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Wmterarbeit im Walde
Auf seinen Gängen durch die Reviere, die er täglich
unternimmt, stellt der Forstmann Betrachtungen an,
die vor allem einer Verbesserung des Waldes gelten.
Ihm ist ein wichtiger Teil vom Eigentum des Volkes
zur Verwaltung in die Hände gegeben. Er mutz da¬
für sorgen, daß der Wildbestand weiter gedeiht und,
wo es angängig ist, durch neue Kulturen vermehrt wird
In enger Fühlung mit dem Förster arbeitet die Ge¬
meindeverwaltung. Beide stellen alljährlich einen Forst¬
kultur- und Hauungsplan aus, bei dem die technische
Seite vom Förster und die finanzielle Seite von der Ge¬
meinde erledigt wird.
Die Beobachtungen, die der gewissenhafte Forst¬
mann das ganze Jahr hindurch in seinem ihm anoer¬
trauten Wald anstellt, werden von ihm festgelegt
Bäume, die in ihrem Wachstum zurückgeblieben und
verkrüppelt sind, und Bäume, di« über kurz oder lang
absterben, müssen entfernt werden, weil sie durch ihr
Vorhandensein andere in ihrer Entwicklung hindern.
Auch zu bichten Baumgruppen schenkt der Forstmann
ein Augenmerk, und so kommt es, daß alljährlich in
unseren Wäldern Holzfällerarbeiten in erheblichem Um¬
fange durchgeführt werden. An Hand des Forstkultur-
und Hauungsplanes hat der Förster eine klare Heber-
sicht über die Arbeiten im Walde. Er hat errechnet,
wieviel Festmeter Brennholz und welche Menge Nutz¬
holz anfallen und welche Fläche der Aufforstung zur
Verfügung steht. Aus diesem Plan spricht nicht allein
die Pflege um den Bestand des Waldes, sondern auch
eine grundsätzliche Ueberlegung und Erfahrung in der
Wirtschaftlichkeit des Waldes
So geht es nun an die Winterarbeit im Walde
heran. Die Bestellung der Holzfäller besorgt der För¬
ster. Er muß Fachleute haben, die ihm auch die Wirt¬
schaftlichkeit des Waldes sichern helfen Das Holzfäl¬
len muß verstanden fein. Die Männer müssen wissen,
wie man mit Säge, Beil und Axt umzugehen hat.
Im Dritten Reich wird der Forstmann vor neue
Ausgaben gestellt, die in Verbindung mit der Durch-
sührung des Vierjahresplanes stehen. Der große Wert
des Holzes, der große Nutzholzbedarf Deutschlands und
die vielseitige Verwendbarkeit des Holzes zu den ver¬
schiedensten wirtschaftlichen und technischen Gebrauchs¬
gegenständen machen es notwendig, daß das Holz mit
Sorgfalt gehauen wird, damit es den Zwecken zugeführt
wird, für die es verwendbar und gebrauchsfähig ist.
Noch niemals war der Nutzholzbedarf fo bedeutend wie
heute. Aber auch noch niemals hat in der Kulturge¬
schichte und im Leben der Menschheit das Holz eine
derartige Bedeutung gehabt, wie das heute der Fall ist.
Während noch bis vor kurzer Zeit das Holz zum weit¬
aus größten Teil ausschließlich als Bau-, Gruben-,
Möbel-, Handwerkerholz und als Heizmaterial Verwen¬
dung fand, spielt es heute für die deutsche Industrie
eine wichtige and bedeutende Rolle. Es hat sich erge¬
ben, daß das Holz so wertvolle und vielseitig verwend¬
bare Eigenschaften enthält, wie man früher niemals
vermutet hätte. Es ist der deutschen Wissenschaft und
Forschung gelungen, aus dem Holz so viele und bedeu¬
tende Bestandteile herauszuziehen, daß es für die deut¬
sche Wirtschaft und menschliche Bedarfsdeckung unent¬
behrlich geworden ist.
Die frühere, man mochte fast sagen, verschwenderische
Verwendung des Holzes zu Brennmaterial hat heute
oufgehört. Zu Brennholz darf nur solches Holz ge¬
nommen werden, das sich nicht für eine andere Ver¬
wendung eignet. Holz ersetzt in vielen Fällen das
Eisen und sonstige Metallteile, es wird zu Zell- und
Faserstoff, zu Nähr- und Futterstoffen und zur Her¬
stellung von Wolle, Seide und Kleiderstoffen verwendet.
Nicht vergessen werden dars in diesem Zusammenhang
die Gewinnung von Benzin, Holzessig und Holzspiritus.
Wenn zur Winterzeit unser Wald von den Aithleben
und den in Betrieb genommenen Sägen durchhallt, so
sei daran erinnert, daß unter Leitung der Forstbcam-
ten wertvolle Arbeit geleistet wird für die deutsche
Wirtschaft, für unser Volk und Vaterland.
Die kleinen Heimatnadiriditen
Petersberg. (Kleine Notizen.) In wochenlan¬
ger Arbeit haben der BDM und die Iungmädel in
diesem Jahre wieder einen nennenswerten Beitrag für
das Winterhilfswerk geleistet Während der BDM Ge¬
brauchsgegenstände für Kleinkinder anfertigte, hatten
sich die Iungmädel die Aufgabe gestellt. Spielfachen zu
fchaffen. Es war eine reine Freude, all diese Kleinarbei¬
ten zu sehen, die in diesem Jahre in unermüdlicher
Arbeit von den Mädels angefertigt wurden. — Seit
einigen Tagen steht in der Mitte des Dorfes an der
Dorflinde der Weihnachtsbaum, der allabendlich in Hel¬
lem Lichterglanz erstrahlt — Die Zahl der Rundfunk-
höher in unserer Gemeinde hat im letzten Jahre eine
bedeutende Steigerung erfahren Von 130 Geräten stieg
die Zahl auf 174, d. h. ein Drittel der ansässigen Fa¬
milien besitzt jetzt einen Radio.
Bab Salzschlirf. (Meisterprüfung.) Vor der
Prüfungskommission der Handwerkskammer Kassel be-
stand der Maler Richard Baier aus Bad Salzschlirf die
Malermeisterprüfung. Dem jungen Meister für die
Zukunft die besten Wünsche.
Hünfeld (Hohes Alter.) Am heutigen Tage feiert
Frau Maria Helmer, geb. Witze! in der Breitzbach bei
körperlicher und geistiger Rüstigkeit im Kreise ihrer An¬
gehörigen den 80. Geburtstag. Auch unsererseits herz¬
lichen Glückwunsch.
Buttlar. (Unfall). Dieser Tage verunglückte auf
der Zeche ,,Sachsen Weimar" das Gesolgschaftsmitglied
Anton Niebel von hier durch herabstürzende Kalimassen
Niebel erlitt einen doppelten Knöchelbruch und befindet
sich im Knappschaftskrankenhaus in Salzungen.
hersfeld. (Schwerer Verkehrsunfall). Ge¬
stern vormittag ereignete sich auf der Alsfelder Starß«
ein schwerer Verkehrsunfall. Ein Personenwagen
fuhr gegen einen Lastkraftwagen und wurde dabei so
stark beschädigt, daß er abgeschleppt werden mußte. Der
Fahrer des Personenwagens erlitt dabei erhebliche Ver¬
letzungen
Gelnhausen. (Jagdvergehen.) Der 47 Jahre
alte Georg Schilling aus Somborn erhielt vom Schöf¬
fengericht Hanau wegen Jagdvergehens 9 Monate Ge¬
fängnis. Die seit dem 15. Juli 1938 währende Unter¬
suchungshaft wurde ungerechnet. Bei einer angeordneten
allgemeinen Durchsuchung fand man bei ihm Jagdgerä
in großer Zahl, alte Gewehre, eine als ausgesprochen»
Wilddiebswasfe zu bezeichnende Stockflinte, Tellereisen
u. a. Wegen Jagdfrevels zweimal vorbestraft, geriet er
in Haft und mußte sich am 14. Dezember vor dem
Schöffengericht Hanau verantworten.
Hanau. (Ehrung eines Industriellen.,
Die im Jahre 1923 gegründete und aus der Firma Plo
tinschmelze W. C. Heraeus heroorrgegangene Heraeus-
Vacuumschmelze 21. G. veranstaltete aus Anlaß der Fer
tigfteUung neuer Werkbauten eine Feierstunde, bei bei
der Betriebsführer Dr. Rohn einen Ueberblick über den
Aufstieg des Werkes gab. Im Namen der deutschen
Technik und der deutschen Wissenschaft überbrachte Pro¬
fessor Masing von der metallkundlichen Fakultät der Uni¬
versität Göttingen Glückwünsche und teilte mit, daß der
Kleine Geisaec Nachrichten
Geisa. Auf der Hauptstraße in der Nähe von Butt¬
lar (Rhön) verunglückte ein Geisaer Kaufmann mit
(einem Personenwagen. Infolge der glatten Straße
verlor der Fahrer die Gewalt über seinen Wagen und
landet« im Straßengraben. Das Auto, welches ver¬
hältnismäßig wenig beschädigt war, wurde vom Reichs¬
arbeitsdienst Buttlar wieder flott gemacht. — Fast zur
selben Zeit verunglückte auf der Straße Geisa—Vacha
infolge der an diesem Tage besonders glatten Fahr¬
bahn ein anderer Geisaer Kaufmann mit seinem Per¬
sonenkraftwagen. Er fuhr einem haltenden Milchwagen
entgegen, zog wohl zu stark die Bremsen und stteß in¬
folgedessen mit dem Milchauto zusammen. Das Auto
des Fahrers wurde durch den Zusammenprall erheblich
beschädigt und mußte abgeschleppt werden. Glücklicher¬
weise kam der Fahrer mit Hautabschürfungen davon. —
Am gleichen Tage verunglückte auch ein hiesiger Arzt
mit seinem Auto auf der Straße Geisa—Rasdorf. Er
geriet mit feinem Wagen an einer frifch aufgefchütteten
Stelle der Straße ins Schleudern und fuhr gegen einen
Leitungsmast. Infolge dieses Unfalles zersplitterte die
Windschutzscheibe, wobei der Fahrer einige Schnittwun¬
den im Gesicht davontrug. Der Wagen war ebenfalls
so stark beschädigt, daß er abgeschleppt werden mußte.
In diesem Jahre erstrahlt zum ersten Male wieder
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- - -
Unser großer Weihnachtswunsch
Eine neue Aufnahme von Arlberg, wo schon vorzügliche Schneeverhältnisse herrschen. Von dieser
Abfahrt am Steilhang können wir vorläufig nur träumen. (Weltbild, Zander-Multiplex-M.)
Betriebsführer Dr. Rohn zum korrespondierenden
glied der Wissenschaften an der Unioerfität©ötttaJ »
ernannt worden sei. 9cn
Gladenbach. (Großfeuer in einer Schrei
nerei.) Dieser Tage kurz vor Mitternacht entstand
in Holzhausen in der Großschreinerei von Ludwig Tren
ker u. Sohn Großfeuer. Die Ortsfeuerwehr, wie die
Wehren von Gladenbach, Herzhausen und Siebenten?
eilten zur Hilfeleistung herbei, konnten aber nicht mehr
verhindern, daß die Werkstatt mit allem Inhalt von
fertigen und in Arbeit befindlichen Möbelstücken völlia
vernichtet wurde. Das Wohnhaus erlitt nur geringere
Beschädigung. Ebenso konnten die Holzvorräte gerettet
werden.
Alsfeld. (Den Verletzungen erlegen) Der
,8jährige Landwirt Johannes Liehr aus Oberfeiberten-
rob wurde vor zwei Wochen von einem Kraftwagen
überfahren und schwer verletzt. Er ist nun feinen Ser-
letzungen in der Klinik in Gießen erlegen.
der Weihnachtsbaum am Marktplatz vor dem Rathaufe
Die Naturfichte, die etwa 30 Meter lang ist und sich
in unmittelbarer Nähe des Adolf-Hitler-Platzes befin-
bet, wirb ebenfalls wie in den vorigen Jahren im Lich¬
terglanze erstrahlen. Di« Anbringung der Lichter be-
deutet für di« Monteure immer eine schwierige Arbeit.
Das Ueberlandwerk Rhön besorgt anerkennenswerter
Weise Montage und Strom kostenlos, wofür die Bevöl-
kerung von Geisa dankbar ist.
Acht Jahre Zuchthaus für Dr. Schmelzer
Hanau. Am fünften Verhanblungstage des Hanauer
Schwurgerichts gegen den der gewerbsmäßigen Abtrei¬
bung angeklagten ehemaligen praktifchen Arzt Dr. med.
Otto Konrad Schmelzer aus Büdesheim verkündete der
Vorsitzende des Schwurgerichts, Landgerichtsdirektor
Schaafs folgendes Urteil: „Der Angeklagte wird unter
Freisprechung im übrigen wegen gewerbsmäßiger voll-
enbeter Abtreibung in drei Fällen und wegen versuch¬
ter gewerbsmäßiger Abtreibung in einem Falle zu einer
Gesamtzuchthausstrafe von acht Jahren verurteilt. Auf
die erkannte Strafe werden neun Monate der seit dem
29. Juli 1937 währenden Untersuchungshaft angerech.
net. Dem Angeklagten werden die bürgerlichen Ehren¬
rechte auf die Dauer von zehn Jahren aberkannt und
außerdem die ärztliche Berufsausübung auf die Dauer
von fünf Jahren untersagt.
Am schrankenlosen Weoübergans
Auto mit 3 Insassen vom Zug überfahren
Gießen. Auf der Bahnstrecke Mücke-Laubach, nahe
beim Bahnhof Mücke, überfuhr am Mittwochfrüh ge¬
gen 7.15 Uhr ein Personenzug, der von Laubach kam,
auf dem schrankenlosen Bahnübergang über die Land¬
straße Gießen—Alsseld ein mit drei Personen besetztes
Auto. Sämtliche Insassen — Viehhändler aus dem
Westerwald — wurden erheblich verletzt und mußten
nach Gießen in die Klinik eingeliefert werden.
Der Viehhändler Willi Werkensen aus Bettersen bei
Altenkirchen erlitt Schädel- und Brustoerletzungen, sein
Sohn Heinrich, der das Auto lenkte, trug Kopfverletzun¬
gen und einen Unterkieferbruch davon. Der Mitfahrer
Christian Müller aus Heuberg im Bezirk Altenkirchen
erlitt gleichfalls erhebliche Kopfverletzungen Die Schuld-
frage ist noch nicht geklärt. Inzwischen ist Willi Wer-
kensen in der Gießener Klinik gestorben. Das Besin-
den der beiden anderen Verletzten gibt zu Befürchtun¬
gen keinen Anlaß. Zur Zeit des Unfalles herrschte in
der Gegend des Bahnüberganges starker Nebel.
lIsIsIllIIlIl!sIsIsWIIIIsIsIsWsisI!!!isisIsIsi!!!si!sisssisisis!i!i!i!Is!!isIsIIs!si!issi»s,sssI,!IsI!,sIsI!IWsssssI»W
Mitteilung an unsere Lan-bezieher
Infolge höherer Gewalt konnte unsere Zeitung ge¬
stern einem Teil bet Bezieher aus dem Lande nicht
pünktlich zur gewohnten Stunde zugestellt werden.
Peter (Dendts berQhmte Frau
Ein Roman von Künstlertum und Ehe
36| Von Else jun^-Lindemann
Urheber»Re<htssdtatz: Drei Qgellen-Verlag, Königsbrack <Bez. Dresden
Er schaut« Bruder und - Schwägerin an. Diese bei¬
den Menschen paßten zueinander, da würde es wohl
kaum jemals Schwierigkeiten geben. Sange Jahre
hatten sie in brieflichem Verkehr gestanden, und dieser
Gedankenaustausch hatte viel zu dem jetzigen guten Ver¬
hältnis beigetragen. Di« Ausschaltung der persönlichen
Nähe hatte sie gezwungen, sich durch bas geschriebene
Wort mitzuteilen. Fragen und Antworten hatten ihre
Wesenheiten, ihre Interessen, ihr Wollen und Planen
geklärt. Jetzt konnten sie aufbauen.
Und doch! Peter beneidete sie nicht. Sein eigenes Ge¬
schick, so schwer es ihm nach Ginas Fortgang erschienen
war, hatte heute nichts Hoffnungsloses mehr. In ihm
war ein untrügliches Gefühl, daß Gina und er zusam¬
mengehörten und daß sie den Weg zueinander finden
würden.
Da war in Rom ein alter Arzt gewesen, dem Peter
sich einmal in einer guten Stunde anvertraut hatte.
..Erobern Sie sich Ihre Frau zurück", hatte er gesagt,
„aber fangen Sie es klug an. Wenn Sie ihr begegnen,
bann zeigen Sie ihr den überlegenen Mann Seien Sie
ritterlich, aber fordern Sie nicht, daß Sie zu Ihnen
zurückkehrt Sie muß freiwillig kommen, dann erst wird
Ihre Ehe von Dauer fein."
Heute abend war die Festvorstellung. Heute abend
würbe Peter wieder auf feinem Platz in ber ersten
Parkettreihe sitzen und Gina sehen
Wenn er daran dachte, spürte er Erregung und un¬
geduldige Erwartung
Fritz und Tilde würden auch dabei sein Die beiden
Glücklichen ahnten nicht, wie heiß er diesem Abend
• • __ Ä ÄI das altbewährte
Krugerol Hustenbonbon
l<htnurimOr«ngebeutel
>
entgegenwartete Sie scherzten und lachten miteinan¬
der und waren sich selbst genug
Nun gingen sie durch den Tiergarten. Herb duftete
es nach welkem, nassem Laub Schwarz und seucht hin¬
gen die kahlen Zweig« über ihnen, und die Luft war so
mild, daß man es kaum glauben konnte, daß Weihnach¬
ten vor der Tür stand.
„Am Heiligen 2Ibenb ist unsere Verlobung, unb Ostern
heiraten wir", sagte Friedrich
„Dann müßt Ihr auch nach Groß-Karschin kommen."
„Versteht sich. Junge, ich wünschte, daß bis dahin
auch zwischen Gina und dir wieder alles in der Reihe
wäre."
Tilde schob ihre Hand in Peters Arm.
,Lch wünsche es dir auch", flüstert« sie chm leife zu.
■A iCiEfix!
we*l5S _ flüssig
Peter nahm den Hut ab und atmete tief die herbe
Luft ein.
„Laßt nur, es braucht alles seine Zeit. Wir haben
ja gestern abend darüber gesprochen, Fritz."
Friedrich Wendt nickte und verstand, daß der Bruder
nicht mehr davon reden wollte.
*
Gina kam von ber Prob«. Nun ging sie langsam
durch die Tauentzienstraße, blieb hier und da vor den
Geschäftsauslagen stehen ^ind Mit« lähmende Müdigkeit
in allen Gliedern.
Monatelang hatte sie angespannt gearbeitet, und be-
sonders die letzten Wochen waren ein« Zeit härtester
Arbeit und Konzentration gewesen Eisern hatte sie sich
gezwungen, ihre Gedanken nicht abschweifen zu lassen,
die quälenden Fragen und Zweifel zu überwinden, die
sie bedrängten.
Es waren so viele Fragen, auf di« sie selbst keine
Antwort fand. Und immer war es Peter gewesen, um
den sie kreisten
Auch Groß-Karschin konnte sie nicht oergeffen.
Niemals hatte sie 2arm und Hast der großen Stadt
so betäubend und nervenzerrüttend empfunden wie in
diesen vergangenen Monaten. Niemals hatte sie sich
so nach der Stille und Einsamkeit Groß-Karschins ge¬
sehnt wie in diesen letzten lagen vor Weihnachten.
Si« durfte nicht an das Fest vor einem Jahre denken,
an den stillen, weihnachtlichen Zauber des großen Saa¬
les, in dem die fRiefentanne hinter einer langen, weiß-
gedeckten Tafel gestanden hatte. Durfte sich nicht er¬
innern, welchen Eindruck es auf sie gemacht hatte, als
die Gutsleute kamen, um mit ihrem Herrn und seiner
jungen Frau bas Weihnachtsfest zu feiern.
Alte unb junge Leute unb die vielen Kinder.
Wie sie bann gesungen hatten, ein wenig scheu und
ein wenig falsch, aber doch innig und bewegt
Ja, auch Gedichte hatten di« Kinder aufgesagt, ängst¬
lich unb schnell, währenb ihre Augen schon über bi« Ga¬
bentische gehuscht waren . . .
Nicht benten, Gina. Sich nicht erinnern, wie es
war, als sie bann mit Peter allein feierte.
Wie viele schöne und kostbare Gaben hatte er ihr
aufgebaut: Kleider, Schmuck, Blumen und Bücher
In diesem Jahre würbe sie einsam fein. Aber auch
Peter war allein, irgenbroo. Vielleicht in Rom? Viel-
leicht aber auch schon auf dem Heimweg?
Das war nun alles vorbei. Sie selbst hatte ees so ge¬
wollt. Gina Wendt war nun wieder Gina Holl, und
was sie im letzten Jahre durchlebte, hatte sie reifen
lassen.
Jetzt war Knörr endlich mit ihr zufrieden.
„Das Jahr Ihrer Eh« ist Ihrem Schaffen zugut« ge¬
kommen". hatte er gesagt.
Wirklich Doktor? Ach, niemand ahnte, auch Knörr
nicht, wie es in ihr aussah. Er wußte nicht, daß der
Erfolg, der stürmisch« Beifall, den sie errang, sie nur
anfänglich über sich selbst hinausgehoben hatte Daß er
Die formschöne D a U C r W6 I I 6
aus dem ‘btisieZSaiwi Stack, Mittelstr'*42
zu verblassen begann, daß sie ihm nicht mehr so viel
Wert beimessen konnte.
Alles hatte allmählich ein anderes Gesicht bekommen
Manchmal geschah es, daß sie mitten im Spiel an Groß-
Karschin denken muhte, daß sie die Worte, die sie sprach,
bi« Gesten, bi« ihr bie Rolle vorschrieb, unwirklich unb
maskenhaft empfanb.
Wozu bas alles? Warum stehe ich hier, spreche
Worte einer anberen, gestalte Leben uitb Schicksal einer
Fremben unb habe doch eigenes Leben und Schicksal
nicht gestalten können, weil ich dieser Ausgabe nicht ge¬
wachsen war?
Welch ein Hohn!
Man feiert mich als eine große Künstlerin und Men-
Ichengestatterin, aber im wahren, wachen Loben ver¬
sagte ich.
Warum habe ich mich Peter gegenüber nicht behaup¬
tet? Warum arbeitete ich nicht an ihm, unb mit ihm?
Weil ich meine Kunst für bas wahre Leben hielt unb
von Erfolg und Ruhm träumte. Weil ich glaubte, noch
nicht genug erlebt und geleistet zu haben, um an einem
stillen, zurückgezogenen Dasein Genüge zu finden.
Wir haben beide Fehler gemacht, Peter, und nun ist
es zu spät, sie zu ändern.
Gina überquerte den Wittenbergplatz und betrat den
U-Bahnhof. Sie woltle nach Hause fahren. Aber was
war bas für ein Zuhause, bas auf sie wartete? Ein
Zimmer in ber Pension Kelling in Westend mit frem¬
den Möbeln und Dingen. Fremde Menschen ringsum,
mit denen man nur wenig sprach.
Niemand war in dem großen Berlin, der zu Gina
gehörte.
Einmal hatte sich Dr. Wmzel bei ihr melden lassen.
Aber bas Zusammensein war nur kurz unb unerfreu¬
lich gewesen. Wenzel war mit Hoffnungen zu ihr ge¬
kommen, die sie nicht erfüllen konnte.
„Gehen Sie heute auch zu der Festoorftellung im
Deutschen Schauspielhaus?" hörte sie ein« Männer¬
stimme sagen.
Zwei Herren gingen hinter ihr bie Treppenstufen
'm Bahnhof hinunter. Es waren unbekannte Stimmen,
und Gina lächelte nicht einmal, war nicht stolz, als ber
Sprecher ihren Namen nannte unb sagte. „Die Holl ist
ein« ganz große Schauspielerin. Sie müssen sie unb«»
bingt sehen. Der Erfolg der Premiere im Herbst hat
noch immer nicht nachgelassen, und der heutig« Abend
wird besonders festlich werden."
Gina fühlte Nervosität, wenn sie an den Abend
dachte.
Nur heute noch durchhalten, dann gab es ein paar
Ruhetage, hatte Knörr ihr versprochen. Herta Torrmann
sollle an den nächsten Abenden für ske einspringen.
Als Gina am Schalter stand, stieß eine junge Frau
sie versehentlich an, wandte sich um und murmelte eine
kurze Entschuldigung.
Dieses Gesicht kannte Gina doch?
War das nicht . . ? Natürlich I Plötzlich wußte
Gina, daß sie sich nicht getäuscht hatte
Sie eilte der schlanken, jungen Dame nach, die eben
durch die Sperre ging, holte sie auf dem Bahnsteig ein
und legte ihr leicht die Hand auf die Schulter.
„Hilde . . hast du mich wirklich nicht erkannt?"
Die junge Frau drehte sich um
(Fortsetzung folgt.)
Reißverschlüsse
zum Auseinandernehmen, für Jacken,
Westen usw. haben wir In vielen Far¬
ben und Längen vorrtätig. 131«
Hempel
Fulda, Marktstr. 9