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zes und ihrer jugendlichen Lebensfülle nach den Klosterfenstern der Schule in Fulda zurückwirft52 ) . Selbst der allen äussern Kennzeichen nach im neunten , wenn nicht achten Jahrhundert geschriebene Codex des ältesten Deutschen Dichterwerks , dessen Form noch allitterirend ist , des Liedes von Hildebrand und Hadubrand , soll aus dem Kloster zu Fulda nach Cassel gekommen sein53 ) .
So wirkte Hraban eine geraume Zeit als Vorsteher der Unterrichtsanstalt zu Fulda , in deren Leitung ihm unter andern Genossen der nachmalige Bischof Samuel von Worms zur Seite stand , der , ebenfalls ein Schüler Alkuins , sich seines grossen Meisters in der Hinsicht würdig bewährte54 ) . Dass Karl der Grosse , der schon gegen Ende des achten Jahrhunderts den Fuldaer Abt in einem Umlaufschreiben erinnert hatte , die Geistlichkeit müsste nicht bloss ihrem äussern Berufe treulich nachkommen , sondern auch gelehrt sein55 ) , dass ein solcher Fürst an dem Gedeihen und Aufblühen dieser Deutschen Schule den lebhaftesten und innigsten Antheil nahm , dürfen wir billigerweise voraussetzen ; ja er mochte sogar gegen den herzlichen Wunsch des Abtes Ratgar die wissenschaftliche Ausbildung der Mönche zu Fulda auf alle Weise begünstigt und lichst gefördert haben , bis jener eine seiner unwissenschaftlichen , bloss auf Bauten und materielle Gegenstände gerichteten Sinnesart , wie es scheint , günstige Gelegenheit nahm , um die bestehende Einrichtung des Klosters und wohl auch der damit denen Lehranstalt von Grund aus umzuändern , und die Brüder nicht bloss ihrer senschaftlichen Hiilfsmittel beraubte , sondern auch zu den drückendsten Handarbeiten nöthigte . Die deshalb bei Karl angebrachten Klagen und die von diesem angewandten Maassregeln hatten für den Augenblick eine Milderung der übel angebrachten Strenge zur Folge . Gleich nach seinem Tode aber brach das Ungewitter von neuem und tiger hervor . Der Mönch Candidus vergleicht in seinen Versen den Abt Ratgar einem Einhorn , das ohne Schonung über die Heerde losfährt , und ein altes vom Maler destus entworfenes Bild , das Browerus in den Fuldischen Alterthümern hat stechen lassen56 ) , stellt den Abt dar mit dem Krummstab in der Rechten und mit der Linken das Einhorn gegen die furchtsamen Schaafe richtend . Selbst Hraban musste den brauch seiner Bücher einbiissen , und er wendet sich vergebens mit den demüthigsten Ausdrücken an seinen harten Vorgesetzten . „ Dich , fleht er , bester Hirt , rufe ich dein Knecht um deine Gunst an . Deine Güte verstattete mir den Gebrauch von Büchern , aber meine Geistesarmuth erdrückt mich , und damit nicht alles worin mein Lehrer mich mündlich unterwiesen zu Grunde gehe , hab’ ichs den Blättern anvertraut . Daraus be -
52 ) Otfrids Krist von Graff S . XXXI f . a Rhabano venerandae memoriae digno , vestrae sedis quoii da in p raesule , educta parunx mea parvitas est *
53 ) Vid . Eckbardi Francia oriental . I p . 867 . Codex , unde fragmentum hoc desumptum est , exstat in hihliotheca Hasso - Cassellana , et olim Fuldensis monasterii fuit . Vgl , Grimms zwiefache Ausgabe des Gedichtes ,
54 ) Hrabani carrn . 21 , Operum T . VI p , 207 sq ,
55 ) Vid . Schannat . cod , probat , hist . Fuld , p , 82 sq .
A j ■'' t Fuld , p . 90 . Einen weit schlechteren Stich liefert Schannat , hist . Fuld , p , 93 ,