Full text: Fuldaer Zeitung (1938)

Dienstag, den 20. Dezember 193g 
Zwischen nhön und Vogelsberg 
_ ä M Die tägliche Heimatbeilage der Fuldaer Zeitung 
Amtliches Kreisblatt 21 
Run- um -en Petersverv 
Petersberg. Die N. S. Frauenschaft feierte den Tag 
ihres fünfjährigen Bestehens im Saale der Gastwirt¬ 
schaft Steinhäuser. Die Leiterin konnte zahlreiche Mit¬ 
glieder und als Gäste die örtlichen Vertreter der Partei 
und deren Gliederungen, der Gemeinde, sowie die Kreis- 
frauenschastsleiterin Frl. Schmidt, Fulda, begrüßen. 
Frau Goldbach verlas die Chronik der Frauenschaft, die 
einen Einblick in das reiche Schaffen und Wirken in den 
S Jahren gab Am 1. 12. 33 gründeten 14 Frauen von 
Petersberg die hiesige Frauenschaft, deren Leitung Frau 
Eva Steinhäuser übernahm. In den folgenden Mona¬ 
ten wuchs die Zahl der Mitglieder rasch aus 85 an. Heute 
umfaßt die Petersberger Frauenschast 98 Mitglieder und 
außerdem sind 24 Frauen Angehörige des Frauenwerks. 
In der Kinderschar werden 23 Kinder betreut. Neben 
der weltanschaulichen Schulung wurde die praktische 
Müttcrschulung durch Kurse, Borträge, Ausstellungen 
gefördert. Aber auch der Frohsinn kam in den 5 Jahren 
nicht zu kurz, wie dies in gemeinschaftlichen Ausflügen, 
regelmäßigen Singstunden, ernsten und frohen Feier¬ 
stunden und beim Besuch nachbarlicher Frauenschaften 
zum Ausdruck kam. Eine Fülle von Arbeit wurde ge¬ 
leistet. Man darf die N. S. Frauenschaft zu dieser Tä¬ 
tigkeit für Familie, Volk und Staat beglückwünschen. 
Frl. Schmidt würdigte in einem kurzen Vortrag die 
Stellung der Frau im heutigen Staat. Anschließend 
wurden die ersten 8 Frauen des Frauenwerks verpflich¬ 
tet, ihnen da» Abzeichen überreicht und weitere Frauen 
ausgenommen. Die Leitung der Petersberger Frauen¬ 
schast wurde Frl. Hofacker übertragen, während Frau 
Steinhäuser für die Leitung der Ortsgruppenfrauenschaft 
bestimmt wurde. Bei Kaffee und Kuchen und frohem 
Sang blieben die Frauen mit ihren Gästen noch manche 
Stunden beisammen. 
Der Darlehnskassenverein hatte am Sonntag nach¬ 
mittag feine Mitglieder im Saale der Gaftwirtfchasl 
Steinhäuser zur diesjährigen Herbstgeneralversammlung 
einberufen. Der Leiter des Vereins gab eingangs eine 
kurze Uebersicht über die Bewegung tm laufenden Ge 
schäftsjahr, aus der hervorging, daß die Grundlage des 
Verein» gut ist. Das Vertrauen der Sparer zeigt sich in 
wachsendem Maße. Es konnten im lausenden Jahre 
wieder 98 neue Sparkonten eröffnet werden. Auch das 
Jugendfparen ist dank der Michilse der Schule erheblich 
gestiegen. Am nationalen Spartag beteiligten sich 208 
Jugendliche Der Umsatz hat sich wiederum gehoben, 
ebenso steigerte sich im Verein der bargeldlose Zahlungs¬ 
verkehr. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates verlas den 
Prüfungsbericht von der Prüfung im Juli 1938. Der 
Rechner erläuterte das Abholverfahren, das am 1. Ja¬ 
nuar 1939 eingeführt werden soll. 
Der Weihnachtsmann besuchte am Sonntagabend un¬ 
sere HI und den BDM und schuf festesfreudige Stim¬ 
mung im Kreise unserer Jugend. 
Der an der Straße zwischen Petersberg und Hor¬ 
wieden aufgefundene erfrorene Mann stammt aus Hof¬ 
bieber. Seine Leiche wurde dorthin überführt. 
Am Montag veranstaltete hier die Kreisbauernschafl 
eine Schulung der Bauern und Jungbauern, die in¬ 
folge der grimmigen Winterkälte nur schwach besucht 
war. 
Wieviel Alkohol darf -er Kraftfahrer trinken? 
Eine Gewmenssraye vor -en Feiertagen 
Was wäre eigentlich eine Sylvesterfeier ohne Sekl 
»nd was wäre der allerschönste Weihnachtsabend ohne 
eine gute Flasche Wein? 
Nein — das wäre gewiß nicht schön! Das wäre wie 
»in Fisch ohne Gräten, wie eine Suppe ohne Salz, wie 
»ine Frau ohne Anmut und Schönheit und — das wäre 
«infach ein Leben ohne Freude, ein Fest ohne Inhalt, 
«ine Sache ohne jeden tieferen Sinn! 
Denn die Anhänglichkeit an den Alkohol haben wir 
von unseren Vorfahren — den Germanen — geerbt und 
niemand von uns wird unseren Urvätern dieser Erbschaft 
wegen gram sein. Außerdem ist der gesunde Männer¬ 
durst weder eine Ersindung, noch eine typische Charak¬ 
tereigenschaft der Deutschen, sondern eine weit verbrei¬ 
tete internationale Angelegenheit, da in zahlreichen an¬ 
deren Ländern jo auch gern getrunken und nur in ganz 
wenigen der absoluten Abstinenz gehuldigt und das Was¬ 
ser angebetet wird! 
Wer möchte mithin einem echten deutschen Mann des¬ 
wegen gram sein, weil er die herrlichen Gaben der Göt¬ 
ter, die uns mit dem edlen Rebensaft und seinen Ab¬ 
arten überkommen sind, nicht aus tiefstem Herzen ver¬ 
achtet? Wer möchte den ersten Stein aus den werfen, 
der jetzt während der bevorstehenden Feiertage einen 
ganz kleinen Zug über den ärgsten Durst trinkt und wer 
möchte die Fahne ergreifen, um uns deutsche Krastfah- 
rer olle in die Abstinenzler- und Kostverächtervereine 
hinein zu führen? 
Nein — der Himmel soll uns unseren gerechten deut¬ 
schen Durst erhalten und er soll geben, daß wir Kraft¬ 
fahrer nicht dereinst an eingetrockneten Kehlen zugrunde 
IllIlssslIssssssssssss!IlsssssslIslIssIsIlIMIIsss!sssss>ssssi>sss!sIlsssssss!ss>s>NsMM!I!sis>sssIs»»WII!i»ll!»ii» 
XpactneuigAetten in Jdicte. 
Der Billard-Länderkampf Deutschland—Belgien in 
Düsseldorf steht noch dem zweiten Tage 13:7 für die Bel¬ 
gier. Von den Deutschen erreichte nur Joachim ein Un¬ 
entschieden gegen van Belle, während Tiedtke und Litt- 
gehetmann geschlagen wurden. 
» 
Walter Meusel (Berlin), der deutsche Schwergewtchts- 
Boxmeister, wird anfangs März in Frankfurt a. M. 
boxen. Der Gegner steht noch nicht fest, doch wird es 
«in Mann der europäischen Spitzenklasse sein. 
♦ 
Der Kalifornier ßou Novo siegte am Freitag abend 
in Newyork gegen den früheren britischen Schwerge¬ 
wichts-Boxmeister Tommy Farr nach Punkten. Novo 
hat sich durch diesen Sieg in die vorderste Reihe der 
führenden Schwergewichtler der Welt geschoben. 
gehen. Durst ist und bleibt ein Merkmal der Männ¬ 
lichkeit und es ist keineswegs einzusehen, aus welchen 
Gründen wir Kraftfahrer davon unbedingt eine Aus¬ 
nahme machen müssen. 
Und doch verlangt das Kapital „Alkohol-Genuß" ge¬ 
rade in diesen Tagen, die unseren schönsten Festen vor¬ 
angehen, ein klein wenig Nachdenken und ein gewisses 
Maß von Verantwortungsgefühl, von dem kein Kraft¬ 
fahrer entbunden werden kann und auch nicht entbunden 
werden darf! Jedes Kind weiß, daß die muntere Stim¬ 
mung und die Fröhlichkeit, die erfahrungsgemäß mit 
dem Alkoholgenuh immer verbunden ist, leider auch eine 
ganze Reihe von Gefahren in sich schließen, die zweifel¬ 
los belanglos sind, solange sie nicht auf die Menschheit 
losgelassen werden und diese gefährden. 
Die heitere, gehobene Stimmung, in die wir durch 
den Alkohol versetzt werden, wirkt sich so aus, daß die 
Aufnahmefähigkeit des Geistes, die Beobachtungsfähig¬ 
keit der Augen und des Gehörs, die Empfindsamkeit des 
ganzen Nervensystems und damit auch alle Reaktions¬ 
zeiten der menschlichen Sinne mehr oder minder stark 
herabgesetzt werden, so daß unter Umständen schon der 
leichte Alkoholgenuß am Steuer eines Kraftfahrzeugs 
Gefahren heraus beschwören kann, die wir sonst nicht 
kennen. 
Daran soll und muß der Kraftfahrer immer denken, 
und gerade während der Feiertage sich genau vor Augen 
halten, wo die Grenze der Verantwortung aufhört und 
die Verantwortungslosigkeit beginnt. Jeder vernünftige 
Mensch wird Verständnis dafür haben, daß in diesen 
Tagen unserer höchsten Feste auch vom Krastfahrer gern 
einmal ein guter Tropfen getrunken wird. Es wär« 
schlimm um uns bestellt, wenn das anders wäre. 
Wer aber weiß, daß er in diesen Tagen bereit und 
willens ist, dem Bachus den schuldigen Tribut zu zollen, 
der muß sich feiner Verantwortung als Kraftfahrer be¬ 
wußt sein und sein Fahrzeug auch einmal gerade aus 
diesem Grunde zu Hause in der Garage lassen können. 
Denn sicher ist es ein kleineres liebel, während der Feier¬ 
tage einmal die Straßenbahn oder eine Kraftdroschke 
benutzen zu müssen, als aus frohem Freundeskreis her- 
aus in mitternächtlicher Stunde unter der Einwirkung 
eines ausgesucht guten Tropfens einen Verkehrsunfall 
zu verschulden, einen Menschen zu verletzen oder gar 
selbst den Rest der Feiertage im Gipsverband im Kran¬ 
kenhaus zubringen zu müssen. 
Daran sollte jeder trinkfeste und trinkfrohe Kraftfah¬ 
rer gerade in diesen Tagen, die leicht dazu verführen, 
auch einmal gegen die Gewohnheiten zu handeln, denken, 
damit er keine unangenehmen Ueberraschungen erlebt. 
Daß bei Verkehrsunfällen durch die Polizei heute sofort 
bei den Beteiligten die Alkoholmeng« festgestellt wird, 
die sich im Blute befindet, ist bekannt. Es gibt keine 
gesetzliche Norm, wie klein oder groß dieselbe sein darf, 
denn die Empfindlichkeit der Menschen ist durchaus indi¬ 
viduell. Wissenschaftliche Messungen haben ergeben, daß 
schon bei 0,5 Promille Alkoholgehalt im Blute eine Be¬ 
einflussung des Kraftfahrers oorliegen kann, die diesen 
bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten und Ob 
liegenheiten hindert ober zumindest stark beeinträchtigt 
Bei Ziffern von 0,7 bis 1,0 Promille wird die Sache 
sogar sehr bedenklich, wobei wenige Kraftfahrer wissen, 
daß diese Werte schom bei einer Flasche Rheinwein ober 
bei zwei Glas Bier erreicht werden können. Nähert sich 
der Alkoholgehalt des Blutes jedoch der Ziffer 1,5 Pro¬ 
mille, dann kommen wir schon ganz nahe an die Grenze 
der Trunkenheit, an der jedes Verantwortungsgefühl ab¬ 
gestumpft, wenn nicht ganz erloschen ist. Dieser Wert 
entspricht dem Genuß von zwei Flaschen leichten Rhein¬ 
weins, der sich noch nicht einmal durch hohen Alkohol 
gehalt auszuzeichnen braucht. 
Der gewissenhafte, verantwortungsbewußte Kraftfah¬ 
rer sieht aus diesen Ziffern, daß er die gefährlichen 
Grenzen sehr viel schneller erreichen kann, als er sich all¬ 
gemein vorstellt, denn unter dem Begriff der Trunken¬ 
heit versteht man allgemein einen Zustand des sinnlos 
Betrunkenseins, wozu ganz erhebliche Mengen Alkohol 
gehören. Diese Annahme ist irrig, denn die Grenze, an 
welcher der Kraftfahrer betrunken ist, liegt wesentlich nie¬ 
driger, als diejenige, an der der Volksmund einen Mann 
als betrunken bezeichnet. Daran soll und muß jeder 
Kraftfahrer denken, denn das Erkennen der Gefahr be¬ 
wahrt in der Regel davor, daß man einfach in sie hin¬ 
einstolpert. 
Verschieden ist dabei naturgemäß die Alkoholempfind¬ 
lichkeit des einzelnen Menschen, denn während der eine 
rauhe Mengen verträgt, liegt der andere schon nach der 
ersten Flasche unter dem Tisch. Das soll zur Zeit der 
alten Germanen und später auf den Ritterburgen am 
Rhein genau so gewesen fein. Deshalb ist es notwendig, 
daß jeder einzelne Kraftfahrer die Grenze seiner Lei¬ 
stungsfähigkeit und seiner Alkohol-Festigkeit genau kennt 
und sie auch genau beachtet. 
Am Psychotechnischen Institut der Technischen Hoch¬ 
schule in Dresden haben die Professoren Straub und 
Hertel an einer größeren Anzahl Personen jetzt Versuche 
durchgeführt, um die zulässige Belastungsgrenze ein¬ 
wandfrei zu ermitteln. Es stellten sich dabei 16 Män¬ 
ner im Alter zwischen 18 und 50 Jahren zur Verfügung, 
deren Alkoholgewöhnung ganz verschieden war und von 
denen 12 den Führerschein besaßen. Je nach der 
wöhnung wurden zwischen 29 und 158 Gramm Alkohol 
in Form von Wein, Bier ober Bier und Weinbranb rJr 
abreicht. 
So verschieden, wie die Gewöhnung, war auch bas 
Ergebnis. Es wurden im Blut Alkoholwerte zwischen 
0,06 und 6,67 Promille gemessen.- Sämtliche Versuchs. 
Personen waren vor dem Alkoholgenuß einer Versuch?' 
reihe unterzogen worden, die alle Komponenten erfaßte 
die für den Kraftfahrer von Wichtigkeit sind. Gemessen 
wurde die Reaktion auf Lichtreize, die Zuordnungsreak- 
lion auf fünf verschiedene Lichtreize, Konzentration. Be- 
wegungsbeherrschung und Selbstkontrolle. Vor dem 
Alkoholgenuß haben alle Prüflinge die gestellten Anfor- 
berungen voll erfüllt. 
Nach dem Alkoholgenuß ergab sich ein wesentlich nen 
fchlechtertes Bild. Die Reaktionszeiten wurden je nach 
der Stärke des Alkoholgenusses länger und ungleichmäßj. 
ger, die Fahrgeschwindigkeiten wurden, von den Prüf- 
fingen unbemerkt, um ein Drittel gesteigert, die Fehllei- 
ftungen nahmen merklich zu. Im Einzelfalle ergaben 
sich starke Abweichungen, die nicht nur auf die genossene 
Alkoholmenge, als vielmehr auch auf die ganz verschieden 
gelagerte Alkoholempfindlichkeit zurückzuführen waren. 
Schon bei einem Alkoholgehalt von 0,4 Promille mä¬ 
ren 40 Proz. der untersuchten Fälle geschädigt. Bei 0,5 
Promille waren es 49 Proz., bei 0,8 Promille 75 Proz., 
bei 1,0 Promille 87,5 Proz. Bei 1,4 Promille Alkohol¬ 
gehalt jedoch waren 100 Proz. der untersuchten Fälle 
nicht mehr im Stande, die Anforderungen zu erfüllen, 
die an einen gewissenhaften Kraftfahrer gestellt werden 
müssen, wenn sich der Verkehr ungefährdet abwickeln soll. 
Man steht, daß mithin die ermittelten Werte bedeu¬ 
tend niedriger liegen, als in Kraftfahrerkreisen bisher 
allgemein angenommen wurde. Man hat darauf zu 
achten, daß in einem großen Prozentsatz der Fälle die 
schweren Schädigungen schon bei relativ geringem Alko¬ 
holgenuß auftreten, wenn nicht eine erhebliche Alkohol- 
gewöhnung vorliegt. 
Wir schreiben diese exakten wissenschaftlichen Feststel¬ 
lungen nicht nieder, um unseren kraftfahrenden Freun¬ 
den die Freude am Weihnachtsfest und am Sylvester¬ 
punsch zu verderben. Wir bringen diese Mahnung jedoch 
als eine ernste und sehr gut gemeinte Warnung, denn 
nach einem alten Sprichwort soll niemand zwei Herren 
dienen. Deshalb soll sich der Kraftfahrer vorher darüber 
klar sein, ob das Fest dem Motor ober bem Bachus ge¬ 
boren soll! 
Die kleinen Heimatnachriditen 
Bronnzell. (Vorsicht beim Straßenüber¬ 
queren.) Vergangene Woche ereignete sich auf der 
hiesigen Hauptverkehrsstraße in der Nähe des Jugend¬ 
heimes ein schwerer Verkehrsunfall. Eine neunjährige 
Schülerin überquerte nicht weit vom Ziegelhof die 
Reichsstraße. Das Kind, das feine ganze Aufmerksam¬ 
keit einem vorüberfahrenden Auto widmete, routbe von 
einem im gleichen Augenblick aus entgegengesetzter Rich¬ 
tung kommenden Personenwagen ungefähren und von 
dem stark abgebremsten Wagen auf der hier abschüssigen 
Fahrbahn einige Meter weit fortgeschleudert. Mit 
schweren Verletzungen an Kopf und Leib wurde die 
Verunglückte in ein Krankenhaus nach Fulda gebracht, 
wo sofort eine Operation vorgenommen werden mußte. 
Lichenrieb. (W i r t s h a u s st r «i t.) Dieser Tage 
kam es in einer hiesigen Gastwirtschaft zu Streitigkei¬ 
ten zwischen zwei Brüdern. Die beiden jungen Leute 
spielten Schach und gerieten gegen Ende des Spieles in 
einen heftigen Streit, der schließlich in eine wüste Sau¬ 
ferei ausartete. Durch das Eingreifen eines Gastes 
wurden die beiden wieder getrennt. 
Poppenhausen. (Seinen Verletzungen er¬ 
legen.) Wie schon vor einigen Tagen gemeldet wurde, 
ereignete sich am Ortseingang von Poppenhausen auf 
der Straße nach Fulda ein schwerer Verkehrsunfall da¬ 
durch, daß ein Motorradfahrer auf ein Auto auffuhr. 
Der Motorradfahrer, der 23jährige Josef Roth von 
Dietges, ist nun infolge schwerer innerer Verletzungen 
bas Opfer dieses Unfalles geworden. Er wurde gestern 
zu Grabe getragen. — Da am vergangenen (Eintopf- 
fonntag die Eintopfsammlung in unserem Ort und den 
umliegenden Gemeinden wegen der Maul- und Klauen¬ 
seuche nicht durchgeführt werden konnte, fand die Samm¬ 
lung gestern statt. Obwohl am Vortage die Hitler¬ 
jugend die bunten WHW-Holzfiguren verkaufte, konnte 
für die Eintopfspende ein ganz ansehnlicher Betrag 
notiert werden Auch die Pfundsammlung, die in der 
letzten Woche hier durchgeführt wurde, zeugte von einer 
großen Gebefreudigkeit. — Nachdem die Maul- und 
Klauenseuche in unserem Dorfe verschwunden ist, konn¬ 
ten nun auch die Beobachtung»- und Vorsichtsmaßnah¬ 
men eingestellt werden. Der Schulbetrieb konnte wieder 
in vollem Umfange aufgenommen werden. 
Lauterbach. Vorsicht mit der Stricknadel!) 
Ein Unfall, der die Gefährlichkeit des unvorsichtigen 
Umgehen» mit Stricknadeln beweist, ereignete sich im 
Kreisort Vaitshain. In der Spinnstube drang einem 
Mädchen durch eine ungeschickte Bewegung eine Strick¬ 
nadel tief in die Hand. 
Friedberg. (Schwerverletzt aufgefunben.) 
Auf der Landstraße zwischen Ober- und Nieder-Flor- 
stadt wurde der 61jährige Landwirt Heinrich Dauern- 
heim aus Ober-Florstadt in schwerverletztem Zustand 
aufgefunben. Vermutlich ist ber Mann von einem bis 
jetzt noch unbekannten Auto angefahren worden. Dau- 
ernheim starb nach kurzer Zeit. 
Friedberg. (Gute Zuckerrübenernte in 
der Wetterau.) Von der Rodheimer und Petter- 
roeiler Bauernschaft wurden in dieser Kampagne allein 
rund 20 000 Zentner Zuckerrüben abgeliefert, eine ge¬ 
genüber früher sehr hohe Anlieferung. 
Frankenberg. (Treudien st- Ehrenzeichen.) 
Im Rahmen einer Feierstunde wurde bem Oberpost¬ 
meister Stimbert, früher in Fulda, zur Zeit in Karls¬ 
bad, das Silberne Treudienst-Ehrenzeichen für 25jäh- 
rige Dienstzeit bei der Reichspost überreicht. 
Peter Wendts berühmte Frau 
Ein Roman von Künstlertum und Ehe 
40 Von tlse June,-Lindemann 
Urheb«r»Reditssdiutz■ Drei Qgellen-Verlag, K6nig*brOdt (bez. Dresden) 
Dann stand Peter Wendt im Büro und lachte auch. 
„Mich hätten Sie wohl am wenigsten in Berlin ver¬ 
mutet. Herr Doktor?" 
„Stimmt, stimmt genau. Gestern sprachen wir noch 
von Ihnen and überlegten, wie wir Sie auf schnellstem 
Wege herbefördern könnten." 
Peter nahm den angebotenen Stuhl und bediente sich 
aus dem Zigarettenkasten, den Knörr ihm reichte. 
„Wer war so liebenswürdig, sich mit mir zu beschis- 
tigen und meine Anwesenheit zu wünschen?" fragte er 
gespannt. 
„Gina und ich!" 
„Gina . wirklich . . Gina? Ist das wahr? 
Peter beugte sich vor. „Reden Sie weiter. Herr 
Doktor Spricht sie denn überhaupt noch von mir. 
Knörr lehnte sich in seinem Sessel zurück und stieß 
«inen komischen Seufzer aus 
„Leider! Sie spricht und denkt nichts anderes. Lie¬ 
ber Himmel, was könnte man au» Gina Holl machen, 
wenn Sie nicht auf der Welt wären!" 
In Peter war ein unbeschreiblicher Jubel Es war 
doch gut, daß er zu Knörr gefahren war Gelobt sei 
sein Instinkt, der ihm dazu riet! 
.Zch kann mein Dasein jetzt nicht mehr rückgängig 
machen" antwortete er vergnügt, „aber eins vermag 
ich: aus- Gina Holls Leben zu verschwinden, die 
Scheidung einzureichen und ihr den Weg zu ihrer Kunst 
sreizugeben " 
Knörr rang die Hände 
„Um Himmels willen. Mann! Sie fcheinen nicht zu 
wisfen, daß Gina sich gerade vor dieser Möglichkeit vier 
Monate lang gefürchtet hat! Warum haben Sie eigent¬ 
lich so lange geschwiegen und die Nerven Ihrer grau 
systematisch zermürbt?" fuhr er Peter Wendt an. „Ein 
wahres Wunder ist es. daß Gina trotz dieser Nerven¬ 
probe durchgehalten hat Aber jetzt ist sie fertig, voll¬ 
kommen erledigt durch Ihre Schuld " 
Peter erschrak. 
„3ft sie krank? ... Ich sah sie doch gestern auf der 
Bühne?" 
„Na . . und? Hat ske nicht hervorragend gespielt, 
war sie nicht ganz groß?" 
,^a, ich war erschüttert ..." 
„Pah . . . erschüttert! In die Luft hätten Sie gehen 
sollen, zerspringen, zerplatzen. Ich Esel, hätten Sie 
sagen sollen, ich dreimal gehörnter Esel. Eine solche 
Frau . ." 
„Habe ich Kamel nicht zu halten verstanden", unter¬ 
brach ihn Peter. „Sie haben recht, Herr Doktor, ich 
habe inzwischen gelernt, wie man es anders machen 
habe inzwischen lelemt, wie man es anders machen 
muß." 
Knörrs Gesicht war skeptisch. „Lieber Herr Wendt, 
das wäre erst zu beweisen. Aber Sie haben mehr Glück, 
als Sie verdienen. Gina liebt Sie und das gibt Ihnen 
Chancen Ich glaube, sie ist entschlossen, ber Bühne end- 
gültig den Rücken zu kehren." 
„Doktor!" 
Wendt sprang auf, warf den Zigarettenrest in die 
Schale und stand vor Knörr. Es hätte nicht viel gefehlt, 
und er wäre ihm um den Hals gefallen. 
„Glauben Sie das wirklich?" 
„Son einem Glauben ist gar nicht mehr die Rede 
Ich weiß es. Gina hat genug vom Theater." 
„Hat sie bas gesagt?" 
„Menschenskind. es braucht nicht alles ausgesprochen 
zu werden So etwas fühlt ein alter, erfahrener Thea- 
termann Ich weiß jetzt, baß Gina, auf die ich so große 
Hoffnungen setzte, mehr Frau ist als Künstlerin. Sehen 
Sie. es gibt Schauspielerinnen, die nur eine große Siebe 
haben: ihre Kunst. Nebenbei haben ske kleine Liebe¬ 
leien, die nichts bedeuten. Und es gibt Frauen, die eine 
Zeitlang große Schauspielerinnen sind und sich einbil¬ 
den, es auch Immer zu bleiben. Bis bann die große, 
eine und einzige Liebe kommt und sie gänzlich umformt 
Diese Frauen sind für die Bühne verloren, auch wenn 
sie sich zu ihr zurückfinden sollten. Sie werden mit der 
Zeit krank, wenn man ske ihrer Bestimmung, Gattin und 
Mutter zu sein, entzieht. Eine solche Frau ist Gina, und 
wissen Sie, was ich glaube . . .?" Knörr stand auf, 
trat dicht an Peter heran und flüsterte ihm ins Ohr: 
„Sie sehnt sich danach, Mutter zu werben." 
Heber Peter Wendts offenes Gesicht flog Röte. Plötz¬ 
lich packte er Knörrs Hände und drückte sie. 
Knörr lachte behaglich, seine Brillengläser blitzten, 
als freuten sie sich mit. 
„Das ist Ihren Ohren Engelsmusik, wie?" 
„Mehr als bas! Ich muh Gina sprechen. Wo treffe 
ich sie am sichersten? Ist heute Probe, kommt sie her?" 
„Ihre Frau hat bis zum 2. Januar Ferien." 
„Auch das noch! Dann brauche ich ja gar nicht um 
Urlaub für sie zu bitten, wie ich es vorhatte. Will sie 
fort, hat sie etwas gesagt?" 
Knörr hob die Schulterns. 
„Keine Ahnung. Jetzt ist sie gewiß noch in ihrer 
Pension. Sie kennen ja die Pension Kelling, nicht 
wahr? Nehmen Sie ein Auto und fahren Sie hin. 
Aber . . . Kontraktbrüche gibt es nicht mehr, verstan- 
den? Bis zum Frühjahr ist Frau Gina Holl unserem 
Theater verpflichtet. Und wifsen Sie was? Wenn 
Sie Geduld genug aufbringen, bis zu diesem Zeitpunkt 
zu warten, wenn Sie Ihrer Frau Ihre Zustimmung 
Dl. Dante 
wünscht sich: 
Reiset oilettetasdien 
Maniküren 
Kristallgarnituren 
Seifen, Parfümerien 
und Puderdosen. 
Dies alles finden Sie in grober 
Auswahl und in geschmack¬ 
voller Ausführung in der 
CeHtcabfyuläHietie C GSrenßn 5 
Cewtcal= l^assaqe 
geben, baß sie bi» zum Schluß der Spielzeit bei un» 
bleibt, so wird da» nur von Vorteil für Sie beide sein." 
Wendt nickte. ,Lch verstehe, Herr Doktor. E» ist 
zwar verflucht schwer, aber ich werde es schon schaffen." 
„Sie müssen es schaffen, weil jetzt alles von einem 
klugen, verständnisvollen Verhalten abhängt. Mann, 
Mann, Sie haben ein Glück, das man Ihnen neiden 
könnte." 
Sie schüttelten sich die Hände, und Knörr begleitete 
feinen Gast hinaus. 
„Grüßen Sie Dina, und machen Sie Ihre Sache 
gut Reisen Sie mit ihr fort, aber nicht nach Damerau. 
Tante Carla in allen Ehren — ich hatte das Vergnügen, 
diese famose alle Dame kennenzulernen —, aber jetzt 
müssen Sie zwei allein sein." 
„Ganz meine Meinung", lacht« Peter. 
Auf der Straße schlug er einen Trab an, der ihn 
an der nächsten Ecke mit einem behäbigen Berliner Bür¬ 
ger zusammenprallen lieh. 
„Hoppla . . brummte der Dicke. 
„Entschuldigen Sie!" jagte Peter mit strahlendem 
Gesicht. 
„Wenn Sk langsamer rennen, kommen Se schneller 
ans Ziel", rief ihm der Dicke nach. 
„Im Gegenteil, ich nehme ein Taxi!" 
Sprach'», winkte eine Autodroschke heran und stieg 
ein. 
» 
Dieser Dezembermorgen war grau und neblig. Aber 
dem, der ein ganzes Herz voll fröhlicher Hoffnungen in 
ihn hineintrug, lachte die Sonne. 
Peter hatte Blumen gekauft, die schönsten und kost¬ 
barsten, die er auf treiben konnte. Er drückte sie dem 
Mädchen in ber Kellingschen Pension in den Arm und 
schob sie ungeduldig hinaus. 
„Gehen Sie, sagen Sie meiner Frau, baß ich da 
bin." 
Nun stand er wieder im Arbeitszimmer des verstor¬ 
benen Obersten und wartete. Stand auf einem Fleck und 
schaute auf die Tür. 
Gina . . . Gina . . . Gina! 
Er hätte den geliebten Namen fingen und pfeifen 
mögen. - 
Was hatte Knörr gejagt? Machen Sie Ihre Sach« 
gut 
Natürlich, bas wollte er Aber dazu mußte man 
bas stürmische Herz zur Ruhe zwingen und den Kops 
klar behalten. 
Gina . . Gina . . . liebste Frau! 
Auf dem Eckschrank im Zimmer tickte eine altmodisch« 
Bronzeuhr. Der schnelle Takt des Uhrwerks hiell glei' 
chen Schritt mit dem Schlag seines Herzens. 
Gina . . Gina . . Gina! 
Peter hörte bas Mädchen die Treppe herunterkom- 
men. Gleich daraus vernahm er andere Schritte, fpri*1' 
gende, eilende ... D 
Sein Herz zuckte, setzte einen Augenblick aus und 
trommelte bann wie rasend In seiner Brust. Unwillkür' 
lich hoben sich seine Arme, öffneten sich . . 
Und bann war Gina da war fast lautlos durch ^e 
Tür geglitten und hatte sich in seine Arme eingeschmiegi- 
(Fortsetzung folgt.)
	        
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