13
stehen noch jetzt die Erläuterungen ( glossae ) und Büchlein , die du mir dem digen zurückgeben mögest . Sowie das Eigenthum der Knechte von Rechtswegen ihrem Herrn gehört , so bist du mit Recht im Besitze alles dessen was ich geschrieben , und nicht als mein Eigenthum maasse ich mir unverschämterweise diese Schriften an , sondern stelle alles euerm Urtheil anheim , und wirst du mir sie nun geben oder nicht , so möge doch der allmächtige Gott dir alles Gute verleihen57 ) . “ Ratgars Starrsinn zog eine Auswanderung der meisten Mönche nach sich , an der jedoch Hraban wenigstens nicht gleich anfangs Antheil nahm ; denn in einem andern Gedichte schildert er einem in der Verbannung lebenden Bruder den öden Zustand des Klosters und bemerkt ausdrücklich , dass ein Theil der Mönche zu Hause geblieben sei ; dann aber , weil der gestrenge Hirt in seinem trotzigen Zorn die Schaafe von sich stösst und gegen alle wüthet , verlässt die Heerde den alten Stall und wandert aus58 ) . Da nun in einem handschriftlichen Commentar zu Josua Cap . XI Vers 8 Hraban über Sidon bemerkt : Ego quidem , cum in locis Sidonis aliquotiens demoratus sim , nunquam comperi duas esse Sidonas , unam magnam et aliam parvam , quantum ad terrenum pertinet locum : so hat Mabillon daraus mit grosser Wahrscheinlichkeit gefolgert , Hraban sei in jener ungünstigen Zeit nach dem gelobten Lande gepilgert59 ) . Die endlich erfolgte Absetzung Ratgars und die von Ludwig dem Frommen den Mönchen verstattete Wahl eines neuen Abtes , die auf Eigil fiel , brachte im Jahre 817 Friede und Eintracht zurück .
Nunmehr scheint auch die Schule in ihren früheren blühenden Zustand setzt worden zu sein und so fünf Jahre lang unter Hrabans Leitung sich gleichmässig gehalten zu haben , bis dieser selbst 822 nach Eigils Tod einstimmig zum Abt gewählt wurde ; worauf er seinen Schüler Walafrid Strabus , der später Abt in Reichenau wurde und durch seine Glossen in der Geschichte der althochdeutschen Litteratur hinreichend bekannt ist , der Schule vorgesetzt haben soll60 ) . Aber auch in dieser Eigenschaft nahm Hraban immer noch unmittelbaren Antheil an dem Jugendunterrichte , worin er falls dem Beispiel seines Lehrers Alkuin nacheiferte ; und sein Biograph Rudolf meldet ausdrücklich , so oft er sich weltlicher Sorgen entschlagen konnte , habe er entweder Andre in der heiligen Schrift unterrichtet oder durch Lesen und Dictiren ( d . h . indem er seine entworfenen Commentare aufzeichnen liess ) sich selber darin geweidet . Dass er von nun an mit desto grösserer Selbständigkeit und unverdrossenem Eifer an der - Wohlfahrt der seiner Oberaufsicht anvertrauten Schule gearbeitet habe , würde sich wohl
57 ) Carm . 13 . Operum T . VI p . 206 sq .
58 ) Carm . 30 . Operum T . VI p . 213 sq .
59 ) Dahl a . O . S . 117 ^streitet diese wohl begründete Vermulhung , gibt aber keinen andern Grund an , als
weil wir gewiss_jvissen , „ dass R . im J . 813 von dem Erzbischöfe Heistulf zu Mainz zum Priester geweihet worden iSt . “ In der Zwischenzeit aber von 813 bis 817 konnte Hraban öfter als Einmal nach Palästina reisen . Uebrigens wurde Hraban erst 814 Presbyter , oder im 1 . Jahre der Regierung Ludwigs des men , wie die Annales Fuldenses bei Mabillon 1 . c . p . 24 beurkunden , Cf . Pertzii monumenta Germaniae hist . I p . 122 . y - ir * ? -
60 ) Vid , Broweri Ant . Fuld . p , 59 . Vgl , Hoffmanns alth , Glossen S , VI sqq .