Full text: Fuldaer Zeitung (1938)

Amtliches Kreisblatt 
Fuldaer Zeitung Nr. 285 
Montag, den 12. Dezember 
feierlichen Akt, der allen Teilnehmern zu einem starken 
Erlebnis wurde. 
» 
Unter den vielen schriftlichen Glückwünschen sei ein 
Telegramm der früheren Oberbürgermeisters Dr. An¬ 
toni genannt, da» solgenden Wortlaut hat: 
Zur Zentenarfeier wünsch» ich der Anstalt weitere» 
kräftiges Gedeihen, dem Direktor und Lehrerkollegium 
für ihr Wirken vollen Erfolg, den Schillern glückhaften 
Aufstieg im Geiste des Führers . 
* 
An den Festakt schloß sich eine Besichtigung der 
Ausstellung von Zeichen - und Werkarbei¬ 
ten an, die von den Schillern unter der Leitung von 
Studienrat Schlitt, der übrigens auch den Hauptan- 
teil an der Ausgestaltung der Festschrift hat, geschaffen 
wurden. Man fah die mannigfachsten Schiffsmodelle 
— u. a. eine getreue Nachbildung de» Panzerschiffes 
Deutschland — Flugzeuge und dazugehörige Zeich¬ 
nungen, in mühevoller Kleinarbeit aus Pappe herge¬ 
stellte Städte und Burgen, Bauernhöfe und Fabriken 
und beachtliche Gipsmodellierarbeiten. Eine Fülle 
von Zeichen- und Malarbeiten aus allen Schulklassen 
vervollständigte die interessante Schau, die im Laufe 
de» Nachmittags bas Ziel vieler Besucher war. 
Einen anschaulichen Einblick in die heutige Art der 
Körperertüchtigung gaben turnerische Borsüh- 
r u n g e n in der neuen Städtischen Turnhalle unter 
Leitung der Studienassesforen Krüger und Hell- 
mann. Man sah Turnübungen aller Schwierigkeits¬ 
klassen. Ein Kampsballspiel zwischen den Klassen 7 
und 8, bei dem es recht robust zuging, trug zur Be¬ 
lustigung der Zuschauer bei. Sehr interessant war 
das moderne Bodenturnen, das den älteren Volksge- 
Mitteilungen »et 
NSDAP 
Jugendgruppe der NS-Irauenfchasl und de» Deutschen 
Frauenwerkes Fulda-Stadt 
Der letzte Gemeinschastsabend der Jugendgruppen 
vor Weihnachten findet für alle Mädel und Frauen aller 
Ortsgruppen am Mittwoch, 14. Dez., 20 Uhr, im Frauen- 
fchaflshenn (Heinrichstrahe) statt. 
Die Kreisjugendgruppenführerin. 
vorweihnachtliche Feier der 7lS-Jrauenfchaft 
Arn Freitag, dem 16. Dez., findet abends im Großen 
Stadtsaal die „Vorweihnachtliche Feier der NS-Frauen° 
schast und des Deutschen Frauenwerkes" statt. 
HI, DI, BDM, I2N Standort Fulda 
Montag, den 12. 12., 20.15 Uhr finden wieder die 
Arbeitsgemeinschaften im heim am Buttermarkt statt. 
Teilnahme für sämtliche Führer und Führerinnen Pflicht 
Der Bannsührer. 
Ortsgruppe Fulda-Ost 
Donnerstag, den 15. 12, 20.15 Uhr findet im Evonge- 
lifchen Gemeindehaus eine Mitgliederversamm- 
l u ng statt.,Erscheinen ist für alle Parteigenossen Pflicht. 
Liederbücher sind mitzubringen. 
Der Ortsgruppenleiter. 
Das (Rätsel twt heute 
Der Kopf fehlt 
t -Rost Wer findet die Buchstaben, die 
, , h«in vorangefetzt werden müssen, um 
, . Ran Wörter von unten in anderer 
, . Sprit Reihenfolge genannten Bedeutun- 
, . E^e gen zu bilden? Die neuen Köpfe 
, Ute nennen einen deutschen Dichter. 
« - Rene Bedeutungen: Handwerks- 
• - Elle zeug, Hochland in Asien, Land- 
- • Ader mann, männl. Vorname, Möbel. 
. . Ammer schonbezug, sprudelnder Geist, 
. . fier ng Stadt in Belgien, Stadt in Han- 
e • R fiel notier, starke Kälte, Symbol der 
• > Auer Liebe, Verkaufsraum, weiblicher 
• • Wall, Name, westdt. Strom, Jägerau»- 
. . Aden druck, Streit. 
"offen vielfach ganz neu ist. Den Abschluß der Vorsüh- 
rungen bildeten einige Boxproben. Das Boxen ist be¬ 
kanntlich als ein wertvolles Mittel zur Stählung des 
Mutes in den Turnunterricht eingesiihrt worden. 
E» war eine Lust zu sehen, mit welchem Eifer 
Kleine und Große bei der Sache waren. Man verließ 
den Turnsaal mit dem Gefühl, daß hier ein Geschlecht 
heranwächst, das an körperlicher Durchbildung und Be¬ 
hendigkeit alle Forderungen der heutigen Zeit erfüllt. 
Cine» regen Zuspruchs erfreuten sich auch die Vor- 
führungen neuester physikalischer und 
chemischer Versuche durch Schüler unter Leitung 
de» Fachlehrer» Stud.-Rat Dr. W e ft t n b e r g e r. So 
lernten die Besucher in einem kleinen Eolleg die Wir¬ 
kung der Braunschen Röhre — Braun ist bekanntlich 
ein geborener Fuldaer — als Wellenschreiber (Sicht¬ 
barmachung von Schwingungen) kennen. An einer 
Polarglimmröhre wurde die Bestimmung der Frequenz 
«ine» Lichtstromes gezeigt. Andere Vorführungen zeig¬ 
ten Entladungen in luftverdünnten Räumen, Sichtbar¬ 
machung von Tönen sowie spekttalanalitische Unter¬ 
suchungen. Der Clou war die Besprechung einer Gram¬ 
mophonplatte, die wenige Minuten fpätef vorgeführt 
wurde. Wir können hier aus Raumgründen die übri¬ 
gen Versuche und Vorführungen nur andeutungsweise 
erwähnen. So wurde auf physikalischem Gebiet die 
Wirkung gewisser Instrumente für die Luftfahrt gezeigt. 
Auf dem Gebiet der Chemie fah man neben den interes¬ 
santen Explosionsversuchen u. a. die Absorptionswirkung 
der einzelnen Schichten im Gasmaskenfilter und che¬ 
mische Prozesse und Erfindungen, die im Rohmen des 
Vierjahresplanes eine wesentliche Rolle spielen, so vor 
allem die Aufbereitung eifenarmer Erze nach dem 
Schwimm- und Löschverfahren und die Herstellung von 
Zellwolle und Kunstharzen. Die Vorführungen zeigten 
nicht nur die vorbildliche Ausstattung der Schule mit 
physikalischen und chemischen Lehrmitteln und Einrich¬ 
tungen, sondern gaben auch ein eindrucksvolle» Bild 
von dem Interesse der Schüler für das lebensnahe Aach 
der Naturwiffenschaft. —nn— 
Mas ihr wollt 
Thoatorspiel -er Schüler im Sta-tfaal 
Den festlichen Ausklang der 100 Iahrfeier der 
Städtischen Oberschule für Jungen bildete eine Auffüh¬ 
rung von Shakespeares Lustspiel „Was ihr wollt" im 
Stadtsaal. Es war eine Aufführung, die von jugend¬ 
lichem Schwung getragen wurde; sie fand lebhaften 
Widerhall und hatte sich den auch redlich verdient. Der 
„zu verschlungene Knoten" des Lustspiels wurde mit 
großem Eifer verwirrt und wieder entwirrt, man konnte 
seine Freude daran haben. 
Don der teilweisen Primitivität der Bühnenverhält¬ 
nisse könnte man fast sagen, daß sie dem Spiel zugute 
kam — die Shakespeare-Bühne war bekanntlich auch 
ohne alle Raffinessen moderner Kulissenkunst. Ein riesi¬ 
ger Mond zum Beispiel, der auf feinem Weg über den 
Theaterhimmel verschiedentlich verlosch, konnte die fröh¬ 
liche Stimmung nur steigern, und wenn bei der allge¬ 
meinen Versöhnung am Schluß die Sterne am Firma¬ 
ment durch wer weiß welche Erschütterungen zu schau¬ 
keln begannen, dann konnte da» mit einigem Recht so 
gedeutet werden, als seien auch sie aus lauter Rührung 
in Bewegung geraten. 
Die meisten Zuschauer werden sich irgend eines thea¬ 
tralischen Versuchs erinnern, den auch sie einmal zu 
Schulzeiten unternommen haben, und gingen fo mit 
dem nötigen Verständnis für ein Schüler-Theater mit. 
Die Spieler ließen sich zuweilen von ausgelassener 
Spielfreude tragen, und dann wurde die Sache am wir¬ 
kungsvollsten. Welche Lust auch, wenn man al» Schüler 
in bezug auf den Kauz Malvolio mit feinen gelben 
Kniestrümpsen und den kreuzweife gebundenen Knie¬ 
gürteln legitim zitieren darf „ganz abscheulich, wie ein 
Schulmeister"; wa» au» Anlaß des sicher vollzählig 
vorhandenen Lehrerkollegiums mit stürmischem Lachen 
quittiert wurde. 
Eine komödiantische Spielfreude zeichnete den Abend 
aus. Gaben sich alle Spieler Mühe, fo gelang diesem 
und jenem sogar ein Kabinettstückchen. Der Junker To¬ 
bias von Rülp (Karl Heinz v. Brück) war so klein und 
geschickt wie Junker Andreas von Bleichenwang (Ri¬ 
chard Lomb) lang und kindisch tölpelhaft. Malvolio 
(Hans Georg Kind) geisterte leicht verwirrten Sinnes 
durch die Szenen, ein echter Theater-„Held". Auch der 
Narr (Hermann Schiever) war ein gelungener Typ, 
Orfino (Wolfgang Gebauer) ein edler Herzog von Il¬ 
lyrien. Die „Frauengestalten" der schönen Gräfin 
Olivia (Anny Wallscheid), des Mädchens Viola in Män- 
nerkleihung (Emmy Heil) und der durchtriebenen Ma¬ 
ria, Olivias Kammermädchen (Lydia Kehl) waren mit 
gleicher Spielfreude dabei. Auch alle übrigen am 
Spiel Beteiligten gebührt Lob; die Zuschauer, die übri¬ 
gens den großen Saal bis zum letzten Platz füllten, 
spendeten es gern und freigebig. Alles in allem, ein 
heiteres Ende nach einem Tag ernster und offizieller 
Jubiläumsfeiern. w. L>, 
Wann un- wo? 
Montag, den 12. Dezember 
Union-Theater: Kautschuk. 
' Curopa-Lichtspiete: Kleines Bezirksgericht. 
Reue» Theater: Im weißen Rößl. 
Frankfurter Duhnen 
Dienstag, den 13. Dezember 
Schauspielhaus: Thomas Paine. 
Steine, haus: Der Mörder. Das Märchen. Die tote 
Tante. 
Schumann-Theater: Bezaubernde Welt. 
Was bringt der Rundfunk? 
Dienstag, 13. Dezember 
Reiwsienörr Frankfurt 
6 Uhr Gymnastik. 6.30 Frühkonzert. 8.05 Wetter¬ 
bericht. 8.10 Gymnastik. 8.30 Froher Klang zur Werk¬ 
pause. 9.40 Kleine Ratschläge für Küche und Haus. 10 
Schulfunk. 11.45 Ruf ins Land. 12 Mittagskonzert I. 
13 Nachrichten. Mittagskonzert II. 14 Nachrichten. 
14.10 „O holde Frau Musica". IS Kleines Konzert. 15.30 
Bücher auf dem Gabentisch. 16 Nachmittagskonzert 18 
Volk und Wirtschaft. 18.15 Neues für den Bücher¬ 
freund. 18.30 „Führung und Geleit" 19.15 Tages¬ 
spiegel. 19.30 Der fröhliche Lautsprecher. 20 Nachr. 
20.15 Orchesterkonzert. 21 Ha^m-Zyklus. 22 Nachr. 
22.20 Politische Zeitungsschau. 22.35 Unterhaltung und 
Tanz. 24—2 Nachtkonzert. 
veutsrhlan-fen»er * 
6.10 Uhr Eine kleine Melodie. 6.30 Frühkonzert. 7 
Nachrichten. 10 Das ist unser Weg! 10.30 Fröhlicher 
Kindergarten. 11.30 Dreißig bunte Minuten. 12 Musik 
zum Mittag. 13 Glückwünsche. 14.15 Musik zum Mit- 
tag (Fortsetzung). 13.45 Nachrichten. 14 Allerlei — von 
Zwei bis Drei! 15.15 Hausmusik. 15.40 Zehn Jahre 
Aerztin auf einer Nordsee-Insel. 16 Musik am -Nach¬ 
mittag. 17 Vorbereitungen zum Winterlager. 17.10 
Musik am Nachmittag (Fortsetzung). 18 Das Sudeten- 
land in den Augen großer Deutscher. 18.30 Die dänische 
Pianistin Galina Werschenskaja. 18.55 Die Ahnentafel. 
19 Deutschlandecho. 19.15 Spuren im Schnee. 20 Nachr. 
20.10 Hebbels Heimkehr. 20.30 Tapioka. 20.45 Politische 
Zeitungsschau. 21 Neue deutsche Musik. 22 Nachrichten. 
Anschi. Deutschlandecho. 23 Barnabas von Geczy spielt. 
Alte Münzen aus -em Schreibtisch 
Fühlbare Hilfe für bas whw. 
Das WHW. nimmt bei feinen Haus- und Strafen« 
fammlungen neben den gültigen Münzen und Geld- 
scheinen alle auch außer Kurs gesetzten in- und aus¬ 
ländischen Münzen, Gedenkmünzen, Plaketten, Präge¬ 
marken usw entgegen. Sie werden umgehend einer 
rohstoffwirtschaftlichen Verwertung zugeführt. 
Jeder deutsche Volksgenosse möge einmal feinen 
Schreibtisch oder Schrank daraufhin untersuchen und 
diese für ihn meist wertlosen Münzen bereithalten. Es 
kann sich dabei um eiserne Kriegsmünzen, Aluminium¬ 
geld, Messing- oder Bwnzemünzen handeln. Mancher 
hat noch von seinen Reisen her kleine Beträge an aus¬ 
ländischen Münzen, die er wegen Geringfügigkeit nicht 
einwechseln will. Alle diese Münzen — seien die Be¬ 
träge auch noch so gering — ergeben in ihrer Gesamt¬ 
heit eine stattliche Summe, die eine fühlbare Hilfe für 
die Deoisenwirtschast darstellt. Auch alle Dienststellen 
de» WHW. nehmen solche Spenden entgegen. 
vom 13.12. bis 17. 12. 1938 
Was soll ich kochen? 
Dienstag: Pellkartoffeln, Lungenhaschee u 
Gurken. • r°u 
®etorf’ten Mch. Petersilientunke , 
her Möhrensalat, Kartoffeln. e’ r°' 
Donnerstag: Kartoffelklöße, Specktunke »x 
Backobst. 
Freitag: Heringskartoffeln, rote Rübensalat 
Samstag: Krautsuppe mit Fleischklößchen. ' 
Wie wirs s gemacht? 
Lungenhaschee: 
^750 g Lunge, Herz und Milz, Suppengemüse, Salz. 
Tunke. 40 g Fett, 60 g Mehl Ltr. Flüssigkeit 
Salz, 1 Teel. Kapern, Zitronensaft oder Essig Kurt. ' 
stuckchen, Zwiebeln, evtl, noch etwas Wechzum L. 
nern. Die Lunge, da» Herz und die Milz wertA 
dem Salzwasser mit dem kleingeschnittenen Suppenarl » 
weich gekocht. Zur Tunke bereitet man aus dem M.k", 
und dem Fett zunächst eine dunkle Schwitze, dünkt, 
kurze Zeit die Neingeschnittenen Zwiebeln mit, füllt mi 
bem Kochwasser auf und schmeckt mit den angegebenen 
Zutaten ab. Kurz vor dem Anrichten schneidet man di» 
Fleischstückchen in die Tunke und läßt sie darin nock 
mals heiß werden. 
Heringskartoffeln: 
1 kg Kartoffeln, 2-3 Stück Salzheringe, i/; atr 
M'lch oder entrahmte Frischmilch, 2—3 große Zwiebeln 
65 g Speck, 30 g Mehl, Salz nach Geschmack. Die in de? 
Schale gekochten Kartoffeln werden abgepellt und in 
Scheiden geschnitten. Dann müssen die Neingeschnltke. 
nen Heringe entgrätet werden. Zur Tunke werden die 
klelngeschnittenen Zwiebeln in dem in Würfel geschnitte¬ 
nen ausgelassenen Speck gedünstet, das Mehl darin 
schwitzt und mit der Flüssigkeit ausgegossen. Die Kar- 
toffeln und die Heringswürfel gibt man in die Tunke 
unb läßt das Ganze darin zichen, aber nicht kochen. 
Möhrensalat (roh): 
500 g Mohren fein gerieben. Die Möhren werden 
nach dem Reiben sofort mit Essig ober Zitronensaft be¬ 
träufelt, und mit etwas Zucker und Salz gut ad«, 
schmeckt. 
So wir- -as Wetter 
Einem mächtigen Hochdruckgebiet über Osteuropa 
steht sehr niedriger Luftdruck über dem Ostatlantik ge¬ 
genüber. Demgemäß führt ein Südftrmn subtropische 
Warmluft über bas Festland nordwärts, der sich bei uns 
Dor allem in der Höhe auswirkt. Im übrigen liegen 
wir auf der Grenze zwischen Hoch- und Tiefeinfluß, wo- 
bei letzterer eine leichte Unbeständigkeit bedingt, die 
vor allem in den wesllichen Teilen Des Reiches zeitweise 
zu leichtem Regen Anlaß gibt. 
Aussichten für Dienstag: Zeitweise hei- 
ter, doch leicht unbeftänbig, tagsüber noch mild. 
renumalur- und Borolmtmtand m Fuldk 
Mitgeteilt von Diplomoptiker Sauerborn 
Ba.omelelstand 
auf Meereshöhe 
reduziert 
Thermo- 
Uteterftanl 
11. 12. 6 Uhr abends 
758,0 mm 
+ 2,0» c 
12. 12. 8 Uhr morgens 
766,0 mm 
- 1,5« c- 
12. 12. 12 Uhr mittags 
762,9 mm 
+ 2.5 C 
Höchste Temperatur >m Schatten am 11. 12. + 6,0‘ C 
Höchste Temperatur in der Sonne am 11. 12. 4-15,0“ C 
Niedrigste Temperatur seit 11. 12. — 3,0' C 
Niederschl. a 10.12. morg. 6 U. bi» 12.12., 8IL morn. 0,0mm 
Relat Feuchtigkeit der Lust am 12.12.. 12 Uhr mitt 75.0% 
Ein betferer Mafiftab 
»Man sollte einen Mann niemals nach seinen Klei¬ 
dern beurteilen!" K 
„Da» tue ich auch nicht — ich beurteile ihn lieber 
nach den Kleidern feiner Frau!" 
Peter Wendts berühmte Frau 
3, 
12988 
Ein Roman von Künstlertum und Eht 
Von bist jung-Lindemann 
Daß Peter immer noch nicht an Gina geschrieben 
hatte, wußte Tante Carla von dieser selbst. Gina litt 
unsäglich unter diesem Schweigen und kam hin und wie¬ 
der nach Damerau, um sich von der alten Dame trösten 
und aufrichten zu lassen. 
„Laß nur, Ginachen, laß ihm Zeit", hatte sie ihr 
gesagt. „Er ist jetzt auf dem richtigen Weg. Bald wird. 
er dich bester verstehen." 
„Und was soll dann werden, Xante Tarka? Zurück 
kann ich nicht mehr." 
„Sollst du auch nicht. Werde du nur eine gute Schau¬ 
spielerin, eine berühmte Frau," antwortete die Kluge 
lächelnd. 
die Welt endet nicht bei Kühen und Schweinen. Es 
gibt doch noch mehr und Schönere» auf unferer Erde, 
um bas es sich zu leben verlohnt, das den Geist bildet 
und bereichert und ebenso notwendig ist wie bas Brot, 
da» auf deinen Feldern wächst und das Fleisch, das in 
deinen Ställen gedeiht. Daß du eine Frau hast, deren 
Geist reger und klüger ist als der deine, das braucht 
nun doch nicht immer so zu bleiben. Sieh zu, daß du 
dich chr angleichst oder ihr sogar überlegen wirst. In¬ 
teressen, die man heute noch nicht hat, können morgen 
geweckt sein, wenn man sie zu pflegen beginnt. Nimm 
das al» eine Aufgabe, Peter, bann wird dir die Warte¬ 
zeit leichter werden." 
Peter stand am Fenster und schaute auf den Wirt- 
schastshos hinaus. Trotzdem hörte er aufmerksam zu. 
Wenn sich Widerspruch, Ablehnung in ihm regten, biß 
er die Zähne zusammen und schwieg. 
Vielleicht könnte man bas tun, was Xante Carla 
vorschlug! Er hatte es selbst schon gefühlt, daß er es 
nicht mehr in Groß-Karschin aushielt. Vielleicht war 
es da» beste, einmal hier herauszukommen, eine Reife 
zu machen, weit fort, womöglich ins Ausland? 
,Zch will es mir überlegen. Aber . . . wozu soll es 
führen?" 
fflina war in Berlin, ffltna stand wieder auf der 
Bühne, sie lebte jetzt ihr eigenes Leben und dachte 
wohl gar nicht mehr daran, daß fle und er es noch ein¬ 
mal miteinander versuchen könnten. 
„Sie liebt dich immer noch. Peter, ich weiß es, und 
es gibt Chancen genug, sie zurückzugewinnen." 
Xante Carla sprach jetzt wieder gütig auf ihn ein. 
Schreibe ihr, zeige, daß du Verständnis hast für ihr 
Handeln und laste ihr den Weg zu dir offen. Behandle 
sie jetzt sehr zart und behutfam, wie ein guter Freund 
Gestehe chr mutig ein, was du selbst verfehlt hast, und 
bann warte ab, was sich daraus entwickelt." 
Nun widersprach er doch 
„Da, kann ich nicht, Xante Carla." 
„Du wirst es können. Siebe kann alles, und echte 
Liebe muß es auch fertigbringen, begangenes Unrecht 
einzufehen und zuzugeben. Glaubst du immer noch, 
daß nur Gina die allein Schuldige ist?" 
Er schüttelt den Kopf. 
Da nahm Xante Carla fein Gesicht in ihre Hände, 
sah ihm in die Augen und lachte. 
„Dann sind wir schon einen Schritt weiter, mein 
Junge, und ich werde dich nicht verlassen, bis mir un» 
über die nächsten Schritte ganz klar sind." 
Fast vier Wochen blieb Xante Carla in Groß-Kar¬ 
schin, und während dieser Zeit wurde vieles anders. 
Die Gutsleute atmeten auf. Jetzt war der Herr 
wieder so wie früher. Auch Truschke stellte das fest, und 
als Schülpe eines Morgens in das Zimmer feines Herrn 
kam, fah er auf dem Schreibtisch das Bild der gnädigen 
Frau stehen, das er feit zwei Monaten schmerzlich ver¬ 
mißt hatte. 
Dann reifte Xante Carla ab, und zwei Wochen spä¬ 
ter fuhr Peter nach Elbing zur Hochzeit feiner kleinen 
Kusine Marianne mit Hans Rothermund. 
Als man ihn dort erstaunt fragte, warum Gina 
nicht mitgetommen wäre, brachte er cs fertig, scherzend 
zu antworten: „Gina hat Eheurlaub. Das Theater 
hat sie sich für die Wintersaison von mir ausgeborgt." 
Daß Marianne ihn scharf ansah, fühlte er und ging 
weiteren Fragen aus dem Wege. Nur, als er sich von 
dem jungen Paar verabschiedete, mußte er noch einmal 
Rede stehen. 
„Gina kommt doch wieder, Peter?" 
Er lachte, und es klang überzeugt. 
„Natürlich kommt sie wieder." 
Eine Stunde, nachdem bas junge Paar abgereift war, 
reifte auch Peter. Er fuhr über Berlin und München 
nach Oberitalien. 
Mitte Oktober schrieb er an Xante Carla aus Vene¬ 
dig, und als es November wurde, war er über Padua, 
Ferrara und Bologna kommend, in Florenz gelandet. 
,Lch habe deinen Rat befolgt und mir einen Reise¬ 
begleiter genommen, einen jungen, gescheiten Studen¬ 
ten", schrieb er nach Damerau. „Der Mann hat, glaube 
ich, das Zeug dazu, mich für Dinge zu begeistern, die 
mir früher ganz fern lagen. Anfänglich hatte er feine 
liebe Not mit mir, doch jetzt geht es schon leichter. 
Museen sind keine Schreckenskammern mehr, Philoso¬ 
phen und Dichter keine Folterknechte meines armen, ge¬ 
plagten Gehirns. Nur mit der Musik werde ich noch 
nicht fertig, während das Xheater mich anzuziehen 
beginnt. Mein junger Mentor verwickelt mich unver¬ 
sehens in die gelehrtesten Gespräche, immer darauf be- 
dacht, meinen trägen Geist aufzurütteln. Nun, da» habe 
ich ihn, zur Pflicht gemacht, wenn es mir auch sauer 
wird. Bon Landwirtschaft und Agrarpolittk versteht der 
Mann gar nichts, und bas ist gut“ 
Von Gina sprach biefer Brief kein Wort. Kerne 
Frage erwähnte ihren Namen. 
Urheb<r»Heditee*uu t >r#i Quellen»Verlag. KönigebrOdi eher. Dresden 
Peter erhob sich heftig, stieß ben Sessel zur Seite 
und lief im Zimmer auf und ab. 
„Was nützt mir das jetzt? Nun ist es zu |pät, Sina 
ist fort, und bah sie mich verließ, beweist, daß sie mich 
nicht mehr liebt." 
Tante Carla war ebenfalls aufgestanden, trat dicht 
an ihn heran und legte ihm die Hand auf die Schulter. 
„Du irrst Gina liebt dich immer noch." 
Er lachte. Es klang spröde und spöttisch. 
„Nett, daß du mir das sagst, Tante Carla. Nur kann 
ich nicht recht daran glauben." 
„Du wirst es noch glauben lernen, wenn du warten 
tonnst." 
„Woraus? Meinst du etwa, daß Gina eines läge» 
reumütig zurückkehrt? Und glaubst.du, daß ich sie bann 
wieder mit offenen Amren aufnehme? Denke nicht 
daran. Ich habe mich bereits entschlossen, die Schei¬ 
dungsklage einzureichen." 
„Das wirst du nicht tun!" 
Jetzt wurde auch Tante Carla heftig. Ihre Stimme 
grollte zornig, und was sie chrem Neffen sagte, da» er¬ 
innerte Peter an längst vergangene Zeiten, als er noch 
ein Bud war und Xante Carla eine gewaltige Respekts¬ 
person, die es verdammt heraus hatte, ihn herunterzu- 
putzen und ihm seine Dummheiten unb seine Eigen¬ 
sinnigkeiten auszutreiben. 
Seltsam! Ihm wurde fast wohl unter diesem Sturm 
töa war mit einem Male Festigkeit unb Halt in all der 
Wirrnis. Da war ein Mensch, der in seinem Zorn echt 
unb wichrhasttg war und der es gut mit ihm meinte 
Das fühlte er. 
Dann, als der Sturm verebbte, fuhr Xante Carla ru¬ 
higer fort: 
„Leide du nur, laß dich packen unb burchrütteln. Das 
tut nichts, Junge. Alles kann noch gut werben, wenn du 
vernünftig bist und wartest. Gehe auf Reisen, sieh dich 
um in der Welt, zerstreue dich unb lerne etwas ba;u. 
Beschäftige dich mal mit anderen Dingen als mit der 
Landwirtschaft. Lies gute Bücher, nimm dir meinet¬ 
wegen einen Lehrer, der es versteht, andere Interessen 
in dir zu wecken. Herrgott, du bist doch nicht dumm, 
Achtes Kapitel 
Seit drei Wochen war Peter Wendt in Rom. 
Dieser Name hatte einen Klang, der die gigantisch» 
Wucht von Jahrtaustnden in sich barg. Kultur, Ge¬ 
schichte, eine Fülle von Macht und wechselndem Geschick 
lagen in ihm beschlossen. 
Peter Wendt staunte. 
Die Stadt packte ihn, riß ihn förmlich Herz unb 
Sinne auf. Die heitere Lebenslust Venedigs, die ihn 
beglückt und berauscht hatte, wich einem anderen 
Rausch. 
Damals schon, vor drei Wochen, als er nach Rom 
fuhr unb aus der Ebene der schroff aufsteigende Kegel 
des Soracte austauchte, ergriff ihn dieser seltsame Rausch, 
al» stünde dieser Berg wie ein Wächter vor heiligem 
Land. 
„Er kündigt Rom an", sagte der junge Student Wie¬ 
bele feierlich. Er wollte reden, erklären. Aber Peter 
verwies es ihm. 
„Still, Wiebele, ich will jetzt nicht» wissen." 
Er stand am Fenster unb schaute. Braun unter ei¬ 
nem wolkenschweren Dezemberabendhimmel dehnte sich 
die römische Campagna. Fern trotzte der Soracte. Dann 
erschienen die Sabinerberge unb ein wenig später die 
Albanerberge, aber bald versank alles im Dunkel, bi» 
sich' der Himmel rötlich aufhellte vom Widerstrahl der 
tausend Lichter Rom». 
Riedele war aufgesprungen. Seine Hand deutete 
voraus. 
Da stand am Horizont gewaltig und rund, schwarz 
gegen bas verschwimmenbe Licht des Himmel» eine 
Kuppel. 
„Die Peterskirche", sagt der Student. 
(Fortsetzung folgt) 
Lederhandschuhe -™"~ Hempel
	        
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