Full text: Fuldaer Zeitung (1832)

  
  
e itl i q. 
  
Nr». 21. 
Sonnabend, den 21. Januar. 
1832. 
  
  
  
  
R u ß l a nd. 
Odeſsſa, 30. Dec. Das hiesige Iournal mel- 
det noch folgendes aus Taganrog vom 10. d. Mon. 
über die dort ſtattgehabte Sturmfluth : „Die Kron- 
fahrzeuge, welche bei dem letzten Sturm im Asowſschen 
Meer verunglückten, sind in den hiesigen Hafen zu- 
rückgebracht worden; das eine derselben hat beträcht- 
liche Havarieen erlitten. Die Hafen-Quarantaine und 
das Lazareth-Viertel sind sehr beschädigt worden. Die 
über den Don führende Brücke in der Stadt Roſtow 
wurde zerſtört. Der Verluſt iſt an Ort und Stelle 
auf folgende Summen abgeſchätt worden: an der 
Admiralität 28,866 Rubel, an der Quarantaine und 
Börse 18,000 Rubel, durch Schiffbruch von Privat- 
fahrzeugen 156,895 Rubel, an fortgeſcchwemmtem Holz 
und an Schaden der drei Kabeltau-Fabriken und einer 
Fiſcherei 31,700 Rubel, an Schaden in der Stadt 
6,097 Rubel, zuſammen 241,558 Rubel. Den Wagag- 
renverluſt der Börse kennt man noch nicht; eine Spe- 
teten iſt eben mit Abschätzung deſſelben 
eſchaftigt. ; 
. Seit 8 Tagen iſt hier heiteres Wetter und Froſt 
eingetreten, nachdem die Witterung vorher feucht und 
regniſch gewesen warz die Kälte iſt wegen des anhal- 
tenden Nordwinds sehr empfindlich. Die Rhede iſt 
seit einigen Tagen mehrere Toisen weit mit Eis bedeckt. 
Frankreich. 
Paris, 10. Jan. Das neue Jahr hat hier 
mit der angekündigten Entdeckung einer ſogenannten 
Karliſtiſch - republikanischen Verſchwörung, und mit 
höchſt leidenſchaftlichen Debatten in der Deputirten- 
Kammer bei Berathung des Gesetzes über die Civil 
liſte begonnen. Was jette Verschwörung betrifft, ſo 
würde man gewiß der hieſigen Polizei Unrecht zufügen, 
wenn man ihr selbige als eine bloße Erfindung für 
den Zweck, ſich geltend zu machen, beimessen wollte, 
wie es die hieſigen Oppoſsitions-Blätter aller Farben 
thun, die darin, gleich wie inder beim Bekanntwerden der 
Lyoner Vorgänge angekündigten und seitdem verſchol- 
lenen sogenannten Buongapatrtiſtiſchen Verſchwörung, 
nur ein Mittel erblicken wollen, um die öffentliche 
Aufmerksamkeit zu zerſtreuen und von anderen Gegen- 
ſtänden ~ und zwar in letzterem Fall von der Dis- 
kuſſion.des die Civil - Liſte betreffenden Gesetzes 
abzulenken. Indem übrigens die gedachten Blätter 
eine solche Ansicht des Sachverhältniſſes allgemein zu 
machen eifrigſt bemüht sind, haben dieselben nicht un- 
terlaſſen. die Zusammenstellung des Notre - Dame- 
Thurms und des gefundenen Dolches und der rothen 
Müte als Mittel zu benutzen, um dem ganzen Vor- 
gange, durch Beilegung des Beinamens der „Melo- 
drama-Verſchwörung“, das Siegel des in Frankreich 
so mächtigen Lächerlichen aufzudrücken. Die ſpäteren 
gerichtlichen Verhandlungen werden nun zwar wahr- 
ſcheinlich .darthun, daß wirklich einige verbrannte Ge- 
hirne, in Folge politiſcher Erhitzung sich zu einem 
iſolirten und thörichten Unternehmen fortreißen ließen, 
indeß wäre es allerdings, bei der vorhandenen Stim- 
mung des Publikums und der Ungebundenheit der 
Preſſe, wohl rathſam gewesen, wenn man von 
Seiten der Regierung weniger Aufhebens von der 
Sache gemacht hätte. Jedenfalls aber dürfte der un- 
befangene Beobachter nicht unbedingt damit einverſtan- 
den seyn daß man = wie es in der betreffenden 
Regierungs - Bekanntmachung heißt, ~– aus dieſem 
Vorgange die ſich dadurch abermals kundgebende Ohn- 
macht der Parteien entnehmen könne, indem hier ja 
offenbar kein ernſtlicher Partei-Verſuch ſtattfand und 
ein solcher iſolirter Akt des Aufbrauſens wohl mit eben 
ſo vielem Rechte als ein Symptom der noch in der 
Maſſe der Nation fortdauernden Gährung angesehen 
werden könnte. Für dieſe letztere Anficht ſchienen auch 
die in den Departements noch immer sich wiederho- 
lenden Aufläufe zu sprechenz und überdies dürfte der 
wahrhafte Sturm, der zu derselben Zeit in der Depu- 
tirten Kammer über den Ausdruck nUnterthanen", als 
. die Franzosen ihrem Könige gegenüber bezeichnend, 
ſtattfand, und die darauf gefolgte förmliche Proteſta- 
tion von beinahe der Hälfte aller in der betreffenden 
Sitzung anwesend gewesener Deputirten darauf hin- 
detiten, daß in dieser auf die Stimmung des Landes 
einen so vorherrſchenden Einflnß ausübenden Versamm- 
lung die Gemüther noch nicht bemerkbar auf dem Wege (/ 
der Beruhigung und Meinungs-Verſchmelzung begrif- 
fen sind. Ich meinerseits glaube, daß der Ausdruck 
Unterthan, den kein Engländer seinem conſtitutionellen 
Könige gegenüber für ungeeignet hält, keinesweges mit 
 
	        
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