilungen »et
NSDAP
Jugendgruppe der NS-Irauenfchasl und de» Deutschen
Frauenwerkes Fulda-Stadt
Der letzte Gemeinschastsabend der Jugendgruppen
vor Weihnachten findet für alle Mädel und Frauen aller
Ortsgruppen am Mittwoch, 14. Dez., 20 Uhr, im Frauen-
fchaflshenn (Heinrichstrahe) statt.
Die Kreisjugendgruppenführerin.
vorweihnachtliche Feier der 7lS-Jrauenfchaft
Arn Freitag, dem 16. Dez., findet abends im Großen
Stadtsaal die „Vorweihnachtliche Feier der NS-Frauen°
schast und des Deutschen Frauenwerkes" statt.
HI, DI, BDM, I2N Standort Fulda
Montag, den 12. 12., 20.15 Uhr finden wieder die
Arbeitsgemeinschaften im heim am Buttermarkt statt.
Teilnahme für sämtliche Führer und Führerinnen Pflicht
Der Bannsührer.
Ortsgruppe Fulda-Ost
Donnerstag, den 15. 12, 20.15 Uhr findet im Evonge-
lifchen Gemeindehaus eine Mitgliederversamm-
l u ng statt.,Erscheinen ist für alle Parteigenossen Pflicht.
Liederbücher sind mitzubringen.
Der Ortsgruppenleiter.
Das (Rätsel twt heute
Der Kopf fehlt
t -Rost Wer findet die Buchstaben, die
, , h«in vorangefetzt werden müssen, um
, . Ran Wörter von unten in anderer
, . Sprit Reihenfolge genannten Bedeutun-
, . E^e gen zu bilden? Die neuen Köpfe
, Ute nennen einen deutschen Dichter.
« - Rene Bedeutungen: Handwerks-
• - Elle zeug, Hochland in Asien, Land-
- • Ader mann, männl. Vorname, Möbel.
. . Ammer schonbezug, sprudelnder Geist,
. . fier ng Stadt in Belgien, Stadt in Han-
e • R fiel notier, starke Kälte, Symbol der
• > Auer Liebe, Verkaufsraum, weiblicher
• • Wall, Name, westdt. Strom, Jägerau»-
. . Aden druck, Streit.
"offen vielfach ganz neu ist. Den Abschluß der Vorsüh-
rungen bildeten einige Boxproben. Das Boxen ist be¬
kanntlich als ein wertvolles Mittel zur Stählung des
Mutes in den Turnunterricht eingesiihrt worden.
E» war eine Lust zu sehen, mit welchem Eifer
Kleine und Große bei der Sache waren. Man verließ
den Turnsaal mit dem Gefühl, daß hier ein Geschlecht
heranwächst, das an körperlicher Durchbildung und Be¬
hendigkeit alle Forderungen der heutigen Zeit erfüllt.
Cine» regen Zuspruchs erfreuten sich auch die Vor-
führungen neuester physikalischer und
chemischer Versuche durch Schüler unter Leitung
de» Fachlehrer» Stud.-Rat Dr. W e ft t n b e r g e r. So
lernten die Besucher in einem kleinen Eolleg die Wir¬
kung der Braunschen Röhre — Braun ist bekanntlich
ein geborener Fuldaer — als Wellenschreiber (Sicht¬
barmachung von Schwingungen) kennen. An einer
Polarglimmröhre wurde die Bestimmung der Frequenz
«ine» Lichtstromes gezeigt. Andere Vorführungen zeig¬
ten Entladungen in luftverdünnten Räumen, Sichtbar¬
machung von Tönen sowie spekttalanalitische Unter¬
suchungen. Der Clou war die Besprechung einer Gram¬
mophonplatte, die wenige Minuten fpätef vorgeführt
wurde. Wir können hier aus Raumgründen die übri¬
gen Versuche und Vorführungen nur andeutungsweise
erwähnen. So wurde auf physikalischem Gebiet die
Wirkung gewisser Instrumente für die Luftfahrt gezeigt.
Auf dem Gebiet der Chemie fah man neben den interes¬
santen Explosionsversuchen u. a. die Absorptionswirkung
der einzelnen Schichten im Gasmaskenfilter und che¬
mische Prozesse und Erfindungen, die im Rohmen des
Vierjahresplanes eine wesentliche Rolle spielen, so vor
allem die Aufbereitung eifenarmer Erze nach dem
Schwimm- und Löschverfahren und die Herstellung von
Zellwolle und Kunstharzen. Die Vorführungen zeigten
nicht nur die vorbildliche Ausstattung der Schule mit
physikalischen und chemischen Lehrmitteln und Einrich¬
tungen, sondern gaben auch ein eindrucksvolle» Bild
von dem Interesse der Schüler für das lebensnahe Aach
der Naturwiffenschaft. —nn—
Mas ihr wollt
Thoatorspiel -er Schüler im Sta-tfaal
Den festlichen Ausklang der 100 Iahrfeier der
Städtischen Oberschule für Jungen bildete eine Auffüh¬
rung von Shakespeares Lustspiel „Was ihr wollt" im
Stadtsaal. Es war eine Aufführung, die von jugend¬
lichem Schwung getragen wurde; sie fand lebhaften
Widerhall und hatte sich den auch redlich verdient. Der
„zu verschlungene Knoten" des Lustspiels wurde mit
großem Eifer verwirrt und wieder entwirrt, man konnte
seine Freude daran haben.
Don der teilweisen Primitivität der Bühnenverhält¬
nisse könnte man fast sagen, daß sie dem Spiel zugute
kam — die Shakespeare-Bühne war bekanntlich auch
ohne alle Raffinessen moderner Kulissenkunst. Ein riesi¬
ger Mond zum Beispiel, der auf feinem Weg über den
Theaterhimmel verschiedentlich verlosch, konnte die fröh¬
liche Stimmung nur steigern, und wenn bei der allge¬
meinen Versöhnung am Schluß die Sterne am Firma¬
ment durch wer weiß welche Erschütterungen zu schau¬
keln begannen, dann konnte da» mit einigem Recht so
gedeutet werden, als seien auch sie aus lauter Rührung
in Bewegung geraten.
Die meisten Zuschauer werden sich irgend eines thea¬
tralischen Versuchs erinnern, den auch sie einmal zu
Schulzeiten unternommen haben, und gingen fo mit
dem nötigen Verständnis für ein Schüler-Theater mit.
Die Spieler ließen sich zuweilen von ausgelassener
Spielfreude tragen, und dann wurde die Sache am wir¬
kungsvollsten. Welche Lust auch, wenn man al» Schüler
in bezug auf den Kauz Malvolio mit feinen gelben
Kniestrümpsen und den kreuzweife gebundenen Knie¬
gürteln legitim zitieren darf „ganz abscheulich, wie ein
Schulmeister"; wa» au» Anlaß des sicher vollzählig
vorhandenen Lehrerkollegiums mit stürmischem Lachen
quittiert wurde.
Eine komödiantische Spielfreude zeichnete den Abend
aus. Gaben sich alle Spieler Mühe, fo gelang diesem
und jenem sogar ein Kabinettstückchen. Der Junker To¬
bias von Rülp (Karl Heinz v. Brück) war so klein und
geschickt wie Junker Andreas von Bleichenwang (Ri¬
chard Lomb) lang und kindisch tölpelhaft. Malvolio
(Hans Georg Kind) geisterte leicht verwirrten Sinnes
durch die Szenen, ein echter Theater-„Held". Auch der
Narr (Hermann Schiever) war ein gelungener Typ,
Orfino (Wolfgang Gebauer) ein edler Herzog von Il¬
lyrien. Die „Frauengestalten" der schönen Gräfin
Olivia (Anny Wallscheid), des Mädchens Viola in Män-
nerkleihung (Emmy Heil) und der durchtriebenen Ma¬
ria, Olivias Kammermädchen (Lydia Kehl) waren mit
gleicher Spielfreude dabei. Auch alle übrigen am
Spiel Beteiligten gebührt Lob; die Zuschauer, die übri¬
gens den großen Saal bis zum letzten Platz füllten,
spendeten es gern und freigebig. Alles in allem, ein
heiteres Ende nach einem Tag ernster und offizieller
Jubiläumsfeiern. w. L>,
Wann un- wo?
Montag, den 12. Dezember
Union-Theater: Kautschuk.
' Curopa-Lichtspiete: Kleines Bezirksgericht.
Reue» Theater: Im weißen Rößl.
Frankfurter Duhnen
Dienstag, den 13. Dezember
Schauspielhaus: Thomas Paine.
Steine, haus: Der Mörder. Das Märchen. Die tote
Tante.
Schumann-Theater: Bezaubernde Welt.
Was bringt der Rundfunk?
Dienstag, 13. Dezember
Reiwsienörr Frankfurt
6 Uhr Gymnastik. 6.30 Frühkonzert. 8.05 Wetter¬
bericht. 8.10 Gymnastik. 8.30 Froher Klang zur Werk¬
pause. 9.40 Kleine Ratschläge für Küche und Haus. 10
Schulfunk. 11.45 Ruf ins Land. 12 Mittagskonzert I.
13 Nachrichten. Mittagskonzert II. 14 Nachrichten.
14.10 „O holde Frau Musica". IS Kleines Konzert. 15.30
Bücher auf dem Gabentisch. 16 Nachmittagskonzert 18
Volk und Wirtschaft. 18.15 Neues für den Bücher¬
freund. 18.30 „Führung und Geleit" 19.15 Tages¬
spiegel. 19.30 Der fröhliche Lautsprecher. 20 Nachr.
20.15 Orchesterkonzert. 21 Ha^m-Zyklus. 22 Nachr.
22.20 Politische Zeitungsschau. 22.35 Unterhaltung und
Tanz. 24—2 Nachtkonzert.
veutsrhlan-fen»er *
6.10 Uhr Eine kleine Melodie. 6.30 Frühkonzert. 7
Nachrichten. 10 Das ist unser Weg! 10.30 Fröhlicher
Kindergarten. 11.30 Dreißig bunte Minuten. 12 Musik
zum Mittag. 13 Glückwünsche. 14.15 Musik zum Mit-
tag (Fortsetzung). 13.45 Nachrichten. 14 Allerlei — von
Zwei bis Drei! 15.15 Hausmusik. 15.40 Zehn Jahre
Aerztin auf einer Nordsee-Insel. 16 Musik am -Nach¬
mittag. 17 Vorbereitungen zum Winterlager. 17.10
Musik am Nachmittag (Fortsetzung). 18 Das Sudeten-
land in den Augen großer Deutscher. 18.30 Die dänische
Pianistin Galina Werschenskaja. 18.55 Die Ahnentafel.
19 Deutschlandecho. 19.15 Spuren im Schnee. 20 Nachr.
20.10 Hebbels Heimkehr. 20.30 Tapioka. 20.45 Politische
Zeitungsschau. 21 Neue deutsche Musik. 22 Nachrichten.
Anschi. Deutschlandecho. 23 Barnabas von Geczy spielt.
Alte Münzen aus -em Schreibtisch
Fühlbare Hilfe für bas whw.
Das WHW. nimmt bei feinen Haus- und Strafen«
fammlungen neben den gültigen Münzen und Geld-
scheinen alle auch außer Kurs gesetzten in- und aus¬
ländischen Münzen, Gedenkmünzen, Plaketten, Präge¬
marken usw entgegen. Sie werden umgehend einer
rohstoffwirtschaftlichen Verwertung zugeführt.
Jeder deutsche Volksgenosse möge einmal feinen
Schreibtisch oder Schrank daraufhin untersuchen und
diese für ihn meist wertlosen Münzen bereithalten. Es
kann sich dabei um eiserne Kriegsmünzen, Aluminium¬
geld, Messing- oder Bwnzemünzen handeln. Mancher
hat noch von seinen Reisen her kleine Beträge an aus¬
ländischen Münzen, die er wegen Geringfügigkeit nicht
einwechseln will. Alle diese Münzen — seien die Be¬
träge auch noch so gering — ergeben in ihrer Gesamt¬
heit eine stattliche Summe, die eine fühlbare Hilfe für
die Deoisenwirtschast darstellt. Auch alle Dienststellen
de» WHW. nehmen solche Spenden entgegen.
vom 13.12. bis 17. 12. 1938
Was soll ich kochen?
Dienstag: Pellkartoffeln, Lungenhaschee u
Gurken. • r°u
®etorf’ten Mch. Petersilientunke ,
her Möhrensalat, Kartoffeln. e’ r°'
Donnerstag: Kartoffelklöße, Specktunke »x
Backobst.
Freitag: Heringskartoffeln, rote Rübensalat
Samstag: Krautsuppe mit Fleischklößchen. '
Wie wirs s gemacht?
Lungenhaschee:
^750 g Lunge, Herz und Milz, Suppengemüse, Salz.
Tunke. 40 g Fett, 60 g Mehl Ltr. Flüssigkeit
Salz, 1 Teel. Kapern, Zitronensaft oder Essig Kurt. '
stuckchen, Zwiebeln, evtl, noch etwas Wechzum L.
nern. Die Lunge, da» Herz und die Milz wertA
dem Salzwasser mit dem kleingeschnittenen Suppenarl »
weich gekocht. Zur Tunke bereitet man aus dem M.k",
und dem Fett zunächst eine dunkle Schwitze, dünkt,
kurze Zeit die Neingeschnittenen Zwiebeln mit, füllt mi
bem Kochwasser auf und schmeckt mit den angegebenen
Zutaten ab. Kurz vor dem Anrichten schneidet man di»
Fleischstückchen in die Tunke und läßt sie darin nock
mals heiß werden.
Heringskartoffeln:
1 kg Kartoffeln, 2-3 Stück Salzheringe, i/; atr
M'lch oder entrahmte Frischmilch, 2—3 große Zwiebeln
65 g Speck, 30 g Mehl, Salz nach Geschmack. Die in de?
Schale gekochten Kartoffeln werden abgepellt und in
Scheiden geschnitten. Dann müssen die Neingeschnltke.
nen Heringe entgrätet werden. Zur Tunke werden die
klelngeschnittenen Zwiebeln in dem in Würfel geschnitte¬
nen ausgelassenen Speck gedünstet, das Mehl darin
schwitzt und mit der Flüssigkeit ausgegossen. Die Kar-
toffeln und die Heringswürfel gibt man in die Tunke
unb läßt das Ganze darin zichen, aber nicht kochen.
Möhrensalat (roh):
500 g Mohren fein gerieben. Die Möhren werden
nach dem Reiben sofort mit Essig ober Zitronensaft be¬
träufelt, und mit etwas Zucker und Salz gut ad«,
schmeckt.
So wir- -as Wetter
Einem mächtigen Hochdruckgebiet über Osteuropa
steht sehr niedriger Luftdruck über dem Ostatlantik ge¬
genüber. Demgemäß führt ein Südftrmn subtropische
Warmluft über bas Festland nordwärts, der sich bei uns
Dor allem in der Höhe auswirkt. Im übrigen liegen
wir auf der Grenze zwischen Hoch- und Tiefeinfluß, wo-
bei letzterer eine leichte Unbeständigkeit bedingt, die
vor allem in den wesllichen Teilen Des Reiches zeitweise
zu leichtem Regen Anlaß gibt.
Aussichten für Dienstag: Zeitweise hei-
ter, doch leicht unbeftänbig, tagsüber noch mild.
renumalur- und Borolmtmtand m Fuldk
Mitgeteilt von Diplomoptiker Sauerborn
Ba.omelelstand
auf Meereshöhe
reduziert
Thermo-
Uteterftanl
11. 12. 6 Uhr abends
758,0 mm
+ 2,0» c
12. 12. 8 Uhr morgens
766,0 mm
- 1,5« c-
12. 12. 12 Uhr mittags
762,9 mm
+ 2.5 C
Höchste Temperatur >m Schatten am 11. 12. + 6,0‘ C
Höchste Temperatur in der Sonne am 11. 12. 4-15,0“ C
Niedrigste Temperatur seit 11. 12. — 3,0' C
Niederschl. a 10.12. morg. 6 U. bi» 12.12., 8IL morn. 0,0mm
Relat Feuchtigkeit der Lust am 12.12.. 12 Uhr mitt 75.0%
Ein betferer Mafiftab
»Man sollte einen Mann niemals nach seinen Klei¬
dern beurteilen!" K
„Da» tue ich auch nicht — ich beurteile ihn lieber
nach den Kleidern feiner Frau!"
Peter Wendts berühmte Frau
3,
12988
Ein Roman von Künstlertum und Eht
Von bist jung-Lindemann
Daß Peter immer noch nicht an Gina geschrieben
hatte, wußte Tante Carla von dieser selbst. Gina litt
unsäglich unter diesem Schweigen und kam hin und wie¬
der nach Damerau, um sich von der alten Dame trösten
und aufrichten zu lassen.
„Laß nur, Ginachen, laß ihm Zeit", hatte sie ihr
gesagt. „Er ist jetzt auf dem richtigen Weg. Bald wird.
er dich bester verstehen."
„Und was soll dann werden, Xante Tarka? Zurück
kann ich nicht mehr."
„Sollst du auch nicht. Werde du nur eine gute Schau¬
spielerin, eine berühmte Frau," antwortete die Kluge
lächelnd.
die Welt endet nicht bei Kühen und Schweinen. Es
gibt doch noch mehr und Schönere» auf unferer Erde,
um bas es sich zu leben verlohnt, das den Geist bildet
und bereichert und ebenso notwendig ist wie bas Brot,
da» auf deinen Feldern wächst und das Fleisch, das in
deinen Ställen gedeiht. Daß du eine Frau hast, deren
Geist reger und klüger ist als der deine, das braucht
nun doch nicht immer so zu bleiben. Sieh zu, daß du
dich chr angleichst oder ihr sogar überlegen wirst. In¬
teressen, die man heute noch nicht hat, können morgen
geweckt sein, wenn man sie zu pflegen beginnt. Nimm
das al» eine Aufgabe, Peter, bann wird dir die Warte¬
zeit leichter werden."
Peter stand am Fenster und schaute auf den Wirt-
schastshos hinaus. Trotzdem hörte er aufmerksam zu.
Wenn sich Widerspruch, Ablehnung in ihm regten, biß
er die Zähne zusammen und schwieg.
Vielleicht könnte man bas tun, was Xante Carla
vorschlug! Er hatte es selbst schon gefühlt, daß er es
nicht mehr in Groß-Karschin aushielt. Vielleicht war
es da» beste, einmal hier herauszukommen, eine Reife
zu machen, weit fort, womöglich ins Ausland?
,Zch will es mir überlegen. Aber . . . wozu soll es
führen?"
fflina war in Berlin, ffltna stand wieder auf der
Bühne, sie lebte jetzt ihr eigenes Leben und dachte
wohl gar nicht mehr daran, daß fle und er es noch ein¬
mal miteinander versuchen könnten.
„Sie liebt dich immer noch. Peter, ich weiß es, und
es gibt Chancen genug, sie zurückzugewinnen."
Xante Carla sprach jetzt wieder gütig auf ihn ein.
Schreibe ihr, zeige, daß du Verständnis hast für ihr
Handeln und laste ihr den Weg zu dir offen. Behandle
sie jetzt sehr zart und behutfam, wie ein guter Freund
Gestehe chr mutig ein, was du selbst verfehlt hast, und
bann warte ab, was sich daraus entwickelt."
Nun widersprach er doch
„Da, kann ich nicht, Xante Carla."
„Du wirst es können. Siebe kann alles, und echte
Liebe muß es auch fertigbringen, begangenes Unrecht
einzufehen und zuzugeben. Glaubst du immer noch,
daß nur Gina die allein Schuldige ist?"
Er schüttelt den Kopf.
Da nahm Xante Carla fein Gesicht in ihre Hände,
sah ihm in die Augen und lachte.
„Dann sind wir schon einen Schritt weiter, mein
Junge, und ich werde dich nicht verlassen, bis mir un»
über die nächsten Schritte ganz klar sind."
Fast vier Wochen blieb Xante Carla in Groß-Kar¬
schin, und während dieser Zeit wurde vieles anders.
Die Gutsleute atmeten auf. Jetzt war der Herr
wieder so wie früher. Auch Truschke stellte das fest, und
als Schülpe eines Morgens in das Zimmer feines Herrn
kam, fah er auf dem Schreibtisch das Bild der gnädigen
Frau stehen, das er feit zwei Monaten schmerzlich ver¬
mißt hatte.
Dann reifte Xante Carla ab, und zwei Wochen spä¬
ter fuhr Peter nach Elbing zur Hochzeit feiner kleinen
Kusine Marianne mit Hans Rothermund.
Als man ihn dort erstaunt fragte, warum Gina
nicht mitgetommen wäre, brachte er cs fertig, scherzend
zu antworten: „Gina hat Eheurlaub. Das Theater
hat sie sich für die Wintersaison von mir ausgeborgt."
Daß Marianne ihn scharf ansah, fühlte er und ging
weiteren Fragen aus dem Wege. Nur, als er sich von
dem jungen Paar verabschiedete, mußte er noch einmal
Rede stehen.
„Gina kommt doch wieder, Peter?"
Er lachte, und es klang überzeugt.
„Natürlich kommt sie wieder."
Eine Stunde, nachdem bas junge Paar abgereift war,
reifte auch Peter. Er fuhr über Berlin und München
nach Oberitalien.
Mitte Oktober schrieb er an Xante Carla aus Vene¬
dig, und als es November wurde, war er über Padua,
Ferrara und Bologna kommend, in Florenz gelandet.
,Lch habe deinen Rat befolgt und mir einen Reise¬
begleiter genommen, einen jungen, gescheiten Studen¬
ten", schrieb er nach Damerau. „Der Mann hat, glaube
ich, das Zeug dazu, mich für Dinge zu begeistern, die
mir früher ganz fern lagen. Anfänglich hatte er feine
liebe Not mit mir, doch jetzt geht es schon leichter.
Museen sind keine Schreckenskammern mehr, Philoso¬
phen und Dichter keine Folterknechte meines armen, ge¬
plagten Gehirns. Nur mit der Musik werde ich noch
nicht fertig, während das Xheater mich anzuziehen
beginnt. Mein junger Mentor verwickelt mich unver¬
sehens in die gelehrtesten Gespräche, immer darauf be-
dacht, meinen trägen Geist aufzurütteln. Nun, da» habe
ich ihn, zur Pflicht gemacht, wenn es mir auch sauer
wird. Bon Landwirtschaft und Agrarpolittk versteht der
Mann gar nichts, und bas ist gut“
Von Gina sprach biefer Brief kein Wort. Kerne
Frage erwähnte ihren Namen.
Urheb<r»Heditee*uu t >r#i Quellen»Verlag. KönigebrOdi eher. Dresden
Peter erhob sich heftig, stieß ben Sessel zur Seite
und lief im Zimmer auf und ab.
„Was nützt mir das jetzt? Nun ist es zu |pät, Sina
ist fort, und bah sie mich verließ, beweist, daß sie mich
nicht mehr liebt."
Tante Carla war ebenfalls aufgestanden, trat dicht
an ihn heran und legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Du irrst Gina liebt dich immer noch."
Er lachte. Es klang spröde und spöttisch.
„Nett, daß du mir das sagst, Tante Carla. Nur kann
ich nicht recht daran glauben."
„Du wirst es noch glauben lernen, wenn du warten
tonnst."
„Woraus? Meinst du etwa, daß Gina eines läge»
reumütig zurückkehrt? Und glaubst.du, daß ich sie bann
wieder mit offenen Amren aufnehme? Denke nicht
daran. Ich habe mich bereits entschlossen, die Schei¬
dungsklage einzureichen."
„Das wirst du nicht tun!"
Jetzt wurde auch Tante Carla heftig. Ihre Stimme
grollte zornig, und was sie chrem Neffen sagte, da» er¬
innerte Peter an längst vergangene Zeiten, als er noch
ein Bud war und Xante Carla eine gewaltige Respekts¬
person, die es verdammt heraus hatte, ihn herunterzu-
putzen und ihm seine Dummheiten unb seine Eigen¬
sinnigkeiten auszutreiben.
Seltsam! Ihm wurde fast wohl unter diesem Sturm
töa war mit einem Male Festigkeit unb Halt in all der
Wirrnis. Da war ein Mensch, der in seinem Zorn echt
unb wichrhasttg war und der es gut mit ihm meinte
Das fühlte er.
Dann, als der Sturm verebbte, fuhr Xante Carla ru¬
higer fort:
„Leide du nur, laß dich packen unb burchrütteln. Das
tut nichts, Junge. Alles kann noch gut werben, wenn du
vernünftig bist und wartest. Gehe auf Reisen, sieh dich
um in der Welt, zerstreue dich unb lerne etwas ba;u.
Beschäftige dich mal mit anderen Dingen als mit der
Landwirtschaft. Lies gute Bücher, nimm dir meinet¬
wegen einen Lehrer, der es versteht, andere Interessen
in dir zu wecken. Herrgott, du bist doch nicht dumm,
Achtes Kapitel
Seit drei Wochen war Peter Wendt in Rom.
Dieser Name hatte einen Klang, der die gigantisch»
Wucht von Jahrtaustnden in sich barg. Kultur, Ge¬
schichte, eine Fülle von Macht und wechselndem Geschick
lagen in ihm beschlossen.
Peter Wendt staunte.
Die Stadt packte ihn, riß ihn förmlich Herz unb
Sinne auf. Die heitere Lebenslust Venedigs, die ihn
beglückt und berauscht hatte, wich einem anderen
Rausch.
Damals schon, vor drei Wochen, als er nach Rom
fuhr unb aus der Ebene der schroff aufsteigende Kegel
des Soracte austauchte, ergriff ihn dieser seltsame Rausch,
al» stünde dieser Berg wie ein Wächter vor heiligem
Land.
„Er kündigt Rom an", sagte der junge Student Wie¬
bele feierlich. Er wollte reden, erklären. Aber Peter
verwies es ihm.
„Still, Wiebele, ich will jetzt nicht» wissen."
Er stand am Fenster unb schaute. Braun unter ei¬
nem wolkenschweren Dezemberabendhimmel dehnte sich
die römische Campagna. Fern trotzte der Soracte. Dann
erschienen die Sabinerberge unb ein wenig später die
Albanerberge, aber bald versank alles im Dunkel, bi»
sich' der Himmel rötlich aufhellte vom Widerstrahl der
tausend Lichter Rom».
Riedele war aufgesprungen. Seine Hand deutete
voraus.
Da stand am Horizont gewaltig und rund, schwarz
gegen bas verschwimmenbe Licht des Himmel» eine
Kuppel.
„Die Peterskirche", sagt der Student.
(Fortsetzung folgt)
Lederhandschuhe -™"~ Hempel