Full text: Fuldaer politische Zeitung (1831)

Ordens ſtatt des hl. Ludwigs-Ordens (Gelächter) sehr 
beſchäftigez die Herren hätten aber, wahrscheinlich die 
Lächerlichkeit selbſt einſehend, einen andern Orden, den 
„Emancipations- Orden" (am beſten paſſt wohl Re- 
volutions - Orden") in Vorschlag gebracht, eingeführt, 
und obgleich sehr viele Officiere und Nationalgardiſsten 
das Kreuz sehr ungern angenommen hätten, 370 In- 
dividuen damit dekorirt. Hierauf wäre am Abende 
diesen neu Dekorirten eine Serenade gebracht worden, 
die aber keineswegs harmoniſch geklungen hätte, weil 
es eine Katzenmuſik von Kaſſerollen und Keſſeln ge- 
weſen wäre. Laut lachten die Schatten, so daß man- 
chen die lichthelen Thränen über die Wangen gelaufen 
ſind, und in der That wurde wohl zu keiner Zeit die 
Verdauung so gut befördert, als bei dieser Leftüre. 
Hierauf diskutirte man über die Werthlosſigkeit der 
Ordensvertheilungen in neuerer Zeit und daß es jedem, 
sſelbſt dem geringſten Manne zuſtehen könne, Orden 
zu kreiren und zu vertheilen u. s. w. Ich behalte 
mir vor, Ihnen darüber ein Weites und Breites zu 
berichten. Hierauf kam mit Eſtaffette der Straßburger 
niederrheiniſche Kourier im Reiche der Todten an. Ein 
Blick hinein reichte hin, zu bemerken, daß der alte 
Vulkan ſchon wieder an einem Orte seine Feuerwogen 
ausgeschleudert habe. Ich theile Ihnen die ganze 
Nachricht wörtlich mit, leſen Sie selbſt. ; 
; acſhtcſeh? j a. et Au ſſe.r | je x sten r 
nen. Die Seidenarbeiter und andere, 40,000 Mann 
ſtark, sind aufgestanden, und drohen in die Stadt ein- 
zurücken, um sie zu plündern und in Brand zu ſtecken. 
Linientruppen und Nationalgarden wollten ſich wider- 
setzen, wurden aber zurückgetrieben, und bereits zählt 
man beiderseits 40 bis 50 Todte und mehr als noch 
einmal so viel Verwundete. Weiber und Kinder der 
Arbeiter brechen in der Rotlkreuzvorſtadt das Pflaſter 
auf, und werfen die Steine nach den Belagerern. Ein 
Poſten Linientruppen wurde mit Stockſchlägen be- 
zwungen. Gräuliche Auftritte haben Statt gehabt. 
General und Präfekt, welche die Ordnung wieder her- 
stellen wollten, wurden von den Arbeitern gefangen, 
und sind noch jetzt in ihrer Gewalt, ohne daß man 
ihnen zu Hilfe kon men kann, denn die Infurgenten 
haben sich verbarrikadirt. Man fürchtet sehr, daß ſie 
dieſe Nacht in die Rhone geworfen werden. Vorzüg- 
lich auf den General iſt man erbittert, der versprochen 
hatte, die Linientruppen würden nicht feuern. Deſſen- 
ungeachtet hat eine Voltigeurkompagnie auf die Ouv- 
riers geſchoſſen und 3 Mann getödtetz nun ſtieg die 
Wuth auf's höchste. Der größte Theil der National- 
garde der Rothkreuz-Vorſtadt, der aus Arbeitern be- 
ſteht, hält zu den Inſurgenten. Schon den ganzen 
Tag wird Lärm geſchlagen. Diese Nacht erwartet 
man noch gräulichere Auftrittez und erhält nicht die 
Besapung, die nur aus einem unvollſtändigen Regi- 
ment und einer Dragonerſchwadron beſicht, Verſtärk: 
  
ung, die aus Mason und Grenoble erwartet wird, so 
iſt zu befürchten, daß die InsurgentenjMeiſter werden.“ 
Also wieder eine Revolution! Und Du liebes 
deutsches Volk begehrſt immer noch französische Glück- 
seligkeité Sei kein Aeffchen, verlange nicht mehr In- 
ſtitutionen von diesen Ausländern, ehe du weißt, daß 
sie selbſt wirklich glücklich sind, erringe und be- 
wache selbſt deine Freiheit, deutsch e Freiheit, keine 
Französisch ez; ſtemme dich gegen Willkühr von 
Tyrannen oder Despoten, verabſcheue aber die Re- 
volutionen, sie führen zu nichts Gutem und du haſt 
andre Mittel in Händen. A has les Revolutions, 
vivent les constitutiones des Allemans! 
R u ß la u d.. 
Die St. Petersburger Zeitung ſagt: „Jede 
Eroberung wäre für Rußland jetzt eine Laſt, und wenn 
der Kaiser Alexander im Jahre 1815 ſich dazu ver: 
ſtand, das Königreich Polen an Rußland zu knüpfen, so 
that er ſolches nur um Polens selbſt willen, welches 
auf keinen Fall ohne eine mächtige Stütze beſtehen 
konnte. Die Chimäre, welche einige unreife Politiker 
des Augenblicks ausgebrütet haben, Polen in seiner 
alten Geſtalt wieder herzuſtellen, iſt ein leeres Hirn- 
gespinnſt und beweiſt nur die Gedankenlosigkeit der 
Volksſchreier. Ehemals war das Beſtehen des mäch- 
tigen Polens für die Ruhe Europa’s unentbehrlich, 
denn Polen war ein Schild unseres Welttheils gegen 
den unbekannten Norden, gegen Tartaren, Türken 
und die mögliche Invosion wilder Aſiatiſcher Hor- 
den. Doch Polen gab freiwillig seine Beſtimmung 
auf und ging derselben unwiederbringlich verluſtig, 
ſobald es seine Staats-Inſtitutionen in Anarchie aus- 
arten ließ. Auch jettt zollen die Ruſſen dem tapfern 
Sinne ihrer Stamm-Verwandten, den Polen, de 
ſchuldige Gerechtigkeit und bedauern nur ihre Hale. 
ſtarrigkeit in der Vertheidigung einer unüberlegten 
Sache. Mit Anerkennung der polnischen Tapferkeit 
drängten die Ruſſen ſich eifrig zum Gefecht, denn 
Ruhm gebührt nur dem, der muthige Feinde beſiegt. 
Das Ende des Kampfes entschied der Wettſtreit des 
Muthes und der Standhafktigkeit beider Theile." 
Frankreich. - 
Die „Gazette" machte heute auf den Umstand 
aufmerksam, daß das Budget von 1832 wahrschein- 
lich dies Jahr nicht mehr votirt werden könnez ob- 
gleich die Kammern heit 6 Monaten versammelt seien, 
v habe man ſich doch noch nicht mit den wahren 
Interessen des Landes beſchäfligt. 
~ Hr. von Chateaubriand hat, gleichsam als Vor- : 
rede zur 11. oder 12. AusgaLe seiner letzten Bro- 
ſchüre, ein Schriftchen betitelt: „an die Leser" hereuaen. 
gegeben. Der Ertrag soll zur Deckung der über 
bie ſerſchieveuen Jonrnale verhängtcn Geldſtrafen ver- 
endet werden. : ? ; 
  
  
    
 
	        
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