Full text: Fuldaer politische Zeitung (1831)

   
men, oder sich ſelbſten eines Mißbrauchs zeihen. Von 
dieser Einen, deren Lehre imperfektibel iſt, konnte der 
î Verfaſſer jener Aeußerungen nur sprechen. Und des- 
halb ſchrieb er nicht unrichtig: Der Theologie from- 
men darum nicht, wie etwa der Philosophie, geniali- 
ſche Ausflüge zur Entdeckung bisher unbekannter Gefilde. 
Das depositum fidei iſt ein Gegebenes, Ab- 
gegrenztes, weder ein Papſt, noch ein Cardinal- Mi- 
ut! noch irgend ein Anderer kann daran modeln, 
etwas Wesentliches wegnehmen oder hinzufügen. Zwar 
kann der Papſt auch in Glaubens-Punkten provisori- 
sche Beſtimmungen erlaſſen; aber durchaus dürfen 
sie nichts dem depositum Hidei Fremdes enthalten, 
ihm widersprechen, vielmehr müſſen sie in demselben 
begriffen sein, und erhalten dann erſt für immer bin- 
dende Kraft, wenn die ganze Kirche in ihren Vor- 
ſtehern, die von Gottes Gnaden Mitregenten des Pap- 
ſtes sind, diese als in dem depositum enthalten an- 
erkennt. Wo iſt alſo ein Gebot der Kirche, (ein sol- 
ches muß ausdrücklich oder implicite in dem depositnm 
liegen), welches eigentlich nur unter ihrer Firma be- 
kräftigter Wunſch oder Wille eines Einzelnen, Pap- 
tes u. s. w. gewesen? 
Da dieſe Behauptung als Grund der erſtern 
Behauptung: „auch die Kirche, nach Außen wirkend 
verkörpere sich im Einzelnen, angegeben wird; fo fällt 
mit der Unrichtigkeit des Grundes auch das Begrün- 
dete zuſammen und bedecken in ihrem Schutte den 
frommen Wunsch, der sich darauf ſtützen soll; die 
» Frau Kirche möge dem Herrn Staat fromm und 
\ bescheiden die Hand reichen. Dies wird die Kirche 
. thun, nicht aber um des Grundes willen, den der 
„ Einsender des Obigen angegeben, auch nicht in dem 
von ihm angegebenen Verhältniſſe als Frau ihrem 
Herrn dienen. L. J. G. 
+*) Da der Verfasser jener Aeußerungen von außerordent- 
L LN §. Rr ta r? ( lorl; 
_ man rs eine Aeußerungen nur in der in dieser Er- 
tziederung aufgefaßten und ausgesprochenen Rücksicht 
Zur Zeitgeſchichte. 
Welche große Freunde die Ruſſen, von jeher, 
von conſtitutionellen Staaten sind, beweist ſchon ihr 
Benehmen in 1791. Als nämlich der König von 
Frankreich am 29. Sept. den deutschen Staaten die 
am 20. deſſ. Monats verkündigte Conſtitution ratifi- 
ciren ließ, ſuchten alle Höfe, auf eine oder die andere 
Art, ihre Glückwünſche darzubringenz:. das Ruſſ. Ca- 
binet allein gab auf die Mittheilung nicht nur keine 
Antwort, sondern wieß die Misſſion überdieß noch auf 
eine gar unhöfliche Art zurück und trat in Verbind- 
ungen, welche offenbare Mißbiligung der vom Könige 
beschworenen Grundsätze aussprachen. : 
  
   
.. Uebberhaupt gleicht Rußland einem breita 
dichtbelaubten Baume, untec deſſen Schatten der 
me conſtitutioneller Freiheiten nie zum Gedeihen oder 
Reife kommen wird. 
  
Statt Papiergeld sollten manche Staaten die 
ledernen Münzzeichen des alten Carthago's einführen; 
da könnte man doch wenigstens, wenn sie aus dem 
Cours kommen, die Schuhe damit flicken. 
  
Holland und Belgien glichen schon längst einer 
aus Convention oder mittelſt Zwangs geschloſsenen 
Ehe; daher die gewaltſame Trennung. Und ~ wie 
hier so auch dort miſchen sich Berufene und Unberufene 
in den Streit, um beide entzweite Theile wieder aus: 
zusöhnen, was aber, da die beleidigte Gemahlin ſich 
nicht wieder unter die Zuchtruthe des ſtrengen Herrn 
bücken will, noch einige Nothſchüſſe erfordern wird. 
  
Je öfterer man die Pferde an einem Poſtwa- 
gen wechselt, deſto raſcher kömmt der Reisende vor- 
wärts. Haben sich wohl die Franzosen dieſe Maxime 
angeeignet, da sie den Staatswagen ſo oft mit neuen 
Miniſtern beſpannen? ~ 
  
Daß Kanonen und Bajonette wohl Mauern 
und Menſchen, aber nicht Wahrheiten, Ueberzeugun- 
gen und Volksbedürfnisse niederwerfen können, iſt eine 
alte, aber zu oft unbeachtete Erfahrung. 
  
Keine Nation liebt mehr Abwechslung als die 
Französische. Kaum hat ein neues Theaterſtück kurore 
gemacht, oder ein erſehnter Miniſter den Platz einge- 
nommen, so pfeifft man jenes aus und wirft es in 
die Rumpelkammer und geifert letztern so lange an, . 
bis er wieder abtritt um einem andern Günſtling auf 
etliche Wochen den Ehrenpoſten zu überlaſſen. 
  
Freier Geiſt und Liebe im Herzen führen allein 
zum Guten, sucht nur jenen im Fluge nicht zu hem- 
men und letzterer Ergießungen nicht voreilg zu ver- 
dammen, wenn sie eurer ſpannenlangen Einsicht nicht 
sogleich klar werden. 
  
Bang ſchaut auf dich der Erdenbal. 
Und aller freien Männer Herzen schlagen, 
Und alle guten, ſchönen Seelen klagen 
Theilnehmend deines Ruhmes Fall! 
So sang ein Schiller, ohne wohl zu ahnen, 
daß diese seine Worte im Jahre 1831 die Grabſchrift 
auf. Polens heldenmüthigen Freiheitskampf abgeben. 
könnten. _ 
Ned. C. F. Zi >. ~ Dru; G. Müller, Hofbuchdr. 
  
igen, MY 
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