Full text: Fuldaer Zeitung (1938)

Samstag/Sonntag, den 17./18. Dezember 1938 
Auldaer Zeitung Nr. 290 
Amtliches Kreisblatt 
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vergnügter, je länger man zum Treiben 
gezwungen war. 
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Er versuchte die anderen zu trösten und ging ihnen 
überall bei ihrer schweren Arbeit zur Hand. Ja, als 
der Schiffsjunge seekrank war, um zu arbeiten, ersetzt« 
er ihn, wo er mir konnte, kein« Arbeit war ihm zu ge- 
Man hatte 
kaibo gehabt, 
zwei Monaten 
wäre man jetzt 
wurde es wohl 
Gubitz trat ein paar 
bald aus Kaspar, bald auf 
sonst mit seinen Gedanken 
sie sich ihm nicht runden, 
es schließlich, die er dann 
Martha. So geschwind er 
fertig war, diesmal wollten 
Zwei kleine Worte waren 
stammelte: 
Es wechseln Sterben und Werden 
Vom Anbeginne der (Erben: 
Körner sterben, wenn Keim« erstehen, 
Aehren wachsen, wenn Saaten vergehen. 
Ahnen sinken, Geschlechter erglühen, 
Wangen bleichen, wenn Wangen erglühen, 
Alle dienten dem Leben, dem Licht, 
Alle werden zur Schale, di« bricht. 
Es wechseln Sterben und Werden 
Dom Anbeginn« der Erden: 
Bäume gkünen und altern und fallen, 
Alle müssen zur Erde einst wallen, 
Menschen welken und brechen und bleichen, 
Alle müssen dem Tode sich neigen, 
Leide sinken um Leider hinab, 
Erde deckt sie dann bergend im Grab. ' 
Weihnachten -nach 3Cause 
voll setzte man wieder die Segel und nahm Richtung 
auf die heimatliche Küste. 
Aber man kam statt dessen an Jydlands Küste. Ehe 
man ©tagen erreichte, hatte man wieder brüllenden Ost¬ 
wind und muhte sich auf See hinaustreibm lassen. 
Nur der Fischer schien von dem schlechten Wetter un¬ 
berührt. Bald schien es aber, als würde er immer 
Dec Jttippensdbidteec Von Otto Teiles 
eine lange, harte Heimreise von Mara- 
Nach Berechnung hätte man schon vor 
in Kopenhagen sein müssen, und dann 
wieder auf der Ausreise gewesen. Nun 
aus einer neuen Reise kaum mehr etwas 
. . Der Hilfsmotor des Seglers war in 
Es wechseln Sterben und Werden 
Bom Anbeginn« der Erden: 
Leden quillt aus dem göttlichen Schoße, 
Leben drängt $u dem kommenden Lose, 
Modern Schalen in Gräbern der Erde, 
Dienten ske doch dem heiligen Werde; 
Heute sind wir noch keimend« Saat, 
Morgen vielleicht schon sterbende Mahd. 
Wilhelm Krick. 
Gegen Mittag wurde ein Boot weit draußen sichtbar. 
Durch das Fernglas konnte man sehen, daß es ein kleines 
Fischerboot war, das hilflos umhertrieb. 
„Wir müssen wohl lieber zu ihm hinkreuzen?" fragte 
der Steuermann. £ 
„Tun wir das", antwortete kurz der Kapitän. 
Er war nicht erfreut über diese Verspätung. Aber 
sein Gewissen verbot ihm, vorbeizusegeln, wenn jemand 
so dringend der Hilfe bedurfte. 
Als man nahe an das Boot herangekommen war, 
zeigte es sich, daß nur ein Mann sich dort an Bord be¬ 
fand. Aus seinen Zeichen verstand man, daß dem Mo¬ 
tor wirklich etwas fehlte, und daß er nichts dagegen 
habe, geborgen zu werden. 
Er war ein kräftiger, junger, flotter Kerl. Als man 
ihn erreichte, enterte er mit einer Leichtigkeit die Leiter 
in die Höhe, daß man merkte, es sei das nicht zum ersten 
Mal der Fall. 
„Na, Mister Havarist, sagte der Kapitän Andersen 
scherzend. „Sie waren auf dem Weg nach Westen, und 
das ganz allein?" 
Der Havarist stand und betrachtete sein treibendes 
Eigentuni mit einem ergebenen Lächeln, das zu erken¬ 
nen gab, daß er schon früher den Fährnissen des See¬ 
lebens ausgesetzt gewesen sei. , 
„Wir waren auch zwei Mann mehr", sagte er. „Wir 
gingen gestern bei Dragsted vor Anker und lagen gut in 
Lee hinter den hohen Dünen. Die zwei anderen ruder¬ 
ten an Land, um Familie, die sie in Dragfteb hatten, zu 
besuchen. "Ich legte mich hin, um zu schlafen. Als ich 
auswachte, war ich weit draußen, die Ankerkette war ge¬ 
rissen. Nun konnte ich kein Land mehr entdecken. Ich 
stellte den Motor an und stampfte landeinwärts. Bald 
kam auch wieder Land in Sicht. Aber da versagte der 
Motor, und seitdem trieb ich umher." 
„Nach Ihrer Sprache zu urteilen, sind Sie nicht aus 
Westjydland?" 
„Nein, aus Kopenhagen. Ich bin seit Jahren zur 
5ee gefahren. Bann strandete ich hier an der Küste. 
Und dann verliebte ich mich in ein Mädchen. Sie 
wollte, daß wir heiraten, und' ich zu Hause blieb und 
bischer wurde." 
Der Schiffbrüchige hatte genug zu essen gehabt, 
vährend er umhertrieb, aber er war trotzdem dankbar, 
ils er eine warme Mahlzeit vorgesetzt bekam und 
rockene Kleider von den Kameraden erhielt. Sowie er 
sich etwas erholt hatte, griff er tüchtig zu. 
Gegen Abend strich man an Hanstholmen vorbei. 
Alle Mann an Bord waren an Deck und starrten an- 
fächtig auf die graue Küste des Heimatlandes mit ihrer 
unruhigen Brandung, die vertrauenerweckend in dem 
wachsenden Sturm sichtbar wurde. 
Immer mehr nahm der Sturm zu. In der Nach: 
caste er und man muhte die Segel einziehen und sich 
loiberftanbslos dem Wetter ausliefern.. Aber man nahm 
bas gleichmütig auf, zog die Harmonika hervor und 
sang trotz des herrschenden Unwetters Heimat- und 
Weihnachtslieder. 
Zwei Tage hindurch trieb die „Irene" umher. Dann 
ebbte der Wind ab und blies von Westen. Hofsnungs- 
; Tief im innersten Walde lag ein Dorf, weitab von 
jen nächsten Siedlungen, kein« Eisenbahn kam dort hin, 
kein Kraftpostwagen. Die Menschen lebten friedlich 
ihren Tag und schliefen die Nacht, wie das vom lieben 
Gott so eingerichtet ist. Im Sommer gingen die Leute 
aufs Feld, bestellten den Acker und trieben das Vieh 
über die Weiden; im Winter, wenn die dem Boden 
schwer abgerungene, karge Frucht in die Scheuern ge¬ 
fahren war, übten sie alle, Mann und Weib, jung und 
alt, ein ererbtes Handwerk — sie schnitzten Spielzeug 
und bemalten es mit lackbunt leuchtenden Farben. Um 
die Weihnachtszeit kamen ein paar Händler durch den 
SB alb heran, erftanben für geringen Lohn, was ber 
Fleiß der Dörfler erarbeitet hatte, und brachten die 
Ware in die grell erleuchteten Auslagen der städtischen 
Läden. In diesem Jahr aber waren die Händler aus¬ 
geblieben, die Ware lag hoch gestapelt in dem Saal des 
Wirtshauses, wo der Verkauf sonst immer stattgefunden 
hatte, und man beratschlagte schon, ob man das Spiel¬ 
zeug selbst in die Stadt schaffen sollte. 
In einem Häuschen dicht neben der Kirche wohnte 
der Krippenschnitzer Kaspar, ein Mann von fast achtzig 
Jahren, der fein Handwerk noch so betrieb, wie er’s in 
der Jugend von Großvater und Vater gelernt hatte. 
Mochte man ihm, wenn er über die Straße ging, auch 
fein Alter ansehen — sobald er in seiner Werkstatt an 
dem Tische saß, die Hobelbank im Rücken, Holz und 
Schnitzmesser vor sich, glich er wieder einem Mann in 
fräftiger Lebensmitte. Martha, sein Weib, war gut 
zehn Jahre jünger, auch viel hurtiger in ihren Be¬ 
wegungen, und am hurtigsten mit der Zunge; denn sie 
liebte zwar den Mann auf ihre Art, aber sie konnte 
sich, wie schon in der Jugend, mit dem einfachen, ja 
armseligen Leben nicht absinden, das sie an der Seite 
des Krippenschnitzers führen mußte. Die Menschen brin¬ 
gen zwar für mancherlei oberflächliche Vergnügungen 
viel Geld auf, nicht aber für ein Krippenwerk, obwohl 
es voller Bedeutung, voll inniger Gefühle und fein¬ 
sinniger Gedanken ist. 
So konnte man also noch viel weiter, als an frost- 
klaren Tagen der Schatten des Kirchleins grottenblau 
auf den weißen Schnee fiel, die keifende Stimme dieser 
Frau hören: er, Kaspar, solle doch endlich von seiner 
Arbeit ablassen, kein Mensch auf der Welt zahle sie ihm 
aus, in den Läden und Warenhäusern kaufe man doch 
nur geringe Ware, und das könne man den Menschen 
nicht einmal verübeln, die kaum das Nötigste zum täg¬ 
lichen Brot hatten. Sie, Martha, sitze nun säst ihr 
ganzes Leben in dem kleinen, kümmerlichen Hause, und 
sie könne den Tag nicht segnen, an dem sie auf ein 
solches Leben sich eingelaffen habe. So zeterte die Frau, 
und wenn sie auch schlimmer sprach, als sie es eigentlich 
meinte: ein anderer als Kaspar hätte ihr wohl mit 
einem kräftigen Donnerwetter die törichte Rede abge- 
schnjtten. 
Aber Kaspar? Der alte, weiße Mann sagte nur, in¬ 
dem er ruhig das Schnitzmesser, das er gerade in der 
6 Hand hielt, vor sich aus den Tisch legte, er werde seine 
Krippensiguren schnitzen, wie er es von seinem Vater 
gelernt habe, und auch vom Großvater und daran werde 
sich nichts ändern. Wer eine Krippe schnitze — und 
während er das sagte, ließ er (eine Augen zu dem alten, 
verwitterten Heilandsbild hinübergehen, das an der 
Außenseite der Kirche in die Wand eingelassen war —, 
der stehe mit dem Erlöser auf du und du, und da könne 
ihm niemand dazwischen reden, nicht einmal sein ehe¬ 
liches Weib. Diese oder ähnliche Worte hatte Martha 
schon oftmals gehört, sie übten auf ihr Gemüt weniger 
Ei idruck als dos helle Klingen und Klingeln der Schlit¬ 
tenglöckchen, das in diesem Augenblick von der Dorf¬ 
straße herüberwehte. Sie machte sich also auf, um 
nachzufchauen, was für ein Schlitten das wäre, denn 
so alt sie war, die Neugierde stak lljr noch fo in den 
Knochen, als ob sie zwischen siebzehn und fünfundzwan¬ 
zig wäre. Kaspar aber nahm lächelnd sein Schnitzmes¬ 
ser wieder in die Hand. 
Er dachte darüber nach, indem er begann, einen 
' zwölfzackigen Stern aus dem Holz zu schneiden, was 
für ein Glück es doch fei, als ein Krippenschnitzer ge¬ 
boren zu fein und zu werkeln! Denn wer über .solcher 
Arbeit sitze, der habe doch immer Weihnachten; nicht 
nur zwischen dem ersten Advents- und dem Dreikönigs 
: tag, sondern immerzu, solange er mit dem Messer das 
Holz forme. Freilich, eine Weihnacht mit glänzenden 
Geschenken sei das nicht; aber darum fei sie dem beth- 
lehemitischen Geschehen doch wohl näher als jede laute 
ring. Unermüdlich stand er am Steuer, hielt Ausschau, 
half dem Koch in der Kabine oder trocknete das naff« 
Zeug der Kameraden. 
„Sie sind fast unentbehrlich, Jensen," sagte der Ka¬ 
pitän. „Es war ein Glück für uns, daß wir Si« auf- 
fischten." 
Ein Tag folgte dem anderen, ohne daß das Wetter 
sich besserte. Bald kam der Wind aus Südost, mit peit¬ 
schenden Schneeschauern, bald aus Südwest mit pfeil¬ 
spitzem Regen. Manchmal flaute er wohl etwas ab, 
und man setzte Segel, hielt auf die Heimatrüste zu. 
Aber immer wurde man wieder zurückgetrieben. 
Es war ein hartes Sichqucilen für die Mannschaft. 
Jeden Tag waren alle Mann vollkommen durchgeweicht. 
Das Esten bestand bald nur noch aus Biskuits und Was- 
(er. Alle hatten die Hoffnung begraben, bis Weih- 
nachten zu Hause zu sein. Nur der Fischer blieb ver¬ 
gnügt und tröstete den weinenden Schiffsjungen: 
„Wir werden schon noch bis Heilig Abend an Land 
kommen, jedenfalls in irgendeinen Hafen. Kopf hoch, 
Bengel. Du mußt froh sein, wenn dir niemals Schlim¬ 
meres begegnet als dies." 
Aber als Weihnachten kam, trieb man noch im Sturm 
auf See in hohem Seegang. Man beging das Fest sehr 
niedergeschlagen, nicht ein Sonnenstrahl drang durch den 
dichten Nebel ringsum. 
Am Heilig Abend war man oben bei Norwegen. 
Durch den Nebel kam man der Küste fo nahe, daß es 
nur der fielen Wachsamkeit Peter Jensens zu danken 
war, wenn man nicht auf Grund lief. 
Nun wurde Schiffsrat abgehalten. Die ganze Be¬ 
satzung war des Kampfes mit der See müde. Nur Pe¬ 
ter Jensen meinte, es fei gut, noch einen Versuch zu mö¬ 
gen. Aber da er ein Fremder war, hotte seine Mei¬ 
nung nicht viel Bedeutung. Man beschloß, den näch¬ 
sten norwegischen Hafen aufzusuchen und dort abzu- 
marten, bis das Wetter sich besserte. 
Aber der Sturm lieh dies nicht zu. Das Segelboot 
Der Sturm nahm zu. „Irene" lag meistenteils back- 
borbs im Wasser. Aber Kapitän Andersen wollte ungern 
die Segel reffen lassen. Außerdem ahnte er, daß der 
Wind leicht entgegensetzt umspringen konnte. Es galt, 
nach ©tagen hineinzukommen. Es war ihm nicht gleich¬ 
gültig, ob er einen Tag früher ober später in ben Hafern 
gelangte. 
vor Neujahr . — , . 
Unorbnung und mußte umfassend repariert werden. 
„Meine Frau hat das ausrichten sollen: O, sie wußte 
wohl schon, daß das vergeblich gewesen wäre!" 
Schritte zurück und blickte 
„Wieso vergebens?" 
„Well das dem Sinn eines Krippleins widerspricht," 
sagte Kaspar leise, flüsternd fast, „eine ©chaukelwiege 
mag für verwöhnte Kinder taugen, nicht für unfern 
Herrn Jesus." 
Herr Gubitz bekam einen roten Kops, er war es nicht 
gewöhnt, daß man sich weigerte, seine Befehle auszu¬ 
führen — und außerdem mar er nicht gesonnen, in die¬ 
sem Dorf, in bas er übers Jahr wieder mit einem 
klingenden Schlitten, vielleicht sogar mit einem Straft- 
mögen einzufahren gedachte, fein Ansehen untergraben 
iu lassen. Er stampfte also mit dem Fuß auf und schrie: 
„Dann behalten Sie gesälligst Ihren Dreck!" 
Kaspar lächelte, wie von überirdischem Glück über¬ 
strahlt, denn er brauchte nun feine Krippe nicht weg¬ 
zugeben; Martha aber, die keinen Bisten Brot mehr 
im Haufe hatte, lief jammernd hinter ihm her. Sie schalt 
ihn einen Narren, einen Esel, er hörte nicht bar auf. 
Aber ben zwölfzackigen Stern hielt er in ber Hanb. 
Festlichkeit. Denn ber Herr der Welt fei unter ben 
Aermslen der Armen auf die Welt gekommen, in einem 
Kripplein, auf Heu und auf Stroh, mitten im kalten 
Winter . . . 
Als er über feinem Nachdenken bis hierhin gelangt 
mar und schon ein paar Zacken des künftigen Sterns 
aus dem Holzfcheibchen herausgefchnitzt hatte, riß Mar¬ 
tha plötzlich die Türe weit auf, fo daß die Kälte ins 
Zimmer drang, und rief noch von draußen her ihrem 
Manne zu, er möge sofort ins Wirtshaus kommen, 
der Händler aus der Stadt fei da, er wolle die große 
Krippe kaufen, Kafpars Hauptwerk in diesem Jahre, 
die große Krippe mit ben vielen Figuren, Menschen so¬ 
wie Tieren, unb der Mann böte soviel, wie ihnen nie 
für eine Krippe in Aussicht gestellt worden sei — unb 
nun slanb sie ba, bas arme Weib, ganz hinter Atem unb 
vor Kälte tlappernb, ins Innerste erregt von ihrer fro¬ 
hen Botschaft. 
Kaspar vernahm ihre Worte unb vernahm sie wie¬ 
derum nicht. Er sagte nur, eine Krippe, an ber der 
zwolfzackige Stern fehle, fei keine Strippe, wie sie ihm 
vom Großvater unb Vater überkommen fei; unb ohne 
ben Stern könne er sie nicht verkaufen. Sie, Martha, 
möge getrost ins Wirtshaus zurückgehen unb ben Stauf 
abschließen, er aber, Kaspar, werbe ben Stern inzwi¬ 
schen sertigstellen, aus gutem Lindenholz und mit allen 
Zacken, und ihn dann ins Wirtshaus hinüberbringen. 
Und nun möge sie die Tür wieder schließen, denn ihn 
friere . . . 
Martha zog die Tür ins Schloß, mit einer Wucht, 
die man ihren siebzig Jahren kaum hätte zutrauen (ol¬ 
len und stapfte bekümmert ben Weg zum Wirtshaus 
zurück. Sie seufzte tief; einmal, weil sie Kafpars Starr- 
fin kannte, zum anberen, weil sie ihm etwas verschwie¬ 
gen hatte, bas er boch erfahren mußte unb bas sie zu 
sagen sich nicht getraute, obwohl sie sein Weib war. 
In dem Wirtshaussaal stand Herr Gubitz, ber Händ¬ 
ler aus ber Stabt, unb wartete auf den Krippenschnitzer 
Kaspar. Was er kaufen wollte, hatte er gekauft, unb 
noch einiges mehr, ba ihn die Leute so sehr bedrängt 
hotten: aber di« Strippe mar nicht für ben Spielzeug¬ 
laben, mar für seine Stinber bestimmt. Martha lief 
immer roieber zur Türe, um nach ihrem Mann ouszu- 
fchauen; aber ber kam unb kam nicht, und Herr Gubitz 
trat schon von einem Fuß auf ben anbern, während 
im Hof ber Wirt schon bie Pferde vor den Schlitten 
schirrte. Unb bann kam Kaspar boch, er hielt ben zwolf- 
zackigen Stern in ber Hanb wie eine Blume aus bem 
Vorfrühling, unb er trat ein, suchte nach seiner Strippe, 
fanb sie auf bem Tisch neben ber Tür unb steckte ben 
Stern auf ben First bes Stalles von Bethlehem: Herr 
Gubitz aber sagte: 
„Nun, mein Lieber, — roo bleibt die Schaukel¬ 
wiege?" Kaspar blickte ihn verwundert an. 
„Ich ließ doch durch Ihre Frau eine ©chaukelwiege 
. ." Kaspar richtete sich groß auf unb wischt« die 
Worte des Händlers mit einer einzigen Handbewegung 
fort. 
Stich jund, Wecde 
Es wechseln Sterben und Werden 
Vom Anbeginn« der Erden: 
Sterner keimen unb blühen und reifen, 
Wurzeln müssen bie Erbe ergeifen, 
Menschen wachsen unb lieben und zeugen. 
Menschen müssen zur Erde sich beugen, 
Leben wächst aus ber heiligen Kraft, 
Di« im Keim alle Dinge erschafft. 
Ein eisiger Süboft fegte über bie Norbfee unb fetzt« 
sich in bie Segel bes Fahrzeugs .Zrene", bas Kurs auf 
Hanstholmen hatte. Es herrschte Feiertagsstimmung 
an Borb. Einige ber Besatzung summten Weihnachts¬ 
lieber. Gewiß war es erst Anfang Dezember, aber bie 
Festtage waren boch schon nahe. 
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