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Teufel war aber unstreitig nicht in den vom Geiste Gottes beseelten Mann , sondern eher in die weltlicher gesinnten Mönche gefahren , die sich sonst vor der Zuchtiuthe ihres Meisters gehörig schmiegen und kriechen mochten , jetzt aber durch ein politisches Ereigniss auf einmal ermuthigt wurden ihrer feigen Rachsucht Lutt zu machen , wie denn überhaupt solches Geschmeiss über den graden biedern Mann nur dann herzu - fallen sich erdreistet , wenn es von dessen Wehrlosigkeit überzeugt ist . Die Stimme der bessergesinnten Mönche wurde natürlich von dem Pöbelgeschrei übertönt , und um nicht ins Wespennest hineinzustechen durfte sie sich auch später nicht ganz frei und oifen gegen jene teuflische Empörung erheben , ertheilte jedoch unumwunden dem digen und ausgezeichneten Vorsteher das ihm von Gottes und Rechtswegen gebührende Lob . Er selbst konnte im Bewusstsein seiner Schuldlosigkeit und seines frommen Wandels , wie billig , schw eigen und dem Urtheil der Edeln und der unparteiischen schichte mit Ruhe und Gleichmuth vertrauen . Anfangs zog er sich laut den chern der Fuldischen Aebte über den Rhein in Lothars Reich zurück , und als ihn einige ihm nachgeschickte Mönche vergebens zum Wiederantritte seiner Abtwürde rufen versucht hatten , entschloss er sich erst nach erfolgter Wahl seines Nachfolgers und ehemaligen Mitschülers Hatto zur Rückkehr nach Fulda , aber nicht um fernerhin im Kloster zu wohnen , sondern als Klausner auf dem östlich gelegenen Petersberge , wo er früher selbst eine Kirche erbaut hatte66 ) , ein beschauliches Leben zu führen . Hier , wo zur Linken die malerischen Kuppen der Rhone , zur Rechten der dunkelblaue Rücken des Vogelsberges fernher dem Auge sich darstellen , während unten im Thale der Silberstrom der jungfräulichen Fulda durch blumige Wiesen sanft dahin gleitet , hier lebte er einzig der Religion , Wissenschaft und Natur , hier schrieb er unter andern sein enkyklopädi - sches Werk de Vniverso , welches er dem Bischof Hemmo zu Halberstadt , der einst sein Mitschüler war , zueignete und in einer vorausgeschickten Epistel also einleitete : „ Eingedenk des edlen Eifers , heiliger Vater , den du im Knaben - und Jünglingsalter für die Wissenschaften bewiesen , als du gemeinschaftlich mit mir nicht nur die lichen Bücher und der heiligen Väter Erklärungen darüber lasest , sondern auch die W eisheit dieser Welt , die Untersuchungen über das Wesen der Dinge . Nachdem mich die göttliche Vorsehung von der Sorge äusserer Beschäftigungen erlöst und dich zum Hirtenamte erhoben hat , dachte ich darüber nach , was ich deiner Heiligkeit mes und Nützliches schreiben könnte67 ) “ . So spricht ein sich keiner argen Schuld wusstes frommes Gemüth , das in der Einsamkeit den Umgang mit Gott und den Weisen der Vorzeit aufsucht , wenn seine lautersten Absichten von den Kindern der Welt kannt oder gar verhöhnt werden . Bei genauerer Prüfung wird man zwar bald inne , dass Hraban in den 22 Büchern über das All grösstentheils Auszüge der von ihm lesenen Schriften und ganze Artikel aus dem bekannten Etymologikon des Isidorus
66 ) Vid . Rudolfi vita § . 46 . cf . Broweri Aut . Fuld . p . 162 .
67 ) Operum T . I p . 53 .